VINSCHGER KULTUR
Ein architektonisches Kleinod in Morter MORTER - Sie ist nicht nur der Star unter den vielen romanischen Kirchenbauten der Gemeinde Latsch, sondern die einzige Dreikonchenkirche des historischen Tirols, architektonisch einmalig und daher die Besonderheit unter den vielen romanischen Kulturstätten zwischen Kloster Marienberg im Nordwesten, dem Klösterle St. Florian bei Neumarkt im Süden und der Innichner Stiftskirche zu den Heiligen Candidus und Korbinian im Osten, die am Tag der Romanik – am 14. Oktober 2023 - für Besucher geöffnet wurden. Die Rede ist von „Vigilius im Anger“ in Morter mit dem Doppelpatronat Vigilius und Blasius. Martina Plörer aus Morter hatte es übernommen, am Tag der Romanik die Besucher in die Architektur von St. Vigilius einzuführen. Dabei ging sie zuerst auf die eindeutige Datierung der Weihe, aber auch auf die recht
Martina Plörer erklärte die einzige Dreikonchen-Kirche Tirols aus dem Jahre 1080. Sie machte aufmerksam, dass es keine drei-Apsiden-Kirche sei, wie im Internet und in vielen Prospekten zu lesen ist.
In der Vigliuskirche empfingen die Morterer den Blasius-Segen. In der Feiertagsansicht des Flügelaltares flankieren in den Flügeln die Bischöfe Vigilius (links) und Blasius die Schreinfigur Maria mit Jesus.
verwirrende Ereignisgeschichte ein: „Man weiß auf den Tag genau, wann die Kirche geweiht worden ist“, teilte sie ihrer ersten Besu-
chergruppe mit. Eine lateinische Inschrift im Kircheninneren gäbe darüber Kunde. Übersetzt sei zu lesen: „Im Jahr der Mensch-
werdung unseres Herrn Jesus Christus 1080 wurde mit Zustimmung des Fürstbischofs Heinrich von Chur (damals Grundherr in Morter) die Kirche durch den Fürstbischof von Trient (ebenfalls ein Heinrich) am 3. Oktober geweiht“. Die höchste Zuständigkeit lag damals beim 3. Heinrich, beim deutschen König und späteren Kaiser Heinrich IV. Im 12. Jahrhundert gingen die Rechte an der Kirche nach und nach an die Grafen von Tirol über, die auch die Vogteigewalt für den Bischof von Trient ausübten. Führerin Martina hatte sich intensiv und weit ausgreifend mit den Zusammenhängen und mit der sagenhaften Überlieferung um St. Viglius im Anger vertraut gemacht und sie leicht verständlich an die 3 Besuchergruppen (insgesamt 33 Personen) weitergegeben. GÜNTHER SCHÖPF
Klangwolken „über‘n Bichl“ TARTSCH - In der Gemeinde Mals
überzeugte der Cembalo- und Orgelspezialist Polin auch den „Theorbe- und Laute“-Musiker Alessandro Baldessarini aus Bozen. Die 4 Ausnahmemusiker interpretierten 8 Werke, davon 6 Sonaten aus dem frühen Barock. Die Auswahl reichte von Giovanni Girolamo Kapsberger, geboren 1580, bis Antonio Vivaldi, gestorben 1741. Eröffnet wurde der Musikgenuss mit der Violinsonate „La Hortensia virtuosa“ des Hofmusikers Marco Die romanische St. Veit-Kirche auf dem Tartscher Bichl. Uccellini aus Forlí (1603-1680). ligen Feuerwehr. Dem Netzwerker Faches dazu zu gewinnen. Neben Gemeinsam war den 4 Musikern Polin, gelang es, für das Konzert Annalisa Pappano, eine der füh- nicht nur die Liebe zu histori2 ausgesprochene Meister ihres renden „Gambistinnen“ Amerikas, schen Instrumenten – u.a. kam eine Violine aus Stradivari’s Zeiten zum Einsatz – sondern auch die Erkenntnis, „dass die Akustik im romanischen Kirchenraum von St. Veit mit Estrich-Boden, Holzdecke, Apsis und völliger Geräuschlosigkeit von außen etwas Besonderes ist“, wie Marian Polin feststellte. An die 100 Besucherinnen und Besucher hatten den „Bichl“ erklommen und am Tag der Romanik außergewöhnliche Musik Gut besuchtes Konzert in St. Veit mit (v.l.) Optisch im Mittelpunkt stand die im 16. genossen.
wurde der „Tag der Romanik“ am 14. Oktober 2023 mit Musik vom Feinsten begangen. Die Anregung, in der „Veitskirche“ auf dem mythischen Tartscher Bichl zu musizieren, kam von der bekannten Violinistin Gudrun Schaumann. Ihren Wunsch unterbreitete sie dem Tourismusverein Mals. Vor Ort koordinierte der Spezialist für „Alte Musik“ und Dozent für Kirchenmusik Marian Polin aus Mals die Vorbereitungen mit der Pfarre Tartsch in der Person von Mesner Josef Plattner und für den Instrumententransport mit der Freiwil-
Alessandro Baldessarini, Annalisa Pappano, Gudrun Schaumann und Marian Polin.
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Jahrhundert erfundene Theorbe, italienisch Chitarrone, von Alessandro Baldessarini.
GÜNTHER SCHÖPF