Magazin 37

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Links: Ofenfrisches Brot. Oben: Wohlfühl-Atmosphäre im Café „Zuckersüß“ am Plönlein. Daneben: Jessica Pianka Rechts: Vater Günter Pianka hilft beim Ausfahren.

Kühlzelle mit Zirkulation. Die Luft wird bei einer konstanten Temperatur von drei Grad plus in Bewegung gehalten. So bleibt der Teig feucht, kann sich in Ruhe entwickeln und bildet keine Haut. Steffen Pianka steht an Werktagen nachts um eins auf, um mit der Arbeit zu beginnen. Um vier Uhr morgens fangen sein Bruder Florian und die Auszubildende an, die Kuchen für den nächsten Tag vorzubereiten. Gegen fünf werden die Sachen, wie sie sagen, nach und nach „weggezählt“ für die Bestellungen der Hotels und Geschäfte. Ab sechs bis etwa halb acht fährt Florian die vielen Lieferungen aus. Die Brötchen tragen so putzige Namen wie „Krusti“ oder „Fränkli“, eine Körnerbrötchen-Art, oder auch so stolze wie „Wikinger“, eine etwas dunklere Sorte mit Mohn und Sesam. Auch das Brotsortiment hat sich vervielfacht. Mittlerweile sind es über 15 Sorten im saisonmäßigen Wechsel. Die Berufe Konditor und Bäcker sind lange nicht dasselbe: „Ein Konditor kann alles, aber ein Bäcker kann keinen Kuchen machen“, flachst Steffen Pianka. Nein, im Ernst, er hat viel Respekt vor beiden Handwerken, und er lobt die Mitbewerber vor Ort. Aber er weiß auch, was er kann. „Die Rezepturen sind alle von uns beziehungsweise mir“, dadurch dass er viel herumgekommen sei und viel erfahren habe. „Wenn ich in einer anderen Stadt bin und sehe ein Café, dann gehe ich grundsätzlich rein und hole mir Anregungen“, bekennt er. Eine „Zuckersüß“-Spezialität seien die Mandelblätter. Die mache hier kein anderer. „Wir könnten noch viel mehr“, sagen die beiden. Das Problem seien die Zeit und der Platz. Dabei gehen einem schon jetzt die Augen über. Oh, du süßes Schlaraffenland! Plunder, Streusel und flammende Herzen, Apfel-, Him-

beer-, Erdbeerkuchen, Sacher- und Prinzregenten-, Mokkacreme- und Pralinen-Torten und vieles, vieles mehr, darunter freilich auch „Schwarzwälder Kirsch“. Sie sei übrigens eine der leichtesten Übungen.

Kunst des Tortenbodens Es gibt zwei, drei Sachen wie etwa die Böden der Nusscremetorten, die dem Meister unter den beiden Brüdern vorbehalten sind. Verstehen sie sich auch bei der Arbeit? Angesichts des Erfolgs eigentlich keine Frage. „Rumpeln tut’s überall mal, aber wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, sind wir uns schnell einig“, sagen sie. Steffen obliegt die Organisation und er erledigt die Einkäufe und Termine. Für die Technik ist Florian der Spezialist. Tragende Rollen im Betrieb spielen die Frauen der beiden. Neben dem Verkauf und dem Café am Plönlein managt Franziska Dreyer, Steffen Piankas Lebensgefährtin, auch den Papierkrieg. Sie macht alles, was mit Rechnungen, mit Lieferscheinen, mit Schriftverkehr oder dem Steuerbüro zu tun hat. Als gelernte Hotelbetriebswirtin bringt sie beste Voraussetzungen mit. Sie hat im Hotel Bareiss im Schwarzwald gelernt und arbeitete in einem Fünf-Sterne-Haus in Aschaffenburg. Florians Frau Jessica, eine gelernte Einzelhandelskauffrau, führt das Geschäft in der Rödergasse. In den Läden gibt es direkt aus dem Ofen frische Brezen, Croissants und Grießlinge, eine selbst kreierte Brötchen-Sorte. Bei der Zubereitung triumphiert die gute alte Tradition des Selbst-

gemachten. Nur zwei Fertigprodukte haben bisher vor dem strengen Geschmacksurteil der Brüder bestanden: ein Biskuitmehl und eine Vanille-Creme, weil sie von den eigenen praktisch nicht zu unterscheiden waren. Ansonsten wird alles im besten Sinne herkömmlich angerührt – auch die Tortenböden. Da versteht es sich, dass nur frische Früchte auf die Kuchen kommen. Auch das Fruchtmark stammt aus eigener Herstellung. Wie die Pläne für die Zukunft aussehen? Das dringendste Problem stellt die Backstube. Sie ist zu klein geworden. Deswegen denken die In der Backstube Brüder daran, eine ist viel sorgfältiHalle zu übernehmen, ge Handarbeit gefragt: Auszuwenn sich etwas Pasbildende Anna sendes biete. FachMüller bei der leute staunen, was mit Vorbereitung des leckeren „Frank„Zuckersüß“ aufgefurter Kranzes“. baut wurde. Auch eine respektable Zahl von Arbeitsplätzen ist so entstanden. Der Betrieb beschäftigt in den Läden 19 Mitarbeiter, darunter drei Auszubildende, fünf Festangestellte und 11 Teilzeitkräfte. Es sei schwer, geeignete Lehrlinge zu finden, so Steffen Pianka. Viele kennen wohl auch gar nicht die Möglichkeiten, die sie in dieser Großbranche haben, sagt er. Noch schultern er und sein Bruder zusammen mit einer Teilzeitfachkraft und einer Auszubildenden alleine den Backstubenbetrieb. Auf Dauer allerdings ist das wohl keine Lösung. „Das ist schon kraftraubend“, sagen sie. Klagen jedoch hört man von den beiden Rothenburger Erfolgskonditoren nicht. Eher schon Sätze wie „Konkurrenz belebt das Geschäft“ und „Wir sind sehr zufrieden. Es passt“. 5


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