The Red Bulletin INNOVATOR CD 23/01

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Wie HightechMedizin aus der Schweiz Mensch und Maschine verbindet –und uns alle gesünder macht

RoboDoc

Ideas for a better future 3.80 CHF 01 2023 AUSGABE SCHWEIZ
Internist Thomas Sauter mit AugmentedReality-Brille im Inselspital Bern
IDEAS FOR A BETTER FUTURE INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 01/2023

MASTER OF MATERIALS

RADO.COM
CAPTAIN COOK HIGH-TECH CERAMIC SKELETON

EDITORIAL

CONTRIBUTORS

Nicole Thurn

ist langjährige Journalistin und Gründerin von NewWorkStories.com. Sie ist auch als Autorin, Speakerin und Workshop-Organisatorin unterwegs. Für uns hat sie die Pläne zweier Österreicher für sichere Atomkraft recherchiert.

SEITE 80

Als wir mit der Arbeit an dieser Ausgabe begannen, sah sich die Welt mit einigen der grössten Herausforderungen unserer Zeit konfrontiert. Die Schlagzeilen kündeten von Krisen und Infation, zudem wurde ein eisiger Winter befürchtet. Doch nun herrscht endlich wieder Tauwetter, die Sonne scheint stärker und länger, kurzum, unser Leben erscheint wieder heller. Und das nicht zuletzt deswegen, weil so vielen klugen Köpfen immer wieder ein Licht aufgeht! Wir nennen sie Mutmacher und widmen ihnen dieses Magazin.

Michael Sieber

ist ein preisgekrönter Schweizer Fotograf. Seine Werke erschienen unter anderem in «GEO», im Magazin «11 Freunde», der «Zeit» und im «NZZ Folio». Für uns hat er mit dem Team des Inselspitals Bern die virtuelle Zukunft der Medizin fotografiert.

COVERSTORY / SEITE 62

Mutmacher – das sind akribische Tüftler, die unsere Energieversorgung völlig neu aufstellen. Mutmacher – das sind Pioniere der E-Mobilität. Und all die anderen kreativen Denker, die den Alltag ein Stück weit besser machen: von unserer ganz alltäglichen Kleidung bis hin zum Lebensraum Grossstadt. Tja, und manche von ihnen – die Tempomacher unter den Mutmachern – lassen sogar Segelyachten fiegen.

Viel Vergnügen und Zuversicht beim Lesen des neuen The Red Bulletin Innovator!

INNOVATOR
DIE MUTMACHER
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MICHAEL SIEBER (COVER), KONSTANTIN TAUFNER-MIKULITSCH

INHALT

Wie unser Streben nach Neuem unser Leben verbessert und wir damit die Welt retten

Einleitung

AB SEITE 27

Zukunft für Zuversichtliche Lust auf Neues ist uns allen angeboren. Jene, die darin ihre Berufung sehen, verändern unsere Welt.

BULLEVARD

10 Weltraum-Medizin

ESA­Astronaut Matthias Maurer forscht auf der ISS an Heilung aus dem All.

12 Das Sprüh-Kleid

Ist ein Spray­Mix, der sich in Stoff verwandelt, die Zukunft von Fashion?

14 Finde den Groove

Percussionist Martin Grubinger macht Musik mit seiner App MyGroove.

16 Kunst kann mehr

In Zürich treffen Kunst, Wirtschaft und Technologie aufeinander.

18 Wunderlampe

Sie erzeugt Licht, Trinkwasser und Salz – einfach durch die Kraft der Sonne.

20 Concept-Car

Mit dem Modell Oli zeigt Citroën seine Vision moderner E­Mobilität.

22 Hilfe aus der Luft

Ein Spin­off der ETH Zürich macht aus Drohnen fliegende Werkzeugkisten.

America’s Cup

AB SEITE 34

Die Segel-Revolution

Wenn Schiffe fliegen können – ja dann muss wohl höchste Ingenieurskunst dahinterstecken. So wie bei den Rennyachten von Alinghi Red Bull Racing.

24 Jung, frech & fähig

Die Schweizerin Yaël Meier erklärt Unternehmen, wie die Gen Z tickt.

Gesundheit

AB SEITE 62

Der Robo-Doc aus Bern

Im Virtual Insel Simulation Lab in Bern wird die Zukunft der Medizin erforscht, erprobt und erfunden.

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MICHAEL SIEBER, SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL BRATISLAV MILENKOVIC
Die Spezifkationen können je nach Konfiguration variieren. Alle Zahlen sind vorläufig und vorbehaltlich der endgültigen Zertifizierung.  2 Entdecke Energie (WLTP) Antriebsstrang Emissionen polestar.com 14.8–17.1 kWh/100 km 100% elektrisch 0 CO2 g/km Leistung 220 kW Drehmoment 490 Nm Long range Single motor Hinterradantrieb A B C D E F G A

Trendsetter

AB SEITE 72

Gesichter der Wende

Smarte Gebäude, Solarkraft in Wänden, grüne Start-ups – so sieht die Zukunft unserer Energie aus.

Selbstversuch

AB SEITE 54

Expedition in die Virtualität

Das Metaverse ist ein enormes Unterfangen – und ganz schön eigen. Unser Autor hat sich „eingeschleust“.

Interview

AB SEITE 46

Künstliche Intelligenz

Roboterpsychologin Martina Mara und Technikpilosoph Mark Coeckelbergh erklären das Phänomen KI.

GUIDE

90 Urban Future

Die Konferenz, die Changemaker und Entscheider zusammenbringt.

92 Der Kraft-Boost

Biohacker Andreas Breitfeld hilft uns, noch schneller fit zu werden.

93 Toolbox

Die Gründerin von Womens Authors of Achievement talkt und teilt.

94 Save the Date

Ein halbes Jahr vollgepackt mit spannenden Events erwartet uns.

96 Kolumne

Ali Mahlodji erzählt, wie unsere Ängste uns sogar stärker machen können.

98 Comic

Forschung

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Operation Austrotom

Zwei Österreicher wollen die Atomkraft sicher, sauber und günstig machen –mit dem Rohstoff Thorium.

Unsere Illustratorin

La Razzia wirft einen Blick auf die Zukunft.

INHALT INNOVATOR
6 INNOVATOR ANDREAS JAKWERTH, FLORIAN VOGGENEDER, GREEN TECH VALLEY CLUSTER, RENATO QUADRONI, SEBASTIEN CRETTAZ, FABIO RODRIGUES MATHIS BURMEISTER

BEFLU ¨ U ¨ U ¨ GELT DURCH DEN SOMMER.

MIT FRUCHTIG-BEERIGEM GESCHMACK.

BELEBT GEIST UND KÖRPER.

NEU
2024 Youth & Women’s America’s Cup Applications open on April 3rd until April 30th More information on: ywac.alinghiredbullracing.com

Bullevard

für eine bessere Welt

INNOVATOR
INNOVATOR 9 GETTY IMAGES PREMIUM ACCESS

März 2022.

WELTRAUMFORSCHUNG

Der deutsche Astronaut Matthias Maurer, 53, führt im Weltraum Experimente durch, die viele Gesundheitsprobleme bei uns auf der Erde lösen könnten.

Kann uns Weltraumforschung dabei helfen, Krebs zu heilen, schwere Herzkrankheiten zu vermeiden und das Leben der Menschen zu verlängern? Der Astronaut Matthias Maurer, unterwegs im Dienste der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), ist überzeugt davon. Maurer meint, dass der Weg in den Weltraum kein Luxus, sondern unverzichtbar sei, um Innovationen voranzutreiben, die eines Tages tödliche Krankheiten ausrotten könnten.

Bei seiner letzten Mission «Cosmic Kiss» etwa fog er mit seinem Team für sechs Monate zur Internationalen Raumstation (ISS), um dort mehr als 100 Experimente durchzuführen. Die Versuche reichten von der Grundlagenforschung bis hin zu Anwendungen in der Materialwissenschaft, Physik, Biologie, Medizin oder Erdbeobachtung.

Zum Thema Herzkrankheiten erklärt Maurer ein Experiment, an dem er mitgearbeitet hat – «Touching Surfaces»: «Es ist uns gelungen, Oberfächen herzustellen, die zu 100 Prozent antimikrobiell sind, indem wir Materialien wie Edelstahl, Kupfer und Messing mit einem speziellen Laser behandelt haben. Diese Oberfächen töten jede Mikrobe, jedes Virus und jede Bakterie ab, die mit ihnen in Berührung kommt.» Diese für den Weltraum konzipierte Technologie könnte schon bald die Humanmedizin auf der Erde revolutionieren.

Der Stent aus dem All «Diese Materialien können bereits jetzt für Herzimplantate wie Herzschrittmacher oder Stents verwendet werden», sagt Maurer. Ein potenzieller Lebensretter für Millio-

«Wir haben sogar einen kleinen Herzmuskel im All getestet», sagt Astronaut Matthias Maurer, «und er hat angefangen zu schlagen.»

TAHIRA MIRZA

1 ESA/NASA/SPACEX

ESA-Astronaut Matthias Maurer bei seinem Aussenbordeinsatz an der Internationalen Raumstation am 23.
Heilung, die vom Himmel fällt Bullevard 10 INNOVATOR

nen, wenn man bedenkt, dass die heutigen Implantate bei fast 50 Prozent ihrer Träger gefährliche Infektionen verursachen. Und dass nicht wenige dieser Infektionen tödlich sind.

Maurer berichtet von weiteren erstaunlichen Eigenschaften der laserbehandelten Materialien, die im Weltraum getestet wurden: «Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass der Oberfächenwiderstand im Vergleich zu anderen Verbindungsmaterialien um fast 80 Prozent reduziert ist.»

Daraus ergeben sich neue Chancen zurück auf der Erde: «Unsere Materialien könnten beispielsweise die Leistung von Solarzellen um bis zu 30 Prozent verbessern, was uns bei der Lösung unserer Energieprobleme einen entscheidenden Schritt weiterbringen könnte.»

Dann erzählt Maurer von einem zukunftsweisenden Experiment, das mithilfe von Lab­on­a­Chip­Systemen durchgeführt wird: «Wir verwenden kleine Krebszellen, die im Weltraum gezüchtet werden. Wenn man sie mit bestimmten Flüssigkeiten und Medikamenten in Kontakt bringt, kann man feststellen, ob ein vielversprechendes Medikament den Tumor abtötet oder nicht. Im Weltraum hat man die perfekte 3D­Morphologie. Bei uns auf der Erde sind die Krebszellen im Labor auf Petrischalen immer abgefacht, sodass man vielleicht einen Erfolg hat, aber später, wenn man das Medikament an Menschen testet, funktioniert es nicht unbedingt. Lab­on­a­Chip könnte ein Teil des Puzzles zur Heilung von Krebs sein.»

Abgehobene Poesie

Auch Tierversuchen könnte diese Art der Weltraumforschung eines Tages ein Ende setzen. Ist es da überraschend, dass Astronaut Maurer seine Mission poetisch beschreibt? «Cosmic Kiss» sei eine «Art Liebeserklärung an das Weltall, an die Raumstation als Bindeglied zwischen Menschheit und Kosmos und an das, was die Menschen dort tun und zukünftig tun werden.» esa.int

AUSSERIRDISCHE FAKTEN

Matthias Maurers Aussenbordeinsatz war der 441. Weltraumausstieg in der Raumfahrtgeschichte. Er dauerte ganze 6 Stunden und 54 Minuten.

Maurer brachte kulinarische Spezialitäten aus dem Saarland auf die ISS – hier Arme Ritter mit Vanillesauce.
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Matthias Maurer hat Materialwissenschaften in Deutschland, England, Frankreich und Spanien studiert. Seit 2010 arbeitet er für die ESA.

Der gebürtige Katalane Manel Torres forscht seit über zwei Jahrzehnten an nachhaltiger Fast Fashion.

Sprühende Leidenschaft

SPRAY-FASHION

Als Designer Manel Torres dem Model Bella Hadid ein Cocktailkleid auf den Leib sprayt, staunt die Modewelt. Rock und Hose –bald nur noch aus der Dose?

Es wird fnster im Salle des textiles im Pariser Musée des Arts et Métiers. Lediglich eine beleuchtete Plexiglasbühne erhellt noch den Raum. Topmodel Bella Hadid wirft sich in Pose – nur mit einem weissen Slip bekleidet, bereit für das grosse Finale. Und das wird Modegeschichte schreiben.

Es ist die Show des französischen Labels Coperni anlässlich der Pariser Fashion Week im Herbst 2022. Das Designer-Ehepaar Sébastien Meyer und Arnaud Vaillant hat sich dafür zusammen mit Manel Torres etwas ganz Besonderes überlegt. Und der sympathische Gründer der Textilfrma Fabrican ist es nun auch, der Bella Hadid die Show stiehlt – indem er mit einer Lackier pistole weisse Flüssigkeit auf die Haut des Models sprüht.

«Die Idee kam mir schon während meines ModedesignStudiums: Wenn es die Möglichkeit gibt, Stoffe und Textilien in einen Spray zu verwandeln, würde das die

vielen Herstellungsschritte –vom Entwurf bis zum Produkt – enorm verkürzen», holt Manel Torres im Interview aus. Also machte sich der gebürtige Spanier daran, seine Doktorarbeit am Royal College of Art in London mit der Unterstützung eines befreundeten Chemikers über liquid fabrics zu verfassen. «Im Grunde bin ich immer noch dabei, diese Arbeit fertigzustellen», fügt er lachend hinzu. Und meint damit die textile Praxis zur grauen Theorie. Mittlerweile tüftelt er mit einem rund zehnköpfgen Team in seinem Londoner

Tatsächlich ist es eine Cellulose-Mischung –doch Spray-Designer Manel Torres vergleicht seinen Mix gerne mit Wildleder.

Cellulose-Mix in der Flasche: Was zunächst eine milchige Flüssigkeit ist, verwandelt sich in Kürze in Stoff.

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Bullevard 12 INNOVATOR GETTY IMAGES, ANDREW RANKIN LISA HECHENBERGER

Labor an den verschiedensten Zusammensetzungen, fügt Meersalz für mehr Struktur oder Stärke für mehr Robustheit hinzu. Für die Show von Coperni ist es ein Gemisch, basierend auf Cellulose, das zu einer Art Instant­Vliesstoff versprüht wird. «Ich vergleiche es vom Gefühl her gerne mit Wildleder. Aber es ist dasselbe Material wie bei jedem herkömmlichen Shirt oder Pullover – nur eben in füssi­

ger Form.» Wenn es in Kontakt mit Sauerstoff kommt, wird das Material zu einem nicht verwobenen Stoff, erklärt Torres. Und so schwebt Bella Hadid nach nur wenigen Minuten im hautengen weissen Cocktailkleid vom Podest und präsentiert die Couture aus der Dose dem staunenden Publikum.

Auf die Frage, was man mit diesem kleidsamen Mix denn so alles anstellen könne,

Das Video von Bella Hadid im Sprühkleid auf der Pariser Fashion Week geht um die Welt. Möglich machte es der Stoff Fabrican.

DIE REDAKTION

EMPFIEHLT

Spanien und Portugal

haben sich zu Zentren nachhaltiger Mode entwickelt: Marken wie Ecoalf, Näz, Lefrik, Organique und viele weitere mehr machen Upcycling und Slow Fashion cool.

entfährt Torres ein begeistertes «Anything!». Für Hosen, Hüte und Handtaschen, aber auch für Autositze und Tapeten, sogar für Gipsverbände oder Nikotinpfaster könnte er Verwendung fnden. «Stell dir vor, du trägst einen Stoff, der Vitamin C oder ein Hautpfegeprodukt abgibt. All das ist möglich.» Und der eigentliche Clou: Jedes Stück könnte immer wieder verfüssigt und endlos wiederverwendet werden – bei gleichbleibender Qualität der Mischung. Was die Kosten betrifft, will sich Torres nicht festlegen. «Nehmen wir das Hemd, das ich gerade trage: Wenn ich es bei Chanel kaufe, verrechnen die mir 1000 Pfund. Woanders zahle ich 100.»

Derzeit führe er viele Gespräche mit unterschiedlichsten Interessenten, 300 bis 400 E­Mail­Anfragen bekomme er täglich seit der Coperni­Show. Seinen grössten Traum habe er sich aber im Grunde schon erfüllt: ein Couture­Kleid für Paris zu kreieren. fabricanltd.com

INNOVATOR
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Auf einen Schlag

Start-up-Gründer: Percussionist Martin Grubinger bringt Musik einer neuen Generation nahe.

ENTERTAINMENT

Wie Martin Grubinger mit seiner App MyGroove Musizieren neu denkt und damit die Welt etwas schwungvoller macht.

Schlagzeuger Martin Grubinger ist weltberühmt. Vor allem an der Marimba (einer Art Riesen-Xylofon) gilt er als brillanter Solist. Irreführend wäre jedoch die Annahme, der 39-jährige Salzburger sei deshalb ein Egozentriker im Elfenbeinturm. Im Gegenteil: Er ist leidenschaftlicher Gruppenmusiker und BandMensch. Die Freude am Musizieren weiterzugeben ist seine Lebensaufgabe. Das ergibt sich schon einmal aus seiner Professur am Mozarteum. Nun hat Martin ein neues Medium für seine Mission. Er möchte Musikerinnen und Musiker in aller Welt miteinander verknüpfen. Treffpunkt: seine brandneu entwickelte App MyGroove, die im Früh-

MyGroove ist die virtuelle Schnittstelle zwischen Proberaum, Aufnahmestudio, Konzertbühne und Musikklasse.

jahr 2023 gelauncht wird. Martin: «Ich habe beobachtet, dass viele Kids nicht mehr singen oder tanzen. Vielleicht, weil unser Schulsystem die Musik nicht mehr als notwendig erachtet. Und vielleicht auch, weil das Musizieren durch YouTube oder die PlayStation verdrängt wird.»

Mission Musik

Globale Gigs: In der neuen App verknüpfen sich Tonspuren aus aller Welt zu einem gemeinsamen Groove.

Martin möchte dem Verschwinden von selbst gemachter Musik aus Schulen und Familien mit gemeinschaftlicher Energie entgegentreten. Denn Musik funktioniert seiner Erfahrung nach am besten im Kontext einer Band: «Es ist zwar schön und gut, allein zu Hause ein Instrument zu spielen. Aber der ultimative Kick ist, mit anderen an einem Groove oder einem Song zu arbeiten. Die Herausforderungen

SIMON SCHREYER

3 SIMON PAULY

Die Band in der Tasche Bullevard 14 INNOVATOR

unserer Zeit und der Stand der Technik legen nahe, dass wir uns auch in einem Online-Raum treffen können, um zusammen mit Musikern in aller Welt zu jammen und voneinander zu lernen.» Diese virtuelle Schnittstelle zwischen Proberaum, Aufnahmestudio, Konzertbühne und Musikklasse stellt MyGroove dar.

Drei grundlegende Funktionen erfüllt die wegweisende App: Erstens bietet sie Musikern Gelegenheit, ganz spielerisch zu üben – solo, im Playalong-Modus. Dabei können 200 Musikstücke, sogenannte «Missions», in verschiedensten Schwierigkeitsstufen möglichst fehlerfrei durchgespielt werden. Ganz wie ein Computerspiel, bei dem Levels überwunden werden. Die vom Fraunhofer Institut entwickelte Artifcial Intelligence Recognition ist vorerst mit den populärsten Instrumenten – nämlich Piano, Gitarre, Bass, Schlagzeug, Percussion und Gesang – kompatibel. MyGroove zeigt die Notation an, nimmt deine Tonspur auf, analysiert sie und gibt Feedback, an welchen Stellen unsauber oder gar neben dem Takt gespielt wurde.

Im Namen des Groove MyGroove kann freilich auch im Multiplayer-Modus bespielt werden. Womit wir bei der zweiten Funktion der App sind: Denn wo zwei oder mehr Musikerinnen und Musiker im Namen des Groove zusammenkommen, dort ist der Geist der Musik bereits mitten unter ihnen. In die-

sem Modus kannst du dich entscheiden, ob gemeinsam ein Stück einstudiert werden soll oder ob ihr einfach einen Jam anreisst. Dabei sitzt der Drummer zum Beispiel in Tirol, der Bassist in Wien, die Sängerin in Singapur und die Gitarristin in Brooklyn. Das soll auch für Masterclasses genutzt werden, für die Martin bereits eine Auswahl bekannter Namen (siehe rechts) gewinnen konnte. Auch er selbst wird online unterrichten.

Der dritte Anwendungsbereich von MyGroove ist der einer digitalen Bühne. Auf ihr fnden Konzerte und Wettbewerbe statt, bei denen es Tickets und sogar Kollaborationen mit Musiklabels zu gewinnen gibt. Wie hochwertig die Hardware ist, mit der man die App verwendet, bleibt dir selbst überlassen. Ob Earpods oder gut abdichtende Studiokopfhörer, ob Handymikro oder professionelle Mikrofonierung: Über den Grad der Ernsthaftigkeit entscheiden alle MyGroover selbst, um dann miteinander so viel Spass wie möglich zu haben. mygroove.app

STAR-ENSEMBLE

AUF KNOPFDRUCK

In der App MyGroove kann man 200 Musikstücke spielen. Als Lehrmeister dienen dabei ein paar der grössten Musiker ihres Fachs.

1 Loreen Sima, Bass

2 Hyung­ki Joo, Piano

3 Joannie

Labelle, Percussion 4 Eko Fresh, Gesang 5 Yasi Hofer, Gitarre 6 Ben Jud, Bass
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7 Anika Nilles; Schlagzeug 8 Holly Madge, Schlagzeug 9 Arto Mäkelä, Gitarre
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Kunst zum Greifen nahe bietet das Zurich Art Weekend mit über 100 Events an 60 Locations.

Von 9. bis 11. Juni findet dieses Jahr wieder das Zurich Art Weekend statt. Dabei wird die Stadt zur Spielwiese für Technologie und Kunst. Wir trafen die Gründerin.

Es gibt in der Kunst immer wieder Schlüsselwerke. Beispielsweise Bilder, bei denen eine Künstlerin zum ersten Mal eine neue Technik ausprobiert hat, die später zum Standard wurde – diese Wendepunkte haben mich immer besonders interessiert», erzählt Charlotte von Stotzingen. Die gebürtige Französin ist Gründerin des Zurich Art Weekend und gerade zu Fuss auf dem Weg zur Kunsthalle Zürich, die heuer zum sechsten Mal zur Drehscheibe dieses interdisziplinären Festivals wird.

Während sie sich ihren Weg durch die Gassen bahnt, erzählt sie: «Um in der Kunst einen Schritt nach vorne zu gehen, muss man zunächst

aus bewährten Denkmustern ausbrechen, den Blick für Neues öffnen. Wir haben das Zurich Art Weekend ganz bewusst an dieser Schnittstelle für neue Perspektiven positioniert, die sich im Zusammenspiel von Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft ergeben.»

Beim Thema Art & Tech hat Zürich in der europäi-

Beim Zurich Art Weekend sprechen Künstler mit Expertinnen aus Wirtschaft und Wissenschaft.

PHILIPP LANDAUER

4 ZURICH ART WEEKEND, URS WESTERMANN

ART & TECH
Kunst kann mehr Bullevard 16 INNOVATOR

«Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft – aus diesem Zusammenspiel entsteht Kreatives, und an den Schnittstellen passiert Kultur», sagt Charlotte von Stotzingen.

schen Städtelandschaft einen echten Wettbewerbsvorteil, denn es vereint eine hochkarätige und breit gefächerte Kunstwelt mit einer bahnbrechenden Technologielandschaft. «Zürich beherbergt einige der fortschrittlichsten europäischen Museen, Kunstzentren, Galerien, Stiftungen, Sammlungen und Universitäten», erzählt von Stotzingen. «Gleichzeitig ist es auch ein globaler Knotenpunkt für das Metaversum, mit Unternehmen wie Microsoft, Facebook, Google, Disney Research und Magic Leap, die in Zürich Büros oder Forschungslabors eröffnet haben.» Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) beherbergt das weltgrösste KI­Zentrum und hostet ein eigenes Center am Zurich Art Weekend.

Die Stärke der Vielfalt

«Die Kunstszene in Zürich ist sehr vielfältig, aber auch sehr fragmentiert – von den grossen Institutionen über kleine Galerien bis hin zu Off­Spaces», erzählt von Stotzingen. «Wir schaffen die Rahmenbedingungen, um all dies im Sinne der Kunst zu bündeln.»

Dabei sind auch Schweizer Institutionen wie Banken und wissenschaftliche Einrichtungen eng eingebunden. «Nicht nur weil sie selber Sammlungen besitzen, sondern weil Kunst auch immer eine gute Anlage ist», betont von Stotzingen. Und weil auch dort aktuell viel Neues passiert.

