VINSCHGER KULTUR vielseitige Menschen, wo hat man das schon an einem Ort?“, sagt sie. „Ohne die BASIS wäre ich nicht mehr hier“, ist ihr Resümee. Die letzten neun Monate hat sich die 22-jährige Frau Roman auf ihre erste Ausstellung vorbereitet, die derzeit in der BASIS zu sehen ist. „Ebenen“ hat Frau Roman sie getauft. „Die Ebenen, die unterschiedlichen Schichten, die überlappenden Gegensätze, sind ein wichtiges Sujet in ihren Arbeiten. Die Unterschiede und Überschneidungen zwischen dem wahren Selbst der Menschen und aufgezwungenen gesellschaftlichen Normen und Schönheitsbildern durchziehen, oft laut und plakativ, oft versteckt und angedeutet, ihr ganzes Schaffen,“ so liest man in der Einladung zur Vernissage. Die Ausstellung kann noch bis zum 30. November von Montag bis Freitag von 10 bis12 Uhr und 16 bis 20 Uhr und samstags von 10 bis12 Uhr bewundert werden. Aeringa’s Textiles: Handweben und Nadelbinden Doris Schweigkofler, ihr Lebenspartner Tom und Kollege Ragnarr, Mitglieder des
Frühmittelalter-Vereins Vargroed EO, zählen zu den ersten, die einen Raum in der Kreativwerkstatt in der BASIS bezogen haben. Während die beiden Männer in ihrer Werkstatt vorwiegend mit Holz arbeiten, hat sich Doris auf einer Empore einen Webraum eingerichtet. Die geborene Rittnerin hat an der Winterschule Ulten die Technik des Webens erlernt, denn sie ist fasziniert von dem vielseitigen Handwerk, das sich im Laufe der Geschichte kaum verändert hat. Doris arbeitet an einem modernen Handwebstuhl und fertigt Geschenkideen und Heimtextilien wie Wolldecken, kleinere Teppiche, Läufer, Geschirrtücher aus Baumwolle, Schals, Handtücher und vieles mehr an. „Hier habe ich endlich einen Platz für meine Webstühle gefunden. Ohne die Kreativwerkstatt könnte ich dieses Hobby nicht ausüben. Langfristig träume ich davon, das Hobby zum Beruf zu machen und damit den Lebensunterhalt bestreiten zu können“, so Doris Schweigkofler. Die gelernte Floristin ist erst durch den Frühmittelalter-Verein Vargroed EO zum Weberhandwerk und zum Nadelbinden gekommen. „Ich habe
mir die mittelalterliche Gewandung selbst genäht, sowie Accessoires nadelgebunden und wollte diese mit gewobenen Borten verzieren, welche auch als Gürtel dienten. So hat alles begonnen“, erklärt die 38-jährige, die mittlerweile seit knapp 20 Jahren im Vinschgau lebt. Bei ihren Arbeiten verwendet sie hochwertige Naturmaterialien wie Wolle, Leinen und Baumwolle, aber auch gebrauchte Textilien, die wiederverwendet und zu etwas ganz Neuem werden. „Nachhaltiges produzieren und konsumieren, aber auch die Wertschätzung der Handarbeit und der Qualität, die vielleicht etwas teurer ist als die billige Massenware, sind ebenfalls Beweggründe, warum ich dieses Hobby ausübe“, erzählt Doris Schweigkofler. Und wenn sie nicht gerade Wadenwickel aus Schafwolle für die Wikinger webt, ist sie entweder bei ihrem kleinen Sohn zuhause in Kortsch oder mit ihrer Familie auf einer Wikingerveranstaltung hoch im Norden unterwegs. INGEBORG RECHENMACHER
Als in Schleis Flachs angebaut wurde SCHLEIS - 1984 wurden sämtliche Arbeitsschritte vom Anbau bis zur Verarbeitung von Flachs in Schleis in Wort und Bild dokumentiert. Fast 40 Jahre später ist daraus ein Kurzfilm samt Begleitheft entstanden. Die Idee zu diesem Projekt wurde damals in der SVPOrtsgruppe geboren. „Es gab im Dorf einige Ortsbezeichnungen, von denen kaum noch jemand wusste, was sie bedeuteten“, erinnerte sich Lorenz Agethle, der damalige SVP-Ortsobmann, bei der Filmvorstellung im Schleiser Kultursaal. „Hoorreasn“ war eine dieser Bezeichnungen, die im Zusammenhang mit den Flachsanbau und der Flachsverarbeitung in der Vergangenheit stand. „Nur noch die älteren Schleiser und Schleiserinnen konnten sich daran erinnern“, berichtete Agethle. Damit das Wissen nicht zur Gänze verloren geht, wollte man auf einem Feld an der Einfahrt zum Dorf noch einmal Flachs anbauen. Erich Waldner hielt die einzelnen Arbeitsschritte im Bild fest und Lorenz Abart filmte sie. „Während der Corona-Pandemie habe ich diesen alten Streifen noch einmal hervorgeholt“, erzählt Lorenz Abart. „Da habe ich
Juliane und Lorenz Abart mit dem Begleitheft zum Film „Flachsanbau 1984 Schleis“.
mich entschlossen, aus dem Film und den Fotos einen Kurzfilm über unser Projekt zu machen, auch als nachträglichen Dank an alle, die damals mit dabei waren.“ Bis das fertige Werk vorlag, waren viele Vorarbeiten zu erledigen und musste viel Zeit investiert werden. So musste der Film digitalisiert werden, die einzelnen Szenen zusammengefügt und mit den Fotos ergänzt werden, der Film vertont werden und vieles mehr. Das Ergebnis ist ein Kurzfilm von rund 10 Minuten, in dem die einzelnen Schritte des Flachsanbaus und der Flachsverarbeitung – von der Aussaat über die
Bei der Filmvorführung wurden auch alte Gerätschaften für die Flachsverarbeitung gezeigt.
Ernte bis zum Leinenfaden und dessen Verarbeitung zu Stoffen – festgehalten ist. Ergänzt wird der Film mit einem Begleitheft, das die Tochter von Lorenz Abart gestaltet hat. Juliane Abart studiert Grafikdesign in Nürnberg und so war es für sie eine besondere Herausforderung, „wie heute die Geschichte von damals aufbereitet wird, die wiederum eine noch ältere Geschichte aus der Vergangenheit erzählt“. Der Film „Flachsanbau 1984 Schleis“ und das Begleitheft seien ein wertvoller Beitrag zum Erhalt eines Stückes Kultur, unterstrich Michael Pinggera, der Vorsitzendes
des Bildungsausschusses Mals, der die Initiative unterstützt hat. Bis herauf in das 19. Jahrhundert sei auch in unserer Gegend Flachs angebaut worden. Aus dem Flachs von einem Hektar großen Feld seien 4.000 Quadratmeter Leinen gewonnen worden. Später sei der Flachs von der Baumwolle verdrängt worden, doch inzwischen werde er als alte Kulturpflanze wieder zunehmend geschätzt. Kulturreferent Andreas Pobitzer überbrachte die Grüße der Gemeinde Mals und freute sich, dass man mit Film und Begleitheft einen Blick in die Vergangenheit RED werfen könne. DER VINSCHGER 20/22
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