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Fachkräftemangel: Der Bildungsnotstand

FACHKRÄFTEMANGEL IM PUSTERTAL Der Bildungsnotstand

Zurzeit fehlen postcoronabedingt und nicht zuletzt wohl auch aufgrund des demographischen Wandels in allen Bereichen Hunderte systemrelevante qualifizierte Facharbeiterinnen und Facharbeiter, sowie akademisch ausgebildete Mitarbeitende. Das ist nicht nur im Pustertal, sondern im ganzen Land und - wie man seit geraumer Zeit hört – auch in ganz Europa so. Das beklagen unmissverständlich die Tourismusbranche, die Handwerkerverbände, die Bauindustrie, die Dienstleistungsbetriebe und öffentlichen Verwaltungen, sowie nicht zuletzt das Sanitätswesen und der Bildungsbereich.

NOTRUF FACHKRÄFTEMANGEL

Dieser Notruf, der uns aufrütteln und nicht mehr ruhig schlafen lassen sollte, verhallt aber mehr oder weniger ungehört im Sommerloch, weil wir auf Nebenschauplätzen oder mit Feuerwehrmaßnahmen beschäftigt sind. Und kein Ende bzw. keine langfristige Lösung in Sicht. Wo am lautesten geschrien wird, werden schnell die ärgsten Löcher gestopft. Die Probleme an der Wurzel anzupacken, so wie es Ministerpräsident Draghi versucht hat, würde die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker auch zu grundlegenden und unangenehmen Entscheidungen nötigen, und das kommt bei den Wählerinnen und Wählern nicht gut an. Es fehlt nicht nur eine Vision für die Zukunft, es fehlen in wohl einigen Sektoren sage und schreibe der Wille und die Weitsicht, sich dieser drängenden Problematik mit Herzblut anzunehmen und sie einer schrittweisen konkreten Lösung zuzuführen. Sollten wir angesichts der bevorstehenden Zeitenwende nicht schnellstens die Weichen für

Josef Duregger aus Gais.

die kommenden Jahrzehnte stellen, bevor es wirklich zu spät ist und unser Wirtschaftssystem und mit ihm unser demokratisches Gesellschaftsgefüge Schaden nehmen? Der Ukrainekrieg, die drohende Klimakatastrophe, die galoppierende Inflation und viele andere Probleme halten uns sicher in Atem und stellen uns vor große Herausforderungen, doch wir sollten uns nicht lähmen lassen und den Kopf in den Sand stecken. Wer von den Entscheidungsträgern*Innen glaubt, das Problem löse sich von allein oder es wird schon nicht so schlimme Auswirkungen haben wie vorhergesagt, der handelt grob fahrlässig und unverantwortlich. Was also tun?

MASSIVE BILDUNGSOFFENSIVE

Jede Branche sollte in einer umfassenden und kritischen Analyse die derzeitige Schieflage für ihren Sektor bis ins Detail prüfen und konkrete Maßnahmen zur kurz- bis mittelfristigen Behebung derselben erstellen. Nicht das übliche Wunschkonzert ist gefragt, das nach dem Gießkannenprinzip befriedigt wird, sondern eine seriöse und professionelle Auseinandersetzung mit allen Aspekten der Problematik. Der Politik fällt dann die Aufgabe zu, alle Vorschläge zusammenzutragen, der Expertise eines parteiübergreifenden Fachbeirates zu unterziehen, um dann in einer breit angelegten öffentlichen Diskussion über alle Bildungsstufen und Fachbereiche hinweg einen Mehrjahresplan für weitsichtige Zielsetzungen und entsprechende Finanzierungsmaßnahmen aufzustellen. Selbstverständlich müssten dabei Prioritäten gesetzt werden, aber die Ausbildung, ja die Allgemeinbildung der nachkommenden Generationen muss auf alle Fälle auf eine neue zukunftstragende Basis gestellt werden. Das bedingt mit aller Konsequenz und unter Ausschöpfung der vorhandenen Mittel massive Investitionen in die Köpfe (Frankreichs Präsident Macron scheint das mittlerweile begriffen zu haben). Dazu gibt es nämlich keine vernünftige Alternative. Zudem gilt es endlich ernsthaft zu untersuchen, was unsere Nachbarn in bestimmten Bereichen bes-

Das „Gezerre“ um die besten Mitarbeitenden.

ser machen, so dass ein beachtlicher Prozentsatz unserer Studenten*Innen nach abgeschlossenem Studium nicht mehr ins Land zurückkehrt und hier die erworbenen Kompetenzen und Fähigkeiten einbringt. Oft sind es vielleicht gar nur bürokratische Hürden, oft ein fehlender Anreiz da und dort, die eine Rückkehr vereiteln. Die Krise erlaubt uns kein Wegducken mehr, denn es ist kurz vor zwölf, wenn z.B. in unseren Krankenhäusern wegen Personalmangels ganze Abteilungen geschlossen oder zusammengelegt werden müssen. Wir sind gut beraten, dringend gegenzusteuern. Ein Schönreden und Verkennen der Dringlichkeit der derzeitigen Situation haben fatale Folgen und stellen die gesellschaftliche Verantwortung für

eine solide Bildung der zukünftigen Generationen und das Wohlergehen in unserem Lande grundsätzlich in Frage.

ZUKUNFTSWEISENDE REFORMEN

Es braucht also einen großen Wurf, eine organische und umfassende Reform mit Zukunftspotenzial, keinen Flickenteppich, sondern eine abgestimmte Zusammenschau aller gesellschaftlich relevanten Bereiche. Wenn wir nämlich die Dinge so weiterlaufen lassen und uns darauf beschränken, punktuell zu intervenieren, verspielen wir in der Tat unsere Wettbewerbsfähigkeit in einer zunehmend komplexen digitalen Welt und enden früher oder später im effektiven Bildungsnotstand, im gesellschaftlichen Auseinanderdriften oder im Versagen der öffentlichen Institutionen. Wir werden den Anschluss an die innovativen und zukunftsorientierten Wirtschaftsräume und über kurz oder lang unseren Wohlstand verlieren. Das rechtsgerichtete Politprojekt mit seiner geplanten Umgestaltung der demokratischen Gesellschaftsordnung spielt vielleicht ja sogar schon mit diesem Gedanken.

Es ist ein Spiel mit dem Feuer, denn Bildung ist eine Schlüsselkompetenz, die für das gesellschaftliche Zusammenleben in einer Demokratie unerlässlich ist. Das richtet sich nicht von allein und gelingt auch leider nicht zum Nulltarif. Lasst uns also Zukunft wagen!

// Josef Duregger Die PZ hat das Thema schon mehrfach aufgegriffen.

KURIOSE REDENSARTEN

„DEM MUSS MAN DIE WÜRMER AUS DER NASE ZIEHEN…“

sagt die neugierige Dame, wenn der Gesprächspartner seine Geheimnisse nicht gern preisgegeben hat. Wieso „Würmer“?

Blutegel

Die Redensart geht bis ins Mittelalter zurück. Damals schrieb man Würmern, je nach Art, die unterschiedlichsten Fähigkeiten zu, man denke nur an die Jahrhunderte lang praktizierte Behandlung von Krankheiten mit Blutegeln. Der Mann auf der Straße hatte bei Beschwerden ja keinen Arzt zu Diensten, für ihn gab es nur den Bader. Bader waren Barbiere und Quacksalber - die meisten boten ihre Künste auf Märkten an. Dort zogen manche sogar nach lautstarker Ankündigung dem „Kranken“ vor dem Publikum echte oder gefälschte, auf jeden Fall aber schon vorweg platzierte Würmer aus der Nase und zeigten sie den Zuschauern als Beweis ihrer heilenden Fähigkeiten. Und wie die Bader vor 300 Jahren die Würmer, so ziehen manche Leute heute noch ihren Mitmenschen geschickt die Informationen „aus der Nase“. // mb

EIN SCHLITZOHR SEIN

Über die Herkunft dieser heiteren bildhaften Wendung kann man endlos streiten, denn sie ist nicht nachweisbar. Jedenfalls bedeutet die Formulierung mit verschmitztem Unterton, dass die Person, auf die sie sich bezieht, ein gewitzter Schlaumeier ist. Der wahrscheinlichste Ursprung der Formulierung liegt im Handwerk. Jahrhunderte lang war es in Mitteleuropa üblich, dass junge Handwerksgesellen durch die Lande zogen, um etwas von der Welt zu sehen und berufliche Erfahrung zu sammeln. Als Erkennungszeichen und auch als „Sparbüchse“ trugen viele einen kleinen Goldring im Ohr. Bezahlte so ein Bursche seine Schulden nicht, hatte sonst etwas ausgefressen oder beteiligte sich handfest an einer Rauferei, wurde ihm oft der Ohrring abgenommen oder ausgerissen. So entstand leicht ein Schlitz in der Ohrmuschel, der schlecht oder gar nicht heilte. Unter den Burschen galt er als Zeichen von Erfahrung und fröhlicher Gewieftheit. Diese Bedeutung hat bis heute überlebt. // mb

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