6 minute read

Ein SASler auf dem Balkan

DEM BaLKan DEn MEIStER gEZEIgt

nick niemeyer (SaS Zh) nutzte corona als chance für einen einmaligen trip zu einer Reihe von fIS-Rennen auf dem Balkan. Wir gratulieren dem amtierenden Meister von Montenegro und osttimor!

Advertisement

Nick Niemeyer | SAS ZH

Ein Virus, welches im vergangenen Frühling unser aller Leben beeinflusste, löste auch bei mir eine grosse Enttäuschung aus. Nicht nur beendete es meine bis dahin beste Saison abrupt und frühzeitig, sondern verwehrte es mir auch, geregelt von meiner aktiven Skikarriere zurückzutreten. Diese sollte nämlich meiner akademischen Laufbahn weichen, welcher ich mich nach dem Bachelorabschluss an der Fernuni Schweiz nun voll und ganz einem Master an der HSG in St.Gallen widmen sollte. So verbrachte ich die Zeit im Sommer und Herbst öfter hinter meinen Büchern steckend als auf der Piste carvend. Doch die erneute Umstellung auf distancelearning im Herbst 2020 bedeutete für mich – wenn auch nur mit einer Handvoll Trainingstagen – meine Koffer zu packen und Skirennen an einem Ort zu fahren, an dem ich noch nie gewesen war: dem Balkan.

12 Stunden bis Sarajevo

Ich schloss mich mit meinem ehemaligen Trainingspartner aus Luxemburg, Matthieu Osch, zusammen. Mit PCR-Test und Sportlerbescheinigung ging es über Innsbruck durch Slowenien und Kroatien nach Bosnien. Nach rund 12 Stunden Autofahrt in Sarajevo angekommen, waren meine Eindrücke von Gegensätzen geprägt. Einerseits fand ich eine Stadt vor, die sich wunderschön im Kessel des Gebirges in die Natur einschmiegt, eine sehr schöne Altstadt hat und zu Zeiten von Corona vergleichsweise sehr lebendig erschien. Andererseits sind die Spuren des fürchterlichen Krieges von vor 25 Jahren noch deutlich zu spüren. Einschusslöcher an den Hausfassaden prägen das Stadtbild und vielerorts hinkt die Infrastruktur hinterher.

Kulinarisch gehört der Balkan zu den Regionen mit einer deftigeren Küche; als Vegetarier hat man es hier eher schwer. Dafür war die Gastfreundschaft der Einheimischen und ihre Bereitschaft, sich mit uns zu unterhalten, sehr hoch. Im Gespräch mit einem Taxifahrer, von dem ich wissen wollte, weshalb Bosnien & Herzegovina nicht in der EU

sei, meinte er selbstironisch: «Our President don`t want. Now we can take money from EU, make road for 10 km and rest of millions he make `Ali baba, zap zarrap` into his own pocket.»

Von Mexikanern und Luxemburgern

Nach einem Erholungstag standen vier Slaloms auf dem Programm. Diese wurden im 30 Minuten von Sarajevo entfernten Jahorina ausgetragen. Ein wunderschönes Skigebiet mit hervorragender Aussicht, modernen Liftanlagen und sehr preiswerten Einkehrmöglichkeiten.

Das Starterfeld war nicht allzu gross, dennoch hatten zehn Athleten zuvor an der WM in Cortina d`Ampezzo teilgenommen. Zugegebenermassen handelte es sich um Teilnehmer eher kleinerer Skinationen wie Albanien, Türkei, Griechenland, Bosnien oder Mexiko. Letztere wurde vom allbekannten Prinz Hubertus von Hohenlohe vertreten, welcher als ältester Teilnehmer und als Veranstalter auftrat. Er war es auch, der dem Rennzirkus die Übernachtung mit Frühstück im Marriot Hotel für 25 EUR aushandelte. Wo gibt`s denn sowas? Mit mehr als 15 teilnehmenden Nationen war das Starterfeld diverser als aus dem Alpenraum gewohnt. Zwar fiel das Niveau nach den ersten 15 Athleten etwas ab, unter den Spitzenleuten gab es jedoch einige Fahrer aus den Top 400 der Weltrangliste. Mein fehlendes Training machte sich leider bemerkbar, der verhältnismässig leichte Hang ermöglichte es mir dennoch, an den luxemburgischen Rennen die Plätze 7 und 2 herauszufahren. Die mexikanische Meisterschaft verpasste ich mit den Rängen 4 und 2 nur knapp.

2

Balkanische grenzkontrolle

Am Tag nach den Rennen wurde zuerst der Vorlesungsstoff aufgeholt, danach folgte eine fünfstündige Autofahrt nach Montenegro. Dazu zwei Erkenntnisse. Erstens: Schengen ist klasse. Zweitens: SUVs gehören nicht in die Zürcher Innenstadt – dafür aber nach Montenegro!

