6 minute read

FORSCHUNGSWELT

Quantensprung in der Quantenwelt

Physiker transportieren gespeichertes Licht

Physikern an der Universität Mainz ist es gelungen, Licht in einem Quantenspeicher über eine Strecke von 1,2 Millimeter kontrolliert zu transportieren, wobei der Transportprozess und seine Dynamik erfreulich geringe Auswirkungen auf die Eigenschaften des gespeicherten Lichts hatten. Als Speichermedium für das Licht dienten ultrakalte Rubidium-87-Atome, mit denen sich eine hohe Speichereffizienz und -dauer erreichen lassen.

Die kontrollierte Manipulation von Quantensystemen sowie die Speicherung von Quanteninformationen stellen eine wesentliche Basis für die Quantenkommunikation dar. Nur mit diesen Grundlagen sind Fortschritte möglich, damit entsprechende Rechenoperationen in der Quantenwelt durchführbar werden. «Wir haben Licht gespeichert, wenn Sie so wollen, in einen Koffer eingesperrt, nur dass der Koffer aus einer Wolke aus kalten Atomen besteht. Diesen Koffer haben wir ein Stückchen weit transportiert und dann das Licht wieder rausgeholt. Das ist im Allgemeinen und im Zusammenhang mit Quantenkommunikation höchst interessant, denn Licht lässt sich nicht besonders leicht ‹einfangen› und wenn man es dann auch noch kontrolliert woanders hin transportieren will, geht es in der Regel verloren», veranschaulicht Prof. Dr. Patrick Windpassinger von der Universität Mainz den komplizierten Prozess.

Lichtinformation speichern und von neuem lesen

Optische Quantenspeicher, die das Speichern und Abrufen von durch Licht übertragenen Quanteninformationen ermöglichen, sind für skalierbare Quantenkommunikationsnetzwerke unerlässlich, beispielsweise als wichtige Bausteine in Quantenrepeatern oder als Werkzeuge für das lineare Quantencomputing. Ensembles von Atomen haben sich in diesem Zusammenhang in den letzten Jahrzehnten als sehr gute Medien für die Speicherung und Wiederauslese von optischen Quanteninformationen erwiesen: Basierend auf der sogenannten elektromagnetisch induzierten Transparenz (EIT) werden einfallende Lichtimpulse eingefangen und kohärent in eine kollektive Anregung

Die Lichter der vorbeiflitzenden Fahrzeuge am Thunersee erinnern an die quantenmechanische Idee eines «Rennbahn»-Speichers für Licht. Damit könnten Lichtinformationen gespeichert und gelesen werden.

der Atome abgebildet. Da der Prozess weitgehend umkehrbar ist, kann das Licht anschliessend wieder mit hoher Effizienz ausgelesen werden.

Atomwolken sind Kuriere

Windpassinger und seine Kollegen zeigen nun in ihrer Veröffentlichung den aktiv kontrollierten Transport dieses gespeicherten Lichts über Entfernungen, die grösser sind als die Grösse des Speichermediums: Vor einiger Zeit haben sie eine Technik entwickelt, mit deren Hilfe Ensembles kalter Atome auf einem «optischen Förderband», erzeugt aus zwei Laserstrahlen, «fahren» können. Der Vorteil dieser Methode ist, dass relativ viele Atome mit grosser Genauigkeit transportiert und positioniert werden, ohne einen nennenswerten Verlust an Atomen und ohne, dass die Atome versehentlich erhitzt werden. Den Physikern ist es mittels dieser Methode jetzt gelungen, als Lichtspeicher fungierende Atomwolken zu transportieren, die gespeicherten Informationen können dann an anderer Stelle wieder abgerufen werden. Eine Erweiterung des vorgestellten Konzepts könnte es in Zukunft ermöglichen, neuartige Quantengeräte zu entwickeln, wie etwa einen «Rennbahn»Speicher für Licht mit verschiedenen Lese und Schreibabschnitten.

