VINSCHGER KULTUR
Beim gut besuchten Eröffnungsabend im Kulturhaus in Schluderns; ganz rechts Armin Bernhard
Welche Zukunft wollen wir? SCHLUDERNS - Seit über einem halben Jahr hält die Covid-19-Pandemie fast die ganz Welt in Atem. Wie lange die Krise noch dauern wird, weiß derzeit niemand. Etwas in den Schatten gestellt hat das Coronavirus eine weitaus größere Krise, die auf die Menschheit und die Erde unaufhaltsam zurollt. Es ist dies der Klimawandel mit allen seinen Folgen. Die Covid-19-Situation war auch der Grund, warum das Projekt „hier und da“, zu dem die Bürgergenossenschaft Obervinschgau (BGO) in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen normalerweise immer im April einlädt, ausfallen musste. Aus diesem Grund entschloss man sich, die Krise zum Thema zu machen und vom 2. zum 4. Oktober das „hier und danach“-Festival zu organisieren. Wie Armin Bernhard im Namen der BGO beim gut besuchten Eröffnungsabend am 2. Oktober im Kulturhaus in Schluderns vorausschickte, „geht es heuer vor allem um die Frage, in welcher Zukunft wir leben wollen.“ Gerade die Covid-19-Situation habe gezeigt, welche Bedeutung der Krisenfestigkeit zukomme. Die Erfahrungen des vergangenen halben Jahres hätten gezeigt, „dass unser gesellschaftliches Zusammenleben verletzlich ist und dass unsere aktuell vorherrschende Art des Wirtschaftens vielfältige Krisen provoziert.“ Eine Alternative für den ländlichen Raum sieht Bernhard in einer nachhaltigen Regionalentwicklung, wie sie bei allen bisherigen Auflagen von „hier und da“ thematisiert worden ist.
Foto: Simon Platter
„hier und danach 2020“ im Zeichen von Corona und größerer Krisen
Bei diesem Treffen im Rahmen einer Kulturwanderung ging es um das Thema „Tourismus danach“
fach nur die Gewinnmaximierung der oberste Grundsatz ist, auch anderes gehen kann, zeigte der Dokumentarfilm „Zeit für Utopien - Wir machen es anders“ von Kurt Langbein auf. Der Film aus dem Jahr 2018 beschreibt lebensbejahende, positive Beispiele aus mehreren Ländern der Welt, wie man mit Ideen und Gemeinschaftssinn viel erreichen kann. „Zeit für Utopien“ wurde als „inspirierende filmische Entdeckungsreise zu den Einsteigern in eine neue Gesellschaft“ beschrieben. Eine Einsteigerin in eine neue Gesellschaft ist die in München lebende Petra Wähning. „Ich wollte nicht mehr Teil des Problems sein, sondern Teil der Lösung werden“, sagte Wähning im Anschluss an die Filmvorführung in Schluderns. Wähning hat Projekte der „Solidarischen Landwirtschaft“ auf den Weg gebracht: statt ihr Geld im Supermarkt zu lassen, investieren rund 300 Konsument/ innen direkt in einen landwirtschaftlichen Es geht auch anders Betrieb und werden dafür von diesem mit Lebensmitteln versorgt. In Südkorea Dass es im Gegensatz zu herkömm- entdeckte Wähning die Genossenschaft lichen Wirtschaftsweisen, bei denen viel- „Hansalim“, deren Bauern und Bäuerinnen
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1,5 Millionen Menschen mit regionaler Frischkost in Bio-Qualität versorgen. Der Film schildert außerdem, wie es der Organisation „Fairphone“ gelingt, in den Kobalt-Minen im Kongo faire Produktionsbedingungen für die Metalle zu etablieren, mit denen Smartphones funktionieren. Im Züricher Wohnprojekt „Kalkbreite“ wird vorgelebt, wie man energiesparend und umweltfreundlich leben kann. Auch in die Entstehung und das Wirken der Genossenschaft „Scop-Ti“ (Teeherstellung) in Frankreich führt der Film ein. Musikalisch umrahmt haben den Abend David Frank, Stefan Pfattner und Marc Perin. Kulturwanderungen und Werkstätten Gut besucht waren am Samstag, 3. Oktober, auch verschiedene Treffen und Kulturwanderungen zu den Themen „Regionales Wirtschaften mit Grenzen“, „Tourismus danach“, „Regionales Handwerken“ sowie „Zukünfte: Utopie Südtirol, Utopie Obervinschgau“. Eröffnet wurde der Tag mit Impulsreferaten zur gesellschaftlichen Lage von Petra Wähning und Alexander Agethle. Im Sockerhof in Mals wurden an diesem Tag nicht nur Bienenwachstücher hergestellt, sondern es konnte auch den ganzen Tag geschneidert werden. Im Bistro Vinterra wurde ein Repair Cafè eingerichtet. Viel Zuspruch fanden am Abend die Auftritte von David Frank und Marc Perin sowie der Gruppe „Specktrettl und Schofkas“ im Kulturhaus in Schluderns. Am letzten Projekttag wurden im Schludernser Kulturhaus die Ergebnisse der Konferenz „By Design or by Disaster“ des Masterstudiengangs für Eco-Social Design der Freien Universität