VINSCHGER THEMA
Klimaneutralität im Visier Noch viel Potential für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. PRAD/VINSCHGAU - Bis spätestens 2040 soll Südtirol klimaneutral sein. Das ist ein hehres Ziel. Um es zu erreichen, sind gewaltige Anstrengungen notwendig, nicht zuletzt auch seitens der Landespolitik. Im Vinschgau hat sich im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen die „Initiative ENERGIE Vinschgau“ gebildet. Entstanden ist die Idee dazu im September 2022 bei einer Aussprache zwischen dem früheren Kammerabgeordneten Albrecht Plangger und dem geschäftsführenden Verwaltungsrat der Energie-Werk-Prad Genossenschaft, Michael Wunderer, am Sitz des E-Werks in Prad. „Wir haben vereinbart, eine Initiativgruppe mit Vertretern von E-Werken und Energiegenossenschaften sowie mit Fachleuten und Gemeindepolitikern zu gründen“, blickt Michael Wunderer, seines Zeichens auch Leiter der Abteilung Energiehandel im Südtiroler Energieverband (SEV), zurück.
seien. Auch die maximale Ausnutzung von Energieeffizienzmaßnahmen und Energieeinsparungen müssen im privaten wie im öffentlichen Bereich auf die Tagesordnung. Mit dabei war bei der Aussprache auch der Wasserbauingenieur Walter Gostner. Er soll nun erheben, wo und welche Wasserkraftpotentiale im Vinschgau derzeit noch brachliegen. „Zusätzliche Wasserkraftnutzungen kommen natürlich nur in Frage, wenn diese ökologisch verträglich sind“, unterstreicht Michael Wunderer.
Windkraft soll nutzbar werden
Eine zusätzliche Nutzung der Wasserkraft ist aber nur einer von vielen Bausteinen, die von der „Initiative ENERGIE Vinschgau“ ins Auge gefasst werden, um das Tal im Hinblick auf die Klimaneutralität fit zu machen. Zu den weiteren Bausteinen gehört die Nutzung der Windkraft. Um in diesem Bereich nach dem Abbau der zwei Windräder auf der Malser Haide im Jahr 2012 einen neuen Anlauf nehmen zu können, ist laut Michael Wunderer eine Anpassung des bestehenden Ausbau der mittleren Wasserkraftwerke? Landesgesetzes unerlässlich. Der Initiativgruppe schwebt vor, dass an bestimmten Diskutiert wurde in der Gruppe auch Stellen im Vinschgau, wo die Windverdarüber, mit welcher Grundlage man den hältnisse günstig sind und keine größeren weiteren Ausbau der mittleren Wasser- Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes kraftwerke im Vinschgau vorantreiben will zu erwarten sind, sehr wohl Windkraftanbzw. könnte. Die Gruppe kam zum Schluss, lagen errichtet werden können und sollen. dass einerseits die Klimaziele eine wichtige Die derzeitigen, sehr strengen GesetzesRolle spielen - jeder muss einen Beitrag bestimmungen des Landes schließen eine leisten und zwar dort, wo es möglich und vernünftige Nutzung der Windkraft de Fossile Energieträger eindämmen ökologisch vertretbar ist -, und anderseits facto aus. Zum Thema Windkraft hatte Bezogen auf den gesamten Stromver- die Energieautarkie im Vinschgau erreicht der Malser Bürgermeister Josef Thurner brauch in Südtirol in Höhe von rund 3.188 werden soll. Hierbei müssten allerdings alle schon vor einiger Zeit ein Treffen mit VerGigawattsunden (Stand 2019) wird in Süd- Sektoren des Energieverbrauchs, sprich tretern der Firma Leitwind in Mals organitirol mit den Wasserkraftwerken zwar Verkehr, Strom und Wärme, berücksichtigt siert. Neben Josef Thurner sind auch seine nahezu doppelt so viel Strom erzeugt (ca. werden. Der Energiebedarf des Vinsch- Amtskollegen Georg Altstätter (Martell), 5.784 GWh, Stand 2019), allerdings wird gaus, der sich auf ca. 2.000 GWh belaufen Dieter Pinggera (Schlanders) und Mauro dieser Strom derzeit noch nicht in den dürfte, sollte durch „Erneuerbare Energien Dalla Barba (Latsch) aktive Mitglieder der anderen Sektoren eingesetzt, wie zum Bei- Anlagen“ gedeckt werden können. Ein Initiativgruppe. Mit im Boot sitzen neben spiel in den Bereichen Verkehr und Wärme. weiteres Ziel sollte es sein, im Vinschgau Albrecht Plangger, Michael Wunderer und Im Klartext heißt das, dass das Land den langfristig stabile Strompreise, basierend Walter Gostner auch der Obmann und gesamten Energieverbrauch von ca. 14.108 auf Ressourcen, die vor Ort zur Verfügung Geschäftsführer des Vinschgauer Energie GWh (Stand 2019) „nur“ zu rund 40 Prozent stehen, zu gewährleisten. „Mittlerweile Konsortiums VEK, Andreas Tappeiner und mit Wasserkraftwerken decken könnte. Der zählen die Erneuerbaren Energien ohnehin Alexander Telser. Rest des Energiebedarfs wird in Südtirol zu den günstigsten Kraftwerken. Solche nach wie vor zum Großteil mittels fossiler Anlagen können vielfach günstiger Energie Photovoltaik auch auf Freiflächen Energieträger hergestellt. Mit diesen und erzeugen als fossile Kraftwerke“, so die weiteren Daten wartete Thomas Egger, der Initiativgruppe. Grundsätzlich sollten die Die Nutzung der Sonnenenergie darf Präsident des Klimaclubs Südtirol, auf, den Potenziale aber auch darüber hinaus nach nach Ansicht der „Initiative ENERGIE die Initiativgruppe Ende März zu einem Möglichkeit ausgeschöpft werden, „weil Vinschgau“ nicht nur auf Dächern mögTreffen in das E-Werk Prad eingeladen man auch im Sinne einer solidarischen Ge- lich sein, sondern soll auch auf Freiflächen hatte. Um das große Ziel der Klimaneutra- meinschaft handeln will.“ Konkret heißt das: ausgedehnt werden. Michael Wunderer: lität bis 2040 zu erreichen, sind laut Egger Auch Nachbarn, die über keine günstigen „Warum soll es nicht möglich sein, eine noch etliche Hausaufgaben zu machen, Voraussetzungen für den Ausbau von Er- Mülldeponie, eine Staumauer oder öffentwobei speziell der Ausbau bzw. der Bau neuerbaren Energien besitzen, sollten einen liche Freiflächen mit Photovoltaikanlagen von Anlagen zur Energieerzeugung aus er- Nutzen haben, „denn der Klimawandel auszustatten?“ Die Initiativgruppe kann sich neuerbaren Energiequellen voranzutreiben kennt keine Grenzen.“ vorstellen, dass die Energie der Sonne im
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