TECHNIK
selbst reparierende Beschichtung aus Formschaum für eine aufblasbare Leichtbautragstruktur in sogenannter Tensairity-Technologie – zu sehen unter anderem am Dach eines Parkhauses in Montreux. Den Dichtungsschaum gibt es übrigens bei der Firma Rampff Giessharze im bayerischen Grafenberg. Von den Selbstreparatur-Talenten der Natur profitieren auch Elastomere für Dichtungen. Als Musterbeispiele für eine Wundheilung dienen hier Pflanzen wie Kautschuk- und Gummibäume, bei denen der austretende Milchsaft als Pflaster fungiert und die Verletzung verschliesst. «Gegenüber Tieren sind Pflanzen aus naheliegenden Gründen leichter zu untersuchen», weiss Speck: «Pflanzen müssen zudem mechanischen Belastungen von aus sen standhalten und können sich nicht wie ein Fuchs im Bau verstecken. Daher bieten sich auch künftig für alle Entwicklungen, die mit Mechanik und Leichtbau zu tun haben, Pflanzen bestens an.» Die Bionik-Kooperation zwischen Instituten und Autobauern ist eng, es gibt Kompetenz-Netzwerke und gemeinsame Brainstorming-Treffen. Für BMW entwickelten Speck und seine Mitarbeiter zusammen mit dem ITV Denkendorf einen Vorderachsträger aus faserverstärkten Materialien. Mit VW ist der 58-jährige Bioniker aktuell im Bereich ultraleichter Dämpfungssysteme tätig. «Dazu untersuchen wir intensiv Früchte, wie zum Beispiel Kokosnüsse oder Pomelos. Und fragen uns: Wie müssen Fruchtschalen aufgebaut sein, damit eine Kokosnuss beim Herabfallen vom
Baum nicht zerbricht?» Inzwischen gibt es erste Autolacke, bei denen sich unter Wärme und Reibung kleine Kratzer schliessen. Als nächstes Betätigungsfeld seiner Forschungen hat Speck die Brennstoffzelle im Visier: «Da könnte man die Membran, die das Wasser abtransportiert, bionisch optimieren, aber das ist noch im Ideenstadium. Grundsätzlich bleibt alles interessant, was Leichtbau und Vibrationsdämpfung betrifft.» In den nächsten fünf bis zehn Jahren werde man noch einiges sehen, verspricht er – und dämpft zugleich übersteigerte Erwartungen: «Es reicht nicht aus, die Natur einfach nur zu kopieren. Vielmehr geht es immer wieder darum, Mechanismen zu beobachten, zu abstrahieren und auf die technische Anwendung zu übertragen und herunterzubrechen. In jedem Fall ist sie aber Generator für immer wieder neue Ideen.» Mitunter behalten Natur und Physik ihre Geheimnisse für sich, hat EDAG-Designchef Barckmann ausgemacht: «Erst die kleinen Einbuchtungen auf seiner Oberfläche erlauben es dem Golfball, kontrolliert durch die Luft zu fliegen. Wie das genau funktioniert, konnte aber bislang nicht schlussendlich erforscht werden.»