«Das beste Beispiel für Innovationen auf dem Gebiet Tech & Art sind vermutlich NFTs – also die Frage: Welche Möglichkeiten tun sich auf, wenn ein Kunstwerk mit all seinen Eigenschaften, inklusive seines Marktwertes, eins zu eins in die digitale Welt transformiert werden kann?»

Während des Wochenendes fndet auch ein NFT Art Day im Kunsthaus Zürich statt. Das Zurich Art Weekend bietet von 9. bis 11. Juni neben Konzerten und Performances auch Talks, Walks, Atelierbesuche und vieles mehr. «Das ganze Wochenende ist kostenlos», betont Charlotte und fügt hinzu: «Wenn du alle inkludierst, Kunstschaffende, Banken und die Wissenschaft, dann sollte das auch für jegliches Publikum zugänglich sein.»

zurichartweekend.com

INTERESSANTES

Ein besonderer Tipp ist der Immersive Art Space der Zürcher Hochschule der Künste, in dem Vorträge, Performances und immersive Installationen erlebt werden können.

Während des Events finden Ausstellungen in der ganzen Stadt statt, so wie hier in der Kunsthalle Liz Larner.
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Charlotte von Stotzingen gründete das Zurich Art Weekend, um Kunst und Technik zusammenzuführen.

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Der Architekt Henry Glogau (re.) arbeitet in Kopenhagen an grünen Ideen für ex treme Umgebungen.

SONNENKRAFT

Ein junger Neuseeländer macht Meerwasser trinkbar – und aus dem Salz gewinnt er nebenbei Strom. Wow – aber how? «Ist doch ganz einfach», sagt er.

Henry Glogau wollte schon immer seine Designfähigkeiten nutzen, um die Probleme dieser Welt anzugehen. Nach seinem Abschluss in Architektur im Jahr 2018 entschied er sich gegen die Jobsuche in seiner Heimat Neuseeland. Stattdessen zog der junge Designer nach Dänemark, studierte an der Königlich Dänischen Akademie und widmete sich der Entwicklung von Architektur in extremen Umgebungen bei GXN, dem Innovationsarm des Kopenhagener Architekturbüros 3XN.

«Ich meine, als Architekten und Designer sitzen wir mitunter in der Bequemlichkeit unseres eigenen Zuhauses oder Studios fest», sagt der 26 ­ Jährige. «Wir machen den Job, ohne wirklich rauszugehen und die Bedingungen oder den lokalen Kontext der Menschen zu verstehen, für die wir entwerfen.»

Ganz anders Glogau, der für seine Studien sogar bis nach Alaska reiste. Als er im Jahr 2019 in die nordchilenische Hafenstadt Mejillones kam, fand er eine echte Gelegenheit, seinen ehrgeizigen Ansatz auf die Probe zu stellen. Da die Wasserpreise dort die höchsten in Lateinamerika sind, nutzte Glogau jene Ressourcen, die kosten­

«Wir sitzen in der Bequemlichkeitsfalle», sagt Designer Glogau. «Aber wir müssen da raus, um den Lebenskontext der Menschen zu verstehen, für die wir planen.»

Das Solar Desalination Skylight (hier als Visualisierung im Querschnitt) macht mit Sonnenenergie aus salzigem Meerwasser trinkbares Süsswasser – und leuchtet dabei.

Henrys Wunderlampe Bullevard 18 INNOVATOR

Bis zu 540 Milliliter gereinigtes Trinkwasser erzeugt ein Solar Desalination Skylight pro Tag – durch Verdampfung und Entsalzung.

los und unbegrenzt verfügbar sind: Sonnenlicht und Meerwasser. Auf der Grundlage der Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung entwarf und baute er das sogenannte Solar Desalination Skylight. Das Lowtech-Gerät für den Heimgebrauch fltert Meerwasser, um kostenloses Trinkwasser zu gewinnen. Zusätzlich nutzt es die zurückbleibende Salzsole, um Energie zu erzeugen und das eingebaute Deckenoberlicht zu betreiben. «In den inoffziellen Siedlungen in Mejillones gibt es keinen Zugang zu grundlegenden Ressourcen wie Wasser und Strom», erzählt Glogau. «Die ursprüngliche Idee entstand also, als ich über die Herausforderungen unter diesen extremen Bedingungen nachdachte.»

Der strahlende Kreis Glogaus leuchtendes, kreisrundes Gerät funktioniert mittels Verdampfung und Entsalzung. Alle zwölf Stunden produziert es 540 Milliliter gereinigtes Wassers. Die Solarzellen auf dem Gerät laden sich tagsüber auf. Die übrig gebliebene Salzsole wird für die Salzbatterien des Geräts verwendet. In Kombination mit dem gespeicherten Solarstrom erzeugen diese täglich 9,53 Volt. «Wir müssen uns überlegen, wie wir in herausfordernden Ökosystemen arbeiten können, anstatt immer zu versuchen, stur dagegen anzukämpfen», sagt Glogau über sein simples Design. «Viele der besten Ideen wurden schon vor Hunderten von Jahren entwickelt. Ich denke, wir müssen das Rad nicht immer neu erfnden.»

Glogau war es wichtig, dass sich die Lampe natürlich in ihre Umgebung einfügt. Die gewölbte Form mit einem Muster aus Wasserkanälen entspricht diesem Gedanken. Meerwasser wird von Hand über einen kleinen Schlauch in die Leuchte gepumpt und sauberes Trinkwasser wird von unten herausgepumpt.

Glogau hat nun mit der Entwicklung neuer, verbesserter Versionen seines Prototyps begonnen. Ausserdem lehrt er die Kleingemeinde Nueva Esperanza, das Gerät selbst zu bauen. Sein «AnleitungsKit» und seine Workshops ermöglichen es der Einwohnerschaft, ein Solar-Dachfenster zur Entsalzung aus einfachen Materialien wie recycelten

Flaschen, Dosen, Messern und Klebeband herzustellen. Ein Video als Anleitung macht das Bauen noch einmal einfacher.

«Ich möchte ein fertiges Produkt schaffen, aber auch diese hybriden Versionen, die buchstäblich aus einem Rezeptbuch nachgebastelt werden können», sagt Glogau.

«Man kann also dieses Handbuch aufschlagen und mit den Ressourcen arbeiten, die man zur Verfügung hat. Was das Design betrifft, gibt’s von mir keine fxen Vorgaben.

Für mich geht es primär darum, die Idee zu verbreiten und sie so vielen Menschen wie möglich zugänglich zu machen.»

henryglogau.com

Einsatzort: Mejillones in Nordchile zählt zu den trockensten Regionen der Erde. Zudem durchlebt das Land eine mittlerweile zwölf Jahre anhaltende Dürre.

DIE REDAKTION EMPFIEHLT

Die dänische Innovationsfirma GXN hat in Kopenhagen ein sogenanntes Green Solution House gebaut, in dem man Ideen für Kreislaufwirtschaft erleben und ausprobieren kann.

3xn.com

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Dach und Motorhaube des Citroën Oli sind aus Pappe gefertigt, sollen jedoch stabiler als Metall sein.

E-MOBILITÄT

Halbes Gewicht, weniger verbaute Rohstoffe – aber volle Reichweite: Mit dem Concept-Car Oli zeigt Citroën erstmals die Ideen für seine künftigen Modelle.

Obwohl das Concept­Car Citroën Oli [all­ë] stark nach Zukunft aussieht – die Idee stammt aus der Vergangenheit. In den Siebzigerjahren war das typische Familienauto rund 800 Kilogramm schwer, 3,7 Meter lang und 1,6 Meter breit. Aussen kompakt, innen auf das Wesentliche konzentriert und genügsam im Verbrauch – von Überfuss keine Spur. Wirft man heute einen Blick auf die Strassen, sieht die Sache ganz anders aus. Massive SUVs beherrschen das Landschaftsbild, viele über 4,5 Meter lang und zwei Tonnen schwer. Mit der Kon­

sequenz, dass auch Rohstoffund Energieverbrauch steigen – im Verbrenner­ genauso wie im Elektroauto.

im Oli auf nichts verzichten muss, ist dem cleveren Gesamtkonzept geschuldet. Ein gutes Beispiel sind die Sitze: Die sind aus nur drei Teilen und extrem leichten, recycelten Materialien gefertigt. Ergibt unterm Strich rund 80 Prozent weniger verbautes Material als bei herkömmlichem Gestühl. Zudem sorgt das Design der Rückenlehnen aus luftigem Netzgewebe für mehr Licht im Inneren des Fahrzeugs – ein wichtiger Citroën­typischer Faktor für mehr Wohlbefnden an Bord.

Fokus auf Funktion Fokussierte Funktionalität prägt auch das Armaturenbrett­Design: Anstelle eines Hightech­Cockpits mit mehreren Bildschirmen begnügt sich der Oli mit einem einzigen symmetrischen Armaturenträger, der sich über die gesamte Fahrzeugbreite erstreckt. Auf einer Seite befndet sich die Lenksäule, auf der anderen eine MultimediaDockingstation, in der Mitte ein Slot für Smartphones und fünf klar gekennzeichnete Kippschalter für die Klimaanlage. Mehr hat’s nicht, mehr braucht’s nicht. Im Armaturenbereich werden im Oli nur 34 Teile verwendet – in einem vergleichbaren kompakten Familienauto sind es etwa 75.

ARNAUD TAQUET/CONTINENTAL PRODUCTIONS PATRICK AULEHLA 20 INNOVATOR

Der Citroën Oli ist mit 1000 Kilogramm Gewicht nur halb so schwer wie derzeit marktübliche E-Autos.

Klein, kompakt & kühn Bullevard
Wolle man ein ernsthaft nachhaltiges Fahrzeug bauen, reiche es also nicht, eine Batterie in dessen Boden zu klemmen. Ein ganzheitlicher Lösungsansatz müsse her, sagt Citroën – einer, der wie Oli auf Zurückhaltung setze. Der stylishe Elektro­Crossover ist mit einem Gewicht von 1000 Kilogramm nämlich nur halb so schwer und mit zehn Kilowattstunden Durchschnittsverbrauch nur halb so «durstig» wie derzeit marktübliche E­Autos. Für eine Reichweite von 400 Kilometern genügt ihm eine 40­KilowattstundenBatterie (anstelle einer mit 80 kWh) – mit allen Vorteilen, die sich daraus ergeben: halber Rohstoffverbrauch in der Herstellung; weniger CO²­Emissionen im GesamtLebenszyklus; schnelleres Laden an der Ladesäule. Dass man trotz Zurückhaltung

Oben: Handy und externer Speaker dienen als Bordcomputer – daher wirkt das Cockpit minimalistisch.

Unten: Die Sitze des Citroën Oli bestehen aus nur drei Komponenten und sind dadurch besonders leicht.

Alle Teile des ConceptCars wurden recycelt und sind wiederverwertbar, was Reparatur und Austausch erleichtert.

Ein weiterer Clou: Infotainment wird über das eigene Smartphone gesteuert, das in der zentralen «Steckdose» angedockt wird. Dadurch werden Telefoninformationen und Apps mit Fahrzeugdaten wie Geschwindigkeit und Ladezustand der Batterie zusammengeführt und über ein «Smartband»­System auf die Windschutzscheibe projiziert. Das gleiche Prinzip gilt auch für das Audiosystem: An beiden Enden des Armaturenbretts können MarkenBluetooth­Lautsprecher angedockt werden, um unterwegs Musik zu geniessen.

INTERESSANT ZU WISSEN

Bei der Präsentation des Citroën Oli wurde auch das neue Logo von Citroën vorgestellt, eine Hommage an das Original aus dem Jahr 1919.

Und noch eine Sache hat Citroën verstanden: Die Nutzung eines Fahrzeugs endet nicht mit dem Aussteigen. Auch parkend kann die Batterie des Oli als Stromquelle genutzt werden: Mit 40 Kilowattstunden Energie kann ein externes 3000 ­Watt­Elektrogerät zwölf Stunden lang betrieben werden. Praktisch für Elektrogrills, Kühlboxen oder richtig fette Party­Lautsprecher.

500.000-km-Reifen

Zudem plant Citroën den Oli in eine Kreislaufwirtschaft ein. Ein Grossteil der in ihm verbauten Rohstoffe kann wiederverwertet werden, die Lebensdauer soll so lange wie möglich ausgedehnt werden. Beispielsweise durch speziell konstruierte Reifen, die bis zu 500.000 Kilometer halten. Das gesamte Fahrzeug kann zudem für mehrere Besitzer «neu erfunden» werden, indem neue Dekors oder Farben oder sogar modernisierte Teile zum Einsatz kommen.

Selbiges gilt für Reparaturen: Für Türen, Scheinwerfer oder Stossstange stehen recycelte Teile zur Verfügung. Für Citroën­CEO Vincent Cobée ist eines klar: «E­Fahrzeuge müssen leichter und preiswerter werden. Oli zeigt eindrucksvoll, wie Citroën sich diese Zukunft vorstellt.» citroen.ch

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Fliegende Werkzeugkiste

HIGHTECH

Drohnen, die in luftigen Höhen schleifen, bohren und streichen können: Ein Schweizer Start-up lässt das Handwerk abheben.

D amit habe ich wirklich nicht gerechnet», sagt Timo Müller, CPO und Mitgründer von Voliro. Im Jahr 2019 ging er gemeinsam mit anderen Studenten der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, kurz ETH, bei einem Wettbewerb für innovative Drohnen in Abu Dhabi an den Start – und gewann mit dem Konzept «work at height» den ersten Plaz. Die Idee dahinter: eine ArbeitsDrohne, die handwerkliche Tätigkeiten wie Schrauben oder Streichen an schwer zugänglichen Orten in grosser Höhe ermöglichen soll.

«An der ETH gab’s ein Versuchslabor für die Entwicklung von Drohnen», erzählt Müller, «und da hab ich mich gefragt: Wie muss eine Drohne gebaut sein, damit sie erstens genügend Lastkraft für derartige Aufgaben hat und zweitens auch lange genug in der Luft bleiben kann?»

Voliro-Drohnen können sich um bis zu 90 Grad drehen und mit einer Vielzahl an Sensoren und Werkzeugen bestückt werden.

Schon an der ETH tüftelten Müller und Mina Kamel, sein damaliger Forschungspartner und Mitbegründer von Voliro, nicht nur an der technischen Machbarkeit einer derartigen Drohne, sondern auch an deren kommerziellen Einsatzmöglichkeiten. Auch das war

Bullevard
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22 INNOVATOR VOLIRO PHILIPP LANDAUER

Voliro-Gründer Timo Müller (Mitte) und sein Team arbeiten in Zürich an einer ihrer Drohnen.

Eine Drohne von Voliro inspiziert ein Windrad bis zu 50-mal so schnell, wie klassische Methoden es erlauben würden.

INSPIRATION

Die Schweiz ist ein Hotspot für spezialisierte Drohnen. Einen Einblick geben Europas grösste DrohnenShow in Genf vom 18. bis 21. Mai sowie die «Swiss Drone Days» in Zürich jeden Juni.

grösstenteils Inspektionsfrmen.» Denn bei all diesen zyklisch notwendigen Inspektionsarbeiten in grossen Höhen müssen normalerweise spezialisierte Industriekletterer anrücken. Das kostet Zeit und Geld. «Bis die da oben sind, das überprüft haben und wieder unten sind – wir machen das in einem Zehntel der Zeit», sagt Zimmerli.

Neuland. «Wir Schweizer sind ja für technisches Know-how bekannt, aber in Sachen Sales und Marketing haben wir noch Luft nach oben», sagt Laurent Zimmerli, zuständig für Customer Experience bei Voliro. Dem Sieg in Abu Dhabi folgend, hat das Start-up Investments von zwei Millionen Franken von Schweizer Geldgebern aufgestellt.

Präzision in der Schwebe Auf Basis ihres Prototyps entwickelte Voliro eine einsatzfähige Drohne, die dank sechs in alle Richtungen verstellbaren Rotoren selbst bei Wind ihre Position im Flug konstant halten kann – und das nur wenige Zentimeter von der zu bearbeitenden Oberfäche entfernt. «Wir bezeichnen sie als fiegenden Roboter», betont Zimmerli. «Genau genommen sind wir also ein Robotik-Unternehmen und kein Drohnenhersteller.»

Voliro versteht seinen Roboter als eine Art fliegende Werkzeug-Plattform, die für neue Anwendungen kontinuierlich weiterentwickelt wird.

Derzeit kommen Voliros fiegende Roboter hauptsächlich bei der Überprüfung von Blitzableitern an den Rotoren von Windkraftanlagen zum Einsatz sowie bei der Ultraschall-Dickenmessung bei Stahltanks oder Brücken, um festzustellen, wie porös das Material ist.

Für die verschiedenen Einsatzbereiche und Aufgaben wird nur der Aufsatz an der Drohne gewechselt. Voliro versteht seinen Roboter als fiegende Werkzeug-Plattform, die kontinuierlich für neue Anwendungen weiterentwickelt wird. Bedarf gibt es genug: «Unsere Hauptkunden in den USA, Deutschland und den Benelux-Ländern sind

Auf Voliros Homepage werden die Drohnen von den Inspektionsfrmen bewertet und mit bisherigen Dienstleistern verglichen. «Letztens haben wir die Blitzableiter in Windparks in Norddeutschland mit über hundert Anlagen in ein paar Tagen durchgecheckt – beziehungsweise hat das der Kunde selbst gemacht», erzählt Müller.

Der fiegende Roboter kann für mindestens ein Jahr im Abo bezogen werden. Auf diese Weise muss Voliro nicht in Konkurrenz mit den Inspektionsfrmen treten, sondern wird von ihnen engagiert. «Damit gehen wir eine Art Symbiose mit den Firmen ein.» In Zukunft könnten Auf träge auch von Baufrmen kommen. «Wir arbeiten gerade daran, dass unser fiegender Roboter bald auch streichen, bohren und schleifen kann», sagt Müller. voliro.com

INNOVATOR
INNOVATOR 23

Die Schweizerin Yaël Meier gründete mit neunzehn die ZEAM, eine Agentur, die etablierte Firmen fit für die Generation Z macht.

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NEW

Eine neue Generation macht sich bereit, den Arbeitsmarkt aufzumischen – und eine Schweizerin erklärt Firmen, wie die Gen Z Arbeit versteht.

Das Buch «Gen Z: Für Entscheider:innen» sammelt 12 Essays von und über die Generation der heute 10 ­ bis 27­Jährigen.

Die 22-jährige Yaël Meier hat in ihrem Leben schon so einiges geschafft: Mit fünfzehn trat sie in ihrem ersten Spielflm auf, mit neunzehn gründete sie ihre erste Agentur, mit zwanzig hat sie ihr erstes Baby bekommen (aktuell ist sie gerade schwanger mit dem zweiten) – und zwischendurch hat sie auch ein Buch mitherausgebracht. «Gen Z: Für Entscheider:innen» untersucht die Wünsche und Ziele der Generation Z – also derjenigen, die 1997 bis 2012 zur Welt gekommen sind.

wenn man einem 2022 veröffentlichten TikTok-Video glaubt. Die Floskeln wirken symbolisch für die Mischung aus Taubheit und Freiheitsdrang, die diese Generation prägen. Dazwischen hört man die tatsächliche, reale Sorge vor den Konsequenzen der Umweltschäden heraus, die die Menschen der Erde kontinuierlich zufügen.

auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtet, radikaler bei Umwelt- und Klimafragen sowie offener, was Geschlechter- und Sexualitätstoleranz betrifft. Die Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten. Dort, wo Millennials an den Türen der Ungleichheiten gerüttelt und geklopft haben, reisst Gen Z nun die Mauern nieder.

zeam.xyz

FANTASTISCHE FAKTEN

«I’m out», «Don’t reply» und «Apologies for existing» – alles E-Mail-Schlussformeln der jüngsten Generation auf dem Arbeitsmarkt, der Gen Z,

Eines der wichtigsten Merkmale der Gen Z ist ihre intuitive Nutzung digitaler Technologien. Sie sind in einer Welt aufgewachsen, in der Smartphones, Social Media und digitale Technologien allgegenwärtig sind. Dadurch habe die Gen Z ein besseres Verständnis für die Risiken und Gefahren der digitalen Welt, argumentiert das Buch. Die Themen psychische Gesundheit und Work-Life-Balance spielen auch eine grosse Rolle für diese Generation.

24 INNOVATOR SIMON TANNER/NZZ JULIA C. SEIDL

Die seit den 1980ern aufgewachsenen Jahrgänge werden Digital Natives genannt – im Kontrast zu älteren Jahrgängen, den Digital Immigrants. Gen Z ist die jüngste Generation der Digital Natives.

WORK
Jung, frech & fähig Bullevard
Gen Z sei auch progressiver als ihre Vorgänger, stärker
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Die Zukunft gehört den Zuversichtlichen

Wir alle kommen mit einer unstillbaren Lust auf Neues zur Welt. Sie treibt Innovation an und verändert unser Leben. Wie, davon sprechen die Mutmacher in diesem Heft.

Wenn unser Körper etwas Neues wahrnimmt, schüttet er eine Wolke an Botenstoffen aus: Dopamin futet uns mit Begeisterung, Cortisol und Adrenalin pumpen unseren Stresslevel in die Höhe, Serotonin gibt uns einen GlücklichkeitsBoost, und Oxytocin stärkt unsere soziale Bindung. Wir ersehnen und fürchten Neues –und suchen es jeden Tag aufs Neue. Als wir dieses Heft konzipierten, haben wir uns ebenso auf die Suche begeben. Auf die Suche nach Menschen, die das

RoboterExpertin Martina Mara spricht über künstliche Intelligenz (KI) und wie Algorithmen unser Leben prägen. ANDREAS JAKWERTH BENJAMIN WOLF
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Neue zu ihrem Beruf und ihrer Berufung gemacht haben. Auf die Suche nach Mutmachern. So wie Thomas Sauter, der am Inselspital in Bern an Medical Extended Reality (XR) forscht. Das bedeutet Telemedizin, Simulation von Operationen für Chirurgen und sogar Behandlungen mit der VR-Brille. Die Medizin der Zukunft setzt aber nicht nur virtuelle Welten ein, sondern entwickelt auch Impfungen gegen Krebs (ab Seite 62).

Um die Technologie von morgen geht es auch in unserem grossen Interview, das sich künstlicher Intelligenz (KI) widmet. Tools wie Midjourney, ChatGPT oder Eleven Labs versetzen aktuell die ganze Internet-Community mit computergenerierten Bildern, Texten und Tönen in Staunen. Unsere Autorin Saskia Jungnikl-Gossy spricht mit Roboterpsychologin Martina Mara und Technikphilosoph Mark Coeckelbergh (ab Seite 46) über Herausforderungen im KI-Zeitalter – und warum so mancher Social-Media-Algorithmus bereits jetzt mehr Macht hat als jeder Roboter. «Was die Menschen am meisten interessiert: Wann kommt der Sexroboter?», erzählt Mara.

Thomas Sauter forscht und arbeitet am Inselspital Bern und ist einer der Leiter des Virtual Inselspital Simulation Lab.
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MICHAEL SIEBER, MATHIS BURMEISTER, SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL

In unserem grossen Sport-meetsTech-Feature wiederum geht es um einen bereits existierenden Cyborg: und zwar um die Segelyachten des Schweizer Teams Alinghi Red Bull Racing, die sich durch Hydrofoils aus dem Wasser heben und von nur acht Crew-Mitgliedern gesteuert mit bis zu 40 Knoten (ca. 74 km/h) dahinfiegen (ab Seite 34). Funktionieren kann das alles nur durch höchst präzise Abstimmung zwischen Mensch und Maschine. Diese hat es den Schweizern ermöglicht, den America’s Cup nach 152 Jahren erstmals nach Europa zu holen. Seitdem eifern die Segler der Welt ihnen nach. Um die Symbiose zwischen Mensch und Maschine geht es auch im Konzept des Metaverse. Neu? Auf jeden Fall! Aber kann es uns auch begeistern, erstaunen und erfüllen? Unser Autor Marc Baumann stellt sich in seinem Selbstversuch mit Datenbrille (ab Seite 54) diesen Fragen. Die Antworten fndet er im Gespräch mit Metaverse-Experten –und im Austausch zwischen einem virtuellen Hühnchen und einer digitalen Erdnuss.

Die AC75-Segelyacht von Alinghi Red Bull Racing fährt nicht, sie fliegt übers Wasser – dank Schweizer Ingenieurskunst.
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Im Metaverse kann man eigene Avatare gestalten –und durchaus auch als virtuelles Hühnchen durch die Welt spazieren.

