The Red Bulletin Oktober 2013 – AT

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Bullevard

Formelsammlung

Big-WaveWahnsinn

Tanz der Teilchen Normalerweise schwingen die Teilchen einer Welle ­entweder in Ausbreitungsrichtung (wie Luftteilchen in Schallwellen) oder quer dazu (etwa bei einer gezupften Saite). Wasserwellen hingegen schwingen kreisförmig, was man anhand eines schwimmenden Korkens sehr gut beobachten kann (Abb. 1). Auch die Teilchen unter Wasser bewegen sich kreisförmig, aber mit geringer werdendem Radius, je mehr die Tiefe zunimmt. Wegen dieser Kreisbewegung haben Wellen im tiefen Wasser immer die Form von Rollkurven. Diese erhält man, wenn man einen Punkt auf ein rollendes Rad malt und diesen von der Seite betrachtet (Abb. 2). Bei a befindet sich der Punkt auf halbem Radius, bei b exakt am Rand. Wasserwellen haben genau solche Formen, allerdings kopfstehend wie in Abb. 1. Die spitze Rollkurve bei b ist der Grenzfall – höher können Wasserwellen nicht werden. Daraus kann man das maximale Verhältnis der Wellenhöhe h zur Wellenlänge λ ableiten. Die Wellenlänge entspricht dem Umfang des Rades und somit der Rollstrecke bei einer Umdrehung, also U = λ = 2r π, die maximale Höhe ist h = 2r. Es gilt somit λ = 2r π = h π. Damit eine Welle wie im Bild 8 m hoch werden kann, muss sie also mindestens 8 π Meter lang sein (≈ 25 m). Die Geschwindigkeit in tiefem Wasser berechnet man vtief = √ g ∙ λ /2 π; g ist die Fallbeschleunigung (9,81 m/s²). Eine Welle mit 25 m Länge kommt also mit 6,25 m/s oder rund 23 km/h daher. Ziemlich genau diese Geschwindigkeit sollte der Surfer bereits haben, damit die Welle nicht an ihm vorbeirollt. Deshalb lassen sich Profis bei großen Wellen mit dem Jet-Ski auf Tempo bringen. Wird das Wasser am Ufer flacher, beginnt die Welle „den Boden zu spüren“. Die Bewegung der Teilchen wird dann elliptisch (s. Bild). Flachwasserwellen haben eine Geschwindigkeit von vflach = √ g ∙ d , wobei d die Wasser­ tiefe ist. Wird das Wasser flacher, werden die Teilchen in den tieferen Schichten immer stärker abgebremst, während sich die oberen ungebremst weiterbewegen. Die Welle bricht am Strand aufgrund ihrer Trägheit. Bei Stürzen besteht die Gefahr, von der Wasserbewegung ­unter die Welle gezogen zu werden. Big-Wave-Surfer brauchen daher vor allem eines: exaktes Timing. Tanz am Abgrund Wie fühlt sich eine Riesenwelle an? Der Australier Ross Clarke-Jones (Bild) sagt: „Wie der Sprung aus einem Flugzeug. Die Beschleunigung, die Fliehkräfte – du glaubst, es schält dir das Fiberglas vom Surfboard.“ Die Big-Wave-Bezwinger: www.stormsurfers.com.au * Mag. DDr. Martin Apolin, 48, Physiker, und Sportwissenschaftler, arbeitet als AHS-Lehrer und Lektor an der Fakultät für Physik in Wien und ist mehrfacher Buch­autor.

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bild: storm surfers 3d/red bull content pool. Illustration: Mandy Fischer

Wie Riesenwellen entstehen und wie man diese Biester surft, erklärt unser Physiker*.


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