
2 minute read
Fristen um Mitternacht
FRISTENBERECHNUNG Der DGB Rechtsschutz in Hamm sicherte einer Arbeitnehmerin ihre verdiente Jubiläumsprämie. Zu klären war, wann sie ihr Dienstjubiläum erreicht hatte und ob die Beschäftigte am Folgetag tatsächlich noch im Arbeitsverhältnis stehen musste.
Beschäftigungsjahren voraus, nicht hingegen das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses auch über diesen Tag hinaus.
Advertisement
Im Berufungsverfahren am LAG Hamm wurde die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Wie auch bei anderen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, die erst nach dessen Beendigung zur Zahlung fällig werden, ist der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Fälligkeitszeitpunkt nicht Voraussetzung für die Auszahlung eines im Arbeitsverhältnis entstandenen Anspruchs.
Der Arbeitgeber musste also einsehen, dass er seiner ehemaligen Arbeitnehmerin die Jubiläumsprämie zahlen musste, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr bei ihm beschäftigt war.
Eine Arbeitnehmerin beanspruchte bei ihrem Arbeitgeber die Zahlung ihres Jubiläumsgeldes. Grundlage dafür war eine Gesamtbetriebsvereinbarung, die beim 35-jährigen Dienstjubiläum eine Auszahlung in Höhe von 2.200 Euro vorsah. Beschäftigt war die Maschinenbedienerin im Unternehmen vom 1. September 1986 bis einschließlich 31. August 2021, also genau 35 Jahre. Der Arbeitgeber lehnte die Zahlung des Jubiläumsgeldes jedoch ab. Das Dienstjubiläum sei erst am Folgetag eingetreten, also am 1. September 2021. Und zu diesem Zeitpunkt hatte die Arbeitnehmerin nicht mehr im Arbeitsverhältnis gestanden. Die Jubiläumsprämie werde erst am Folgetag des Jubiläumsereignisses fällig und üblicherweise im Unternehmen auch erst am Folgetag ausgezahlt. Damit, so argumentierte der Arbeitgeber weiter, sei auch den Beschäftigten klar, dass die Zahlung des Jubiläumsgeldes einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses voraussetze.
Wann ist das Jubiläum erreicht?
Da die Arbeitnehmerin am Folgetag, den 1. September 2021, nicht mehr im Arbeitsverhältnis stand, stünde ihr der Anspruch nicht zu. Mit Hilfe der DGB Rechtsschutz-Kolleg*innen im Büro Hamm klagte sie auf Zahlung des Jubiläumsgeldes vor dem Arbeitsgericht Siegen. Dabei berief sie sich darauf, dass sie mit ihrer Beschäftigungszeit von unstreitig 35 Jahren die Voraussetzungen für die Zahlung des Jubiläumsgeldes erfülle und es nicht darauf ankomme, dass das Arbeitsverhältnis nach der Formulierung der Gesamtbetriebsvereinbarung darüber hinaus noch weiter fortbestehe.
Weiterbeschäftigung entscheidend?
Die Richer*innen am Arbeitsgericht Siegen folgten dieser Argumentation. Mit Ablauf ihres letzten Arbeitstages am 31. August 2021 habe sie eine 35-jährige Beschäftigungszeit zurückgelegt. Die Fristenberechnung erfolge, wie von den Rechtsschutzsekretär*innen aus Hamm bei Gericht vorgetragen, nach den Regelungen des BGB (§§ 187 Abs. 2 i.V.m. 188 Abs. 2 BGB), so dass es auf den Ablauf des letzten Tages des Arbeitsverhältnisses ankomme. An diesem Tag (31. August 2021) sei der Anspruch auf die Zahlung entstanden, auch wenn die Fristenregelungen im BGB weiter vorsehen, dass die tatsächliche Zahlungsfälligkeit erst am Folgetag (also am 1. September 2021) eingetreten sei. Dabei war egal, dass zu dem Zeitpunkt, an welchem die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber zur Zahlung auffordern konnte, das Arbeitsverhältnis nicht mehr bestand. Denn der Anspruch aus der Gesamtbetriebsvereinbarung setzte nur die Vollendung von 35
LAG Hamm am 9. Dezember 2022, Az.: 13 Sa 754/22
Jasmin Marzoll, Rechtsschutzsekretärin DGB Rechtsschutz Büro Ludwigshafen
Die Berechnung von Fristen im Arbeitsrecht richtet sich nach den §§ 186 ff BGB. Dabei unterscheidet man zwischen einer sog. Beginnfrist (auch Terminfrist genannt) und einer Ereignisfrist. Während die Beginnfrist an einem festen Datum – und zwar um 0:00 Uhr an diesem Datum – beginnt, hängt eine Ereignisfrist vom Eintritt eines Ereignisses ab, dessen Datum nicht im Voraus feststeht (zum Beispiel eine Kündigung). Nach § 187 Abs. 1 BGB beginnt die Ereignisfrist erst am auf das Ereignis folgenden Tag um null Uhr. Eine Frist kann nach den Vorschriften des BGB nicht an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag enden. Sie verlängert sich nach § 193 BGB automatisch auf den folgenden Werktag.