Zurück in unserer physischen

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Pionier:innen der Energiewende

Realität, ist sichere, leistbare und grüne Energie eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit. Unsere Pioniere und Pionierinnen der Energiewende (ab Seite 72) gehen das an, mit Solarkraft über Parkplätzen und Äckern, MiniFlusskraftwerken, turbinenartigen Wind rädern und vielen anderen elektrisierenden Ansätzen.

Die Natur bietet uns jedoch nicht nur Wind, Wasser und Sonne, sondern auch Donner –und Thorium. Nur ein Esslöffel (10 Gramm) des leicht radioaktiven Materials soll 250 Haushalte ein ganzes Jahr lang mit Strom versorgen können (ab Seite 80).

An dem dafür nötigen Reaktor mit Flüssigsalz forschen zwei Österreicher. Diese «gute Atomkraft» soll sicher sein (wo kein Uran, da kein Super-GAU) und nur geringe Mengen radioaktiven Abfalls erzeugen. Erleben wir eine Atomrevolution made in Austria?

Sicher ist, dass uns eine Menge Neues erwartet. Und ein kleiner Dopamin-Kick bei jedem Mal umblättern. Viel Vergnügen!

Das grauweisse Metall Thorium ist nach Thor, dem nordischen Gott des Donners, benannt. Eines der grössten Vorkommen des leicht radioaktiven Metalls in Mitteleuropa befindet sich in Kärnten.

Solarpaneele über Äckern, Windräder für die Stadt oder MiniFlusskraftwerke –die Energiewende passiert bereits rund um uns.
FLORIAN VOGGENEDER 30 INNOVATOR

Wie Innovation unser Leben prägt

Manche sind lang erwartet, andere kommen wie aus dem Nichts: Neue Ideen und Erfindungen verändern laufend unser Leben – und sorgen auch in der Wirtschaft für neue, markante Impulse. Hier einige einprägsame Beispiele.

1,5

Meter

über dem Wasser schwebt die Segelyacht AC75 in voller Fahrt bei ihren Einsätzen im America’s Cup. Ermöglicht wird das durch Schweizer Spitzentechnologie.

100

Millionen User

BRATISLAV MILENKOVIC
nutzten ChatGPT, den KI‑Prototyp eines Chatbots, in den ersten zwei Monaten nach dessen Start – der schnellste Anstieg in der Nutzung eines neuen Tools in der Geschichte des Internet. INNOVATOR 31

Milliarden Dollar

hat Facebook-Mutterkonzern Meta bisher in das hauseigene Metaverse gesteckt. Das ist mehr, als die Schweiz pro Jahr in Forschung und Entwicklung investiert.

35 %

Wachstum jährlich

soll der Markt für Virtual Reality in der Medizin in den kommenden fünf Jahren verzeichnen. Die Rolle von KI in der Medizin gewinnt entsprechend an Bedeutung.

2,6

Kilo Thorium

sollen reichen, um 10.000 Haushalte ein Jahr lang mit Strom zu versorgen –ohne Risiko eines SuperGAUs. Den dafür nötigen Reaktor entwickeln zwei Österreicher.

36 BRATISLAV MILENKOVIC
32 INNOVATOR

Sie fährt, segelt und fliegt. Aber wie? Wir gingen an Bord der AC75-Yacht des Alinghi Red Bull Racing-Teams. Und stiessen auf den ultimativen Mix aus Teamwork und Hightech.

Der Kniff mit dem Luft-Schiff

America’s Cup
TEXT Andy Rice FOTOS Samo Vidic / Alinghi Red Bull Racing
35
Die Alinghi Red Bull Racing AC75 auf einer Trainingsfahrt vor Barcelona. Die Yacht geht beim America’s Cup an den Start.

DDer America’s Cup ist der Inbegriff der Segelregatta – und ausserdem eine Fallstudie der Widersprüche. Einerseits handelt es sich um den ältesten Yachtwettbewerb überhaupt, der gegen jeden Zeitgeist immer noch nach Regeln funktioniert, die 1852 festgelegt wurden. Andererseits verschiebt er regelmässig die Grenzen moderner Möglichkeiten in Sachen Bootdesign und -leistung. An Bord der AC75-Yachten – aerodynamischer, 22 Meter langer Einrumpfboote mit Hydrofoils – befnden sich Computer auf dem neuesten Stand technologischer Innovation, die die Tragfügel ebenso unter Kontrolle haben wie die Hydraulik. Im Automatikbetrieb dürfen diese Maschinen aber nicht laufen. Das Protokoll schreibt vor, dass auch die modernsten Yachten der Welt von Menschenhand betrieben werden

müssen. Der Mix aus Kybernetik (Selbstregulierung) und Organik (i n dem Fall: Regulierung durch den Menschen) hat einen Namen: Cyborg.

Es gibt nichts zu beschönigen: In einem geradlinigen Beschleunigungsrennen würde ein vollautomatischer, unbemannter AC75-Rennbolide wahrscheinlich jeder Acht-MannBesatzung davonsegeln. Wenn also Menschen ins Spiel kommen, sollten diese ft und smart sein. Manche werden wegen ihrer ausserordentlichen Muskelkraft und Sauerstoffkapazität angeheuert – sie betreiben den Maschinenraum. Bei anderen gibt Köpfchen den Ausschlag, die Fähigkeit, blitzschnell schwierige Entscheidungen zu treffen. Immerhin gibt es sehr wohl Momente, in denen der «Faktor Mensch» gegenüber den derzeit bestehenden Rechnersystemen die Nase vorn hat.

Nicolas Charbonnier, einer der Steuermänner bei Alinghi Red Bull Racing, an Bord der AC75-Segelyacht bei einem Training vor der Küste Barcelonas

America’s Cup
«Man lernt, wie man den Wind auf dem Wasser erkennt, und entwickelt einen sechsten Sinn für die Umgebung.»
MAXIME BACHELIN, STEUERMANN
36 INNOVATOR

Bis zu 1,5 Meter weit heben die Hydrofoils (li. u. re.) die AC75 ­Yacht aus dem Wasser, was ihr ermöglicht, Geschwindigkeiten von bis zu 40 Knoten (74 km/h) zu erreichen.

So geht

Foiling

Es fliegt, es fliegt – ein Segelschiff. Die Technologie dahinter ist dieselbe, die auch Flugzeuge abheben lässt.

Foiling ist eine Technik, die es Segelyachten ermöglicht, sich aus dem Wasser zu heben und auf «Hydrofoils» (also Unterwasserflügeln) zu fahren. Diese erzeugen Auftrieb und verringern den Luftwiderstand, was das Boot über dem Wasser dahingleiten lässt. Die dadurch erreichte erhöhte Geschwindigkeit (bis zu 40 Knoten, also 74 km/h) und E∞zienz ermöglichen der Crew eine ruhigere Fahrt.

Das Schweizer Unternehmen Alinghi ist ein Vorreiter der Foiling­Technologie in der Segelwelt. Die Alinghi Red Bull Racing AC75 verwendet beispielsweise T­Foils und ein dynamisches Stabilitätssystem, um selbst bei stürmischem Wetter ein stabiles und effizientes Foiling zu erreichen.

Alinghis innovativer Ansatz in der Segeltechnologie hat dem Team zu zahlreichen Siegen bei grossen internationalen Segelwettbewerben verholfen, unter anderem beim America’s Cup.

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INNOVATOR 37

Sobald die gigantischen Segel den Wind einfangen und das Boot mehr als 18 Knoten (gut 33 km/h) erreicht, erzeugen die Hydrofoils genügend Auftrieb, um den 6,5 Tonnen schweren Rumpf aus dem Wasser zu heben. Daraufhin fällt der Strömungswiderstand auf einen Bruchteil herab, und die AC75 beschleunigt auf über 40 Knoten (74 km/h). Das Boot balanciert nun an der Grenze zur Unkontrollierbarkeit, und die Segler müssen reagieren, um die Stabilität zu wahren. Die Segeln gehören neu eingestellt, «getrimmt», wie es heisst, der Winkel der Tragfächen muss binnen Sekundenbruchteilen in Position gebracht werden, um einen gleichmässigen Halt auf und über dem Wasser zu gewährleisten. Jedes Mitglied aus der achtköpfgen Besatzung muss sich auf seinen eigenen Aspekt des Bootes konzentrieren, die Prioritäten der anderen aber im Hinterkopf haben. Ein guter Vergleich kommt überraschenderweise nicht aus dem Sportbereich: «Es ist wie ein Orchester», sagt Pietro Sibello, Segelberater bei Alinghi Red Bull Racing (ARBR), einem der beiden Teams, die nächstes Jahr in Barcelona zum 37. America’s Cup antreten werden. «Jedes Instrument ergänzt die anderen, Takt, Tempo und Höhe stimmen sich genau aufeinander ab.»

Um das harmonische Verhältnis zwischen Mensch und Mensch sowie zwischen Mensch und Maschine besser zu verstehen, hat das Red Bulletin mit Mitgliedern des Teams von Alinghi Red Bull Racing gesprochen. In diesem Text erfahren Sie, was es heisst, ein lebender «Bauteil» einer AC75 ­Rennyacht zu sein.

«Es ist wie ein Orchester. Jedes Instrument ergänzt die anderen. Takt, Tempo und Höhe stimmen sich aufeinander ab.»
America’s Cup 38 INNOVATOR OLAF PIGNATARO/RED BULL CONTENT POOL
PIETRO SIBELLO, SEGELBERATER

Die AC40-Segelyacht wird im Hafen von Barcelona vor ihrem ersten Einsatz «getauft». Das Schiff ist eine kleinere Version der AC75 für Trainingszwecke.

INNOVATOR 39
1 2 3 7 8 4 5 6 40 INNOVATOR ALEX PANG

Die Positionen einer AC75-Crew

Für den America’s Cup 2024 wurden die Besatzungen auf acht Personen beschränkt (2021 waren es noch elf). Es gilt also, die Aufgaben kreativ zu verteilen. Die hier beschriebenen Rollen sind illustrativer Natur und nicht repräsentativ für ARBR oder ein anderes Team.

STEUERGRUPPE

Sie hält sich eher im hinteren Teil des Bootes auf. Sie kontrolliert das Steuer und die Höhe über Wasser, ausserdem passt sie ständig die Segel an, um die Höchstgeschwindigkeit herauszuholen. Taktische Entscheidungen, wie man sich auf dem Kurs positioniert und wann man sich mit den Gegnern anlegt, werden hier getroffen.

1 2 Steuermann

Der Steuermann steuert, klar. Er ist mit den anderen über Funk verbunden und übernimmt daher auch oft Aufgaben eines Kapitäns, der das Kommando innehat, Manöver ansagt und koordiniert. Historisch gab es immer nur einen Steuermann, der zwischen zwei Lenkungen von einer Seite des Bootes zur anderen wechselt, während der Lotse vorübergehend die Steuerung übernimmt. 2021 überraschte das italienische Team Luna Rossa mit zwei Steuermännern, einem auf jeder Seite. Pietro Sibello – früher Stratege bei Luna Rossa, nun bei ARBR – erklärt: «Wenn man während eines Manövers auf der Rückseite einer AC75 herumrennt, kann man schon leicht von Bord gehen.» Die Doppelbesatzung schmälert zwar dieses Risiko, wirft aber ein neues Problem auf: Wer

hat wann das Kommando?

Eine kommunikationstechnische Denksportaufgabe mit Vor­ und Nachteilen.

3 Lotse

Der Lotse kümmert sich um den Tragfächenwinkel auf jeder Seite des Bootes. Meistens befndet sich nur das leeseitige Foil (also jenes auf der dem Wind abgewandten Seite) im Wasser, das luvseitige, also windzugewandte, schwebt darüber und balanciert den Wind gegen die Segel aus. Bei langsamen Manövern liegen jedoch beide Tragfächen im Wasser, um zusätzlichen Auftrieb zu ermöglichen. In fachem Gewässer zu segeln erfordert weniger häufge Kalibrierung, in rauen Gewässern hingegen gibt es ständig etwas anzupassen.

4 Grosssegeltrimmer

Kleine Segelkunde: Die wichtigste Quelle für Windkraft auf einer AC75 ist das doppelseitige Grosssegel. Es hat eine Fläche von 145 Quadratmetern und ist auf einem 26,5 Meter hohen Kohlefasermast gehisst. Vorn auf dem Boot befndet sich ein mit 90 Quadratmetern deutlich kleineres Segel: die Fock. Die Lücke zwischen Fock­ und Grosssegel wird als «Schlitz» bezeichnet. Luft beschleunigt durch den Schlitz hindurch über die Leeseite des Grosssegels und steigert die WindWirkung auf der anderen Seite. Die Trimmer müssen die Beziehung zwischen Gross­

und Focksegel jederzeit unter Kontrolle haben, ebenso wie die Form des Grosssegels, damit Gleichgewicht und Geschwindigkeit optimal passen. Bei leichteren Winden geben die Trimmer den Segeln Tiefe, aber wenn die AC75 in den Foilingmodus übergeht, also über dem Wasser fiegt, fällt der Strömungswiderstand abrupt ab, und das Boot wird von den Segeln übermannt. Der Trimmer verengt nun rasch das Profl des Grosssegels, damit dieses den Wind durchschneiden kann.

KRAFTGRUPPE

Die immensen Sauerstoffreserven und körperlichen Kräfte dieser Gruppe müssen ständig über Handwinschen in Energie für die Hydraulik des Bootes übersetzt werden. Je grösser die Wattleistung, desto exakter kann die Steuergruppe die Segel trimmen.

5 6 7 8

Grinder/Radfahrer

Sie heissen «Grinder», weil die Griffe, mit denen sie die Winschen (Handseilwinden) zum Trimmen der Segel und zur Bewegung des Baumes antreiben, aussehen und klingen wie riesige Kaffeemühlen. Seit dem America’s Cup 2017 ist aber alles anders. Damals entwickelte das Emirates Team New Zealand (ETNZ) heimlich ein pedalbetriebenes Boot mit Standfahrrädern an Deck. Die Radfahrer erzeugten mit ihren Beinen eine circa 20 Prozent höhere Wattleistung und hatten dabei die Hände frei, um Segel zu bedienen. Nach dem Sieg des ETNZ wurde Beinkraft für 2021 verboten, aber 2024 kehrt sie zurück. Beim Trainingslager der Briten wurden Drehzahlen gemessen, die der Tour de France nahekommen. Das Schweizer Team ARBR hält sich noch bedeckt, hat aber bereits einen Olympia­Radsportler an Bord, und die Crew trainiert bereits regelmässig auf Rädern.

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America’s Cup INNOVATOR 41

Mit seinen knapp 25 Jahren ist Steuermann Maxime Bachelin der Jüngste im Team. Zum ersten Mal segelte er mit acht, es handelte sich um ein winziges 2,4-Meter-Dingi (Boot mit EinMann-Betrieb) mit der Bezeichnung Optimist, eine schwimmende Schuhschachtel im Vergleich zur geschmeidigen ARBR AC75, über die er jetzt Herr ist. Dennoch: Die Grundlagen guten Steuermannhandwerks stammen alle aus dieser prägenden Zeit. «Im Optimist lernt man das Gespür für ein Boot», sagt Bachelin. «Man lernt, wie man den Wind auf dem Wasser erkennt, und entwickelt fast einen sechsten Sinn für die Umgebung.» Seit damals hat er sich allmählich aufwärts bewegt. In 4-Meter-Dingis mit 2-Mann-Besatzung lernte er die Bedeutung von Kommunikation und einer gewissen Telepathie zwischen Steuermann und Crew. Für 10 Knoten reichte das völlig, doch bei 50 Knoten geht die Freiheit, taktische Besprechungen abzuhalten, gegen null. Deshalb trainieren Segler wie Bachelin ihre Reaktionszeit ähnlich wie Formel-1-Fahrer. «Wir verbringen Stunden im Simulator und üben Situationen, die uns im Bewerb begegnen könnten –zum Beispiel für die Reaktion auf Lichtwechsel. Alles, was uns schneller macht, ist gut für unsere Leistung auf dem Wasser.»

Genau kann er sich nicht erinnern, aber Bryan Mettraux vermutet, dass er schon vor seinem ersten Geburtstag mit dem Segeln begann. «Mein Vater hat uns immer auf seinem Segelkreuzer mitgenommen», erzählt der heute 32-Jährige.

«Sportlich habe ich dann in einem 420er angefangen.» Das ist ein 4,2-Meter-Übungsdingi. Seinen ersten hochkarätigen Bewerb bestritt Mettraux, als er einem Übungszentrum beitrat und dort an Eins-gegen-einsMatches teilnahm, wie sie auch im America’s Cup stattfinden.

«Meistens bin ich auf der GC32 gesegelt, einem Katamaran mit Hydrofoils. Dieses Boot ist nicht so schnell oder so fortschrittlich wie die ARBR AC75, aber gut geeignet, die eigene Reaktionszeit zu verbessern.»

Mettraux bereitet sich sowohl

Ab 2024 dürfen nur noch acht Crew-Mitglieder eine Yacht im America’s Cup zum Fliegen bringen.

auf die Rolle des Lotsen als auch auf die des Grosssegeltrimmers vor. «Das hilft dir, zu verstehen, wie deine Funktion mit anderen an Bord zusammenpasst», sagt er. «Und es ist immer besser, wenn Leute mehr als eine Sache können.» Wird beispielsweise der Lotse zur Energieerzeugung benötigt, kann der Steuermann die Tragflächen ausrichten. Beim Trimmen, meint Mettraux, sei etwa die Hälfte Instinkt und die andere ein Blick auf die Daten auf dem Bildschirm, im Laufe der Zeit zunehmend Ersteres. Die Daten würden schliesslich nur die jüngste Vergangenheit abbilden. Viel wichtiger sei es, im Eifer des Gefechts zu erahnen, was die nahe Zukunft bringt: «Manchmal spürt man einfach, was das Boot braucht.»

BRYAN METTRAUX, LOTSE/TRIMMER

3 4 Lotse/Trimmer Bryan Mettraux 1 Steuermann Maxime Bachelin
«Beim Trimmen ist etwa die Hälfte Instinkt und die andere ein Blick auf die Daten auf dem Bildschirm.»
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Seine prägenden Segeljahre verbrachte Nils Theuninck als Einzelkämpfer. Er begann im Optimist und arbeitete sich dann zum schwergewichtigen 4,5-Meter-Finn vor, einem Dingi, das Seglern brachiale Kraft und Intelligenz abverlangt und so manchen America’s-Cup-Rekruten geformt hat. 2021 übernahm Theuninck die Führung in der Finnsegler-Weltrangliste und errang Bronze bei den Europameisterschaften. Zwar platzte sein Traum, die Schweiz bei den Olympischen Spielen in Tokio zu vertreten, doch für den nächsten America’s Cup ist der 26-Jährige fest entschlossen, sein Heimatland stolz zu machen. «Da tritt man gegen die besten Segler der Welt an, auf den fortschrittlichsten Booten, die je gebaut wurden», sagt er. Um im Maschinenraum der ARBR AC75 sein Bestes geben zu können, trimmt er sich zu immer höheren Graden der Fitness und der Kraft. Als Hüne mit 1,94 Metern und 93 Kilo weiss er, dass alles vom richtigen Leistungsgewicht abhängt. Ausserdem braucht es einen klaren Kopf, um taktische Entscheidungen zu treffen und das Boot zu Bestleistungen anzutreiben. Im Finn-Dingi konnte er sich darauf perfekt vorbereiten.

Der America’s Cup 2024 wird in Barcelona ausgetragen. Das ARBR-Team trainiert vor Ort.

America’s Cup INNOVATOR 43
5 Kraftgruppe Nils Theuninck

Augustin

Maillefer

Früher hasste Augustin Maillefer den Wind. In seiner früheren Sportart, dem olympischen Rudern, war das der Feind. Jetzt, als Segler, hat er eine gute Brise zu schätzen gelernt. Nachdem er bei Olympia 2012 und 2016 die Schweiz vertreten hatte –in Rio schrammte er knapp an der Medaillenchance vorbei –, rekrutierte ihn ARBR. In den vier- oder achtköpfigen Rudermannschaften sei Gleichtakt das Wichtigste, sagt Maillefer, auf der ARBR AC75 erlebe er aber noch viel stärker die Symbiose der Teamarbeit. «Beim Rudern verschwendet man keine Energie darauf, sich über die anderen im Boot Gedanken zu machen, man konzentriert sich darauf, das Beste aus sich rauszuholen», erklärt der Neuzugang in der Kraftgruppe, der im April dreissig wird. «Beim Segeln müssen wir uns viel genauer bewusst machen, was die anderen für eine Funktion haben, wie sich das auf die Gesamtleistung auswirkt und was wir tun können, um einander die Arbeit zu erleichtern. Am Ende des Tages bin ich einfach hier, um meine Kraft zur Verfügung zu stellen. Dank meiner Rudererfahrung ist mein Körper gewohnt, auch bei Schmerzen Leistung zu erbringen.»

Leistungsdatenanalytikerin

Andrea Emone

Die 26-jährige Andrea Emone ist für die Telemetriedaten verantwortlich, die die vielen Sensoren rund um die ARBR AC75 sammeln. «Ich bin in der olympischen Windsurferklasse angetreten, habe Luft- und Raumfahrttechnik studiert und bin Master in numerischer Strömungsmechanik», sagt sie. Ihre Expertise verleiht ihr auch Gewicht in einer heiklen Frage: Ist die ARBR AC75 noch ein Boot? «Es ist kein Flugzeug», sagt sie, «und es ist auch kein traditionelles Boot. Das Segeln beruhte immer schon auf der Erzeugung von Auftrieb, aber mit vertikalen Segeln. Die ARBR AC75 erhebt sich auch horizontal aus dem Wasser. Aber sie ist und bleibt ein Boot.» Ein Boot, sollte man hinzufügen, das sich doppelt so schnell fortbewegen kann wie die Gebrüder Wright beim ersten Motorflug der Welt 1903.

Segelberater Pietro Sibello

Ein Computer kann in einer Sekunde Tausende von Berechnungen durchführen. Ein Mensch?

Eine oder zwei. Deshalb, so Pietro Sibello, sei der Computer auch viel besser in der Flugsteuerung als der Mensch. «Eine ARBR AC75 zu segeln ist, wie ein Flugzeug zu fliegen», findet der 43-jährige Italiener. «Aber da wir nicht mit Computern arbeiten dürfen, teilen wir die Arbeit auf die Crewmitglieder auf. Sie müssen perfekt im Takt sein.» Womit wir wieder beim Orchestervergleich wären. «Rechner können präziser und unmittelbarer reagieren, und natürlich wären wir oft schneller, wenn alle Systeme automatisiert wären. Ein Mensch ist dort besser, wo es auf Erfahrung ankommt: Wiedererkennen von Situationen, Vorwegnehmen von Bewegungen, Identifizieren des Windverhaltens anhand des Wassers. Daher gewinnt immer noch der Mensch das Rennen. Vorerst zumindest.»

6 Kraftgruppe
«Beim Rudern konzentriert man sich einfach darauf, das Beste aus sich rauszuholen»
AUGUSTIN MAILLEFER, KRAFTGRUPPE
America’s Cup 44 INNOVATOR OLAF PIGNATARO/RED BULL CONTENT POOL
Entwickelt in der Schweiz, im Einsatz auf den Weltmeeren – ARBR-Yachten sind ein Aushängeschild für Schweizer Spitzentechnologie.

«Die brennendste Frage ist immer: Wann kommen Terminator und Sexroboter?»

Hat künstliche Intelligenz

mehr Hirn als unser Hausverstand?

Roboterpsychologin

Martina Mara und Technikphilosoph

Mark Coeckelbergh klären auf.

Interview
INTERVIEW Saskia Jungnikl-Gossy FOTOS Andreas Jakwerth
Martina Mara Roboterpsychologin
«Im Vergleich zu dem, was längst unseren Alltag beherrscht, sind Roboter primitiv.»
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Eine Suite im Wiener Hotel Altstadt –was für ein Kontrast, hier über das Grosse, das Neue, das Unbekannte zu diskutieren. Und über ein Spannungsfeld zwischen Aufbruch und Angst …

Künstliche Intelligenz – wo drängt sie sich in unser Alltagsleben? Und wie verändert sie es? Aber vor allem: Haben wir sie im Griff, oder manipuliert sie uns unbemerkt? «Beides», sagt die Wissenschaft.

