VINSCHGER THEMA
Landwirtschaft im Spiegel Wie die Gesellschaft die Landwirtschaft wahrnimmt und was sich die Landwirtschaft von der Gesellschaft erwartet. SCHLANDERS - „Negative Geschichten werden oft und überall erzählt, aber es gibt auch die positive Seite: weit über 90 Prozent der Bauern und Bäuerinnen bearbeiten mit viel Fleiß und Hingabe ihre Höfe, erzeugen gesunde Lebensmittel, erhalten die Kulturlandschaft und erbringen somit Zusatzleistungen, von denen alle profitieren.“ So brachte Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer ihre Überzeugung zum Thema „Landwirtschaft und Gesellschaft - Geben und Nehmen“ auf den Punkt. Die ehemalige Landesbäuerin und amtierende Landesrätin für Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege saß am 28. Oktober zusammen mit dem Direktor des Bauernbundes, Siegfried Rinner, dem Alt-Nationalrat und Landwirt Duri Campell aus der Schweiz sowie mit Anna Bühler, Bäuerin und Mitglied der Beratungs- und Bildungskommission Plantahof (CH), auf der Bühne im Kulturhaus in Schlanders. Das Podiumsgespräch war der Höhepunkt des Bäuerinnen- und Landfrauentages Südtirol und Graubünden, zu dem die Südtiroler Landesbäuerin Antonia Egger und Astrid Derungs-Koller, die Präsidentin des Bündner Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes, eingeladen hatten. Der letzte gemeinsame Bäuerinnentag hatte vor 14 Jahren in Tschierv in Graubünden stattgefunden. Beim Podiumsgespräch lockte die Moderatorin Judith Bertagnolli die Gäste zu einer ganzen Reihe von brennenden Themen aus der Reserve. Und zwar zu Themen, die in der öffentlichen Diskussion und Wahrnehmung zwar oft im Fokus stehen, nicht selten aber auch mit Vorurteilen und teilweise auch mit Unwissenheit behaftet sind. Betriebe, die alle gesetzlichen Möglichkeiten ausreizen, ohne wirklich in der Landwirtschaft verwurzelt zu sein, etwa im Bereich Urlaub auf dem Bauernhof, gebe es zwar, „aber die große Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern bewirtschaften tagtäglich von früh bis spät ihr Stückchen Erde mit viel Mühe und großer Leidenschaft,“ sagte Hochgruber Kuenzer. „Diese Dinge werden zu wenig
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erzählt. Gerade die Bäuerinnen können das Gräben aufgeschüttet worden. Nicht verBild der Landwirtschaft positiv besetzen“, kneifen konnte sich der Bauernbund-Direkso die Landesrätin. Bedauerlich sei, dass tor einen Hinweis auf das Bio-Referendum sich die Diskussion oft nur auf die Kubatur im Trentino, das Ende September an einer reduziere, „während Themen wie Ernährung sehr niedrigen Wahlbeteiligung scheiterte. oder Kulturlandschaft untergehen.“ Nur 15,58 Prozent waren zur Wahl gegangen. Erforderlich gewesen wäre eine Beteiligung von 40 Prozent. „Biowaren brauchen auch Garant für den ländlichen Raum den Markt“, so Rinner. „Oder sollen BioFür Siegfried Rinner ist die Landwirt- äpfel zu konventionellen Preisen abgesetzt schaft der Garant für das Leben des länd- werden?“ lichen Raums: „Landwirtschaft kann global und auch regional.“ Nicht zu verstecken „In Graubünden ist Bio einfacher“ brauche sich die Landwirtschaft, das „grüne Fundament der Wirtschaft“, in punkto Duri Campell bestätigte, dass es in punkto Nachhaltigkeit. „Wie erklären Sie den Arbei- Bio-Anbau am Anfang auch in Graubünden tern und Angestellten, dass die Bauern keine große Gräben gegeben habe. Das habe sich oder fast keine Steuern zahlen?“ Zu dieser mittlerweile gelegt: „62 Prozent der Betriebe Frage stellte Rinner fest, dass es neben in Graubünden sind Biobetriebe, bundesanderen Staaten auch in Italien eine eigene weit sind es fast 15 Prozent.“ Biologisch Steuergesetzgebung für den Bereich Land- produzieren sei in Graubünden einfach: wirtschaft gebe: „Die Landwirtschaft zahlt „In Höhen bis 2.000 Meter geht es nur biodas, was das Gesetzt vorsieht.“ Nicht zu logisch.“ Eine immer größere Bedeutung vergessen sei, „dass zwei Drittel im Neben- komme der Regionalität zu. Einen wesenterwerb tätig sind und über diese Schiene lichen Erfolgsfaktor der Landwirtschaft Steuern abführen.“ sieht Campell im Aufbau von noch mehr Vertrauen: „Wir brauchen und dürfen nicht ‚geduckt’ herumlaufen, sondern können Bio und Pflanzenschutz erhobenen Hauptes durch die Landschaft Zum Thema Bio und biologischen Pflan- gehen. Wir müssen transparenter werden zenschutz meinte Rinner, „dass es ein Un- und aufzeigen, was wir für die Gesellschaft sinn ist, zu glauben, dass die Umstellung auf leisten und welche Produkte wir erzeugen. Bio alle Probleme in der Landwirtschaft löst.“ Wenn uns das gelingt, dann werden wir auch Er bedauerte, „dass Medien und bestimmte die Konsumenten hinter uns haben.“ Ein Parteien dieses Thema immer wieder popu- Wort, das Duri Campell partout nicht mag, listisch puschen.“ Es seien teilweise künstlich ist Förderungen: „Wir erhalten nicht För-
Beim Podiumsgespräch (v.l.): Siegfried Rinner, Direktor des Bauernbundes, Anna Bühler vom Plantahof in Graubünden, Moderatorin Judith Bertagnolli, Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer und Alt-Nationalrat Duri Campell aus der Schweiz.