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Geringfügig heißt nicht weniger

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Emotionaler Stress

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TEILZEITBESCHÄFTIGUNG Weil er als geringfügig Beschäftigter einen deutlich niedrigeren Stundenlohn bekam als seine in Vollzeit beschäftigten Kolleg*innen, hatte ein Rettungsassistent geklagt. Unterstützt durch den DGB Rechtsschutz bekam er vor dem Bundesarbeitsgericht nun Recht.

Arbeitgeberin beschäftigt sogenannte „hauptamtliche“ Rettungsassistent*innen in Voll- und Teilzeit, denen sie 17 Euro brutto pro Stunde zahlt. Daneben sind sogenannte „nebenamtliche“ Rettungsassistent*innen tätig, die 12 Euro brutto erhalten. Hierzu gehört der Mandant. Als „nebenamtlicher“ Rettungsassistent wurde er nicht zu Diensten eingeteilt, sondern konnte Wunschtermine benennen. Ein Anspruch, nur an solchen Terminen zu arbeiten, bestand allerdings nicht. Denn die Arbeitgeberin teilte die „nebenamtlichen“ Rettungsassistent*innen in noch zu besetzende freie Dienstschichten ein und fragte kurzfristig an, ob die „Nebenamtlichen“ zusätzliche Dienste übernehmen, wenn „hauptamtliche“ Rettungsassistent*innen ausfallen.

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Gleiche Tätigkeit, geringerer Lohn

Unterschiedliche Planbarkeit rechtfertigt keine Ungleichbehandlung Auch wenn man unterstelle, dass die Arbeitgeberin durch den Einsatz der „hauptamtlichen“ Rettungsassistent*innen mehr Planungssicherheit habe, weil sie diesen einseitig Schichten zuweisen kann, sei sie hierbei nicht frei. Sie unterliege den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und den dort geregelten Grenzen in Bezug auf die Dauer der Arbeitszeit und die Einhaltung der Ruhepausen.

„Diese Entscheidung war nur möglich, weil der Kläger mit Unterstützung seiner Gewerkschaft diesen langen Prozess auf sich genommen hat. Das ist umso bemerkenswerter, weil es sich ja „nur“ um ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Von der Klarstellung, die das BAG jetzt vorgenommen hat, profitieren nicht nur seine Kolleginnen und Kollegen, sondern alle Teilzeitbeschäftigten in vergleichbaren Konstellationen.“

„Teilzeitbeschäftigte dürfen nicht deshalb schlechter behandelt werden, nur weil sie in geringerem Umfang Arbeit leisten. Jedenfalls solange die Tätigkeit die gleiche ist. Und genau diese Situation haben wir hier.“ Mit dieser Einschätzung vertrat Thomas Heller vom Gewerkschaftlichen Centrum für Revision und Europäisches Recht einen Rettungsassistenten vor dem Bundesarbeitsgericht. Geklagt hatte dieser, weil er sich benachteiligt fühlte. Als geringfügig Beschäftigter verdiente er 5 Euro weniger pro Stunde. Bei dem Notfallrettungsdienst, der auch Krankentransporte durchführt, gibt es ein spezielles Dienstsystem: Die

Der Mandant des DGB Rechtsschutz hat einen Arbeitsvertrag mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 16 Stunden pro Monat. Darüber hinaus kann er weitere Stunden leisten und ist verpflichtet, sich aktiv um Schichten zu kümmern. In der geringeren Bezahlung sah der Rettungsassistent eine unzulässige Benachteiligung als Teilzeitkraft und klagte den Differenzlohn von über 3.000 Euro brutto für Januar 2020 bis April 2021 ein und hatte damit vor dem Landesarbeitsgericht München Erfolg. Gegen das Urteil ging seine Arbeitgeberin in Revision vor das Bundesarbeitsgericht.

Die Erfurter Richter*innen schlossen sich der Vorinstanz an: Das Landesarbeitsgericht habe zu Recht festgestellt, dass die geringere Stundenvergütung den Rettungsassistenten ohne sachlichen Grund benachteiligt. Die haupt- und nebenamtlichen Rettungsassistent*innen seien gleich qualifiziert und übten die gleiche Tätigkeit aus. Der von der Arbeitgeberin behauptete erhöhte Planungsaufwand könne die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Denn es sei nicht erkennbar, dass dieser Aufwand unter Berücksichtigung der erforderlichen „24/7-Dienstplanung“ und der öffentlich-rechtlichen Vorgaben zur Besetzung der Rettungs- und Krankenwagen signifikant höher ist.

Die „nebenamtlichen“ Rettungsassistent*innen bildeten insoweit ihre Einsatzreserve. Unerheblich sei, dass diese frei in der Gestaltung der Arbeitszeit sind. Die Beklagte ließ unberücksichtigt, dass diese Personengruppe weder nach Lage noch nach zeitlichem Umfang Anspruch auf Zuweisung der gewünschten Dienste hat. Dass sich Arbeitnehmer*innen auf Weisung der Arbeitgeber*in zu bestimmten Dienstzeiten einfinden müssen, rechtfertige keine höhere Stundenvergütung gegenüber Arbeitnehmer*innen, die frei sind, Dienste anzunehmen oder abzulehnen. Das Urteil hat grundsätzliche Bedeutung und könnte auf vielen weiteren Gebieten wirken.

Bundesarbeitsgericht, am 18. Januar 2023, Az.: 5 AZR 108/22

17 € 12 €

25 Jahre

DGB Rechtsschutz GmbH

Die von den Gewerkschaften erkämpften Rechte sind nur dann etwas wert, wenn man sie im Streitfall vor Gericht durchsetzen kann. Aus dieser Erkenntnis heraus gründeten die Gewerkschaften im Jahre 1894 in Nürnberg das erste Arbeitersekretariat. Arbeiter*innen konnten sich hierhin wenden, wenn sie rechtliche Probleme hatten. Und das nicht nur mit Arbeitgebern oder Sozialbehörden. Bis heute ist dies der Grundstein des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes – solidarisch finanziert durch die Gewerkschaftsbeiträge der Mitglieder. In der Frühzeit mehrfach ver -

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