The Red Bulletin Dezember 2012 DE

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B U L L E VA R D

ZAHLEN DES MONATS

SCHALLPLATTE

Vor 125 Jahren meldete Emil Berliner sein „Grammophon“ zum Patent an – und startete damit den bemerkenswerten Siegeszug der Schallplatte. Vom ersten Vinyl bis zur größten Sammlung, von der teuersten Platte bis zum digitalen Plattenspieler.

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1887

Emil Berliner Der Vorläufer: Edisons Tonwalzen

Savilles NewOrder-Cover

33⅓

Den ersten Schallplatten musste ein TextZettel aufgeklebt werden, damit ihr Inhalt nachvollzogen werden konnte. Die Qualität verbesserte sich erst 1896, als Berliner die Produktion auf das elastischere Material Schellack umstellte. Als er sein Grammophon statt der Handkurbel mit einem Federmotor ausstattete, wurde die Schallplatte zum Verkaufserfolg. 1948 – 19 Jahre nach Berliners Tod – brachte Columbia Records die erste Vinyl-Schallplatte mit der Abspielgeschwindigkeit 33¹/³ Umdrehungen pro Minute auf den Markt: die LP, wie wir sie heute kennen.

150.000

Die teuerste Schallplatte der Welt ist eine von John Lennon signierte Ausgabe des Albums „Double Fantasy“ (John Lennon/Yoko Ono). Was die Platte zum makabren Sammlerstück macht: Lennon unterschrieb auf ihr nur wenige Stunden vor seinem Tod – für seinen späteren Mörder Mark Chapman. Weil sich Chapmans Fingerabdrücke auf dem Cover befanden, diente die Platte sogar als wichtiges Beweisstück im Prozess. 1999 erwarb ein anonymer Sammler die Langrille für 150.000 Dollar.

Über drei Millionen verkaufte Exemplare machen „Blue Monday“ (1983) der britischen New-Wave-Band New Order zur erfolgreichsten Maxi-Single aller Zeiten. Ein Erfolg, der dem Label der Gruppe allerdings schwer zusetzte, denn das Cover von Star-Designer Peter Saville kam wegen aufwendiger Druck-Stanztechnik in der Produktion so teuer, dass die Plattenfirma mit jeder Einheit fünf Pennys Verlust machte. Saville erklärte später, dass niemand mit dem großen Erfolg der Platte gerechnet hatte – neun Jahre nach dem Erfolg meldete Factory Records Konkurs an.

2.500.000 Paul Mawhinney, früher Inhaber eines Plattenladens, hortete zweieinhalb Millionen Schallplatten in seinem Keller: das größte Vinylarchiv der Welt. „Nur 13 Prozent der zwischen 1948 und 1966 entstandenen Platten sind auf CD erhältlich“, sagt der über 72-Jährige. „Das bedeutet, 87 Prozent der damals entstandenen Musik ist nicht mehr verfügbar!“ Im Dezember 2011 verkaufte der US-Amerikaner seine Sammlung an den Taiwanesen Leo Yao, der einst das Format MP3 mit entwickelte.

„Double Fantasy“ mit Lennon-Autogramm

Frühe BerlinerSchallplatte Paul Mawhinneys Riesensammlung Laserplattenspieler von ELP

10.120

Konservative Musiksammler sind sich einig: Keine noch so raffinierte Digitalaufnahme kann dem warmen Klang der Schallplatte das Wasser reichen. Das Problem allerdings: Jedes Abspielen nützt das Vinyl ab, es entsteht das charakteristische Knistern. Der japanische Hersteller ELP bietet Abhilfe: Der Laserplattenspieler tastet die Rillen nicht mit einer Nadel, sondern mit einem Laserstrahl ab und gibt Musik verschleißfrei wieder. Der Haken: Der Plattenspieler sieht mit seinem Einzugsfach wie ein überdimensionierter CD-Player aus – und kostet satte 10.120 Euro. www.berliner.montreal.museum

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TEXT: FLORIAN OBKIRCHER. BILDER: PICTUREDESK.COM (2), CORBIS, RECORD COMP. (2), MUSEUM VICTORIA, REX FEATURES, ELP

1870 wanderte ein 19-jähriger Hannoveraner nach Amerika aus. Mit im Gepäck: die Vision, ein Gerät zu erfinden, mit dem Menschen am Sterbebett ihre letzten Gedanken aufzeichnen können. 1887 meldete Emil Berliner sein „Grammophon“ zum Patent an. Zwar hatte Thomas A. Edison zehn Jahre davor den Phonographen vorgestellt, doch dessen Tonwalzen waren für eine Massenproduktion ungeeignet. Berliners Gerät dagegen spielte flache, mit Wachs überzogene Zinkplatten ab, die sich billig vervielfältigen ließen. Seine Erfindung taufte Berliner „Schallplatte“.


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