DRIVE STYLE
längst geöffnet. Und langsam kommt bei mir tatsächlich so etwas wie Bond-Feeling auf. Auch wenn der in «Spectre», dem neuesten Kapitel der Agenten-Saga, keinen Vanquish, sondern einen DB10 fahren wird. Aber das ist eine andere Geschichte. Als wir schliesslich die Autobahn verlassen und unseren Trip auf Landstrassen fortsetzen, auf denen an manchen Stellen selbst zwei Smarts Schwierigkeiten hätten, ohne Schrammen aneinander vorbei zu kommen, verliert Ralf aber auf einmal alle Contenance. Plötzlich fahren, nein rasen wir mit knapp 90 Meilen (immerhin fast 150 km / h) durch die mittelenglische Bilderbuchkulisse, und jedes Mal, wenn uns in einer Haarnadelkurve ein Sonntagsfahrer entgegenschleicht oder auf einer der wenigen Geraden am Horizont ein LKW auftaucht, legt Ralf eine veritable Vollbremsung hin, die er regelmässig mit der Feststellung quittiert: «Das war jetzt leicht knapp.» Eine bodenlose Untertreibung. Ich bin derweil zwischen blankem Entsetzen und höchster Ekstase hin und her gerissen. Tatsächlich erreichen wir unseren ersten Stopp nach rund 2,5 Stunden Fahrt dann aber doch wider Erwarten beide lebend und nur mit leichten Blessuren an den Felgen, die mehrmals Bekanntschaft mit dem Bordstein bzw. Seitenstreifen gemacht haben. «Wenn man die Wahl hat, alternativ frontal in einen LKW zu rauschen, ist das wohl das kleinere Übel», erklärt mir Ralf. Klingt irgendwie logisch. Im «Wild Rabbit» stärken wir uns dann bei Erbsensuppe mit frischer Minze und saftigem Kabeljaurücken in Meerrettichemulsion begleitet von grünen Bohnenkernen und Pfifferlingen für die zweite Etappe. Alkohol ist dabei natürlich tabu.
Nobel-Pub «The Wild Rabbit» in Kingham.
V12 Vantage S Roadster Als Ralf mich nach dem Lunch dann zum etwa 10. Mal fragt, ob ich jetzt nicht endlich auch mal selbst das Steuer übernehmen will, habe ich schon längst entschieden, dass sich meine wahre Bestimmung – zumindest heute – auf die des Beifahrens beschränkt, und so fliegen wir auch die nächsten 50 Meilen mit Brachialgewalt über die engen Strassen. Aber nicht länger im Volante, sondern im nicht minder kraftstrotzenden V12 Vantage S Roadster, den wir nach dem Stopp im «Wild Rabbit» von zwei Kollegen übernommen haben. Anders als der im Fahrverhalten eher an einen Gentleman erinnernde Vanquish, kommt im Vantage S von der ersten Sekunde an echtes High-End-Sportwagen-Feeling auf, so bissig und
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aggressiv präsentieren sich Motor und Sound. Gleichzeitig spürt man die Schaltvorgänge des Automatikgetriebes im Roadster deutlich, was den geschmeidigeren Vanquish, ganz GT, zur besseren Wahl für längere Strecken macht. Schliesslich erreichen wir am frühen Abend unser Tagesziel: das «Thyme at Southrop Manor Estate». Ein idyllisches Country Resort in einem ehemaligen Kloster und späteren Herrenhaus aus dem 14. Jahrhundert. Dort müssen wir uns schweren Herzens von unseren Flitzern trennen, die vom Technikteam zurück zu den nahe gelegenen Aston Martin Headquarters in Gaydon gebracht werden. Zum Trost serviert uns Butler Mauricio reichlich RoedererChampagner aus edlem Kristall, bevor wir in der ehemaligen Scheune des Anwesens bei einem Kochkurs mit Masterchef Marjorie Lang die Petits Fours für das Dinner vorbereiten dürfen. Als mir, während ich kleine Meringuen mit Schoko-Haselnuss-Ganache zusammenleime, plötzlich die