Ein Schatz im Schatz

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VINSCHGER GESELLSCHAFT

Soziale Pfarre – heimatlose Kunst GLURNS - In der Sitzung vom 29. Mai erläuterte Bürgermeister Alois Frank noch einmal den von ihm eingereichten und im Vorfeld schon diskutierten Antrag zum Ankauf von Pfarrgütern. Es sei Absicht der Pfarrei St. Pankratius, das Widum-Areal nach Sanierungs- und Restrukturierungsarbeiten in 5 Einheiten für betreutes Wohnen umzuwandeln. Um das Vorhaben zu finanzieren, habe die Pfarrei bei der Gemeinde um einen Beitrag angefragt. Gleichzeitig habe sie vorgeschlagen, dafür die 4 Grundparzellen in Pfarreibesitz zu übernehmen. „Dies ist sehr lobenswert“, sagte Bürgermeister Frank, „in Zukunft wird betreutes und begleitetes Wohnen von äußerster Wichtigkeit.“ Das Objekt müsse als zukunftsträchtig eingestuft und über den Ankauf der 2,7 ha umfassenden Liegenschaften durch die Gemeinde unterstützt werden. Nach aktuellem Marktwert von 27,00 Euro pro m2 muss die Stadtgemeinde in 2 Raten die Summe von 740.259 Euro berappen. Ge-

Im Foyer des Ansitzes Hendlspurg, heute Rathaus, beriet der Gemeinderat von Glurns über das soziale Anliegen der Pfarrei St. Pankratius.

meindesekretär Georg Sagmeister sah im Kauf der Gründe eine Vermögensbildung für die Gemeinde. Wie man sie nutzen könnte, soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Der Vertreter der Bürgerliste Heinz Riedl dazu: „Ich habe Bauchweh bei dem Kauf, weil man nicht weiß, was mit den Flächen passieren soll.“ Der Einwand von Martin Prieth, ebenfalls Bürgerliste, warum sich die Gemeinde so leicht tue, diese

Das Widum von Glurns mit dem Künstlerhaus GAP, rechts im Bild, ist ein prägender Bau in der Stadt.

Grundstücke zu erwerben, aber am Kauf der Wiesen in der Bannzone nicht interessiert war, wurde durch den Hinweis entkräftet, dass die Pfarrei keine Privatperson sei und somit die Güter in der Hand der Allgemeinheit verbleiben würden. Der Kauf wurde mit einer Enthaltung von 9 Räten genehmigt. Durch die Sanierung und den Umbau des Widums samt Pfarrsaal verliert das GAP (Glurns Art Point), das erste Süd-

tiroler Atelierhaus, seinen Sitz. Die Projekt- und Arbeitsräume samt Schlafmöglichkeiten müssen verlegt werden. Auf Anfrage erklärte Bürgermeister Frank, dass derzeit noch keine Lösung oder geeigneter Ersatz gefunden worden sei. „Es ist uns ein Anliegen und wir sind auch auf der Suche nach einer endgültigen Bleibe“, bekräftigte er. GÜNTHER SCHÖPF

LESERBRIEFE

Luxus im Grünen Und wieder ein Hotelneubau mitten in der grünen Wiese. Mit dem Slogan „Innen flexibel und außen penibel“ hat der „Vater“ und seinerzeit zuständige Landesrat für Raumordnung das neue Raumordnungsgesetz dem Land Südtirol und seinen Menschen als das zukunftsorientierteste Gesetz angepriesen. Unterstützt von den Mitschreibern des Gesetzes (Bauernbund, Tourismus etc.) wurde es dann schlussendlich auch mit einer denkbar knappen Mehrheit von der Südtiroler Landesregierung genehmigt. Die unzähligen schriftlichen Eingaben mit konkreten Hinweisen auf Fehlentwicklungen und die fachlich untermauerten Verbesserungsvorschläge seitens des Heimatpflegeverbandes haben leider keinen Niederschlag im Gesetz gefunden. Auch der 16

DER VINSCHGER 21/19

letzte Hilferuf mit dem Heimatpflege-Slogan „Innen fatal und außen katastrophal“ ist unerhört geblieben. Jetzt offenbart sich landauf, landab jedoch die prophezeite Realität (Feldthurns, Welschnofen, Latsch). Unsere Tourismustreibenden zeigen zum wiederholten Male ihr wahres Gesicht und nutzten noch schnell alle gesetzlichen Möglichkeiten, um - ohne Rücksicht auf Natur, Umwelt, Mitwelt und Landschaft - persönliches Kapital zu schlagen! Dass durch das neue Raumordnungsgesetz, welches erst 2020 in Kraft treten wird, der Zersiedelung, dem Bauen im Grünen, Neubauten mitten in den intensiv bewirtschafteten Obstanlagen weiterhin Tür und Tor geöffnet bleiben werden wenngleich in etwas raffinierteren Art und Weise -, will man nach wie vor nicht wahrhaben. Der Heimatpflegebezirk Vinschgau und der Heimatpflegeverband Südtirol haben öfters schon auf

die durch das neue Raumordnungsgesetz vorprogrammierte ausufernde Bauspekulation und den unkontrollierten Bodenverbrauch im landwirtschaftlichen Grün hingewiesen. Für Betriebserweiterungen im Einklang mit dem Ortsbild und unter Einbeziehung der Ortsbevölkerung wird sich der Verband nicht querlegen. Neben gar einigen Projekten, die letzthin von der Landesregierung durch Zustimmung für die entsprechenden Bauleitplanänderungen genehmigt wurden, ist der Hotelneubau mit 140 Betten samt riesiger Wellness-Anlage in Latsch ein eklatantes Beispiel, wie Gesetze umgangen werden können. Und das ausgerechnet in der Heimatgemeinde des ehemaligen Landesrates für Urbanistik. Ein Hotelneubau mitten in den Obstwiesen, auf einem Areal von fast 10.000 m², bringt von vorneherein ein riesiges Konfliktpotential durch Abdrift, Geruchs- und Lärmbelästigung, Beregnung,

zwischen intensiver Landwirtschaft und dem Tourismus. So wurde es auch vom Ortsbauernrat von Latsch und den bäuerlichen Vertretern im Gemeinderat gesehen, indem diese sich gegen diese Bauleitplanänderung aussprachen. Der Heimatpflegeverband begrüßt das Nein der Urbanistik-Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer und ihre Aussage „Unsere Aufgabe muss es sein, auch für unsere Nachkommen Freiflächen zu erhalten“. Sie stimmte in der Landesregierung als einzige gegen diese Bauleitplanänderung, wofür ihr Lob und Anerkennung gebührt. Der Heimatpflegeverband kritisiert aber das Abstimmungsverhalten der übrigen Landesregierungsmitglieder aufs Heftigste. JOSEF OBERHOFER (GESCHÄFTSFÜHRER DES HEIMATPFLEGEVERBANDES) UND FRANZ FLIRI (OBMANN DES HEIMATPFLEGEBEZIRKS VINSCHGAU UND LANDESOBFRAU-STELLVERTRETER), 29.05.2019


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