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Im Alpenraum Christoph Schindler
Über die Überlagerung der Topografie mit ihrer Vermessung »Das höchste Gebirge Mitteleuropas ist ein extrem gefaltetes Gebilde mit schroffen Wänden, scharfen Spitzen und Graten, grossen Firnpartien, sehr langsam fließenden Eisströmen und tief eingeschnittenen Tälern«1. Die Alpen sind zu komplex geformt, um sie von der Erdoberfläche von einem einzigen Standpunkt aus zu erfassen. Ohne die für uns selbstverständlich gewordenen verkleinerten Darstellungen des Geländes auf Karten ist es nahezu unmöglich, sich innerhalb dieser Topografie zu orientieren. Zu den Landkarten sind in den letzten Jahrzehnten eine ganze Reihe verschiedener elektronischer Verortungsmöglichkeiten gekommen, die unsere Wahrnehmung dieser Landschaft nicht minder prägen. In der Überlagerung analoger und digitaler Verortungstechniken entstehen virtuelle Räume, die gegenüber der physischen Topographie an Eigenständigkeit gewinnen. Locus horriblis Bis ins 18. Jahrhundert wollte man wenig über die Gestalt der Alpen wissen. Sie wurden als bedrohlicher locus horriblis empfunden, den man von Drachen bevölkert glaubte und nach Möglichkeit mied.
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Paul Caminada: Pioniere der Alpentopografie, Zürich 2003, S. 16