Originalpublikation Wei Li, Parvez Islam, Patrick Windpassinger, «Controlled transport of stored light», Physical Review (2020); DOI: https://doi. org/10.1103/PhysRevLett.125.150501

Kontakt Prof. Dr. Patrick Windpassinger Universität Mainz Saarstrasse 21 D55122 Mainz +49 6131 39 20202 windpass@unimainz.de www.qoqi.physik.unimainz.de

Wasserstoff ist der Schlüssel

Treibstoff für den Anfang des Lebens

Ein internationales Forschungsteam aus Deutschland, Frankreich und Japan unter Federführung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) meldet Fortschritte bei der Frage, wie das Leben entstand. Es können chemische Reaktionen sein, die durch Minerale an hydrothermalen Tiefseequellen katalysiert werden. Diese Reaktionen treiben heute noch den Stoffwechsel der primitivsten Lebensformen an. Dass Wasserstoff sowohl der Schlüssel als auch der Treibstoff für die frühesten biochemischen Prozesse am Anfang des Lebens gewesen sei, berichtet das Team in der Fachzeitschrift «Nature Ecology and Evolution».

Arne Claussen ¹

Seit der Entdeckung von hydrothermalen Schloten in der Tiefsee vor rund 40 Jahren stehen diese natürlichen chemischen Reaktoren im Fokus der Evolutionsforscher, die nach den Ursprüngen des Lebens suchen. Die Schlote stossen heisses, mineralhaltiges Wasser aus. In ihm sind einfache, aber reaktionsfreudige chemische Stoffe wie Wasserstoffgas (H2) und Kohlendioxid (CO2) gelöst. Solche Bedingungen können die ersten biochemischen Reaktionen überhaupt begünstigt und somit auch die Entstehung der ersten freilebenden Zellen vorangetrieben haben.

Bausteine des Lebens

Der Ausgangspunkt des primitiven Stoffwechsels der ersten Mikroben ist Kohlendioxid und Wasserstoffgas. Mikroben, die sich davon ernähren, wandeln die beiden Gase zunächst in Ameisensäure (bzw. Formiat), Acetate und Pyruvate (Salze der Essig- bzw. der Brenztraubensäure) um. Daraus stellen sie dann ihr gesamtes organisches Material mithilfe komplexer Reaktionsketten her. Nun berichtet das Team um die Düsseldorfer Chemikerin Dr. Martina Preiner am Institut für Molekulare Evolution an der HHU, dass genau diese Grundbausteine des Lebens ganz von alleine im Labor entstünden, wenn man H2 und CO2 in Gegenwart einfacher Mineralien unter hydrothermalen Bedingungen reagieren lasse.

Hydrothermale Schlote im sogenannten «Lost City»-Feld im Atlantis-Massiv, einem untermeerischen Gebirge im mittleren Atlantik.

Prof. Dr. William Martin, Leiter des Instituts für Molekulare Evolution, katalogisiert seit 20 Jahren die auffälligen Ähnlichkeiten zwischen metallkatalysierte Reaktionen im Stoffwechsel und in chemischen Reaktionen an hydrothermalen Quellen. Prof. Martin: «Diese Reaktionen auf Grundlagen von H2 und CO2, die den Ursprung der ersten biochemischen Prozesse widerspiegeln, können wir jetzt auch im Labor nachstellen und so in Düsseldorf die frühesten Entwicklungsphasen des Lebens nachbilden.» Dr. Preiner hat sich zusammen mit Kolleginnen und Kollegen vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr, der Universität Strassburg und vom National Institute of Advanced Industrial Science and Technology in Japan diese sehr einfachen Reaktionen im Labor nachgestellt. Sie konnten zeigen, dass aus H2 und CO2 allein mithilfe einfacher mineralischer Katalysatoren – wie sie in den hydrothermalen Schloten vorkommen – bereits Formiat, Acetat und Pyruvat über Nacht bei 100 °C entstehen. Dazu ist kein mikrobieller Stoffwechsel nötig, wie Martina Preiner betont: «Die chemischen Reaktionen sind überraschend einfach. Es entstehen die Reaktionsprodukte, die auch die frühesten Zellen als Grundlage für ihren weiteren Stoffwechsel verwenden.» Dr. Harun Tüysüz vom Mülheimer MaxPlanck-Institut hat mit seinem Team für die Experimente nanostrukturierte Feststoffkatalysatoren designt: «Wir beobachteten eine ausgeprägte Beziehung zwischen der Struktur der Feststoffkatalysatoren und deren Aktivität bei der CO2-Reduktion durch Wasserstoff.»