Durch das Schengenabkommen sind Grenzübertritte in Europa eher symbolischer Natur. Aber: Selbst wer Passkontrollen von Flugreisen gewohnt ist, fühlt sich etwas merkwürdig, wenn er sich plötzlich vor einer heruntergelassenen Schranke auf einem Schotterweg in einem Wald zwischen Bosnien und Montenegro wiederfindet.

Die Weiterfahrt nach dem Grenzübergang führte etwa 20 Kilometer über eine unbefestigte Strasse, auf welcher wir uns einen Geländewagen oder einen dort so stark verbreiteten Lada herbeigesehnt hätten. Die letzte Stunde bis zu unserem Ziel in Kolasin fuhren wir entlang der malerischen TariSchlucht. In Kolasin standen neun Rennen in sieben Tagen an. Das Starterfeld war etwas grösser als in Sarajevo, aber mit denselben Topleuten. Der erste Slalom musste wetterbedingt abgesagt werden. Wir nutzen die Zeit und fuhren in das eine Stunde entfernte Podgorica. Unser Fazit zur montenegrinischen Hauptstadt: «Not impressed.»

1 König von Sarajevo: Nicolas vor der Kulisse der Olympiastadt von 1984.

2 Das Strahlen des doppelten Meisters.

3 Legendentreffen: Hubertus Prinz von Hohenlohe (3.v.l.) fährt auch mit 62 Jahren noch FIS-Rennen für Mexiko.

IDÉE DE CADEAU

pour SASler déjà comblé.

Vous cherchez une alternative au cadeau passe-partout? Une donation à la Fondation SAS, laquelle soutient chaque saison les entraînements et compétitions alpins et nordiques. Vos dons et legs sont essentiels à la poursuite de cet effort, soit pour marquer une occasion particulière, sur conseil de votre expert fiscal ou encore pour le plaisir de donner. Nous vous en remercions. Vos interlocuteurs: Bernhard Welten (BE), Adrian Sommer (BS), Eric Bersier (FR), Alexander Troller (GE), Nicolas Weinmann (LA), Robert Kessler & Hans Grüter (ZH) Paiements à Bordier & Co., IBAN: CH44 0876 7017 7903 A000 A

Votre don vous place en tête.

FONDATION

Meister von Montenegro und osttimor

Es folgten zwei Slaloms, welche ich auf den Plätzen 2 und 1 abschliessen konnte. Das daraus gewonnene Selbstvertrauen nutzte ich, um meine nur selten verwendeten RiesenslalomSkis vom Wachs zu befreien und in meiner schwächeren Disziplin an den Start zu gehen. Es reichte für einen 19. und 10. Platz. Der Hang gehörte auch hier nicht zu den anspruchsvollsten und die Schneeverhältnisse erinnerten eher an einen Tag im Pulverschnee als an ein FIS-Rennen. Mir kam dies allerdings entgegen, denn auf eisigen und steilen Hängen hätte mein Trainingsdefizit grössere Auswirkungen gehabt. Mit meinen Platzierungen 5, 2, und 1 in den drei weiteren Slalomrennen der Veranstalter Montenegro und Osttimor war ich sehr zufrieden. Nun kann ich mich ein Jahr lang montenegrinischer und osttimorianischer Meister nennen!

Let‘s Race together!

Weiterhin weniger entgegen kamen uns die prekären Strassenverhältnisse. Immer noch ohne SUV rasten wir über die Schlaglöcher bis wir einen platten Reifen und eine verbogene Felge hatten. Dies war jedoch nichts, was ein Hammer und ein einheimischer Autoreparateur in seiner kleinen Garage für 60 EUR inklusive „neuem“ (er war schon gebraucht) Pneu nicht wieder hätte hinbiegen können. Die dafür notwendigen Sprachkenntnisse lieferten uns unsere neuen Bekanntschaften aus dem Teilnehmerfeld.

In meinen vielen Jahren im FIS Bereich habe ich unzählige Renngemeinschaften erlebt. Nur wenige waren so gemeinschaftlich und hilfsbereit wie diejenigen im Balkan. Man half sich wo man konnte, sowohl auf, als auch neben der Piste – und dies nationenübergreifend.

Ein Zeichen dafür, dass Sport, auch wenn er kompetitiv ausgeübt wird, eine unglaubliche Kraft hat, Menschen zu vereinen. Ich musste mir vor Augen führen, dass als meine Konkurrenten geboren wurden, sich deren Eltern vermutlich nicht auf der Piste befanden, sondern sich im Krieg bekämpften.

Mit diesen Erlebnissen habe ich den aktuellen SAS Slogan „Let`s Race Together“ in einer weiteren Dimension erfahren. Er steht nicht nur für die Stärke einer Clubgemeinschaft, die sich im gemeinsamen Bestreiten von Wettkämpfen niederschlägt, sondern kann darüber hinaus erklären, wie aufgrund von Wettkämpfen Gemeinschaften entstehen.

Für weitere Eindrücke habe ich ein kleines Video zusammengeschnitten. Einfach dem QR Code folgen: