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10. Best Practices

Immer mehr Gastronom:innen beziehen eine klare Stellung zu Klimaschutz und Gesundheit ihrer Tischgäste und entscheiden sich für ein pflanzliches Essensangebot. Auch der Außer-Haus-Markt wird sich seiner Hebelwirkung bewusst.
Betriebsgastronomie
Mit der Menülinie „Powered by Plants“ hat Deutschlands größter Betriebscaterer Eurest ein Zeichen gesetzt: Ein pflanzliches Angebot in der Betriebsgastronomie ist zeitgemäß, lecker und für alle Tischgäste attraktiv. „Powered by Plants“ wurde in Zusammenarbeit mit SAP und ProVeg entwickelt. Das Essensangebot richtet sich vor allem an Flexitarier:innen – die Gerichte sind köstlich, sättigend und sogar JunkfoodFans kommen auf ihre Kosten. Die Namen der Gerichte sind inspiriert von Metropolen und Kulturzentren und wecken Urlaubsgefühle (Nudging). Bei der Einführung der Menülinie am Hauptstandort des IT-Giganten SAP in Walldorf fand eine breite Marketingkampagne statt: Mit Informationsmaterialien und Diskussionsrunden, Artikeln im Intranet und stets optimiertem Angebot wurden die Tischgäste bestens abgeholt. Derzeit werden in Walldorf laut eigener Aussage etwa 40 % des Umsatzes mit „Powered by Plants“ erzielt. Aufgrund dieses PilotErfolgs wurde die pflanzliche Menülinie deutschlandweit ausgerollt. Der Energiekonzern E.ON verpflegt seine Mitarbeiter:innen in Eigenregie – mit dem Tochterunternehmen E.ON Gastronomie GmbH. Das Unternehmen legt großen Wert auf Klimaschutz und sieht das Essensangebot selbstverständlich als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie. Die E.ON Gastronomie bietet ihren Tischgästen bereits seit 2018 die klimafreundliche pflanzliche Menülinie „Green Line“. Zudem sind 50 % der Gerichte in allen anderen Menülinien vegan oder vegetarisch. In Zusammenarbeit mit ProVeg Food Services hat E.ON einige der bereits bestehenden Rezepturen und Komponenten der „Green Line“ optimiert. Dadurch entstanden viele attraktive Gerichte, die ausgewogen sind und satt machen. Die E.ON Gastronomie nutzt außerdem Mitmachaktionen und diverse Nudging-Methoden. Beispielsweise im Rahmen von Themenwochen können sich die Tischgäste regelmäßig mit Klimaschutz und pflanzlicher Ernährung auseinandersetzen. Etwa 20 % der Bestellungen an allen E.ONStandorten stammen laut eigener Aussage aus der „Green Line“.
Bildquelle_ Eurest
B i l dquel l e: pexels .com / Ella Olsson
Studenten- und Studierendenwerke
Die Studenten- und Studierendenwerke waren schon immer Vorreiter der pflanzlichen Küche. Die junge Zielgruppe ist sehr aufgeklärt und fordert aktiv klimafreundliche und moderne Essensangebote. Seit dem Wintersemester 2021/2022 bieten die Berliner Mensen nur noch 4 % ihrer Speisen mit Fleisch oder Fisch an.52 Die erste vegane Mensa in Deutschland an
der TU Berlin hatte vor der Corona-Pandemie täglich doppelt so viele Besucher:innen wie ursprünglich erwartet. Aber nicht nur in der Hauptstadt bewegt sich viel: Etwa in Osnabrück, Nürnberg-Erlangen und Potsdam gehört ein pflanzliches Angebot mittlerweile zum Standard. Die Herangehensweise kann sehr unterschiedlich sein – von einzelnen Veggie-Tagen wie etwa in Potsdam, bis hin zu kompletten Menülinie wie MensaGlobal des Studentenwerkes Osnabrück.
Bildquelle: unsplash.com / Jonathan Borba

Schulverpflegung
Die DGE hat 2020 ihre Standards für die Gemeinschaftsgastronomie angepasst und den Fokus auf Nachhaltigkeit gerichtet.53 Dementsprechend hat sich etwa die empfohlene maximale Häufigkeit von Fleischgerichten an Kitas und Schulen von zweimal auf einmal pro Woche reduziert.54 55
Der Schulcaterer VielfaltMenü bietet mit „cook@school“ eine bundesweite Ernährungsbildungsaktion für Schulkinder an. Der Workshop ist sehr beliebt und das ganze Jahr über ausgebucht. Das Ziel der Veranstaltung ist, Kindern Spaß am Kochen und die Grundlagen einer gesunden, nachhaltigen Ernährung zu vermitteln. Dafür wurde ein neues Kochbuch entwickelt, das die Schüler:innen auf den Geschmack der modernen pflanzlichen Küche bringt. Ein professioneller Koch lehrt den Kindern und Jugendlichen den Umgang mit Lebensmitteln und Küchenutensilien und bringt ihnen die Grundtechniken des Kochens bei. Anschließend wird gemeinsam geschlemmt.
Die Schulmensa-Beratung und Frischküche von Stefan und Marion Gerhardt ist ein vergleichsweise kleines niedersächsisches Cateringunternehmen. Für Familie Gerhardt ist es wichtig, mit ihrem Angebot ein Zeichen gegen Massentierhaltung und Klimawandel zu setzen – auf dem Speiseplan steht daher täglich ein veganes Gericht. Generell kommen die Veggie-Gerichte gut an. Gibt es beispielsweise Lahmacun, wählt fast die Hälfte der Schüler:innen die pflanzliche Variante. Die Akzeptanz wird durch eine attraktive Präsentation der Speisen gesteigert. Nicht alle Speisen und Snacks werden als vegan gekennzeichnet. Dadurch sollen Vorurteile gegenüber der pflanzlichen Küche abgebaut und der Genuss in den Vordergrund gestellt werden.
Gesundheitswesen

Bildquelle: Fotofusion Berlin für Vie l fa l t M e n ü
Gerade im Healthcare-Bereich ist es wichtig, Patient:innen mit Speisen zu versorgen, die die Genesung unterstützen. Der bundesweit führende Healthcare-Caterer Klüh Catering erhielt 2021 den renommierten Frankfurter Preis der Gemeinschaftsgastronomie für die
pflanzenbasierte Menülinie „Pflanzenkraft“. „Pflanzenkraft“ besteht aus 21 Hauptgerichten, die speziell für die Bedürfnisse der Patient:innen optimiert sind. Ziel ist, die Genesung mit pflanzenbasierter Ernährung zu fördern und die Behandlung zu unterstützen. Die Inhaltsstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln wirken entzündungshemmend, senken den Blutdruck und den Cholesterinspiegel (siehe Seite 12).
Das Team von „Pflanzenkraft“ wurde von ProVeg bei der Entwicklung schmackhafter und ausgewogener Gerichte unterstützt. Dabei berücksichtigten die Entwickler:innen die DGE-Standards für die Verpflegung in Krankenhäusern und RehaEinrichtungen.56 Die Bio-Manufaktur „Planet V“ produziert die Speisen für die Menülinie, die anschließend vakuumverpackt werden. So bleiben Nährstoffe und Vitamine bestmöglich erhalten. Die zusätzlich entwickelten Tischaufleger informieren Patient:innen über die gesundheitlichen Vorteile der Gerichte. Attraktive Fotos und köstliche Zutaten sorgen für Akzeptanz. Aufgrund der überwiegend pflanzlichen Zutaten ist die Menülinie zudem besonders klimafreundlich.
Bildquelle dfv / Thomas Fedra
Systemgastronomie
Die Marktführer haben sich in den letzten Jahren gegenseitig mit pflanzlichen Neueinführungen überboten, um die wachsende Zielgruppe der vegan, vegetarisch und vor allem flexitarisch lebenden Menschen nicht an die Konkurrenz zu verlieren.

2020 hat ProVeg, unterstützt durch das Fachmagazin foodservice, das Angebot der 30 größten und umsatzstärksten Schnellrestaurants in Deutschland beleuchtet, um die veganfreundlichste Restaurantkette zu identifizieren. Die Sieger: die japanische Nudelbar MoschMosch und der Burgergrill Peter Pane. Mit einer breiten Auswahl an Currys, RamenSuppen, gebratenen Nudelgerichten sowie diversen rein pflanzlichen Vorspeisen und einem veganen Dessert liegt MoschMosch verdient vorn. Ein Großteil der Grundgerichte bei MoschMosch ist vegan, die Gäste können dank diverser Toppings ihr Gericht nach eigenen Wünschen gestalten. Auch Peter Pane punktet mit vielen veganen Speisen und bietet Gästen an „Peter’s Meatless Monday“ alle Veggie-Burger zum vergünstigten Preis. Doch nicht nur die Sieger – gut ein Drittel der untersuchten Restaurantketten hat ein solides bis sehr umfangreiches pflanzliches Angebot. Im Oktober 2021 erhielt Burger King als erstes Restaurant für 2 Produkte das V-Label. Damit sind nicht nur die Zutaten, sondern auch die Zubereitung in allen deutschen Filialen vegan. Individualgastronomie
Zusätzlich zu den veggie-freundlichen Restaurantketten entstehen immer mehr vegane Restaurants, die es Verbraucher:innen einfach machen, pflanzlich zu essen. Bei der Internorga 2021 wurde das vegane Pop-up-Foodkonzept Bananaleaf 22 Bildquelle Hamburg Messe und Con gress / M i c hae l Zap f preisgekrönt. Bereits seit 2019 zeigt das Berliner Frea, das erste vegane Zero-Waste-Restaurant, dass gesundes Essen, guter Geschmack und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Das vom Ernährungsexperten Holger Stromberg unterstützte Start-up Organic Garden aus München bietet Snacks wie vegane Hotdogs und setzt dabei auf Zutaten aus regionaler Herkunft und urbaner Landwirtschaft. Innovative Pflanzenküche und ein nachhaltiges Konzept bietet das vhy! von Timo Hildebrand, dem ehemaligen Torwart der Fußballnationalmannschaft, in Stuttgart.