Das Huhn oder das Ei?

Es war ein besonderer Glücksfall, dass auch zwei weitere Arbeitsgruppen ähnliche Vorgänge erforschten. Die Strassbur-

ger Chemiker um Prof. Dr. Joseph Moran und Dr. Kamila Muchowska verwendeten metallisches Eisen anstelle von H2. Das japanische Team um den Mikrobiologen Dr. Kensuke Igarashi untersuchte Reaktionen von H2 und CO2 auf Eisensulfid-Katalysatoren. Alle Arbeitsgruppen beobachteten die gleichen Produkte. Prof. Moran: «Der Stoffwechsel scheint auf überraschend natürlichem Wege entstanden zu sein». Der Anfang des Lebens birgt ein «HenneEi-Problem». Zellen müssen – neben den einfachen CO2-H2-Reaktionen – eine grosse Zahl komplexerer Moleküle bilden, um zu wachsen und zu funktionieren. In modernen Zellen sind in der Regel Proteine die Katalysatoren, deren Bauanleitung wiederum in ihren Genen kodiert ist. Doch was war zuerst da, die Proteine oder die Nukleinsäuren? Die jetzt veröffentlichte Studie beschreibt die zeitliche Abfolge: Evolutionär zuerst standen die Reaktionen, die durch Metalle und Mineralien katalysiert wurden. Aus ihnen sind sowohl Proteine als auch Nukleinsäuren hervorgegangen. Die Metalle, die in modernen Proteinen vorkommen, sind Relikte dieser biochemischen Ursprünge. Ebenfalls gibt die Studie eine vielversprechende Antwort auf eine klassische Frage zur Entstehung des Lebens: Welche Energie stand den frühesten Lebensformen zur Verfügung? Preiner und Kollegen zeigten, dass die Reaktionen von H2 mit CO2 unter den Bedingungen, wie sie in hydrothermalen Quellen herrschen, auch Energie freisetzen: Bei der Herstellung einfacher Verbindungen wie Acetat wird genügend Energie erzeugt, so dass primitive Mikroben davon ihren weiteren Stoffwechsel angetrieben haben können. Der Treibstoff für die Urzellen war also der Wasserstoff, der in der Frühzeit der Erde massenhaft in der Tiefsee gebildet wurde und auch heute noch gebildet wird. Nicht nur ist Wasserstoff die sauberste aller Energieformen, er kann auch der Zündfunke für das Leben gewesen sein. Dafür waren aber die richtigen Bedingungen und die richtigen Katalysatoren entscheidend.

Originalpublikation M. Preiner, et al., «A hydrogen-dependent geochemical analogue of primordial carbon and energy metabolism», Nat. Ecol. Evol.(2020); DOI: 10.1038/s41559-0201125-6

Kontakt Arne Claussen Heinrich-Heine-Universität Universitätsstrasse 1 D-40225 Düsseldorf +41 211 8110896 arne.claussen@hhu.de www.hhu.de

INTRA LOGISTIK

LAGERSYSTEME SOFTWARE FLURFÖRDERZEUGE

Stöcklin Logistik GmbH DE-57250 Netphen +49 2713 17 93 0 info-de@stoecklin.com www.stoecklin.com Stöcklin Logistik AG CH-4242 Laufen +41 61 705 81 11 info@stoecklin.com www.stoecklin.com

This article is from: