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SCHLÜSSEL ZUM GLÜCK
Benedict Cumberbatch
kastriert in seinem neuen Film ein Rind. Weil er muss. Privat? Ist er super soft. Und demnächst Buddhist.
Interview RÜDIGER STURM
Ein Hubschrauber donnert vorbei, im Hintergrund klimpert ein Pianist, aber Benedict Cumberbatch bleibt beim Interview auf der Terrasse des venezianischen Hotels Excelsior cool und spricht konzentriert und mit unerschütterlicher Ruhe. Das mag daran liegen, dass der 45Jährige in seinen Rollen schon wesentlich intensivere Herausforderungen gemeistert hat. Auch in dem CowboyDrama «The Power of the Dog» (auf Netfix) lässt er sich auf physische Strapazen und aufreibende Psychoduelle ein. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass er für seine mentale Ruhe eine ganze Menge unternimmt.
the red bulletin: Herr Cumberbatch, Ihre Rolle in «The Power of the Dog» scheint nicht gerade gemütlich gewesen zu sein.
benediCt CuMberbAtCh: Ich verstehe das als Kompliment. Ich will Jobs, die mir das Ungewohnte bieten. Nur so kann ich dabei Spass haben. Das dürfte auch für das Publikum interessanter sein, als wenn ich immer das Gleiche mache.
Sie müssen in dem Film den Job eines Cowboys erledigen: reiten, Rinder zusammentreiben und kastrieren. Haben Sie dabei etwas gelernt, was Sie im Alltag brauchen können?
Ja, ich kann jetzt mit Kühen umgehen. Kürzlich waren wir im Urlaub und spazierten auf einem Pfad zum Strand, als uns Leute mit angsterfüllten Gesichtern entgegenrannten. Der Pfad war von einer Gruppe Kühe blockiert. Dank meiner neuen Kenntnisse konnte ich sie wegtreiben – natürlich sanfter als im Film.
Also ist der knallharte Macho bei Ihnen nur gespielt?
Wir leben in anderen Zeiten als früher. Heute willst du mit anderen Menschen mitfühlen, ihren Blickwinkel verstehen. Es ist doch so viel schöner, wenn du die Gemeinsamkeit mit anderen Menschen spüren kannst. Dazu gehört auch, dass du diese toxische Männlichkeit bekämpfst. Wann immer dir Chauvinismus begegnet, solltest du ihn beim Namen nennen und dagegen auftreten.
Sie wirken sehr fortschrittlich. Wie haben Sie Ihr Weltbild entwickelt?
Mir hilft Meditation sehr. Das ist ein Instrument, mit dem du die Stille in dir spüren kannst. Sie befreit dich vorübergehend von deinen Gedanken und gibt dir die Möglichkeit, dich komplett zu entspannen. Das ist ideal, um Stress abzustreifen.
Wie oft meditieren Sie?
Ich versuche, es einmal täglich zu tun, normalerweise am Morgen. Aber es hilft mir auch, mich zu beruhigen, bevor ich schlafen gehe.
Abgesehen vom Meditieren interessieren Sie sich angeblich auch für den Buddhismus. Für die Buddhisten ist das Leben Leiden. Stimmen Sie dem zu?
Ja, unbedingt.
Ist das nicht eine ziemlich pessimistische Weltsicht?
Das hängt davon ab, was man unter Leiden versteht. Viele denken, das ist der Schmerz, wenn man einen Unfall hat oder Gewalt erfährt. Aber eigentlich ist dieses Leiden nur Anspannung. Und die entsteht oft, weil wir mit den Veränderungen des Lebens nicht klarkommen. Das Leben ist ständig im Fluss, was wir mit all unseren Sinnen wahrnehmen. Wenn wir das akzeptieren, können wir uns von unseren Schmerzen befreien. Wir müssen begreifen, dass alles im Leben vergeht. Was aufsteigt, fällt, und was fällt, steigt wieder auf.
Liegt in dieser Erkenntnis auch der Schlüssel zum Glück?
Der Schlüssel zum Glück ist, dass du gar nicht erst danach suchst. Und auch nicht die Frage stellst, wo es liegt. Wenn du ihm hinterherjagst, kannst du es nicht fnden. Erlebe einfach nur das Sein. In jedem beliebigen Moment. Das ist die Wahrheit. Oder man könnte sagen, der Topf Gold befndet sich am Ende des Regenbogens.
Haben Sie eigentlich auch schon Unglück erlebt?
Ich war dieses Jahr beim Finale der FussballEM im WembleyStadion (England verlor 3:4 im Elfmeterschiessen gegen Italien; Anm). Muss ich noch mehr sagen?