H E RO ES
KYLIE MINOGUE
bewegt mit ihrem Ohrwurm „Padam Padam“ nun auch die Generation Z. Aber was macht die Dance-Pop-Ikone so zeitlos? Die Vibes von Las Vegas, ihre wummernde Wohnzimmer-Disco – und Wellenreiten ganz ohne Wasser. TEXT MARCEL ANDERS
„Wenn ich mir anhöre, was meine Kollegen so sagen, sollte man auf keinen Fall länger hier bleiben, sonst verliert man den Verstand“, sagt Kylie Minogue und lacht. Mit „hier“ meint die australische Pop-Ikone Las Vegas. Und mit „nicht länger“ jene sechs Monate, für die sie die neondurchflutete Wüstenstadt zu ihrer Homebase macht: Mit ihrer Konzertreihe im MegaNightclub „Voltaire“, die bis in den Mai hineinreicht, präsentiert sich Minogue in einer Reihe legendärer musikalischer Langzeitgäste, von Elvis bis Lady Gaga. Ach ja, und neben Las Vegas ist da noch was: Ihr 16. Studioalbum, „Tension“, landete mit seinen eingängigen Electronic-Dance-Nummern auf Platz eins der britischen Album-Charts. Und: Die Single- Auskopplung „Padam Padam“ erregte die Aufmerksamkeit der Generation TikTok, wurde zum globalen Dancefloor-Hit. Kylie, wie macht man der Generation Z Beine? the red bulletin: Deine Karriere hält schon 35 Jahre an. Fühlst du dich immer noch so motiviert wie zu Beginn? kylie minogue: Manchmal stelle ich mir diese Frage auch und denke: „So, das war’s jetzt, ich muss aufhören.“ Aber dann rollen alle in meinem Team die Augen und sagen: „Wir wissen ja ohnedies, dass du nicht aufhören wirst.“ Ich mache das alles, weil ich durstig nach Kreativität bin. Und ich liebe die Aufregung! Keine Lust, einfach ein Weingut in Südfrankreich zu kaufen und dich dort niederzulassen? Du vertreibst ja bereits eine Weinmarke … Ich bin alles andere als eine Weinkennerin, das habe ich auch im Zusammenhang mit „Kylie Minogue Wines“ immer gesagt. Mir schmeckt einfach guter Wein. Aber das
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FOTO ED COOKE
mit dem französischen Weingut ist schon eine meiner Fantasien. Allerdings müsste ich mir dort auch ein Tonstudio einrichten lassen, was mich endgültig zum typischen Popstar machen würde – Bono und Sting haben ja auch ihre eigenen Weingüter. „Padam Padam“ ist deine erfolg reichste Single seit langem. Hast du diese Resonanz erwartet? Die hat uns alle überrascht – der Erfolg insgesamt und dass „die Jugend“ so darauf abfährt. Die junge Generation ist so offen und unvoreingenommen. Als ich zwanzig war, hielt ich alle Vierzigjährigen für steinalt. Aber ich glaube, die jungen Leute erleben heute so vieles und haben gelernt, wie uncool Vorurteile sind. Die Einstellung gegenüber dem Alter muss sich ändern, finde ich. Und erfreulicherweise ändert sie sich gerade tatsächlich. Hat eine Residency in Vegas immer schon zu deinen großen Zielen gehört? Vegas ist neu für mich, eine produktive Herausforderung – für eine Künstlerin gewissermaßen ein Initiationsritus, und darin besteht auch der Reiz der Stadt. In meiner Show geht es aber eher um die Intimität des alten Las Vegas – also um das Gegenteil dessen, was die meisten Leute erwarten. Viele deiner Songs sind DancefloorKlassiker. Gehst du noch oft in Clubs? Ehrlich gesagt eher weniger. Meine krasseste Clubbing-Zeit war Mitte der Neunziger, als das einfach dazugehört hat. Ich verkläre diese Zeit immer mehr, weil wir da noch keine Handys hatten und nicht die ganze Zeit auf Twitter und Instagram und TikTok hingen oder wie das alles heißt – wir waren einfach da. Den Jüngeren geht es wahrscheinlich auf die Nerven, dass wir Älteren immer von dieser
Zeit schwärmen, aber sie war einfach unglaublich. In letzter Zeit passiert es mir jedenfalls immer öfter, dass ich ungeplant zu tanzen beginne. Wenn nach dem Abendessen die Musik lauter wird, schiebt man die Möbel an die Wand und hat plötzlich die beste Disco! Wie war es für dich, für die letzte Folge noch einmal zur TV-Serie „Neighbours“ zurückzukehren, die dich in den Acht zigerjahren bekannt machte? Es war ein sehr kurzes Vergnügen. Ich habe seit „Neighbours“ immer wieder ein bisschen geschauspielert, und es macht mir wirklich Spaß, auf dem Set zu stehen. Ein bisschen nervös bin ich zwar immer, andererseits fühle ich mich bei Film- und Fernsehdrehs einfach zu Hause, weil das in meiner Jugend zweieinhalb Jahre lang mein Alltag war. Mir gefällt, dass alle zusammenarbeiten müssen, als Team – deshalb bin ich wahrscheinlich nie eine „Diva“ geworden. Das Showbusiness mit seinen Kapriolen ist mir nur allzu vertraut, daher weiß ich, wie wichtig es ist, sich eine gewisse Normalität zu bewahren. Und was kommt als Nächstes? Mir kommt vor, ich reite auf einer per fekten Welle. Hin und wieder muss ich auch paddeln, aber es bereitet mir große Freude. Übrigens bin ich keine Surferin, aber ich war schon mal surfen – deswegen weiß ich, wie es ist, auf die nächste Welle aufzuspringen. Und genau dieser Moment ist es, den ich genieße. Kylie Minogues Album „Tension“ ist bei Darenote/BMG erschienen. kylie.com
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