„Im Stall bin ich der Florian“

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VINSCHGER THEMA zum Burn-out? Oder auf Umwege geraten oder sich in Bürokratie und Verwaltungsarbeit stürzen?“ Mit „Umwegen“ meint Florian Öttl u.a. zu viele Gasthausbesuche, „obwohl es sicher nicht so ist, dass ich in kein Gasthaus gehe.“ Mit seinen Ansichten hält Pfarrer Florian Öttl auch der Diözese gegenüber nicht hinter dem Berg. Was manchmal verkannt bzw. zu wenig beachtet werde, sei die Realität vor Ort, etwa auch im Zusammenhang mit der Errichtung von Seelsorgeeinheiten. Gehorsam seit schon gut und recht, aber es müssten auch die

jeweiligen Besonderheiten und menschlichen Bedürfnisse der Pfarrer berücksichtigt werden. Wäre es nach dem Wunsch der Diözese gegangen, hätte Florian Öttl im Zuge der Errichtung der Seelsorgeeinheit Ortler-Gebiet ständig im Widum in Prad „residieren“ sollen. „Offiziell bin ich jetzt schon in Prad, aber ich wohne zum Teil auch hier im Widum in Stilfs“, so Florian Öttl. Man hätte ihm sogar in Prad einen Stall für seine Ziegen angeboten, „aber die Tiere sind hier in Stilfs besser aufgehoben.“ Im Vergleich zum Durchschnittsalter der

Priester in Südtirol ist Florian Öttl, geboren 1965, ein junger Pfarrer. Er wurde am 28. Juni 1997 zum Priester geweiht. Nach einer Anfangszeit als Kooperator in Mals übernahm er 1999 die Pfarreien Stilfs und Sulden. 2009 kam mit Trafoi die dritte Pfarrei dazu und 2017 folgten Prad-Agums und Lichtenberg. Ein weiteres Hobby von Florian ist das Theaterspielen. Heuer ist Pause, aber 2020 wird die Theatergruppe S‘Lorgagassl wieder mit einem Stück aufwarten. Und Florian wird nicht fehlen. SEPP

Seelsorgeeinheit Ortler-Gebiet PRAD - Auch in den Gemeinden Prad und Stilfs befindet sich die Kirche im Umbruch. Nicht nur wegen des Priestermangels, sondern auch weil immer mehr Kirchenbänke leer bleiben und der Glaube schwindet. Einmal mehr gezeigt hat sich das am 7. November bei einem Informationsabend im Pfarrsaal von Prad, zu dem die Seelsorgeinheit Ortler-Gebiet eingeladen hatte. „Die heutigen Pfarrer müssen stark sein, wenn sie 5, 6 oder mehr Pfarreien zu betreuen haben“, schickte Pfarrer Florian Öttl voraus. Neues beginnen könne man nur, „wenn man bereit ist, Altes aus der Hand zu geben.“ Kurt Warger, der Vorsitzende des Pfarreienrates, blickte auf die bisherigen, seit rund zwei Jahren laufenden Vorbereitungsarbeiten für die offizielle Errichtung der Seelsorgeeinheit Ortler-Gebiet zurück. Begonnen hatten die Arbeiten Ende 2017 nach der „Versetzung“ von Pfarrer Georg Martin nach Klausen. Warger stellte u.a. anderem die Vertreterinnen und Vertreter der Pfarreien Lichtenberg, Prad, Stilfs, Sulden und Trafoi vor, die den Pfarreienrat bilden. Auch ein Logo für die Seelsorgeeinheit wurde entwickelt. Es gelte, in Zukunft noch mehr zusammenzuarbeiten. Für 2022 kündigte er den sogenannten „neuen Firmweg“ an. Der Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz informierte über die Grundsätze und Ziele von Seelsorgeeinheiten. Die darin zusammengeschlossenen Pfarreien seien nicht als isolierte Punkte anzusehen, sondern als Teile eines gemeinsamen Netzes.

Teile eines gemeinsamen Netzes „Wir brauchen lebendige Pfarreien mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, so Demetz. Angesichts des radikalen Wandels könne der Erhalt des Bisherigen nicht im Vordergrund stehen. Der Aufbau der Seelsorgeeinheiten führe zu einer Vernetzung und zu gemeinsamer Verantwortung. Als tragende Säulen nannte Demetz die Solidarität und die Subsidiarität: „Der Dienst aneinander und der Dienst am großen

Florian Öttl, Kurt Warger und Reinhard Demetz (v.l.)

Ganzen.“ Zu den Hauptaufgaben eines Pfarreienrates gehöre es, seelsorgliche Initiativen zu entwickeln, pastorale Schwerpunkte zu setzen, die Pastoral in den Pfarrgemeinden zu unterstützen und zu ergänzen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu begleiten und Kirchtürme zu überwinden. Bischof Ivo Muser hatte die Seelsorgeeinheit bei der Pastoraltagung 2019 in Brixen als „Raum der Vernetzung und der Solidarität“ bezeichnet, „wo Pfarreien die Synergien bündeln, einander unterstützen und helfen und gemeinsame Projekte angehen.“ Fast nur „Rostige“ im Klingelbeutel Bei der von Herbert Prugger, Mitglied der Arbeitsgruppe „Beratung und Entwicklung“ im Seelsorgeamt, moderierten Diskussion, wurden viele Problemen und Anliegen aufgeworfen. Die Palette reichte von der Überlas-

Anja Gutwenger (stellvertretende Vorsitzende des Pfarreienrates) und Herbert Prugger

tung der Pfarrer und deren Bezahlung bis hin zum Wunsch nach mehr Sprechstunden und nach einer Entlohnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, „weil auch das Ehrenamt an seine Grenzen stoßen kann.“ Bezüglich Geld meinte Demetz, dass die Diözese rote Zahlen schreibe. Der Unterhalt des Klerus werde von Rom aus geregelt: „Wir haben hier keine Handhabe.“ Zum Thema Klingelbeutelgeld meinte Florian Öttl, dass keine großen Sprünge zu machen seien, „wenn fast nur ‚Rostige’ eingeworfen werden.“ Mehrfach angesprochen wurde die Schwierigkeit, Geistliche von außen als Aushilfen zu finden. In Sulden leiste zum Glück noch der Seelsorger Josef Hurton wertvolle Dienste. Ins Grübeln kamen alle, als Demetz nicht nur von der sinkenden Anzahl der Priester in Südtirol berichtete, sondern auf deren Altersstruktur einging. Demnach liegt das sogenannte mediane Alter der Priester derzeit bei 78 Jahren. Zu bedenken gegeben wurde aus den Reihen des Publikums, dass es mit dem Glauben insgesamt immer weiter abwärtsgehe. Vor allem Kinder, Jugendliche und junge Familien würden den Kirchen bzw. Gottesdiensten zunehmend fernbleiben. Florian Öttl meinte abschließend, dass abgesehen von allen Neuerungen im Zusammenhang mit den Seelsorgeeinheiten immer noch der Glaube und Christus im Mittelpunkt stehen sollten. SEPP DER VINSCHGER 39/19

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