Künstliche Intelligenz verändert unser Leben, die Art, wie wir arbeiten, wie wir Urlaub machen, wie wir Dinge sehen. Wer diese Entwicklungen verstehen will, tut gut daran, zwei Experten wie Martina Mara und Mark Coeckelbergh an einen Tisch zu laden. Beide beschäftigen sich seit Jahren mit den Auswirkungen, Gefahren und Chancen von KI. Mara forscht als Roboterpsychologin an der Kepler Uni in Linz darüber, wie Menschen und Maschinen harmonisch zusammenarbeiten können. Coeckelbergh untersucht, was technische Innovationen unter ethischen Gesichtspunkten mit unserer Gesellschaft machen. Es wird eine dichte, informative Debatte – und sie ist noch lange nicht zu Ende, selbst als wir vom Gesprächstisch aufstehen. Noch am Gang bleiben die beiden immer wieder stehen und diskutieren weiter.

the red bulletin innovator: Wenn wir uns einen Balken vorstellen, bei dem 100 Prozent ein mit künstlicher Intelligenz völlig durchdrungenes Leben sind: Wo stehen wir gerade?

coeckelbergh: Noch nicht sehr weit, erst so bei 20 Prozent. Mein Telefon macht noch kein Geräusch und sagt mir: «Du bist zu gestresst, Mark!» Das kommt aber bald.

mara: Ja, da ist schon noch Luft nach oben. Gleichzeitig ist vielen Menschen nicht bewusst, wo KI schon in Verwendung ist. Die meisten Menschen stellen sich beim Begriff KI einen magischen Humanoiden vor, der durch die Strassen spaziert. Doch KI ist unsichtbar. Wir haben sie etwa in der Wettervorhersage und den Übersetzungssystemen. Einerseits ist da also Luft nach oben, andererseits wird unterschätzt, wo KI bereits drin ist, einfach weil sie nicht so aussieht, wie die Menschen glauben.

coeckelbergh: Jedenfalls nicht wie ein Roboter oder eine Superintelligence.

Irgendwie sind Menschen ja zwiespältig: Einerseits fürchten sie Roboter, die die Herrschaft an sich reissen könnten, auf der anderen Seite haben sie kein Problem damit, Privates mit intelligenten Sprachassistenten auszutauschen.

mara: Das ist das sogenannte Privacy Paradox: Menschen berichten in Studien, wie sehr sie um ihre Daten besorgt sind, handeln aber nicht danach.

coeckelbergh: Wir haben unsere Privatsphäre längst aufgegeben, diese Daten sind ja alle schon da. Es sind aber auch nicht alle Daten persönliche Daten, und nicht jede Verarbeitung davon ist gleich ein Problem. Viel wichtiger ist, was man mit diesen Daten anfängt und was die Effekte sind. Wenn meine Daten benutzt werden, um mich zu manipulieren, ist das doch etwas ganz anderes. Das Problem ist, dass KI unsichtbar ist. Deshalb denkt man nicht darüber nach.

Herr Coeckelbergh, in «AI Ethics», einem Buch von 2022, argumentieren Sie, dass es wichtig ist, auf die Narrative zu achten, wenn ethische Fragen von Technologien diskutiert werden. Was bedeutet das?

E Interview
48 INNOVATOR

Martina Mara

Roboterpsychologin

Geboren 1981 in Linz, hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und an der Uni Koblenz-Landau (Rheinland-Pfalz) in Psychologie promoviert.

Nach Forschungstätigkeiten im ausseruniversitären Bereich –etwa am Ars Electronica Futurelab – ist sie seit 2018 Professorin für Roboterpsychologie am Institute of Technology der Johannes Kepler Universität Linz – und damit die erste weltweit. Sie erforscht, wie Mensch und Maschine harmonisch miteinander existieren können.

Vermittler statt Terminator: Wir sollten öfter über positive Einsatzmöglichkeiten von Robotern sprechen, sagt Psychologin Martina Mara.

coeckelbergh: Es gibt viele Narrative, die uns vorspielen, dass mit der Technik in Zukunft alles besser wird, und die kaum kritisch sind. Natürlich tut Technik viel Gutes. Aber es ist leicht, in diesen Narrativen zu bleiben, weil wir kaum etwas anderes hören. Und es ist wichtig, auch andere zu etablieren.

mara: Es ist sehr wichtig, wie über KI im öffentlichen Diskurs gesprochen wird. Aktuell gibt es da aber nicht nur utopische Narrative von technischen Wunderlösungen, sondern auch viele Gegenutopien von einer erschreckenden Zukunft. Ich werde ständig gefragt, wann der Terminator oder der Sexroboter kommen. In meinem Labor haben wir 10.000 Medienbilder zum Stichwort künstliche Intelligenz analysiert, und der am häufgsten gezeigte Inhalt sind menschengleiche Darstellungen von KI und solche mit bedrohlichem Aspekt. Viel seltener kommen Menschen vor, die tatsächlich etwas mit KI machen. Dabei bräuchten wir einen Reality­Check, wie KI wirklich aussieht.

coeckelbergh: Ja, niemand redet über die tagtäglichen Dinge, die wir jeden Tag nutzen, wie etwa Google Search. Im Vergleich dazu sind die heutigen Roboter primitiv.

mara: Völlig.

Wie sieht der gängige Roboter denn aus?

coeckelbergh: Robotik ist nicht so, wie man sich das vorstellt. Natürlich gibt es gute industrielle Roboter, aber das ist eine andere Sache.

Humanoide sind nicht wie in der Science­Fiction.

mara: Es wird so viel über Humanoide gesprochen, dabei existiert kaum ein physischer Roboter, der selbständig Stiegen raufgehen und Türen öffnen kann. In unseren Köpfen sind solche Roboter aber sehr prominent.

coeckelbergh: Dabei geht es vielmehr um jene, die schon Teil unseres

INNOVATOR 49

Martina

täglichen Lebens sind, zum Beispiel Leute, die KI benutzen, um uns politisch zu beeinfussen. Nur kann man davon halt keine eindrucksvollen Fotos machen, weil das nur Menschen sind, die in einem Büro sitzen. Dabei kann gerade das eine ganze Wahl wesentlich beeinfussen. Ich forsche gerade an Demokratie und KI – die meisten Menschen glauben zwar, o weh, die Roboter kommen. Aber von solchen geht die Gefahr wirklich nicht aus. Unser politisches Wahlverhalten wird von KI beeinfusst, und die grossen Konzerne versuchen, unser Verhalten zu manipulieren –darüber sollte man besorgt sein.

Das heisst, man müsste KI nachhaltig und länderübergreifend regulieren. Aber geht das überhaupt? coeckelbergh: Es gibt derzeit keine globalen Lösungsansätze, weil man das Problem nicht ernst genug nimmt. Die Institutionen sind zwar international, und die Staaten sprechen miteinander, es gibt aber nichts Verbindliches. Da gibt es nur Dokumente über KI-Strategien, die zwar schön aussehen – aber man bräuchte eine richtige Regulation.

mara: In der EU wird gerade am Artifcial Intelligence Act, einem gemeinsamen europäischen KI-Gesetz, gearbeitet – eine Mega-Challenge. Es ist schwierig, einen Kompromiss zu fnden zwischen Innovationsfreundlichkeit und den Prinzipien, die wir in unserem Wertesystem aufrechterhalten wollen, wie Fairness, Privatsphäre, Transparenz. coeckelbergh: Das sind politische und gesellschaftliche Fragen, und eigentlich sollte das Digitale Chefsache sein. Es prägt unsere ganze Ökonomie.

Was ist an struktureller Veränderung in Politik, Gesellschaft und Ausbildung nötig? Welche Weichen muss man stellen, und sind wir hier nicht schon sehr spät dran?

mara: Bildung fehlt natürlich, aber die neuen Generationen haben da

«Was ist, wenn ich mich als völlig autonomer Mensch dazu entscheide, dass ich beeinflusst werden will? Wie beurteilen wir das ethisch?»

Martina Mara

vielleicht mehr Bewusstsein. Doch man muss auf politischer Ebene Entscheidungen treffen.

coeckelbergh: Bildung im Sinn

von: Man lernt zu argumentieren und dem Gegenüber kritisch zu begegnen, genauso wie dem, was man liest und hört. Das wird wichtiger als früher, gerade weil die sozialen Medien so einen Effekt auf uns haben und es immer schwieriger wird, den Einfuss auszumachen, der auf uns ausgeübt wird. Sonst glaubt man alles, was da steht. Da geht es nicht nur um Desinformation, sondern auch, dass man nur mit Leuten redet, mit denen man sich einig ist. Digitalisierung im Bildungsbereich ist so viel mehr, als Schülern ein iPad zu geben und sich via Zoom zu treffen. Es geht auch darum, welche Bürger wir wollen. Es geht um nichts weniger als unsere Demokratie.

Zoom arbeitet an einer neuen Technik, die bei Videokonferenzen

Interview 50 INNOVATOR
Mara (li.) und Mark Coeckelbergh diskutieren mit Innovator-Autorin Saskia Jungnikl-Gossy über Gefahren und Chancen von KI.

Was macht der «AI Act» der EU, und was ist ein Humanoid? Wir erklären die wichtigsten Begriffe.

KI /AI

Für künstliche Intelligenz (KI) bzw. Artificial Intelligence (AI) gibt es keine allgemeingültige Definition – auch weil Intelligenz an sich nicht eindeutig definiert ist. Generell bezeichnet es den Versuch, menschliches Lernen und Denken auf einen Computer zu übertragen.

Computer sollen so gebaut und programmiert werden, dass sie eigenständig Probleme beheben können. Ziel der KI-Forschung ist es also, die Funktion unseres Gehirns zu verstehen und künstlich nachzubauen.

Humanoide

Humanoide sind Roboter, die dem Menschen nachgebaut sind, aber keine Merkmale wie Gesichtszüge aufweisen. Die Positionen der Gelenke sowie die Bewegungsabläufe sind vom menschlichen Bewegungsapparat inspiriert.

Humanoide Roboter könnten etwa einmal für einfache Aufgaben in der Alten- und Krankenpflege eingesetzt werden, entscheidend dabei sind die Fähigkeiten der KI und die Frage: Wie lernfähig ist der Roboter?

AI Act der EU

Mit dem Artificial Intelligence Act will die EU ein Gesetz zur umfassenden Regulierung künstlicher Intelligenz schaffen. Während die KI fast alle Lebensbereiche durchdringt, fehlt bisher die adäquate Regulierung.

Die EU will nun zwar Innovationen stärken, andererseits soll ein einheitlicher Rechtsrahmen Angriffe auf die Grundrechte von Menschen minimieren. Eine Einigung wird im ersten Quartal 2023 erwartet. Voraussichtlich bis 2025 muss die Verordnung dann umgesetzt werden.

Utilitarismus

Utilitarismus ist eine philosophische Strömung, die menschliches Handeln nicht nach ihren Motiven beurteilt, sondern danach, welche Folgen sie hat.

Utilitaristische Handlungen sind solche, die das Gesamtwohl einer Gesellschaft erhöhen, indem sie für alle (oder zumindest viele) Menschen mehr Nutzen schaffen oder auch deren Glück mehren.

Anders formuliert: Heiligt der Zweck die Mittel? Der Utilitarismus sagt Ja, wenn das Mittel insgesamt mehr positive Auswirkungen zeitigt.

anhand der Gesichter abliest, wie aufmerksam die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind oder wie sie sich fühlen. Klingt beängstigend. Was macht Ihnen Angst?

coeckelbergh: Manipulation. Also: Was passiert mit meinen Daten? Der Versuch, das Verhalten von Arbeitnehmern, von Konsumenten zu ändern. Da müssen wir schon schauen, dass wir nicht in einer Dystopie landen.

mara: Meinungen zu beeinfussen ist ja kein neues Thema. Ich möchte auch nicht, dass mit algorithmischer Preisgestaltung vorhergesagt wird, dass Martina Mara 25 Euro mehr für dieses fancy skandinavische Schälchen zahlen würde, und der Preis dann im Onlineshop angepasst wird. Aber es gibt Dinge, da würde ich mich gerne beeinfussen lassen. Beispiel: Ich bin eine sehr unsportliche Person, ich würde sofort jede App nehmen, die mich erfolgreich dahingehend manipuliert, dass ich mehr Sport treibe. Was also ist, wenn ich mich als völlig autonomer Mensch dazu entscheide, dass ich beeinfusst werden will? Oder nehmen wir das Thema Nachhaltigkeit: Wenn mich eine KI etwas mehr in die Richtung lenkt, effzient und konsequent Energie zu sparen, wie beurteilen wir das ethisch?

Als positive Beeinfussung?

coeckelbergh: Das ist ein sehr interessantes Problem: sich quasi selbst manipulieren zu wollen. Darüber schreibe ich in meinem Buch «Self Improvement». Man hat das Gefühl, Sport treiben zu müssen. Man fühlt sich verpfichtet, sich selbst zu verbessern. Selbstverbesserung ist an sich gut, wird aber heute zu obsessiv betrieben.

mara: Lassen wir den Sport weg! Nehmen wir das Umweltbewusstsein. coeckelbergh: Aus Makrosicht ist es gut, wenn mehr Menschen ihr Verhalten ändern. Aber es ist nicht unproblematisch. Das utilitaristische Weltbild, dem das Gesamtwohl über alles geht, steht gegen die Idee, dass wir alle autonome Figuren sein wollen – das ist wie Utilitarismus gegen das Humanistische, das ja den Einzelnen ins Zentrum stellt.

mara: Ich als autonomes Individuum bin ja in völligem Luxus in Mitteleuropa aufgewachsen, mit Fleisch am Teller, mit teils mehreren Autos

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INNOVATOR 51
Glossar

pro Haushalt. Ich sehe aber, es gibt den dringenden Bedarf, unser Verhalten zu ändern. Ich möchte daher vielleicht, dass mir Algorithmen im Internet nur mehr Werbeanzeigen von Produkten anzeigen, die klimaneutral sind. Wie ist es, wenn ich das selber entscheide?

coeckelbergh: Selbst entscheiden ist schon besser, ja. Aber eine Entscheidung kann auch wieder beeinfusst sein. Welche Beeinfussung ist akzeptabel? Ich habe nicht die eine richtige Antwort, es müsste da eigentlich eine Diskussion geben: Wie weit ist es möglich und wünschenswert, positiv zu beeinfussen? Wir wollen es nicht so haben wie in China. Aber hier bei uns wird das Benehmen von Einzelpersonen fast überhaupt nicht beeinfusst. Wo ist also der Rahmen? Ein sehr interessantes Problem.

Thema Arbeit: Immer mehr wird und kann von KI übernommen werden. Werden wir einmal das Problem haben, dass wir Scheinarbeit schaffen müssen, damit Menschen etwas zu tun haben?

mara: Bestimmte Berufe werden ersetzt werden.

coeckelbergh: Und dann legen wir alle die Füsse hoch? Ich halte das für eine Utopie. Die Idee der leisure society gibt es schon lange, sie existiert halt nicht. Was existiert, sind Menschen, die das Gefühl haben, nicht gebraucht zu werden. Da muss man als Regierung Massnahmen ergreifen, um dafür zu sorgen, dass unsere sozialen Systeme funktionieren. Die Demokratie mit sozialen Elementen wird unter Druck kommen.

Wäre das bedingungslose Grundeinkommen eine soziale Lösung?

coeckelbergh: Ich weiss nicht, was die Lösung ist, aber wir brauchen Alternativen. Auch demografsch und infolge der Automatisierung wird es eine Umwälzung geben. Wer keinen guten Job hat und keine Privatrente, wird Probleme bekommen.

mara: Die Grundidee des technologischen Fortschritts muss ja eigent­

Mark Coeckelbergh

lich sein, dass Technik uns Dinge abnimmt, uns das Leben erleichtert. Wenn die KI Arbeiten übernimmt, die wir Menschen so nicht machen wollen, wäre das doch super. Nur: Wo ist denn diese Welt, in der alle Menschen machen können, was sie wollen? Das wäre in der Theorie ja schön. Wir Menschen mit dem Privileg, kreative Wesen zu sein, wir hätten sicher auch genug Ideen, was wir mit unserer Zeit anfangen können.

coeckelbergh: Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass in dieser Welt die Menschen auf andere Art gestresst und besorgt sind. Denken wir etwa an Büroarbeit: E­Mails sollten eine Erleichterung bringen, weil es dadurch einfacher wird, einen Brief zu schicken. Aber es ist umgekehrt gekommen: Wir sind alle total überfordert mit der Menge an Mails, die wir nun bekommen. Es sind immer diese Narrative von Erleichterung, die sich umwandeln in Erschwerung. Und das gilt nicht nur für den Beruf. Die Freizeit wird auch stets stressiger.

Die Technik macht einen neuen Raum auf?

mara: Ja, und weil es einfacher ist, passiert es auch viel öfter. Man kriegt jetzt also nicht fünf Briefe am Tag, sondern hundert. Früher hat man vielleicht genauer überlegt, ob man jetzt wirklich etwas schreiben muss.

Frau Mara, Sie haben gesagt, das Ziel ist, dass wir eine menschenzentrierte Roboter­Zukunft schaffen. Wie soll die aussehen, und was ist dafür nötig?

mara: Wir sprechen in der Psychologie von Grundbedürfnissen, und da gibt es drei entscheidende: Autonomie, Kompetenz und soziale Beziehungen. Bei der Autonomie kann ich selbst über meine Handlungen entscheiden. Die sehe ich durch KI tangiert, weil wir in unserem täglichen Leben immer mehr Entscheidungen von Algorithmen zumindest vorgeschlagen bekommen. Dann Kompetenz: Wir Menschen wollen in etwas kompetent sein, das wird ebenfalls durch KI tangiert, etwa in der Medizin, wo die KI ein Röntgenbild schneller analysieren kann als die Ärztin. Hier ist die Frage: Wie können sich Skills von Mensch und Maschine bestmöglich ergänzen? Und dann soziale Beziehungen, ebenfalls durch KI tangiert, wenn wir uns diverse Anwendungen ansehen, die sich mit Menschen in natürlicher Sprache unterhalten. Die tun, als wären sie deine Freundin, und nehmen dabei nur alles, was du sagst, als Datenfutter und spiegeln dich so wider. Bei der Menschenzentriertheit muss es darum gehen, wie man menschliches Autonomieerleben aufrechterhalten und KI als Werkzeug

Mark Coeckelbergh

Technikphilosoph

Geboren 1975 in Belgien, ist seit 2015 Professor für Medien- und Technologiephilosophie am Institut für Philosophie der Uni Wien. Er ist Experte für Ethik von künstlicher Intelligenz und Teil der HighLevel Expert Group on Artificial Intelligence der Europäischen Kommission. Sein neuestes Buch «Robot Ethics» erschien 2022. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Entwicklungen im Bereich Robotik, KI und Informations- und Kommunikationstechnologien. coeckelbergh.wordpress.com

«Roboter machen unsere Arbeit, und wir legen die Füsse hoch? – Die Idee gibt es schon lange. Allerdings halte ich sie für eine Utopie.»
Interview 52 INNOVATOR

KI kann viel Gutes. Es sei nur wichtig, die ethischen Folgen im Auge zu behalten und sich darüber klar zu werden, welche Welt wir letztendlich haben wollen, sagt Philosoph Coeckelbergh.

Inspiration

In den letzten Monaten wurde künstliche Intelligenz für viele Menschen zugänglich. Online-Tools wie Midjourney können Bilder auf Basis sogenannter «Prompts» (Stichworte) kreieren.

Apps wie Lensa verwandeln die eigenen Fotos in spacige Profilbilder.

Und Dialogsysteme wie Chat GPT erledigen textbasierte Aufgaben erstaunlich menschenähnlich.

nutzen kann. Wenn es möglich ist, soziale Roboter als Vermittler einzusetzen, damit die Oma, die einsam zu Hause ist, über sie mit anderen Menschen in Kontakt treten kann, wäre das doch toll.

coeckelbergh: KI wäre dann nicht Feind, sondern Vermittler.

Weil wir vorher darüber gesprochen haben, was Ihnen Angst bereitet. Worauf freuen Sie sich?

coeckelbergh: Ich denke, dass KI dazu beitragen kann, Probleme wie

den Klimawandel zu lösen. Oder zumindest, dass wir damit besser umgehen können. Als Wissenschaftler braucht man KI und Daten. Wie auch in der Medizin, bei Diagnosen, wo Krebs erkannt wird, der sonst vielleicht übersehen würde. Man muss nur die ethischen Folgen gut im Auge behalten und sich darüber klar werden, welche Welt wir letztlich wollen.

mara: Es gibt realistische Risiken, aber auch realistische Chancen. Natürlich wird Klimaschutz nicht funktionieren, ohne dass wir Menschen uns auch ändern. Nur zu sagen, die Technologie löst das schon für uns, wird nicht klappen. So wie KI heute funktioniert, kann sie aber trotzdem hilfreich sein – als ein aus Daten lernendes statistisches Werkzeug, das Prognosen macht. Zum Beispiel: Wo können wir Überproduktion vermeiden? Und ich persönlich, völlig profan, will endlich den KI­Assistenten, der mir die E­Mails vom Hals hält. Wo sind denn jetzt diese wirklichen Erleichterungen? (Lacht.) Ich will keine 300 E­Mails am Tag lesen, also darauf freue ich mich persönlich. Aber wie gesagt: Es gibt Luft nach oben!

INNOVATOR 53

Expedition ins Tierreich

Was ist eigentlich dieses Metaversum? Wie kommt man da rein? Und wie flirtet man als virtuelles Hühnchen? Ein wunderlicher Selbstversuch mit Datenbrille.

ILLUSTRATIONEN

Das Metaverse ist ein virtuelles Pendant unserer realen Welt. Facebook-Gründer und Meta-Chef Mark Zuckerberg (re.) ist zumindest schon begeistert.

SELBSTVERSUCH
TEXT Marc Baumann Mathis Burmeister
54 INNOVATOR GETTY
IMAGES, ADOBE STOCK

Ich habe eine Erdnuss sexuell belästigt. So beginnt mein erster Tag im Metaverse. Und das muss ich erklären: Die riesige Erdnuss auf zwei Beinen ist der erste Avatar, den ich im Virtual-Reality-Chat treffe. Die im Comic-Stil animierte Erdnuss, der Stimme nach eine Frau, spricht mich auf Englisch an – okay, ausser uns beiden war auch niemand in dem VRChatroom, einer computeranimierten Bar über den Dächern einer fktiven Grossstadt. «Ah, hier ist ja doch noch jemand anders», sagt die Erdnuss erfreut, «hi, wie geht’s?» Ich will antworten, aber es kostet Überwindung, mit einer Virtual-Reality-Brille auf dem Kopf nachts in seinem Wohnzimmer stehend laut «Hallo, schön dich zu treffen» ins Nichts zu sagen. Darum versuche ich vorerst nur ein freundliches Emoji zu senden. Das geht mit einem der beiden Controller, die in der virtuellen Realität meine Hände simulieren. Statt ein WinkeEmoji auszuwählen, scrolle ich mit dem Daumen in der Emoji-Leiste zu überhastet, was ein Kussmund-Zwinker-Emoji losschickt – das nicht mehr rückrufbar in den Raum schwebt. Die Erdnuss sagt empört «Ewwww!» und läuft weg. Mein Hühnchen-Avatar ruft ihr hinterher: «Falsches Emoji! Sorry, ich bin neu hier!», zu spät. «Mit wem redest du so laut mitten in der Nacht?», höre ich plötzlich meine Freundin fragen. Ich nehme die Datenbrille ab und sage: «Mit einer Erdnuss.» Das ist also das Metaverse.

In sechzig Jahren werde ich über meine ersten Metaverse-Gehversuche lachen können, wenn mein alter, faltiger Körper im Jahr 2082 in einem Nährstoffbecken am Leben erhalten wird und ich in einer virtuellen Welt als ewig junger Mensch täuschend echte Abenteuer erlebe. So zumin-

Idest stelle ich mir die Zukunft im Metaverse vor, also so ähnlich wie im Hollywood-Klassiker «Matrix». Oder im Buch «Ready Player One», in dem sich die Menschheit im Jahr 2045 aus ihrer tristen Realität in die virtuelle Realität der OASIS füchtet. Das Wort Metaverse liest man das erste Mal in diesem Zusammenhang beim Schriftsteller Neal Stephenson, der 1992 das Buch «Snow Crash» schrieb. Darin geben Weltkonzerne den Ton an und haben die Rolle des Staates übernommen. (Ein Gruss an Elon Musk an der Stelle.) Menschen mit viel Geld können in «Snow Crash» ins Metaverse füchten. Das alles liest sich ganz schön düster und dystopisch.

Ready, Player Marc?

