The Red Bulletin CD 01/22

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Deutschrap

badmómzjay mischt mit 19 Deutschlands Rap-Szene auf, trägt gern Goth-Outfit und steht offen zu ihrer Bisexualität. Wie sie als junge Frau Hass im Netz kontert? Erzählt sie hier. Interview JANINA LEBISZCZAK  Foto JESKO GORGAS

Es war doch alles nur ein Spass! 2018 schrieb badmómzjay, die ­Jordan Napieray heisst, auf dem Handy ihren ersten Rap-Text und lud ihn zu einem Beat von Nicki Minaj auf Instagram hoch. Aus dem Spass wurde Ernst und der Song ein Hit. Rapstars gratulierten, Plattenlabels meldeten sich. Da war sie gerade einmal 15 Jahre alt. Ihre erste EP landete 2020 auf Platz 12 der Charts. Bei den Hiphop.de Awards wurde die bei Berlin lebende Rapperin als «Beste New­comerin national» aus­ gezeichnet, auf Spotify folgen ihr über zwei Millionen Menschen, und die Zeitschrift «Bunte» verlieh ihr ein paar Tage vor unserem Gespräch den New Faces Award. Die Laune beim ­Interview ist entsprechend prächtig. THE RED BULLETIN: Erzähl mal, wie fühlt sich die Wolke an, auf der du gerade schwebst? badmómzjay: Man hat gar nicht die Zeit, um zu reflektieren. Natür­ lich bin ich sehr glücklich und stolz. Trotzdem würde ich mir einen Moment wünschen, um das Ganze einmal zu begreifen. Wie ist es, Rapstar zu sein? Ich kann tun, was ich liebe, ich bin umgeben von talentierten Leuten, die ähnlich ticken wie ich. Und ich würde lügen, wenn ich sage, dass mich das Geld nicht interessiert. Es macht mich unabhängig. Ich kann meine Familie unterstützen und muss nicht mehr mit Sorgen einschlafen wie

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früher. Was ich nicht mag, ist, dass mich manche nicht mehr mit Re­ spekt behandeln, nur weil ich in der Öffent­lichkeit stehe. Man kann nichts machen, ohne dass es b ­ eurteilt wird. Ich bin noch ein Kind – für mich ist das manchmal anstrengend. In einer männerdominierten ­Branche: Gibt es da einen weib­ lichen Zugang zum Rap? Ja, das Positive. Leute zu animieren, dass sie machen können, was sie wollen – egal wie sie aussehen, egal wen sie lieben. Dieses Empowern kommt in den Texten männlicher Rapper selten vor. Du bist ohne Vater aufgewachsen. Wie hat dich das geprägt? Sagen wir so: Ich lege mein prinzi­ pielles Misstrauen erst ab, wenn ich vom Gegenteil überzeugt w ­ erde. Reden kann man schnell viel, besonders in meiner Branche. Was hast du von deiner Mutter ­lernen können? Meine Mutter und ich sind ein Team. Dass man Männer zum Überleben braucht, den Gedanken gab es nie. Ich kenne nur starke Frauen, die alles selbst erledigen. Meine Mama hat mir auch beigebracht, immer zu sagen, was ich denke. In der Schule waren die meisten von diesem Verhalten eher abgeschreckt. Deshalb hatte ich nicht viele Freunde.

Früher hat mich das traurig gemacht. Später habe ich gelernt, dass ich lieber allein bin als mit Menschen, die es nicht gut meinen mit mir. Ich habe dadurch schnell verstanden, wie die Menschen ticken und die Welt funktioniert. Man muss stark sein. Wenn man so aufgewachsen ist, kratzt dich gar nichts mehr. Heute setzt du dich für andere ein. Du engagierst dich für die LGBTQCommunity und stehst zu deiner Bisexualität. Wie sind die Re­ aktionen? Hauptsächlich sehr positiv. Manchmal gibt es auch Kommentare wie «scheiss Lesbe». Solche Leute ignoriere ich. Sobald man sich äussert, wird die Welle noch grösser. Die ­haben ein Problem mit sich selbst. Ich kämpfe seit meinem 13. Lebensjahr darum, dass Sexualität frei aus­ gelebt werden kann, und gefühlt sind wir keinen Schritt weiter. Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Mal trägst du knallrote Haare und gefühlt meterlange Finger­ nägel, mal sieht man dich kom­ plett ohne Make-up. Was hat es mit deinem Style auf sich? Darüber denke ich nicht nach. Ich bin ein sehr wandelbarer Mensch, vom Girly zum Jogger-Style zu Goth und zurück. Ich zeige mich auch oft ungeschminkt. Ich mag so aussehen, wie ich mich gerade fühle. Welchen Rat hast du an die Nach­ wuchskünstlerinnen da draussen? Macht es wie ich: einfach anfangen! Klar ist es schwierig. Aber lasst euch von niemandem einreden, ihr würdet das nicht schaffen. Seit dem 26. November ist ihr Album erhältlich: «badmómz». badmómzjay auf Instagram folgen: @badmomzjay

Du wurdest wegen deiner Art und des finanziellen Hintergrunds deiner Familie in der Schule ge­ mobbt. Wie hat dich das geformt? THE RED BULLETIN


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