Als mich die Redaktion des Red Bulletin Innovators anruft und fragt, ob ich einen Selbstversuch im Metaverse machen möchte, sage ich aber: «Ja, klar, fand ich schon immer spannend, das Thema.» Um nach dem Auflegen erst mal kleinlaut zu googeln: «Was ist das Metaverse?» Es folgen weitere Suchanfragen wie «Wie komme ich ins Metaverse?» und «Was brauche ich fürs Metaverse?» Ich öffnete mehr und mehr Webseiten, aber bleibe ratlos. Mal heisst es, man solle auf die Plattform «Decentraland», da wäre das Metaverse, dann schreibt jemand, man müsse zu «Sandbox» oder zu «Roblox», und irgendwie scheint ebenso der Videospielshooter «Fortnite» schon das Metaverse zu sein. Eine VR-Brille ist kein Muss, lese ich, aber doch irgendwie wichtig – und ich erfahre, dass die führende VR-Brille namens Quest 2 in Deutschland zwei Jahre lang überhaupt nicht verkauft werden durfte – aus Datenschutzgründen.

Dieses ganze Metaverse bleibt vage, mutet mehr nach früher BetaPhase an denn nach ausgereifter Technologie. Nur 15 Prozent der Generation Z, geboren zwischen 1995 und 2012, waren bereits im Metaverse – und die Umfrage fand unter Gamern und Gamerinnen statt. Und in meiner Generation X sind es nur acht Prozent. Ich bin Teil der 92 Prozent, obwohl ich seit 1997 im Internet bin, schon 2009 mit Augmented Reality gearbeitet habe und auch mal furchtlos eine VR-Achterbahn gefahren bin, also eine echte Achterbahn mit Loopings – mit Virtual-Reality-

UNSER META-TESTER

Marc Baumann, 45, lebt als freier Autor in München und schreibt u. a. für das «Süddeutsche Zeitung Magazin». Derzeit widmet er sich den Chancen und Marotten des Metaverse.

Spielen, plaudern, einkaufen, arbeiten – das Metaverse soll das alles ermöglichen.

Software-Expertin

Johanna Pirker (re.) sagt aber auch: «Wir kopieren unsere realen Probleme in die virtuelle Welt.»

«Mit wem redest du so laut mitten in der Nacht?», höre ich meine Freundin fragen. Ich nehme die Datenbrille ab und sage: «Mit einer Erdnuss.»
Selbstversuch 56 INNOVATOR GIAN PAUL LOZZA, ADOBE STOCK
INNOVATOR 57

Brille auf dem Kopf. Und ich hätte auch fast mal einen VR-Flugsimulator auf einer grossen Tech-Messe ausprobiert. Aber der Geschäftsmann, der vor mir dran war, sah so bescheuert aus, wie er da in der Horizontalen auf einer Art beweglichen Fitnessbank lag und mit seiner Datenbrille auf dem Kopf Flugbewegungen simulierte. Was seine Hose nach unten und sein Unterhemd nach oben rutschen liess, wodurch sein nackter Po zu sehen war, was er im VR-Rausch aber nicht mitbekam. Das Metaverse mag visionär sein, revolutionär und spannend – aber cool ist es nicht.

Schon als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg im Oktober 2021 mit einem YouTube-Video der Welt seine grossen Metaverse-Pläne eröffnete, war der Auftritt ziemlich: cringe

In dem 10:35 Minuten kurzen Film verwandelt sich Zuckerberg in seinen eigenen Mark-Zuckerberg-ComicAvatar und verkündet, dass seine Firma jetzt Meta heisst. Der Clip geht dann so weiter, dass Zuckerberg auf einer Weltraumstation seine AvatarFreunde trifft und sie zusammen Karten spielen. Dabei sagt Mark Z. zu einem Kollegen: «Hey, ich wollte doch der Roboter sein!» Und dann lachen alle. So wie man lacht, wenn der Chef einen Witz gemacht hat. Dieses YouTube-Video, das man als den offziellen Startschuss zum Metaverse betrachten darf, macht leider extrem wenig Lust aufs Metaverse –und sieht eher so aus, als hätten einen die Eltern gezwungen, mit dem kleinen Bruder eine Runde NintendoWii zu spielen. Einige Wochen später postete Zuckerberg einen Screenshot vor dem Eiffelturm aus einem derart mies animierten Metaverse-Paris, dass Twitter voller Spott über sein Grossprojekt war.

Hype, Hype, Hurra Dafür gibt er Milliarden aus und riskiert die fnanzielle Gesundheit von Facebook (wie manche Angestellte dort anonym warnen)? Zum Glück stosse ich auf den Podcaster Thomas Riedel, der über sich den schönen Satz sagt: «Ich befürchte, ich bin Deutschlands führender MetaverseJournalist.» Dass ich die Eingangstür zum Metaverse vergeblich suche, fndet Riedel netterweise gar nicht peinlich. «Bin total froh, dass Sie so irritiert sind», sagt er, «ich bin näm-

Zahlen & Fakten zum Metaverse

Im Metaverse sollen virtuelle, erweiterte und physische Realität zusammenfinden. Wir erklären einige der wichtigsten Begriffe.

Definition

Das Metaverse ist ein virtuelles Pendant unserer realen Welt.

Endgeräte

Am Metaverse kann man mit Smartphone, Laptop, Tablet oder VR-Brille teilnehmen – Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR) sind eine Option, aber nicht unbedingt notwendig.

Digitale Ökonomie

Eines der Kernziele des Metaverse ist es, eine eigene digitale Ökonomie aufzubauen, in der virtuelle Güter mit eigenen Währungen gehandelt werden.

Branchen & Firmen

Investitionen im Bereich Metaverse werden von grossen TechFirmen wie Microsoft sowie auch von Fashionbrands wie Nike, Adidas und H&M getätigt.

In Echtzeit

Das Metaverse läuft immer weiter, alles passiert in Echtzeit. Es kann nicht pausiert, zurück gesetzt oder beendet werden.

14

Metaverse-Plattformen kann man 2023 bereits betreten. Facebook-Mutter Meta entwickelt aktuell zwei davon.

1992

wurde der Begriff Metaverse das erste Mal erwähnt – und zwar im Sci-Fi Roman «Snow Crash» von Neal Stephenson.

63 Milliarden $

an Marktkapitalisierung hatte der Metaverse-Markt laut Schätzungen im Jahr 2022.

1–12 Billionen $

sollen die im Metaverse befindlichen Güter 2029 laut der Bank JP Morgan wert sein –fast eine Verzwanzigfachung.

450.000 $

wurde 2021 für ein Stück Land im Metaverse «The Sandbox » bezahlt – in der (virtuellen) Nachbarschaft von Snoop Dogg.

62 %

allen aktuell verfügbaren virtuellen Landes befindet sich im Metaverse «The Sandbox », das ursprünglich als Spiel startete.

58 INNOVATOR

lich der festen Überzeugung, dass es noch gar kein Metaverse gibt.» Wie bitte? «Das Metaverse ist ein Medienhype, bei dem jeder Geld machen will – und das dann einfach Metaverse nennt», erklärt Thomas Riedel. Okay, dann hier jetzt Abbruch, ich rufe die Redaktion an, dieses Metaverse-Ding gibt es gar nicht, lasst mich den Selbstversuch in fünf Jahren noch mal probieren, bis dahin: Tschüss! Moment, sagt Thomas Riedel. Es ist so: Das Metaverse wird ein Netzwerk aus Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Erfahrungen sein, die alle miteinander verbunden sind. Die Frage sei, wer nun zuerst die alles umgebende virtuelle Hülle dafür baut. Mark Zuckerberg versuche also gerade eine Art «html» fürs Metaverse zu bauen. Das mag noch fünf oder zehn oder zwanzig Jahre Entwicklungszeit brauchen, die einzelnen Teile davon – ob in der Virtual oder der Augmented Reality oder einfach nur auf dem Bildschirm –kann man ja schon mal ausprobieren. Ich unternehme einen zweiten Virtual-Reality-Ausfug und versuche es mit Bergsteigen. Das viel gelobte Spiel «The Climb» bietet annähernd fotorealistische Grafk, so hatte ich mir das Metaverse viel eher vorgestellt. Also nach den üblichen drei, vier Minuten Ladezeit – moderne VR-Brillen kosten rund 500 Euro, der niedrige Preis soll möglichst viele Käufer anlocken, entsprechend sind die Datenbrillen keine High-EndComputer. Man startet «The Climb» auf einer kleinen Plattform mitten am Berg, unter einem ein Abgrund. Mit den Controllern greift man nach schmalen Felsvorsprüngen und zieht sich Meter um Meter nach oben. Wer abrutscht, stürzt tief, und ich zucke beim Aufprall wirklich kurz zusammen. Noch ein VR-Spiel: «Medal of

Honor», dort wacht man als britischer Soldat im Zweiten Weltkrieg verletzt auf einem Schlachtfeld auf, zwei Kameraden bringen einen zum Arzt. Wenn man im Krankenbett seine Controller als täuschend echte Hände sieht, ist das schon faszinierend. Nur beim ersten Gefecht wird mir schlecht, wenn mein Soldat ballernd durch die Gegend rennt, ich aber im Wohnzimmer still stehe. Das Phänomen heisst «motion sickness» und verhindert den grossen VR-Durchbruch derzeit noch. Nach 90 Minuten VR-Welt brauche ich eine Pause, nehme die Datenbrille ab und gehe auf die Terrasse. Für ein, zwei Minuten wirkt alles so seltsam animiert, selbst Bäume und mein Hund. Noch eine seltsame Beobachtung, oder vielleicht Einbildung: Wenn ich die Datenbrille aufsetze, fühlt sich mein Herzschlag komisch an.

Oben: ein virtueller Gesprächspartner unseres Autors bei seinem Meeting im Metaverse. Unten: unser Autor als schwebender Avatar

NETZ-EXPERTE

THOMAS RIEDEL

JJe mehr Zeit ich im Metaverse verbringe, desto mehr möchte ich danach in die Natur, ich gehe zum ersten Mal seit langer Zeit ohne Handy mit dem Hund Gassi. Wird sich der Körper an das Hin- und Herspringen zwischen echter Welt und täuschend echter Fantasywelt gewöhnen? Oder wird alles verschwimmen, wie in diesen Sekunden nach dem Aufwachen, wenn man noch halb im Traum ist und sich fragt, ob man schon wach ist? «Mehr als zwei Stunden hält man mit der VR-Brille nicht durch», sagt Thorsten Hennig-Thurau. Der Professor für Marketing und Medien lehrt in Münster und London, er hat Teile der Uni Münster in der virtuellen Realität nachgebaut mit seinem Lehrstuhl und arbeitet an ersten reinen VR-Vorlesungen mit Datenbrillen. Ich treffe ihn in seinem Büro am Meer. Wobei der Strand hinter dem Fenster nur im Computer existiert, eigentlich steht er mit seiner Datenbrille in Münster und ich in München. Aber wir treffen uns als Avatare, sitzen einander am selben virtuellen Tisch direkt gegenüber, und als ich daheim in München meine Beine ausstrecke, habe ich kurz Sorge, ich könnte seine Beine unterm Tisch treffen – bis mir einfällt, dass ja gut 600 Kilometer

zwischen uns sind. Wir sind auch nur Comic-Avatare unser selbst, noch dazu ohne Unterkörper animiert (spart Rechenleistung) – aber das Treffen ist erstaunlich immersiv. Der Professor zeigt mir, wie ich die Controller weglegen und nur mit Handgesten arbeiten kann, dann gehen wir gemeinsam an eine Tafel und schreiben darauf. Er steht direkt vor mir, und ich fühle mich ihm tatsächlich körperlich nah. Hennig-Thurau hat eine neue VR-Brille, die anders als mein Modell auch die Mimik erkennt –wenn er lacht, dann lacht sein Avatar mit, ist eine Frage kompliziert, sieht man den Avatar die Stirn runzeln. Verglichen zu all den Zoom-Meetings der letzten Pandemie-Jahre, wo man sich als kleine Videofenster sieht, wirkt ein VR-Meeting mit Avataren tatsächlich «echter». So könnte die Zukunft des Homeoffce aussehen.

Oder doch ganz anders. Denn niemand weiss, wie diese Welt wirklich aussehen wird, so wie man 1992 zwar schon eine E-Mail schicken konnte, aber keine Vorstellung davon

«Das Metaverse ist ein Medienhype, bei dem jeder Geld machen will – und das dann einfach Metaverse nennt.»
Selbstversuch INNOVATOR 59

hatte, 2023 im Bus zur Arbeit auf dem Smartphone Katzenvideos und Weltnachrichten im selben SocialMedia-Feed zu lesen. Noch ist alles denkbar beim Metaverse – übrigens auch die düstersten Szenarien. «Im Moment kopieren wir all unsere realen Probleme in das Metaverse: eine künstliche Immobilienkrise, weil virtuelle Grundstücke bereits zu absurden Preisen verkauft werden, es gibt Rassismus, sexuelle Belästigung und erste VR-Apps mit Schutzräumen für Frauen», sagt Johanna Pirker, die an der Technischen Universität in Graz als Softwareentwicklerin interaktive Systeme und Data Science erforscht. «Das Coole an der virtuellen Welt ist dafür, dass man im Cyberspace endlich ausgeschlossene Menschen integrieren kann, Menschen mit Behinderungen, mit wenig Geld, aus allen Kulturen.»

Bedingungen benutzt werden darf und es Gesetze gibt, die verhindern, dass Verbrechen ungeahndet bleiben wie derzeit etwa im Darknet. Die nächsten Jahre werden entscheiden, wie düster oder hell unsere virtuelle Zukunft aussieht. Bis dahin sollte man das Metaverse vielleicht sehen wie Ost-Berlin nach dem Mauerfall 1989: als eine total improvisierte, leicht durchgeknallte und spannende Grossbaustelle.

Das Metaverse in der Interpretation unseres Illustrators. Unser Autor brauchte nach 90 Minuten eine Pause in der freien Natur.

Musik, Filme, Software & Pizza

Die Idee für das Metaverse wurde in einem Sci-FiRoman geboren. Bis heute sind Popkultur, Hollywood und Gaming-Firmen Ideengeber für das Silicon Valley.

«Snow Crash» (1992)

In Neal Stephensons

Roman ist das Metaverse ein Rückzugsort aus einem dystopischen US-Amerika, wo nur noch «Musik, Filme, Software und HighspeedPizzalieferung» gut sind.

DDas Metaverse könnte ein Ort werden, in dem der virtuelle Raum von allen gestaltet wird, in dem jeder sein Haus baut und das Metaverse nur die lange Strasse ist, die einmal um die Welt geht, auf der wir uns alle besuchen können. Genau so wird das Metaverse nämlich im Roman «Snow Crash» beschrieben: als eine Strasse. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Strasse dann von allen zu fairen

Einmal laufe ich als HühnchenAvatar in eine virtuelle McDonald’sFiliale, in der ein Putzwagen quer in der Luft schwebt, vielleicht ein Animationsfehler, vielleicht ist man gerade auch nur verrückt geworden. Ich schaue auf das Menü hinter dem Tresen und fnde Chicken McNuggets irgendwie beleidigend, so als VRHuhn, nehme dann einen herumliegenden Pappbecher und «trinke», was natürlich gar keinen Sinn ergibt, so per Datenbrille. Wieder draussen auf dem Parkplatz, stehen plötzlich mehrere Avatare herum, darunter eine grosse Katze und ein düsteres Monster, das mich nach ein paar Minuten einlädt, mit auf eine VRChat-Party zu kommen. Als ich etwas später als Huhn auf einer recht spärlich besuchten Tanzfäche zu tanzen beginne, falle ich dabei in der echten Welt über meinen schlafenden Hund und lande unsanft auf dem Boden. Die Brille bleibt heil, mein Knie nicht. Ein blauer Fleck, den die virtuelle und die echte Welt zusammen erschaffen haben.

Second Life (2003)

Schon seit 20 Jahren existiert das von Linden Lab entwickelte ProtoMetaverse Second Life. Bis zu 200.000 User nutzen die Plattform täglich.

«World of Warcraft» (2004) Mit über acht Millionen aktiven Spielern monatlich hält «WoW» den Rekord für das beliebteste Multiplayer-Online-Rollenspiel (MMORPG).

«Ready Player One» (2011 bzw. 2018)

Steven Spielbergs Verfilmung von Ernest Clines Roman machte die virtuelle Welt OASIS cool – trotz der sie umgebenden dystopischen Welt.

Selbstversuch 60 INNOVATOR ADOBE STOCK

ZITTER DICH SCHLANK

Wie du mit Kälte Fett verbrennst.

Mit welchen Tipps & Tricks du dein Leben verbesserst.

BREITFELDANDREAS(rechts), Prof-Biohacker, im Gespräch mit STEFANBuchautorWAGNER

Der Biohacking-Podcast von The Red Bulletin. Jeden Dienstag neu.

GESUNDHEIT

Operation Zukunft

TEXT

Muamer Bec´irovic´ & Günther Kralicek

FOTOS

Michael Sieber

62 INNOVATOR

Am Inselspital Bern werden VirtualReality-Brillen bei Behandlungen eingesetzt, um an «Medical Extended Reality» (XR) zu forschen.

Algorithmen, die Diagnosen erstellen, Roboter, die Operationen durchführen, individuelle Impfstoffe, die Krebs bekämpfen: Was klingt wie Science-Fiction, könnte bald schon Krankenhaus-Alltag sein.

Dank modernster Technik steht die Humanmedizin an der Schwelle eines neuen Zeitalters.

INNOVATOR 63

WWir schreiben das Jahr 2050. Ein Mann liegt am grell ausgeleuchteten OP-Tisch. Der Tumor in seinem Gehirn muss raus. Flinke Roboterarme schwirren in atemberaubender Präzision um den Kopf des Mannes. Der behandelnde Chirurg sitzt in einem angrenzenden gläsernen Raum, um die Operation aus der Distanz zu steuern. Er sieht ein detailgetreues

3D-Modell des Patienten auf seinem Display, der Tumor ist gut zu erkennen. Die bildgebende Software lässt ihn in Farbe leuchten.

Der Chirurg nimmt einen Stift und markiert einen Schnitt von exakt 1,3 Millimetern an der betreffenden Stelle des Kopfes. Undenkbar, diesen Eingriff von Menschenhand durchführen zu lassen. Der Roboter hingegen erledigt den Auftrag des Chirurgen mit programmierter Selbstverständlichkeit. Sein Maschinenauge sieht hochauflösend. Und er kann den überlebenswichtigen Schnitt um ein Vielfaches präziser setzen.

Diese – noch utopische – Szene werde bereits Mitte des 21. Jahrhunderts Realität sein, prognostiziert Professor Dr. Thomas Neumuth, Chef des Innovationszentrums für computerassistierte Chirurgie am Uniklinikum in Leipzig, mit der nüchternen Begeisterung eines IT-Experten.

Gebündelte Informationen

Neumuth arbeitet seit Jahren an der Verwirklichung dieser Vision. Eines der grössten Probleme war und ist, dass viele Geräte im OP-Saal nicht oder nur mangelhaft miteinander vernetzt sind. Die OP-Räume sind überfüllt mit freistehenden Apparaturen und unterstützenden Systemen,

Die Zukunft der Medizin wird in Leipzig, Bern und Hamburg geschrieben – mit Virtual Reality, Biotechnologie und Telehealth.

die alle über eigene Schnittstellen oder Monitore verfügen. Manche Hersteller bauen Geräte, die – sei es aus technischen oder markenstrategischen Gründen – mit den Apparaten anderer Produzenten überhaupt nicht kompatibel sind. OP-Säle müssen alle zehn bis zwölf Jahre erneuert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden.

Natürlich wäre es für Krankenhäuser naheliegend, den OP-Saal mit Geräten eines einzigen Herstellers auszustatten, um eine maximale Interaktion der gesamten Anlage zu gewährleisten. Viele Ärzte bevorzugen aus medizintechnischer Sicht jedoch eine modulartige Lösung, bei der man hochspezialisierte Geräte unterschiedlicher Hersteller beliebig miteinander

Das Inselspital Bern blickt auf mehr als 600 Jahre medizinische Geschichte zurück. Mit gut 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es heute das grösste Spital der Schweiz.

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Thomas Sauter

Arzt & Professor

Die Digitalisierung für die Medizin nutzbar zu machen ist seine Leidenschaft.

Thomas Sauter ist Facharzt für Innere Medizin am Inselspital in Bern, Professor an der Universität Bern und Co-Leiter des Virtual Inselspital Simulation Lab. Dort wird an Phänomenen wie Telemedizin, Wearables und «Medical Extended Reality» (XR) geforscht – sprich an Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR) für Ärzte und Chirurgen.

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Virtual-Reality-Brillen wie diese werden im Virtual Inselspital Simulation Lab aktuell schon von Chirurgen genutzt, um seltene, aber hochriskante Operationen zu üben.

__ Was kann die Medizin der Zukunft?

Eine Kombination aus technischem Fortschritt und zielgerichteter Forschung lässt neue medizinische Durchbrüche in greifbare Nähe rücken.

1 MEDICAL EXTENDED REALITY (XR): Mithilfe von Virtual Reality und Augmented Reality können Ärzte schwierige Eingriffe schon vorab üben.

2 TELEMEDIZIN: Mittels Fernmonitoring, Datenaustausch und Videocalls können Patienten schneller und besser behandelt werden.

3 mRNA-IMPFUNGEN: Die Technologie kann nicht nur zum Schutz vor Covid eingesetzt werden, sondern könnte bald auch Malaria, HIV oder die Grippe bekämpfen – und Krebs.

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kombinieren, vernetzen und gegebenenfalls auch austauschen kann. Dafür ist eine IT­seitige Integration aller Komponenten und Datenfüsse über eine gut konfgurierte Plattform nötig, die sämtliche Informationen bündelt. Der OP­Saal der Uniklinik in Leipzig gehört zu den wenigen derartigen modularen Einrichtungen in Deutschland. Aktiv tauschen die einzelnen Komponenten des Equipments Daten untereinander aus und senden diese ins hauseigene Zentralsystem.

«Der Chirurg kann erstmals mit einem Blick den gesamten OP­Saal überwachen», schwärmt Neumuth. Noch müsse man einander lebenswichtige Infos wie Puls oder Betäubungslevel von einem Eck des OPs zum anderen zurufen. Der ausführende Chirurg kann die Daten nicht selbst ablesen, weil er sich nicht vom Patienten wegbewegen darf.

«Die Kompatibilität der neuen Geräte erlaubt es dem Chirurgen, sich die notwendigen Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt direkt am Bildschirm anzeigen zu lassen. Die Information wird präziser dargestellt und die Fernsteuerung einfacher, was den Arbeitsfuss deutlich effzienter gestaltet und weit weniger Einsatz vom Chirurgen selbst erfordert», führt der Experte aus. Auch das zeitaufwendige Dokumentieren am Ende des Arbeitstages wird bald ein Ende haben. In Zukunft übernimmt der Computer das Berichteschreiben, der Arzt kann sich wertvolleren Tätigkeiten widmen und mehr Zeit beim Patienten verbringen.

Insgesamt verspricht sich Neumuth durch den modularen OP­Saal eine Effzienzsteigerung von über 20 Prozent, was für jeden kaufmännischen Direktor Anreiz genug ist, sich vom alten OP­Saal­Modell zu verabschieden. 2032, rechnet der Professor vor, wird wohl jedes Krankenhaus im deutschsprachigen Raum mit einem modularen OP­Raum ausgestattet sein.

Die Geschichte der Chirurgie ist an einem Wendepunkt angelangt. Digitale Technik wird OPs künftig viel präziser machen, dadurch gerät der Eingriff kleiner und der Heilungsprozess schneller.

Schnellerer Heilungsprozess

Diese Effzienzsteigerung wäre aber noch der kleinste Teil der technischen Revolution, erklärt Neumuth. Die Geschichte der Chirurgie ist nämlich an einem Punkt angelangt, an dem sie komplett umgeschrieben werden muss. Jede Operation ist ja ein nicht zu unterschätzender Eingriff, mit dem ein Organismus erst zurande kommen muss. Problematische Nachwirkungen einer Operation entstehen gar nicht so häufg im Inneren des Körpers, sondern vielmehr an dessen äusserer Hülle: der Haut. Es gilt, die Schutzschicht des Körpers so geringfügig zu verletzen wie nur irgend möglich.

«Jede Operation verursacht unerwünschte Begleitschäden, weil man gesundes Gewebe aufschneiden muss, um das schlechte herauszuoperieren. Künftig werden die OPs um ein Vielfaches präziser, da man nur noch minimal eingreifen muss. Dadurch wird der Heilungsprozess deutlich schneller. Der Patient kann früher nach Hause, was Raum und Zeit schafft, mehr Patienten optimal versorgen zu können», gibt sich Neumuth überzeugt.

von Virtual Reality, die im medizinischen Alltag bereits heute vereinzelt zum Einsatz kommen. An der Universitätsklinik für Notfallmedizin des Inselspitals, Universitätsspital Bern, kennt man sich mit derartigen Szenarien aus. Thomas Sauter ist Leiter für die Bereiche Bildung, eHealth und Telenotfallmedizin am Haus. Vor zwei Jahren trat der Mediziner eine neu ins Leben gerufene Assistenzprofessur an der Universität Bern an – die erste dieser Art im deutschsprachigen Raum.

«Meine Abteilung beschäftigt sich mit allen Aspekten der Digitalisierung in der Akutmedizin», erzählt Sauter. Laut WHO­Defnition meint der Begriff «Telemedizin» die Konsultation zwischen HealthcareProvidern und Patienten sowie Gesundheitsinstitutionen untereinander – mittels Fernmonitoring und Datenübermittlung. «Aspekte von Telehealth sind aber auch die Ausbildung mit digitalen Möglichkeiten wie Virtual Reality, KI­unterstützter Medizin, Wearables und Apps.»

Wearables, das sind Messinstrumente wie etwa eine Smart Watch, die der Patient an sich trägt. Apps wiederum können digitale Gesundheitsanwendungen sein, zum Beispiel um die Dringlichkeit einer Behandlung von Patienten zu erkennen und sie dann an den optimalen Ort der Behandlung zu leiten.

Massenkarambolage auf der A1. Mehrere zum Teil schwer beschädigte Fahrzeuge sind ineinander verkeilt, eine junge Notfallmedizinerin ist mit der Erstversorgung eines Schwerverletzten beschäftigt. Hoch konzentriert führt sie Handgriffe und Massnahmen aus, die über Leben und Tod entscheiden. Dann die Meldung: alles gut, Patient stabil. Die Ärztin nimmt die VR­Brille ab und wischt sich mit dem Unterarm den Schweiss von der Stirn. Die Übung für den Ernstfall ist gelungen.

Die lebensnahe Simulation von Erste­Hilfe­Notsituationen ist nur eine der zahlreichen Möglichkeiten

MViele Menschen stehen solchen Entwicklungen nach wie vor skeptisch gegenüber. Abgesehen von Fragen zur Datensicherheit befürchten sie eine zunehmende Entmenschlichung des Arzt­Patient­Verhältnisses. Thomas Sauter versteht diese Ängste, hält aber entgegen: «Telehealth ist keine digitale Barriere, die zwischen Arzt und Patient steht, sondern eine grosse Chance der Zusammenarbeit. Wir haben die Möglichkeit, die Medizin mit Wearables zum Patienten zu bringen und persönlicher zu machen und

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den Patienten auf bisher nie da gewesene Weise in seine Behandlung mit einzubeziehen, wodurch er beispielsweise mit Apps auf seinem Smartphone seine Gesundheit mitbestimmen und mit dem Arzt zusammen an seiner Gesundheit arbeiten kann.»

Die Angst, dass Ärzte durch Technik ersetzt werden, sei gänzlich unbegründet. Sauter geht lediglich davon aus, dass sich digitale Hilfsmittel als Ergänzung zum klassischen Arztkontakt durchsetzen werden.

BBereits heute kommen in vielen Spitälern Tools zum Einsatz, die ein wenig nach Science-Fiction klingen. Bei anderen, vergleichsweise banal anmutenden bürokratischen Herausforderungen hinkt man hingegen noch hinterher. Sauter: «Leider ist es Realität, dass viele in der Praxis tätigen Ärzte immer noch auf Papier und handschriftlich dokumentieren. Hierdurch ist der digitale Austausch erschwert.»

Das grösste Potenzial in der digitalen Medizin sieht er in der Netzwerkbildung. Ärzte können aus der Ferne zusammenarbeiten, dabei mit dem Patienten interagieren, diesen stärker mit einbeziehen. «Die Medizin wird durch die Digitalisierung persönlicher, partizipativer und prädiktiver werden. Im Spital wird die digitale Medizin den Arzt an vielen Stellen unterstützen: bei der Interpretation von Röntgenbildern, bei der Verordnung von korrekten Medikamenten, dem Stellen von Diagnosen und bei der digitalen Patientenreise im Spital. Das Arzt-Patient-Verhältnis und das gegenseitige Vertrauen werden aber unverändert wichtig bleiben.»

Am Tablet gesteuerte immersive Welten – hier ein virtueller Ausflug ans Meer –helfen nachweislich, die Beschwerden von Patienten zu lindern.

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Ein weiteres Forschungsgebiet am Inselspital ist das weite Feld der «Medical Extended Reality» (XR) – diese umfasst Augmented (AR), Mixed (MR) und Virtual Reality (VR). Allesamt Techniken, mit denen passionierte Videogamer bereits ein wenig vertraut sein dürften. Tanja Birrenbach ist zusammen mit Thomas Sauter Co­Leiterin des Virtual Inselspital Simulation Lab (VISL). Die Notfallmedizinerin zeigt sich begeistert über die zahlreichen Möglichkeiten der XR im medizinischen Bereich. Sie reichen von innovativen Ansätzen in der Aus­ und Weiterbildung von

Das Berner Inselspital setzt Virtual Reality ein, um Patienten bei Schmerzen oder Angstzuständen zu helfen.

Gesundheitsfachpersonen bis hin zur Therapie von Patienten.

«Mittels MR­ oder VR­Simulationen können etwa seltene, aber hochriskante Interventionen geübt werden, deren Training mittels konventioneller Simulationen zu teuer oder zu gefährlich wäre, Stichworte: Gefahrenstoffe, Feuer. Wir haben verschiedene Arten von MR­ und VR­Trainings entwickelt: für einfache Skills­Trainings wie den Umgang mit der persönlichen Schutzausrüstung bis hin zu hochkomplexen Prozeduren wie der Einlage eines Katheters in die Aorta beim schwerstverletzten Patienten.»

Darüber hinaus wird Virtual Reality eingesetzt, um interprofessionelle Teamtrainings durchzuführen und diese – dank reichlich vorhandenem Datenmaterial – nachträglich zu evaluieren. Auch im Bereich der Patientenversorgung ist VR­Simulation auf dem Vormarsch, etwa bei der Behandlung von Schmerzen oder bei Angstzuständen. Patienten tauchen in virtuelle Welten ein und vergessen dabei – wenigstens für einige Momente lang – ihre Beschwerden. Birrenbach: «Die Möglichkeiten sind mannigfach und in Hinblick auf Vereinfachung der Technologien sowie verbesserte Anwenderfreundlichkeit noch lange nicht ausgeschöpft.»

Eine Spritze gegen den Krebs Der Vater einer jungen Familie blickt fassungslos auf seine Diagnose. Der Bericht des Arztes stellt das Leben des Mannes von einem Augenblick auf den anderen komplett auf den Kopf. Der Hautkrebs ist so weit fortgeschritten, dass ein operativer Eingriff nicht mehr sinnvoll ist. Die einzige Hoffnung, die jetzt noch bleibt, ist der leidvolle Weg einer Chemotherapie. Mit massiven Nebenwirkungen. Wenn alles gut geht, darf der Familienvater noch auf ein paar gewonnene Lebensjahre im Kreise seiner Liebsten hoffen.

«Wir haben verschiedene VR- und AR-Trainings entwickelt: von einfachen Skills-Trainings bis zu hochkomplexen Prozeduren wie der Einlage eines Katheters in die Aorta beim schwerstverletzten Patienten.»
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TANJA BIRRENBACH

Bis heute ist dies das bittere Szenario für Menschen, die mit einer Diagnose wie dieser leben müssen. Eine neuartige Therapie macht Hoffnung, dass sich das bald ändern könnte.

Im Zuge der Corona-Pandemie sind sogenannte mRNA-(messenger ribonucleic acid-)Impfstoffe in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Corona ist aber bei weitem nicht die einzige Einsatzmöglichkeit der vielversprechenden Technologie. Auch die moderne Krebsforschung setzt auf mRNA-Wirkstoffe.

Krebs ist in der westlichen Welt eine der häufgsten Todesursachen. 2021 waren etwa im deutschsprachigen Raum 22,5 Prozent aller Sterbefälle darauf zurückzuführen. Obwohl seit über 200 Jahren bekannt, gilt Krebs in vielen Fällen immer noch als unheilbar. Die heimtückische Krankheit bildet einen biologischen, individuellen Organismus im Körper des Betroffenen. Das gestaltet sich bei jedem Menschen unterschiedlich, die Heilung ist deshalb umso komplexer.

Patienten, deren Hautkrebs so stark war, dass nicht mehr operiert werden konnte, wurden bereits mittels mRNAImpfung erfolgreich behandelt – bei geringen Nebenwirkungen.

Nachdem der Patient operiert, bestrahlt und das Geschwür abgetötet wurde, empfehlt sich eine Chemotherapie, um die übrig gebliebenen, im Blut zirkulierenden Krebszellen ein für alle Mal loszuwerden. Jene Medikamente, die dabei verabreicht werden, sind jedoch allesamt nicht individuell an den Patienten angepasst. Ganz anders bei der mRNAImpfung: Diese kann für jeden einzelnen Patienten massgeschneidert werden. Das ist ihre grosse Stärke. Eine neue, die vierte Säule der Krebstherapie ist da gerade in Bau.

Eine herausragende Rolle

Dirk Arnold ist Chef der Onkologie an der Asklepios Klinik in Hamburg. Er gilt als Koryphäe auf seinem Gebiet und erklärt das Problem: «Tumore sind sehr schnell lernende, intelligente Systeme. Sie bleiben vom eigenen Immunsystem oft nicht nur unerkannt, sondern sie entkommen auch den modernen medizinischen Mitteln, weil sie sich sehr schnell an die Behandlung anpassen.»

Die gängige Therapie kennt drei Säulen:

1. die Operation, die bei grösseren Geschwüren zum Einsatz kommt,

2. die Strahlentherapie, die lokal begrenzte und schwer zu operierende Karzinome zerstört, und

3. die Chemotherapie, bei der dem Patienten chemische Substanzen intravenös verabreicht werden, welche die Vermehrung der Krebszellen und dadurch die Bildung neuer Geschwüre verhindern sollen.

Alle diese Therapiemöglichkeiten kommen heute simultan zum Einsatz.

DDie Waffen der ersten drei Säulen greifen den Tumor «von aussen» an. Das Übel wird mit schweren Geschützen bekämpft, der Organismus des Patienten bleibt dabei in einer passiven Situation. Die mRNAKrebsimpfung hingegen setzt ganz auf die aktive Mitarbeit des eigenen Immunsystems. Dem Patienten wird Krebsgewebe entnommen und an einen Hersteller von mRNA-Vakzinen geschickt. Dort isolieren Labortechniker Proteine aus diesem speziellen, einzigartigen Tumor und designen daraus den individuellen Impfstoff.

Dieser Produktionsvorgang dauert nur wenige Wochen – das ist wichtig, denn natürlich ist Zeit ein entscheidender Faktor. Mit der fertigen, personalisierten Impfung wird dem Patienten der Bauplan des spezifschen Proteins gespritzt, was eine Immunantwort des Körpers provoziert. Neu entstehende Krebszellen können vom Immunsystem nun wieder identifziert und bekämpft werden.

Der aktuelle Stand der Forschung auf diesem Gebiet gibt Grund zur Zuversicht, wobei man aber leider einräumen muss, dass nicht jeder Tumor mittels mRNA-Impfung behandelbar sein wird.

«Viele Krebserkrankungen, insbesondere grössere Krebse, wird die mRNA-Impfung nicht allein zerstören

können. Hochwirksam ist sie etwa beim schwarzen Hautkrebs, weil der – wie der Nierenkrebs – unmittelbar mit dem Immunsystem verbunden ist. Hier spielt die Impfung eine herausragende Rolle. Bei Darmkrebs, Lungenkrebs oder Brustkrebs ist die Rolle des Immunsystems nicht so gross, und hier wird sich die Impfung nur beschränkt darauf auswirken können, das Neubilden dieser Zellen zu verhindern», erklärt Arnold. Diesbezügliche Studienergebnisse sind vielversprechend. Patienten, deren Hautkrebsbefall so stark war, dass nicht mehr operiert werden konnte, wurden bereits mittels mRNAImpfung erfolgreich behandelt –bei geringen Nebenwirkungen. Mit Hochdruck wird heute in der wissenschaftlichen Welt daran geforscht, wie wirksam sich die mRNA-Impfung gegen weitere Krebsarten erweisen kann. Arnold selbst betreut aktiv eine Studie, in der etwa 200 DarmkrebsPatienten nach dem operativen Eingriff ihre mRNA-Impfung verabreicht wird, um die Bildung neuer Krebszellen zu verhindern. Gesicherte Erkenntnisse aus dieser Studie sind erst in einigen Jahren zu erwarten. Bereits jetzt ist aber eines klar: Einige der grössten Durchbrüche in der Medizingeschichte sind in unmittelbarer Reichweite. Die Medizin der Zukunft entsteht genau jetzt: in unseren Spitälern, Laboren – und in den Händen innovativer Ärzte mit VR-Brille auf dem Kopf.

Inspiration

In den nächsten fünf Jahren soll der Markt für Virtual Reality in der Medizin um 35 % jährlich wachsen.

Auf YouTube zeigt Philippe Cattin, Leiter des Department of Biomedical Engineering der Universität Basel, wie das in der Praxis aussieht.

Such einfach nach: «VR-Brille für Operation: Medizin in der vierten Dimension».

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Dr. Thomas Sauter mit VirtualReality-Brille und VR-Controllern beim täglichen Einsatz im Inselspital Bern

Gesichter der Wende

Sonnenpower aus dem Tessin, Häuser, die Energie sparen, Genfer Licht-Know-how für Delhi …

Diese sieben Menschen machen unseren Strom sauber.

1 Greta Ziegler, Green Tech Valley 2 Mauro Caccivio, SUPSI PVLab
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3 Fabiana Lisco, 3S Swiss Solar Solutions  4 Sabine Marbet & Lidia Gallego, Energie Zukunft Schweiz 5 Govinda Upadhyay, SmartHelo 6 Maël Perret, E-nno
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1 3 5 2 6 INNOVATOR 73 4 GREEN TECH VALLEY CLUSTER, RENATO QUADRONI, SEBASTIEN CRETTAZ, MARCO ZURSCHMIEDE, FABIO RODRIGUES

Green Tech

Greta Ziegler

Die 27-jährige Greta Ziegler ist eine Visionärin, die davon überzeugt ist, dass Technologie die Welt verändern kann. «Der Grossteil der Menschheit lässt sich von unterschiedlichsten Ängsten leiten. Ich nicht. Ich versuche, mich auf das zu fokussieren, was ich tun kann, um die Zukunft auf dieser Erde besser zu machen.»

Ziegler ist noch keine dreissig, hat aber bereits einen beeindruckenden beruflichen Werdegang vorzuweisen, der sie zum Job der Projektleiterin für Start-ups im Green Tech Valley geführt hat, einem Technologie-Hotspot für Klimaschutz und Kreislaufwirt-

Funktion

Projektleiterin

Projekt

Der Green Tech Valley Cluster initiiert und unterstützt grüne Innovationen in der Steiermark und Kärnten, wo mehr als 300 globale Green-Tech-Pioniere und -Leader werken und forschen.

schaft in der Steiermark und in Kärnten. «Für mich muss die Arbeit, die ich leiste, Sinn ergeben», sagt Ziegler. «Sinnvolle Arbeit bedeutet für mich, zu etwas Grösserem beitragen zu können, ein Ziel vor Augen haben zu dürfen und damit etwas zum Besseren wenden zu können. Natürlich darf die Arbeit auch Spass machen.»

Grüne Weltmarktführer

Nach ihrem Studium der Umweltsystemwissenschaften bewarb sich Ziegler mit ihrer eigenen Start-up-Idee beim Programm

Academic Startup Accelerator der Gründungsgarage in Graz. Seither hat sie ihre Begeisterung für die jungen Unternehmen und deren Community nicht mehr losgelassen. Beim Green Tech Valley Cluster vernetzt sie grüne Start-ups mit grösseren Firmen und Investoren, wodurch sie das Wachstum der Jungunternehmen vorantreibt und so deren Erfolge sichtbar macht.

Ökologische wie auch soziale Nachhaltigkeit sei für Ziegler die Basis und der Grund, weshalb sie viele Dinge im Leben tue oder auch nicht tue. Ziegler: «Daher war mir schon sehr lange klar, dass ich in einem Unternehmen arbeiten möchte, das zu nachhaltiger Entwicklung beiträgt und diese vorantreibt.»

Und das Green Tech Valley hat fraglos beeindruckende Zahlen vorzuweisen: 300 Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind Mitglied, davon zwanzig globale Technologieführer. Mehr als 2300 Forscherinnen und Forscher arbeiten an den grünen Lösungen von morgen, wovon bereits 600 als konkrete Produkte am Markt reüssieren. Von einem neuartigen Recycling-Wärmekraftwerk, das eine Papierfabrik von Norske Skog in Bruck befeuert, bis hin zu den jeweils grössten Solarthermie- und Photovoltaikanlagen Österreichs wird die Energiewende zur Realität.

«Vergesst das Silicon Valley! Im steirischen Green Tech Valley entsteht die Zukunft», sagt Greta Ziegler verschmitzt.

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74 INNOVATOR FOTOSTUDIO HELMUT JOKESCH, RENATO QUADRONI

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Sonnenpower im Tessin Mauro Caccivio

In einer Welt, in der sich viele Menschen Veränderungen nur ungern stellen, steht Mauro Caccivio für mutige Entscheidungen und die Bereitschaft, das Unbekannte zu erforschen. Der 51-jährige Elektronikingenieur hat eine Karriere hinter sich, die ihn von der Entwicklung von elektronischen Platinen in der Raumfahrtbranche zur Entwicklung von Solarpanels für Satelliten und wissenschaftliche Weltraummissionen geführt hat. 2008 zog es ihn zurück auf die Erde, und er schloss sich einem Start-up für die Produktion innovativer Dünnschicht-Photovoltaikmodule an, bevor er schliesslich 2012 eine Position als Tester und Forscher am Institute for Applied Sustainability to the Built Environment an der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI, deutsch: Fachhochschule der italienischen Schweiz) fand.

angeschlossen haben und dieses Kraftwerk bis heute Strom erzeugt – fast, als ob Photovoltaik für die Ewigkeit gemacht sei!

Aber Caccivio ist nicht nur in seiner Arbeit engagiert, sondern bringt seine Leidenschaft auch in seinem Alltag zum Ausdruck. Er und seine Partnerin haben sich bewusst für eine Wohnung in der Nähe des Bahnhofs entschieden, um häufig mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Velo fahren zu können. Die beiden achten darauf, saisonale und lokale Lebensmittel zu kaufen und Caccivio versucht, jedes Jahr weniger Fleisch zu konsumieren – obwohl es für ihn schwierig ist, sich von der forentinischen Steak-Tradition seiner Heimat Toskana zu trennen.

Name

Mauro Caccivio

Funktion

Forschungsleiter

Projekt

Im PVLab der SUPSI (Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana) erforscht Caccivio Dünnschicht-PVModule für höhere Zuverlässigkeit von Photovoltaik.

Caccivio leitet nun den Photovoltaik-Bereich an der SUPSI und das SUPSI PVLab, das einzige anerkannte Testlabor für Photovoltaik in der Schweiz. Hier arbeitet er an Projekten, die die Zuverlässigkeit und Qualität von Photovoltaik durch beschleunigte Tests und Langzeitüberwachung verbessern, sowie an der präzisen Charakterisierung von Standardund innovativen Technologien. Sein Team ist stolz darauf, dass sie 1982 das erste PhotovoltaikKraftwerk in Europa ans Netz

Die smarte Wende Caccivios grösster Wunsch für die Zukunft ist es, eine starke Transition hin zu erneuerbaren Energien und dezentraler Energieerzeugung realisiert zu sehen, um eine nachhaltige und demokratischere Verteilung von Strom zu erreichen. Er träumt davon, dass eine Revolution durch «Smart Grids» genauso schnell und erfolgreich verläuft wie die durch die Mobiltelekommunikation. Seine positive und optimistische Einstellung spiegelt sich in seiner Arbeit wider, die darauf abzielt, die Zukunft unseres Planeten durch innovative Technologien und mutige Entscheidungen zu verbessern.

Caccivio: «Ich glaube, dass Technologie, wenn sie mit dem richtigen Zugang eingesetzt wird, uns retten kann, uns aber auch verlieren kann, wenn ihr einziges Ziel darin besteht, Gewinne zu steigern. Eine humanere Technologie würde sicherlich aus der Welt einen besseren Ort machen.»

Trendsetter
«Energie erneuerbar und dezentral zu generieren macht Strom demokratisch und nachhaltig.»
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Die Gebäude der Zukunft

Fabiana Lisco

Fabiana Lisco arbeitet als Ingenieurin bei 3S Swiss Solar Solutions, einem Schweizer Unternehmen, das die energieproduzierenden Gebäudehüllen von morgen herstellt. Begonnen hat das Bewusstsein für die eigene Umwelt schon in der Kindheit der heute 39­ Jährigen: «Für mich war es normal, dass meine italienischen Grossmütter gesundes Essen für uns kochten, auf lokale Märkte gingen, um frisches Obst und Gemüse zu bekommen, und überhaupt keine verarbeiteten Lebensmittel kauften.»

Kindern solle man den Respekt gegenüber der Umwelt schon in frühen Jahren vermitteln, meint Lisco: «Ich würde ihnen die Schönheit des Gemüsepfanzens beibringen und sie den Lauf der Natur selbst verfolgen lassen – einschliesslich der Geduld, auf die richtige Jahreszeit zu warten, um die Lieblingsfrucht zu ernten.»

Geduld und Durchhaltevermögen hat Lisco auch in ihrer Karriere gezeigt. Sie hat einen Master in Chemie von der Universität in Bari, einen Master in Materialien und erneuerbarer Energie von der Universität Novara und promovierte am Centre for Renewable Energy Systems an der britischen Loughborough University. Seit dem Vorjahr ist sie bei 3S Swiss Solar Solutions.

Der solare Bau

«Unser Unternehmen entwickelt und produziert seit über 20 Jahren Photovoltaiksysteme», so Lisco. «Unsere Solarmodule werden nicht auf dem Dach montiert, sondern direkt in die Gebäudehülle – dem Dach, der Fassade oder dem Balkongeländer – integriert. Damit produzieren sie sauberen Strom ohne CO² – und ohne zusätzliche Flächen abzudichten.» Warum das so wichtig ist? «Gebäude sind für 40 Prozent der globalen CO²­Emissionen verantwortlich. Etwa 15 Prozent des CO²­Ausstosses sind auf die Produktion von Baumaterialien zurückzuführen, und 25 Prozent der CO²­Emissionen stammen aus der Kühlung und Heizung von Gebäuden, auch in der Schweiz.»

Lisco arbeitet in einem Team aus Design­, Prozess­, Linienund Systemingenieuren. Zu ihren Aufgaben gehört die Gestaltung von Photovoltaikprodukten, die Auswahl geeigneter Lieferanten sowie die Planung von Tests zur Untersuchung der Zuverlässigkeit der Produkte. Sie ist auch für die Materialprüfung, Datenanalyse

und die Entwicklung von Produktionsprozessen verantwortlich.

«Ich liebe es, Teil dieses Teams zu sein, weil wir uns kontinuierlich Gedanken machen und Ideen austauschen», sagt Lisco. «Ich glaube fest daran, dass der Kern des Erfolgs ein hoher Teamgeist ist. Schon als Kind habe ich davon geträumt, etwas Wichtiges für unsere Gesellschaft zu tun.»

Lisco: «Wir sollten alle stets darüber nachdenken, ob wir unsere täglichen Entscheidungen punkto Nachhaltigkeit irgendwie verbessern können, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.»

Name

Fabiana Lisco

Funktion

Ingenieurin bei 3S

Swiss Solar Solutions

Projekt

Gebäudeintegrierte Solarsysteme

Trendsetter
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Effizienz ist ihre Mission

Sabine Marbet & Lidia Gallego

Energie Zukunft Schweiz (EZS) treibt die Energiewende in Europa voran. Das Schweizer Unternehmen mit Tochterfrmen in Italien, Rumänien, Deutschland und Spanien hat mittlerweile rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihre Mission? Energieversorgungsunternehmen, die Immobilienbranche und die öffentliche Hand bei der Nutzung erneuerbarer Energien und der Steigerung der Energieeffzienz zu unterstützen.

Das Dreamteam

Sabine Marbet ist Leiterin des Geschäftsbereichs Energieeffzienz und stellvertretende Vorsitzende der Schweizer Geschäftsleitung. Sie beschäftigt sich mit Klimaund Energiestrategien sowie der Planung und Umsetzung von Effzienzmassnahmen am Bau. «Zudem bin ich verantwortlich für die Kultur bei EZS», so Marbet.

«Mein Motto: ‹People frst›.» Ihre Kollegin Lidia Gallego ist Teamleiterin für Photovoltaikprojekte und leitet als Energieingenieurin die Entwicklung der Unternehmenstätigkeit in Spanien. «Ich verbringe viel Zeit und Energie bei der Arbeit. Mir ist es deshalb wichtig, dass ich bei meinem Beruf etwas Sinnvolles mache, das gleichzeitig Spass macht», so Gallego.

Für beide Expertinnen war der Weg zu EZS nicht vorgezeichnet,

Name

Sabine Marbet (o.), Lidia Gallego

Funktion

Leiterin Energieeffizienz, Leiterin Photovoltaik-Projekte

Projekt

Energie Zukunft Schweiz unterstützt Unternehmen dabei, die Energiewende voranzubringen.

passt aber geradezu perfekt zu ihren Ambitionen. Marbet hat an der ETH Zürich Umweltnaturwissenschaften studiert. Dabei hat sie sich unter anderem auf atmosphärische Prozesse fokussiert, als die Ozonlochthematik sehr aktuell war. «Danach habe ich drei Jahre als Meteorologin und Moderatorin bei MeteoNews gearbeitet. 2008 bin ich zu Energie Zukunft Schweiz gestossen –als zweite Festangestellte. Ich habe das gesamte Wachstum miterlebt und mitgestaltet», so Marbet. «Nachhaltigkeit war mir schon bei der Studienwahl wichtig. Ich bin eine Pragmatikerin, mir ist die Wirkung wichtig. Ich möchte, dass gemacht wird, nicht nur geredet, und ich möchte etwas beitragen.»

Der Wandel startet jetzt Gallego hat an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften einen Master mit Schwerpunkt Solarenergie gemacht. Nach dem Studium hat sie bei Solarunternehmen in Thailand und in der Schweiz als Projektentwicklerin gearbeitet. Bei Energie Zukunft Schweiz ist sie seit 2018 mit dabei.

«Ich habe die Hoffnung, dass der grosse Wandel zu einer nachhaltigen Gesellschaft in den kommenden Jahren vonstatten geht» sagt Gallego. «Einfach, weil er das muss.»

«Mir ist die Wirkung wichtig. Ich möchte, dass gemacht wird, nicht nur geredet.»
Sabine Marbet
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Mehr Licht in Delhi

Govinda Upadhyay

Jeden Sommer brachten unsere Eltern meinen Bruder und mich in das Dorf unserer Vorfahren in Indien. Doch dort gab es keinen Strom», erzählt Govinda Upadhyay. «Und da es keine gute Regierung gab, dauerte es sehr lange, bis das Dorf welchen bekam. Das hat mein Interesse an sogenannten dezentralen Energielösungen geweckt – Lösungen, die kein Eingreifen von aussen erfordern und dennoch einen sicheren und sauberen Zugang zu Strom ermöglichen.»

Govinda Upadhyay ist Gründer und CEO von SmartHelio. Das Softwareunternehmen verbessert die Leistung und Langlebigkeit von Solaranlagen. «Dadurch wollen wir unseren Teil beitragen, die Ziele für saubere Energie zu erreichen, den Elektroschrott zu reduzieren und die Energiewende zu beschleunigen», so Upadhyay. «Wir glauben, dass saubere Energie eine wichtige Lösung ist, um die Kohlenstoffemissionen in unserer Gesellschaft drastisch zu reduzieren.»

Der 34 ­ Jährige gründete SmartHelio im Jahr 2019. Es ist sein zweites Unternehmen. Das erste, LEDSafari, spezialisiert sich auf die Aufklärung von Kindern

Name Govinda Upadhyay

Funktion

Gründer & CEO von SmartHelio & LEDSafari

Projekt

SmartHelio verbessert Leistung und Langlebigkeit von Solaranlagen; LEDSafari bringt Kindern aus Schwellenländer Nachhaltigkeit bei.

aus Schwellenländern über Nachhaltigkeit und saubere Energie. Upadhyay: «Dabei habe ich festgestellt, dass Solaranlagen oft nicht so funktionieren, wie sie sollten, um den Energiebedarf zu decken.» So kam er auf die Idee, eine Lösung zu entwickeln, die hilft, Leistungsmängel und Ausfälle von Energieanlagen aus der Ferne zu erkennen und sie schnell zu beheben.

Der Klima­ und Energieforscher hat in Schweden, den Niederlanden und Indien studiert. Für seine Arbeit im Bereich der nachhaltigen Energie wurde Upadhyay 2016 in die «30 unter

30»­Liste von «Forbes» aufgenommen. «Klimabewusstsein ist der Kern meines Geschäfts und meines Lebensstils. Ich versuche, selber auf kleine Gewohnheiten zu achten, die grosse Auswirkungen haben können – Lebensmittel, Transport und so weiter. Ich habe auch kein Auto.» In Europa reist Upadhyay meist mit dem Zug. Er ist Vegetarier und kauft am liebsten Lebensmittel, die lokal produziert werden.

Mit Mut und Überzeugung

«Ich bin in Delhi aufgewachsen und habe gesehen, wie die Stadt forierte – aber gleichzeitig auch verschmutzt wurde. Ich sehe die Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben der Menschen», so Upadhyay. «Wir müssen unsere Kinder lehren, sich der Risiken bewusst zu sein, aber vor allem, dass sie die Macht haben, etwas zu unternehmen und den Status quo zu verändern. Wir müssen uns nicht mit einer ungerechten Situation abfnden und können für unsere Überzeugungen kämpfen, um den Menschen zu dienen. Ich möchte, dass mein Kind und andere Kinder in einer nachhaltigen Gesellschaft mit sauberer Luft leben. Und ich möchte, dass es überall saubere Energie gibt. Das ist die Aufgabe von SmartHelio.»

Trendsetter
«Klimabewusstsein ist der Kern meines Geschäfts- und meines Lebensstils.»
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Er springt von Klippen ins Meer, erklimmt Berge und fährt mit dem Fahrrad durch die Strassen von Genf. Maël Perret ist ein Mann voller Abenteuerlust und Leidenschaft. Doch er hat auch eine Mission: Nachhaltigkeit in die Immobilienwelt zu bringen.

Als Energieingenieur spezialisiert auf Internet of Things (IoT) und Smart Buildings, hat sich Perret auf die Datenverwaltung für die Energieeffzienz von Gebäuden konzentriert. Mit seiner 2018 gegründeten Firma E-nno hat er eine Technologie entwickelt,

Name Maël Perret

Funktion

Geschäftsführer & Gründer von E-nno Projekt E-nno macht Gebäude zu Smart Buildings – durch Energieeinsparungen von bis zu 35 Prozent.

die jedes Gebäude verstehen und detaillierte Daten über den Betrieb liefern kann. Innerhalb von zwölf Wochen kann seine Lösung Energiespar potenziale identifzieren und den Energieverbrauch des Gebäudes automatisch um bis zu 35 Prozent reduzieren, ohne das Wohlbefnden der Bewohner zu beeinträchtigen.

«Nachhaltigkeit ist für mich nicht nur ein Buzzword, sondern eine Verpfichtung, die ich jeden Tag lebe», sagt Perret. «Ich will dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu machen, und ich glaube, dass die Immobilienbranche eine wichtige Rolle dabei spielen kann.» Er ist überzeugt davon, dass Menschen künftig Technologien entwickeln werden, um ihre ökologischen Fussabdrücke zu verringern: «Es wäre gut, wenn Umweltthemen Teil der Maslow’schen Bedürfnispyramide werden, genau wie die Bedürfnisse nach Sicherheit.»

Perret führt sein Unternehmen nachhaltig, indem er lokale Betriebe für die Entwicklung und Umsetzung seiner Technologie einsetzt und auf die Verwendung von Energie- und Ressourcen achtet. Durch sein «Pay as you save»-Geschäftsmodell fnanzieren sich die Energieeinsparungen selbst, was Immobilienprofs ermöglicht, informierte Entscheidungen über zukünftige Energieinvestitionen zu treffen.

Für zukünftige Generationen Grossen Wert legt Perret auf die Schulung von jungen Menschen. Daher setzt er sich dafür ein, Umweltkrise und technologische Evolution in Schulprogrammen zu integrieren. «Ich möchte, dass sich die nächste Generation der Problematik bewusst ist und die Werkzeuge hat, um Veränderungen herbeiführen zu können.»

Das macht ihn zum Vorreiter in der Immobilienbranche. «Ich glaube», so der 35-Jährige, «dass jeder von uns eine Verantwortung hat, die Welt zu verbessern. Ich tue meinen Teil, indem ich Gebäude energieeffzienter mache. Ich bin gespannt auf die Abenteuer, die noch vor uns liegen.»

Der GebäudeDoktor Maël Perret
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Kann dieser Mann Atomkraft sicher machen?

TEXT Nicole Thurn FOTOS
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Florian Voggeneder

In Österreich wird am Prototyp des gefahrlosen Reaktors getüftelt –mit Flüssigsalz und Thorium aus Kärnten. Weit mehr als ein Hirngespinst, aber immer noch ein Hoffnungsspiel.

Atom-Unternehmer und Tierfreund: Florian Wagner (li.) lebt mit 21 Katzen und 3 Hunden in Graz und züchtet in seiner Freizeit Kröten. Hier im Bild: seine RagdollKatze «Dior».

Nur ein Esslöffel Thorium (ca. 10 g) soll genügen, um 250 Einfamilienhäuser ein Jahr lang mit Strom zu versorgen – ohne die Gefahr eines Super-GAUs.

Forschung

Atomkraft – allein das Wort löst bei den meisten automatisch Ablehnung aus. Man denkt unweigerlich an Hiroshima, Tschernobyl und Fukushima, den Kalten Krieg und Raketen, die rund um ukrainische Atommeiler einschlagen. Und an Bond­Filme, in denen Dr. No und Blofeld die Welt mit radioaktiven Waffen und nuklearem Krieg bedrohen. Und dann tritt dieses Duo auf den Plan!

Ein fndiger Unternehmer, der in einer weissen, futuristischen Villa am Hügel mit 21 Katzen und drei Hunden lebt und in seiner Freizeit Kröten züchtet. Und ein früherer Green­

peace­Aktivist und Nuklearphysiker. Gemeinsam wollen sie die Welt vor dem Klimawandel retten – und zwar mit «guter» Atomkraft. Der Unternehmer heisst Florian Wagner und ist 43. Der Physiker heisst Mario Müller und ist um zehn Jahre älter.

Zum Zeitpunkt ihres Kennenlernens hatte sich Florian Wagner gerade mit seinem neuen Start­up Emerald Horizon im Green Tech Cluster des Grazer Science Tower eingemietet. Wagner, ein stattlicher Mann mit energiegeladener Sprache, hatte mit Freunden während seines Medizinstudiums nach dem Platzen der Dotcom­Blase im Jahr 2002 die Investmentfrma QBasis Invest ge­

Bild unten: Seit 1962 gibt es nahe dem Wiener Prater einen Versuchsreaktor. Physiker Mario Müller (li.) und Florian Wagner nutzen ihn zur Forschung.

gründet und sie zu einem MillionenHandelsplatz ausgebaut. Er war auf der Suche nach Investments im alternativen Energiebereich. Nur: Ihm fehlte wissenschaftliches Know­how. Doch dann kam Müller. Der hatte sich schon als Jugendlicher an der HTL für Elektrotechnik begeistert. Als junger Mann studierte der heute 53 ­ Jährige Physik, engagierte sich für Greenpeace und forschte einige Jahre am CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung bei Genf. Dort kam er mit dem Nobelpreisträger Carlo Rubbia in Kontakt, der in den 1980ern ein utopisches Teilchenbeschleuniger­Konzept für Atomkraftwerke entwickelt hatte. Diese Idee sollte später für Emerald Horizon ein wichtiges Puzzleteil werden.

Dr. Yes und der ADES-Amplifier Florian Wagner hatte bereits zu Reaktoren der vierten Generation recherchiert und war bei Ansätzen zur Atommüllverwertung hängen geblieben. Nur: «Jeder Ansatz für sich hatte vielversprechende Teillösungen, war aber insgesamt nicht zufriedenstellend», sagt er. Also beschloss er mit Müller, die besten Teillösungen zu einem Gesamtkonzept zusammenzuführen. «Best of the past», so Müller, der somit als Head of R&D, also als Leiter für Forschung und Entwicklung, an Bord kam. 2019 wurde das Start­up gegründet, im April 2020 begann die Arbeit an einem digitalen Modell, 2021 startete das Unternehmen mit seinem Team die Grundlagenforschung im Labor.

Herausgekommen ist der «ADES Amplifer»: ein Verstärker, der als Kraftwerk auch selbst Energie produzieren kann. Mit einer Leistung von bis zu 25 Megawatt soll ein

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Anders als bei herkömmlichen AKW bleiben keine hoch radioaktiven Transurane wie Plutonium übrig, aus dem man Atombomben bauen kann.

Modul 5000 bis 10.000 Haushalte mit Strom und Wärme versorgen. Ein unterirdisches Thorium-Flüssigsalz-Kraftwerk, klein und modular, ohne Gefahr einer Kernschmelze, mit dem schwach radioaktiven Thorium als Energielieferant und mit einem bahnbrechenden kleinen Teilchenbeschleuniger, dessen Technologie in der medizinischen Forschung zur Krebsbekämpfung eingesetzt wird. Am renommierten Jožef-StefanInstitut im slowenischen Ljubljana werden Komponenten des Amplifer entwickelt und getestet.

Physiker Müller

zeigt ein MiniModell des ADESReaktors. Die grosse Version soll als Prototyp noch 2023 in den Probebetrieb gehen.

Kernspaltung via Knopfdruck

In der Realität soll der ADES-Amplifer recht unspektakulär aussehen: ein grauer kleiner Kasten für die Steuerung, daneben grosse Gehäuse für die Strom- und Wasserstofferzeugung. Die eigentliche Energiefreisetzung spielt sich im Verborgenen unter der Erde in einem verschlossenen und abgedichteten Container ab. Der grösste Unterschied von ADES im Vergleich zum herkömmlichen Atomkraftwerk liegt darin: «Kernreaktoren von klassischen AKW sind immer kritisch. Das bedeutet: Man muss die massive Energieentwicklung im Zaum halten und Aufwand betreiben, damit das Ding nicht überhitzt und wie eine Atombombe in die Luft fiegt», sagt Müller.

ADES selbst hingegen laufe «unterkritisch. Eine Kernschmelze –und damit ein GAU oder Super-GAU – ist unmöglich. Man kann ihn von aussen ein- und ausschalten, bei unwahrscheinlichen Störfällen schaltet er sich schneller als in einer Millionstelsekunde von selbst ab», sagt Wagner. Und: «Mit dem Teilchenbeschleuniger kann man punktgenau die Wärmeentwicklung steuern und muss vorab kein Uran oder Plutonium zuführen.» Genau genommen passe auf den ADES auch die Bezeichnung Reaktor nicht, «da wir ihn von aussen steuern – vielleicht sollten wir ihn ‹Modul zur kontrollierten Ernte von Kernenergie› nennen», denkt Wagner laut nach.

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Konkret funktioniert es im Container-Inneren so: Der Teilchenbeschleuniger wird über die Steuerung von aussen aktiviert und schiesst gezielt einen Teilchenstrahl in einen mit Thorium und Flüssigsalz gefüllten Ring. Aus dem schwach radioaktiven Thorium wird Uran-233 transmutiert und so ein Zwischenzustand angeregt, der es erlaubt, enorme Mengen von Energie und Wärme freizusetzen. Energie und Hitze bis zu 900 Grad entstehen. Anders als bei herkömmlichen AKW bleiben keine hoch radioaktiven Transurane wie Plutonium übrig, aus dem man Atombomben bauen kann. «Es bleiben geringe Mengen von radioaktiven Reststoffen wie seltenen Erden oder Silber übrig», sagt Müller.

Ganz neu ist die Idee nicht. Thorium-Flüssigsalzreaktoren wurden bereits in den 1960ern entwickelt und scheiterten – die Korrosionsgefahr der Behälter durch das aggressive Flüssigsalz war zu hoch. Daher wird das Flüssigsalz im ADES über eine Zirkulationspumpe ständig in einem Ring in Bewegung gehalten, damit es sich nicht absetzt. Der Ring besteht aus korrosionsbeständigem Keramik-Siliziumkarbid und ist von einem Schutzmantel umgeben. Sollte das Flüssigsalz doch austreten, fiesst es in eine Wanne und erstarrt sofort an der Luft. «Das fnale ADES-Modul wird nicht serviceanfällig sein», sagt Müller. Eine sogenannte Safety Security Environment Software soll die sichere Steuerung gewährleisten.

Wie funktioniert das?

Das Team von Emerald Horizon will einen Flüssigsalzreaktor «made in Austria» bauen, das sogenannte ADES-Modul.

Nach dem Einschalten wird der Teilchenbeschleuniger 1 aktiviert: Er beschiesst den mit Thorium und flüssigem Salz gefüllten Ring («Loop» 2 ) mit Protonen und erzeugt hochenergetische Neutronen. Eine Zirkulationseinheit 3 hält das Flüssigsalz im Ring in Bewegung. Das Thorium transmutiert und zerfällt, wodurch

Energie freigesetzt wird. Die gewonnene Hitze wird über Wärmetauscher 4 zu zwei aussenliegenden Containern transportiert ( 5 u. 6 ), dort erzeugen eine Dampfturbine und ein Generator Strom oder Wasserstoff. Ein Teil des Stroms kann wieder zurückgeleitet werden: Dadurch wird aus dem Verstärker ein Kraftwerk. ADES kann via On/O≠Funktion ein- und ausgeschaltet werden und schaltet sich im Störfall automatisch ab.

SSchluss mit verstörend – und verstrahlend? Nikolaus Müllner, der an der Universität für Bodenkultur in Wien am Institut für Risiko- und Sicherheitswissenschaften forscht, ist skeptisch. Der Forscher hat etwa Sicherheitsanalysen für das argentinische Atomkraftwerk Atucha und Forschungsberichte zur Entsorgung von Atommüll erstellt. Start-ups wie Emerald Horizon und Ideen für die nächste Generation der Atomkraft würden derzeit auch international wie Pilze aus dem Boden schiessen (siehe Seite 87). «Keiner weiss, wie eine neue Technologie tatsächlich in der Praxis reagiert. In der Theorie

Was kann Thorium?

Das grauweisse Metall wurde 1828 in Norwegen entdeckt und ist nur gering radioaktiv. Benannt ist es nach dem nordischen Gott des Donners, Thor.

Laut IAEA-Schätzungen gibt es weltweit sechs bis elf Millionen Tonnen Thorium. Das Vorkommen in Kärnten soll 25.000 bis 100.000 Tonnen umfassen

– und wäre somit das grösste Mitteleuropas. Mit 2,6 Kilo Thorium in einem ADESReaktor könnten 10.000 Haushalte ein Jahr lang mit Energie versorgt werden. Rechnerisch liessen sich mit bestehenden Vorkommen also sämtliche Haushalte der EU hunderte Jahre lang versorgen.

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Unternehmer Florian Wagner plant die AtomRevolution made in Austria.

Mario Müller ist Forschungsleiter bei Emerald Horizon. Für den geplanten ADESReaktor baut er in Graz am Reaktorring und forscht am Versuchsreaktor der TU Wien an den Salzlösungen.

und im Labor kann alles funktionieren, aber im dauerhaften Betrieb kann es trotzdem zu unvorhergesehenen Störungen kommen», gibt Müllner zu bedenken.

Florian Wagner lässt sich von solchen Warnungen in seinem Enthusiasmus nicht bremsen. «Wir bauen keine Grossanlage mit ungewissem Ausgang, sondern eine Maschine – diese lässt sich exakt testen, unkompliziert adaptieren und zur Serienreife führen», sagt er. Für maximale Sicherheit und Kontrolle verbleiben die Module im Besitz von Emerald Horizon, über Contracting sollen die Kunden lediglich die Energiebezugskosten von 12 Cent pro Kilowattstunde bezahlen: «Wie wir es schon jetzt mit unseren PhotovoltaikAnlagen machen», sagt Wagner.

Die steirischen Atomic Twins sind sogar so optimistisch, dass sie den ursprünglich für das Jahr 2039 angepeilten Start der ADES-Serienproduktion um gut sieben Jahre früher schaffen: «Wir bauen demnächst den Demonstrator, denn dank des digitalen Zwillings und der bisherigen Tests wissen wir bereits recht genau, was funktioniert und was nicht», sagt Wagner. 250 Millionen Euro werden der Bau des Demonstrators und das Zulassungsverfahren kosten. Die Hälfte davon soll von Partnern kommen, die gleichzeitig auch künftige Abnehmer sind: «Stromproduzenten, Industriekonzerne, Krankenhäuser, Schiffsbau – sogar eine Insel hat Interesse und möchte mit ADES energieautark werden», sagt Wagner.

Dass der Zeitplan von Emerald Horizon mit Produktionsstart 2029 hält, glaubt Forscher Nikolaus Müllner nicht: «Weil der Ansatz noch so neu

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ist, was Materialien und Umsetzung betrifft. Auch wenn alle Sicherheitsund Materialtests gut gehen, dauern sicherheitsbedingte Genehmigungen aufgrund der komplexen Gesetzeslage Jahrzehnte. Meist sind das Startups mit branchenfernen Gründern, die die extreme Langwierigkeit bei solchen Vorhaben unterschätzen.»

Auch hier will sich Florian Wagner nicht beirren lassen – gerade die Branchenferne könne auch für innovativere Lösungen sorgen. Mit diversen Kooperationspartnern und der Einbindung der Wirtschaft soll ADES rasch in Serie produziert werden. Für Forschung und Entwicklung hat

«Wir bauen keine Grossanlage mit ungewissem Ausgang, sondern eine Maschine. Diese lässt sich exakt testen und zur Serienreife führen.»
MARIO MÜLLER
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Comeback der Atomkraft in Europa

Viele europäische Länder investieren wieder in verbesserte nukleare Technologien. Andere halten an ihren alten Reaktoren fest. Eine Übersicht.

Österreich steht als überzeugter Atomkraft-Gegner in Europa mittlerweile recht allein da:

1 In Finnland wurde im Frühjahr 2022 nach einer zwölfjährigen Verspätung das Atomkraftwerk Olkiluoto 3 eröffnet – das erste in Europa seit 15 Jahren.

2 Die Slowakei baut derzeit den dritten und vierten Block des AKWs Mochovce aus.

3 Seit Oktober 2022 fährt Frankreich abgeschaltete AKW wieder hoch und plant den Bau kleiner modularer Atomkraftwerke (sogenannter SMRs) ab 2030.

4 Das ungarische AKW Paks erhält wie sein britisches Pendant 5 Hinkley Point nationale Fördermillionen – die EU hat dazu kürzlich eine Klage der Republik

Österreich abgeschmettert. Andere setzen auf Kraftwerke der vierten Generation:

6 Tschechien plant derzeit Europas kleinstes Atomkraftwerk im Atompark Temelín: Es soll in der ersten Hälfte der 2030er-Jahre gebaut werden.

7 Polen plant, 2033 in die Nutzung der Atomenergie einzusteigen. Bis 2043 sollen insgesamt 6 Blöcke mit einer Gesamtkapazität von 6 bis 9 GW entstehen.

Ausserhalb Europas baut China derzeit in Wuhei an einem kleinen Thorium-Flüssigsalzreaktor. Auch Bill Gates will mit seiner Firma TerraPower bis 2050 hunderte kleine Atomkraftwerke mit Natrium-Kühlung produzieren. Der erste Reaktor entsteht derzeit um 180 Millionen Euro in Wyoming und soll 2028 in Betrieb genommen werden.

man bereits einige Partner wie die Bernard Gruppe und die TU Graz an Bord. Mit einem eigens aufgelegten Green Bond will Wagner «die Wallstreet-Milliarden in die österreichische Industrie bringen.»

Die Milliarden kommen also aus Manhattan, aber wohin geht der Müll? Auch ADES produziert radioaktiven Atommüll, allerdings müsse der «nur» 300 Jahre gelagert werden, schon nach 50 Jahren soll das Material an Gefährlichkeit stark eingebüsst haben. Bei Plutonium sind es dagegen 240.000 Jahre, bei anderen Transuranen gar Millionen Jahre. Thorium weist laut Florian Wagner sogar eine hohe Energieverfügbarkeit bei wenig Abfall auf: «Man kann 80 Prozent von Thorium zur Energiegewinnung nutzen – bei Uran sind es nur drei Prozent.» Wie passend, dass im November des Vorjahres in Kärnten das angeblich grösste Thorium-Vorkommen Mitteleuropas entdeckt wurde: Zwischen 25.000 und 100.000 Tonnen sollen es laut Schätzungen der Internationalen Atombehörde sein. Die ADES-Module sollen in einem nächsten Schritt sogar den Atommüll herkömmlicher AKW entschärfen, so Wagners Vision. Vorerst sollen sie aber zur Energieproduktion und Verstärkung von Wind- und Wasserkraftanlagen eingesetzt werden.

DDas wichtigste Anliegen von Emerald Horizon ist aber: die alte Atomkraft mit der neuen Kernenergietechnik zu ersetzen und den Ausstieg aus veralteten Atomkraftwerken gerade rund um Österreich zu forcieren. Kann die «Operation Austrotom» die Atomkraft also sicher machen? «Österreich war immer gegen AKW, ist ein neutrales, atomkraftfreies Land und Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Und jetzt sitzen wir auch noch auf einem unglaublichen Thorium-Schatz», sagen Wagner und Müller. «Welches Land wäre da als Ausgangslage für eine Gamechanging Technology besser geeignet?»

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7. MAI 2023 - ZUG

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Auch Reden macht die City schön

Öffis ohne Abgase, Städte ohne Emissionen: Der Wiener Gerald Babel-Sutter hat Urban Future, eine Konferenz für nachhaltige Metropolen, gegründet. Und die boomt.

the red bulletin innovator: Die Urban Future ist die wichtigste Konferenz für nachhaltige Stadtentwicklung in Europa. Was macht euch so besonders?

Gerald b abel­Sutter: Unser Fokus. Jedes Jahr ist eine andere innovative Stadt Gastgeberin der internationalen Veranstaltung. Expertinnen und Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bündeln ihr Know-how und ihre Leidenschaft, damit in unseren Städten endlich Veränderung passiert. Heuer fndet die Konferenz in Stuttgart statt und damit in einer superspannenden Region, die selbst vor grossen strukturellen Veränderungen steht.

Wie kommt man darauf, eine solche Konferenz zu gründen?

Eigentlich war das so etwas wie ein «Unfall». Begonnen hat alles 2014 mit einem

Workshop zum Thema Mobilität in Graz, bei dem sich Expertinnen und Experten über ihre Projekte und Herausforderungen austauschen sollten. Plötzlich hatten wir 1.000 Gäste aus mehr als 30 Nationen zu Gast, was uns total überrascht hat. Wir hatten wohl einen Nerv getroffen. Üblicherweise geht es bei Konferenzen um das Was. Aber uns geht es um das Wie: Wie machen wir aus einer Idee, einer Vision eine Realität? Welche Stolpersteine gibt es? Wie überwinden wir sie? Das sind die Themen, um die es auf der Urban Future geht.

Gibt es etwas, was Städte in den letzten zehn Jahren begonnen haben, sie deutlich besser zu machen?

Ja, erfreulicherweise hat sich einiges getan. Viele der weltweit grössten Städte haben sich zusammengetan und gemeinsame Abgasregulative für die Einfahrt

Der gebürtige Wiener, 49, ist Mitgründer und CEO von Urban Future, einer jährlichen Konferenz, die Entscheidungsträger von Städten weltweit mit Changemakern verbindet. Frühere Stationen: Head of Conferences cb brand, Head of Business Development & Marketing CMS, Marketing Manager Steiner Optics.

Events
Gerald Babel-Sutter
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Gerald Babel-Sutter ist Mitgründer der Urban Future Global Conference.

Teilnehmer bei der Urban Future Global Conference 2019 in Oslo

in ihre Städte erstellt. Ein anderes Beispiel sind die «C40 Cities», eine Koalition von Städten, die bekannt gegeben haben, ab 2025 nur noch emissionsfreie Busse für den öffentlichen Nahverkehr zu kaufen. Dieses neue Selbstverständnis führt auch zu mehr Handlungsspielraum.

Was können Städte tun, um rasch nachhaltiger zu werden?

Städte stehen vor riesigen Transformationsprozessen in nahezu allen Bereichen. Bei der Mobilität geht es um mehr Öffs, Fahrrad, Sharing. Bei Gebäuden haben nachhaltiges Bauen und die energetische Sanierung Priorität. Und bei der Energie gilt sparen, sparen, sparen, lokale erneuerbare Energien ausbauen und aus Kohle, Öl und Gas aussteigen.

Was sind städtische Erfolgsbeispiele?

Wichtig sind eine gemeinsame Zielsetzung, Innovation und Kreativität sowie das Forcieren von Zusammenarbeit. Erfolgreiche Projekte sind beispielsweise das Konzept der Schwammstadt Rotterdam. Dabei geht es darum, anfallendes Regenwasser in Städten lokal aufzunehmen und zu speichern, anstatt es lediglich zu kanalisieren und abzuleiten. Die autofreie Innenstadt von Oslo, die Grazer Überlaufkanäle für StarkregenEreignisse oder auch Tokio mit seiner gigantischen Infrastrukturmassnahme zur Prävention von Überschwemmungen sind weitere Best­Practice­Beispiele.

Gibt es globale Unterschiede in der Herangehensweise von Städten?

Defnitiv! Während europäische Städte exzellent im Optimieren und der strategischen Planung sind, beeindrucken afrikanische und lateinamerikanische Städte durch ihre Kreativität und ihre pragmatische Herangehensweise.

Neben Talks bietet die Urban Future auch Workshops, interaktive Touren und vieles mehr.

Wie ist die Lage in Österreich, Deutschland und der Schweiz?

Der öffentliche Verkehr im deutschsprachigen Raum zählt zu den besten der Welt. Dies ist ein riesiges Asset. Doch die starren Strukturen, die verkrustete Verwaltung und die langen Entscheidungsprozesse führen dazu, dass wir bei der Transformation von Städten kaum vom Fleck kommen. In vielen Fällen gilt immer noch «Bewahren statt verändern».

Was ist entscheidend, um einen Wandel herbeizuführen?

Letztlich liegt der grösste Hebel für mehr Nachhaltigkeit meist bei den handelnden Akteurinnen und Akteuren. Wenn die «richtigen» Führungskräfte und leidenschaftliche Teams am Werk sind, ist es egal, wo auf der Welt sie ihre Städte verändern – sie werden einen Weg fnden.

Urban Future

Global Conference

21. bis 23. Juni 2023

Stuttgart

Alle Infos: urban-future.org

Was wünschen Sie sich für die nachhaltige Stadtentwicklung in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren? Ein neues Denken der Führungskräfte, besser gesagt: der neuen Führungskräfte, mehr junge Menschen in Entscheidungspositionen und mehr Diversität in den städtischen Führungsteams – vor allem mehr Frauen. Ziel ist, dass Nachhaltigkeit keine Abteilung mehr ist, sondern eine Grundhaltung für uns alle wird.

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INNOVATOR 91 GEIR ANDERS RYBAKKEN Ø
RSLIEN BENJAMIN WOLF

Biohacking - Gadget

«Drück deinen Arm, steigere die Kraft»

Biohacker Andreas Breitfeld zeigt uns Gadgets, die unser Leben verbessern. Dieses Mal: wie dir eine smarte Manschette zu sichtbar mehr Muskeln verhilft.

Wachstumshormone sind ein Schlüssel zu Muskelwachstum, schnellerer Regeneration und glatterer Haut. Deshalb ist es sinnvoll, beim Training die Ausschüttung dieser Hormone zu stimulieren. Das kann man mit schweren Gewichten tun, die Gelenke, Bänder und Sehnen belasten; oder man kann den Effekt auch durch dosiertes Reduzieren der Durchblutung bei niedrigerem Trainingsgewicht (–75 %) und hoher Wiederholungszahl (20 – 40) erzielen.

Warum? Die stärkere Durchblutung nach dem Krafttraining führt neben der optischen Aufwertung durch den «Pump»

zu verstärkter Hormonproduktion als Belohnung für die Mühe im Gym. Eine Reihe von Studien besagt mittlerweile, dass das beste Ergebnis erreicht wird, wenn die akute Blutversorgung durch Bänder oder Manschetten kurzfristig verringert wird. Wichtig ist, dass wir hier stets von Durchfussreduzierung sprechen, nicht von Abschnüren. Dementsprechend empfehle ich ausschliesslich spezifsche Lösungen wie B Strong, nicht etwa den Einsatz von Gummibändern –die können nämlich zu Nervenschäden oder Schlimmerem führen.

B­Strong­Spezialmanschetten gibt es für Oberarm und Oberschenkel in verschiedenen Grössen inklusive einer App, die den Druck berechnet, mit der sie (ähnlich einer Blutdruckmanschette) den Blutdurchfuss reduzieren. 489 Euro; win.gs/B-Strong

Herzstück des Trainingstools B Strong: die Manschette für den Oberarm zur «Blood Flow Restriction»

Andreas Breitfeld

nimmt als Biohacker seine Gesundheit selbst in die Hand und in seinem Labor Gadgets auf den Prüfstand. Für uns bewertet er diese Gadgets – hier und in seiner Video-Serie. Code scannen und ansehen:

Gadget-O-Meter für jedermann für Freaks 10 10 0 0 Wissenschaft Esoterik Schnäppchen Luxus 10 0 92 INNOVATOR KLAUS PICHLER,
NORMAN KONRAD

1.

Aus welchem Buch hast du am meisten gelernt?

Aus «Krieg und Frieden» von Leo Tolstoi – das ist einfach zeitlos. Man versteht dadurch das Leben und die Tiefe menschlicher Beziehungen. Je diverser die Charaktere und Beziehungen der Protagonisten, desto tiefer kann man auch sich selbst analysieren und verstehen. Durch dieses Buch kann man über das eigene Leben reflektieren.

2.

Welchen Newsletter liest du bis zum Ende?

«Cee Cee Berlin» –diesen Newsletter über das kulturelle Leben in der deutschen Hauptstadt liebe ich einfach, ich bin schon seit 2015 Leserin – und, na klar, den «WAA Podcast Newsletter».

3.

Welchen InstagramAccount likst du am häufigsten?

Definitiv «This Place» – eine Clean Cosmetics Brand, die von einer meiner Podcast-Gäste, Laura Simonow, gelauncht wurde. Ich liebe sowohl die Ästhetik als auch die Qualität der Produkte und auch das echte Gefühl von Community.

Tipps, Tricks und Frauenpower

4.

Bei welchem Podcast verpasst du keine Folge?

Schwierige Frage, da mir kaum Zeit bleibt, neben meinem eigenen Podcast selbst noch weitere zu hören. Aber wenn ich es schaffe, dann «Fast & Curious» von Verena Pausder und Lea-Sophie Cramer – ein sehr dynamisches Duo, das mit frischen, persönlichen Insights aus der Business- und Karrierewelt punktet und mich inspiriert.

5.

Welche App hast du zuletzt für dich entdeckt?

Kürzlich hatte ich die Chance, Artikel zu den Themen Passion Economy und Sidepreneurship für die App «Informed» zu kuratieren – das fand ich sehr spannend.

6.

Welche «Guilty Pleasure» erlaubst du dir?

Die Suche nach Secondhand- oder Vintagemöbeln auf «Cocoli». Das wird bei mir immer gleich eine kleine Schatzsuche.

Daria Suvorova

ist die Gründerin und Gastgeberin des Women Authors of Achievement (WAA) Podcasts, in dem sie die Geschichten erfolgreicher Frauen aus allen Bereichen des Lebens erzählt. Zudem arbeitet sie als Launch Managerin für das europäische Fintech Klarna und lehrt als Gastdozentin an der Popakademie Baden-Württemberg. Thema: Power of Podcasting. Den Women Authors of Achievement Podcast gibt es auf allen gängigen Podcast-Plattformen zu hören.

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Welche Apps und Texte die Gründerin von Women Authors of Achievement, Daria Suvorova, inspirieren.
My favourites
DONYA JOSHANI, COCOLI, OMR

Save the Date 19.

bis 29. Oktober 2023

Vom Hollywood-Flair bis zu barem Geld für deine Ideen –diese Termine in der Schweiz, Österreich und Deutschland solltest du nicht versäumen.

bis 17. Mai 2023

4Gamechangers ist Infotainment at its best – um den Anglizismen des Festivals treu zu bleiben. Denn jeder der drei Tage, an denen man in der Wiener Marx Halle zusammenkommt, steht unter einem anderen Motto: 4Pioneers, 4Future, 4Gamechangers. Tipps für Start-ups und Investoren, die Zukunft des Gesundheitswesens, Gespräche über Qualitätsjournalismus, Korruption und Female Empowerment – all das wird hier behandelt. Über Puls24 und den ORF (Livestream) wird das Programm übertragen und zusätzlich über die App ZAPPN gestreamt.

4Gamechangers

4gamechangers.io

April 2023

Martina Panchyrz (Foto oben) ist vieles: Journalistin, Gründerin des Medienunternehmens M.STORIES, Wahl-Münchnerin, Bücherwurm – und jetzt auch Veranstalterin. Mit dem Female Business Festival lädt sie unter dem Motto «Courage» erstmals 1500 Teilnehmerinnen nach München ein, um ihnen dabei zu helfen, ihre Ziele zu erreichen. Von einer Pitch-Bühne und LivePodcasts bis hin zu Yoga-Sessions und Wine-Tastings wird allerhand geboten. Die eigenen Träume zu verwirklichen war noch nie so unterhaltsam!

Female Business Festival martinastories.com

Mit dem Motto «Artificial Worlds» kehrt im Herbst das internationale Festival der digitalen Kultur zurück. Das DA Z – Digital Art Zurich bringt die weltweit herausragendsten digitalen Künstler an einem Ort zusammen. Diese und ihre Werke kann man zehn Tage lang bei Ausstellungen, Installationen, virtuellen Erfahrungen, Konzerten und Talks in der Zürcher Innenstadt erleben. Digitale Kunst also nicht mehr bloß auf dem Smartphone, sondern auch erlebbar in den Straßen. DA Z – Digital Art Zurich da-z.net

November 2023

Seit 15 Jahren findet in Zürich jährlich das Swiss Innovation Forum statt. Die wichtigste Schweizer Konferenz im Bereich Innovation hat es sich zum Ziel gesetzt, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenzubringen. Dieses Jahr gibt es dafür ein Experience Zone, Best-Case-Beispiele sowie inspirierende Keynotes. Ausserdem wird der Swiss Technology Award (STA), überreicht. Das Event steigt in der zweiten Jahreshälfte, Early-Bird-Tickets sind aber bereits jetzt verfügbar. Swiss Innovation Forum swiss-innovation.com

21. 15. 30.
Eventtipps
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LISA
HANTKE, SANDRA BLASER, NICLAS RUEHL, MARCELLA RUIZ CRUZ

8. Mai 2023

Du bist jung, innovativ, hast grossartige Ideen und suchst noch nach dem richtigen Partner, um diese Realität werden zu lassen? Dann solltest du dir das Jahresprogramm des Social Impact Award (SIA) mal genauer anschauen – und den 8. Mai rot im Kalender markieren. Im Frühjahr wird es nämlich in ganz Österreich immer wieder Event- und Workshop-Formate geben, die dir bei der Entwicklung helfen können. Und bis Anfang Mai kannst du dein soziales Projekt oder Konzept einreichen, um ein Ticket für die SIA-Inkubation im Wert von über 20.000 Euro und Zugang zu deren Pool an Mentoren und Experten zu erhalten.

Social Impact Award socialimpactaward.net

13.

und

14. Juni 2023

Das Customer Experience Forum in Biel/Bienne geht dieses Jahr in die dritte Runde. Organisiert von SUCCUS unter dem Motto «Impact matters!», dreht sich alles um die unternehmensweite CX-Strategie. Von Produktdesign über Business Development und Vertrieb ist alles dabei, was für die Customer Experience wichtig ist – und Networking wird grossgeschrieben.

Neben Keynotes gibt es auch Workshops und Podiumsdiskussionen. Early-BirdTickets sind bereits verfügbar. Customer Experience Forum succus.at

9.

und 10. Mai 2023

Das OMR Festival Hamburg ist das grösste deutschsprachige Event seiner Art für digitale Content-Macher. Dieses Jahr schon als Speaker angekündigt: Webvideoproducerin und Influencerin Pamela Reif, Designer Ronnie Fieg (u. a. Gründer der Modemarke Kith) sowie Techund Media-Investor Scooter Braun. In der Hansestadt dreht sich alles um Information, Inspiration und Networking rund ums digitale Business sowie jede Menge Einblicke in die Welt der Grossen. Dranbleiben lohnt sich also. Dabei sein erst recht.

OMR Festival omr.com

April und 25. Mai 2023

Wie sieht der Arbeitsplatz von morgen aus? Wie wichtig wird Mental Health? Und wie führt man künftig ein Team zum Erfolg? Das sind nur drei von vielen Fragen, die beim Female Future Festival (u. a. am Bodensee und in München) beant wortet werden. Und zwar von erfolgreichen Speakerinnen und Unternehmerinnen, die es wissen müssen. Der Fokus lautet in diesem Jahr nämlich «Level-up: Neue Arbeitswelten». Female Future Festival female-future.com

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Beim OMR Festival kommt die Crème de la Crème der Podcast-Welt in Hamburg zusammen.

So lehrst du deine Angst das Fürchten

Top-Speaker und Start-upGründer Ali Mahlodji erklärt, wie er seine Ängste zerlegt. Bis sie zu klein zum Fürchten sind. Und zu klein, um der Freiheit im Weg zu stehen.

Es heisst, dass sich hinter unserer Angst die Freiheit versteckt. Wenn ich heute mit – nach aussen hin – erfolgreichen Menschen zu tun habe, erlebe ich immer wieder, dass auch diese ihre innere Freiheit gegen Angst getauscht haben. Letztens erzählte mir der Strategiechef einer grossen europäischen Bank, dass er seinen Job nicht mag. Ja, er hasse ihn regelrecht, und als ich ihm lapidar sagte: «Dann kündige doch und nimm eine Auszeit», schnauzte er nur zurück: «Wie stellst du dir das vor? Das geht nicht. Was soll ich danach machen, und was, wenn mich keiner mehr will?»

Er sagte mir, dass er beim Gedanken an eine joblose Zeit wahre Existenzängste verspüre und lieber zuwarte, bis die Lage am Arbeitsplatz wieder besser wird.

Er macht den Job mittlerweile seit mehr als drei Jahren und hatte schon nach sechs Monaten verstanden, dass er nur noch wegwill. Er ist 39 Jahre alt, körperlich topft, tolle Ausbildung, wunderbarer Lebenslauf, keine Kinder, nicht verheiratet, keine Schulden – und einen fnanziellen Polster, bei dem er auch ohne Job bei gleichbleibendem Lebensstil locker eineinhalb Jahre auskommen würde.

Ali Mahlodji ist ein Meister des Wandels: vom Schulabbrecher zum Start-up-Gründer und Unternehmensberater, vom Flüchtlingskind zu einem der Top-Speaker im deutschsprachigen Raum. Der 41-Jährige ist EU-Jugendbotschafter, Podcaster, Autor – und nun auch Kolumnist. Seine Beiträge online: redbull.com/innovator

Sein Lebensstil beinhaltet Urlaube auf Hawaii, mondäne Cocktailpartys und eine 150 ­ Quadratmeter­Dachgeschosswohnung im Zentrum Wiens. Er hat alles, was sich Menschen ohne Geld wünschen – und trotzdem ist er unfreier als viele weniger begüterte Menschen, die ich kenne. Ich kann sogar sagen, dass meine Eltern, die nicht viel besassen und alle unsere Klamotten von der Caritas holten, mehr Freiheit empfanden als er.

Er war in die Besitzfalle getappt und hatte sich ein Gefängnis des Wohlstandes erschaffen. Seine Besitztümer hatten von ihm Besitz ergriffen, und er hatte begonnen, seine Lebenssicherheit mit seinem Lebensstandard zu verwechseln.

Panik

oder Nervenkitzel

Auch wenn seine Angst in den Augen von tatsächlich armutsgefährdeten Menschen lächerlich erscheinen mag, so hatte er alle Anzeichen, welche die Angst so mit sich bringt: Panik, schweissnasse Hände und die Tendenz, das Thema zu wechseln. Angst ist immer individuell, und was des einen Angst ist, ist für den anderen vielleicht ein willkommener Nervenkitzel. Dabei ist es wichtig, die Angst eines jeden Menschen zu respektieren, auch wenn wir sie nicht verstehen.

Manche haben Angst vor Hunden, andere davor, vor anderen zu sprechen, und andere wiederum haben Angst vor dem Fliegen. Und gleichzeitig gibt es Hundeliebhaber, Keynote Speaker und Flugjunkies, die kein Billigfug­Angebot auslassen.

Ich erinnere mich noch, als ich nach einem Transatlantikfug voller Turbulenzen panische Flugangst bekommen habe. Über zehn Jahre hinweg waren Flüge eine einzige Achterbahn für mich, egal ob der Flug für andere entspannend war oder nicht. Ich nahm Medikamente, benutzte Sprays, und Atemübungen waren Teil jeder Startsequenz. Doch das alles half nichts, eher im Gegenteil, es wurde gefühlt immer schlimmer.

Während ich diese Zeilen tippe, sitze ich im Flieger zurück aus Frankreich. Alles wackelt, und das für die Landung in Wien prognostizierte Wetter ist alles andere als gut. Der Kapitän hat gerade durchgesagt, dass wir in dieser Höhe

Kolumne 96 INNOVATOR MATO JOHANNIK

derzeit mit aussergewöhnlich starkem

Seitenwind konfrontiert sind und für die nächsten 25 Minuten weitere Turbulenzen erwartet werden.

Während ich das höre und tippe, bin ich entspannt. Sehr sogar. Ich habe gerade mein Abendessen in einigen tausend Metern Höhe gegessen und trinke nebenbei meinen Kaffee. Im selben Flieger sitzen mit hoher Wahrscheinlichkeit derzeit aber auch Menschen, die sich fragen: «Wie kann der Typ da vorn gerade so entspannt sein, obwohl alles wackelt?»

Die Macht des Wissens

Was ist in den letzten zehn Jahren mit mir passiert? Welche Wunderpille ist es, die mich vom Flugangsthasen zum lässig gelangweilten Fluggast mutieren liess –und das innerhalb nur eines Tages?

Die Lösung ist ganz simpel und unfassbar schwierig zugleich: Ich habe mich der Angst gestellt und mich damit konfrontiert, wovor ich am meisten Angst hatte – also jenen Szenarien, in denen wir in schlimme Turbulenzen kommen und die Sache vielleicht tödlich endet.

Ich fand meine Erlösung bei einer WG-Party, als ich zufällig neben einem Mann sass, der sich als Privatpilot einer Formel-1-Grösse herausstellte. Nach einigen Drinks erzählte ich ihm von meiner Flugangst, und er sagte nur. «Das ist wie Busfahren, wobei Busfahren im Strassenverkehr gefährlicher ist.» Er sah meinen verdutzten Gesichtsausdruck und nahm sich den ganzen Abend und die gesamte Nacht Zeit und ging auf jede Nuance meiner Flugangst ein – und erklärte mir mit der grössten Ruhe, wie ein Flugzeug so funktioniert. Er beantwortet mir jede Frage und hatte für alle Befürchtungen eine klare Antwort, die meine Angst durch Wissen ersetzte.

Eine Woche später sass ich wieder im Flieger, diesmal sogar gerne am Fenster, und ich hatte Respekt, aber keine Angst. Und das ist seitdem so geblieben. Indem ich meine Angst ansprach und mir helfen liess, kam die Freude am Fliegen zurück, und die Angst wanderte dorthin, wo sie hingehört: in die Schublade der vermeintlichen Unsicherheit, die sich nur dann öffnet, wenn wir uns nicht unseren Ängsten stellen.

Herausgeber Andreas Kornhofer

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Der Weisheit letzter Schluss

Unsere Illustratorin La Razzia – und ihr Blick auf die Welt von morgen

La Razzia

Doris Schamp ist Designerin und Cartoonistin. Sie gewann 2013 den Internationalen Cartoonpreis von Aachen. Schamp, 39, liebt die Abgründe des Humors – und Los Angeles, wo sie einst Cartoonfiguren entwickelte. Wenn sie nicht gerade auf dem Windsurfbrett steht, lebt und zeichnet sie im Salzburger Pinzgau, dem Burgenland und in Wien. Ein Toast auf Doris!

Comic 98 INNOVATOR LA RAZZIA/DORIS SCHAMP
BEYOND THE ORDINARY theredbulletin.com RICARDO NASCIMENTO / RED BULL CONTENT POOL

Der vollelektrische Volvo EX90.

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B A B C D E F G Volvo EX90, Twin Performance AWD Electric, dual motor 517 PS/380 kW. Stromverbrauch gesamt: 21,1 kWh/100 km, CO 2-Emissionen: 0 g/km. Energieeffizienz-Kategorie: B.

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