Starke Frau an der Grenze

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VINSCHGER THEMA

Roselinde Gunsch Koch in ihrem Büro im neuen Rathaus.

Herausforderungen einer Randgemeinde Roselinde Gunsch Koch im Interview über den Status quo ihrer Gemeinde, die verpatzten Landtagswahlen der Vinschger Frauen, prägende Ereignisse und vieles mehr. TAUFERS IM MÜNSTERTAL - 2015

wurde sie mit einer Stimme Vorsprung zur Bürgermeisterin von Taufers im Münstertal gewählt. Als erste und einzige Frau im Vinschgau bekleidet Roselinde Gunsch Koch seitdem das Bürgermeister-Amt. Vollzeitbürgermeisterin ist sie nach wie vor keine, in Teilzeit arbeitet Gunsch Koch bei der Chris-Studie der Eurac im Schlanderser Krankenhaus. „Alles eine Frage der Organisation“, wie sie selbst betont. Nach einem langen Arbeitstag hat sich die Bürgermeisterin der 970-Seelen-Gemeinde noch Zeit für ein Interview mit dem der Vinschger genommen. der Vinschger: Zu Jahresbeginn stand traditionell die Grenzpendlertagung an (Anm. siehe Bericht Seite 10). Vor allem aus Taufers im Münstertal zieht es Arbeiter in die Schweiz. Ist diese Arbeitswanderung erstrebenswert? ROSELINDE GUNSCH KOCH: Es bringt Vorteile, aber auch Nachteile. Taufers ist seit jeher ein Grenzpendler-Dorf. Der Vorteil ist wirt-

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DER VINSCHGER 01/19

schaftlicher Natur. Die Menschen verdienen in der Schweiz natürlich gut. Und dieses Geld kommt zurück in unsere Gemeinde, schließlich haben die Pendler hier nach wie vor ihren Hauptwohnsitz. Wir sehen es an den Sozialleistungen. Es gibt de facto keine Tauferer, die Sozialleistungen erhalten. Und auch in der Wirtschaftskrise in den vergangenen Jahren konnten wir uns abheben. Hier wurde gebaut, während anderswo Flaute herrschte. Aber natürlich gibt es auch Nachteile. Das Bemühen um wirtschaftliche Selbstständigkeit ist kaum vorhanden. Die Betriebe werden immer weniger, der Rückgang an Handwerksbetrieben sowie bei touristischen Strukturen ist nicht zu leugnen. Gasthäuser gibt es leider nur mehr wenige, es ist nicht allzu lukrativ hier etwas zu eröffnen, wenn man in der Schweiz sein sicheres und gutes Geld verdient. Inwiefern ist das Tal von der Abwanderung bedroht? Davon sind wir nicht betroffen, wie die Einwohnerzahlen be-

stätigen. Diese sind keineswegs rückläufig. Dies liegt eben auch an der Grenznähe zur Schweiz und dem somit lukrativen Standort für Grenzpendler. Von Abwanderung zur Einwanderung: In Folgen des SPRAR-Programms musste auch die Gemeinde Taufers im Münstertal im Frühjahr Flüchtlinge aufnehmen. Es gab nie große Probleme, auch in der Bevölkerung herrschte keine gravierende Diskussion darüber. Es ging alles reibungslos und ohne großes Aufsehen vonstatten. Natürlich war es für Taufers im Münstertal auch eine überschaubare Zahl. Lediglich zwei Flüchtlingsfamilien wurden uns zugeteilt. Zwei junge Paare mit jeweils einem Kind kamen zu uns. Eine Familie ist mittlerweile in Schluderns ansässig. Welche Rolle spielt der Tourismus im Tal? Eine Tourismusgemeinde sind wir sicherlich nicht. Aber wir haben einen neu eröffneten 4-Sterne- Betrieb, sowie einige Pensionen und

Ferienwohnungen oder Urlaub auf dem Bauernhof. Die Gästezahl und Nächtigungen sind jedoch auch aufgrund der wenig vorhandenen Strukturen überschaubar, die Bettenanzahl im Tal hält sich in Grenzen. Vor allem ruhesuchende Gäste kommen hierher zum Urlaub. Ein Wellness-Aufenthalt, eine gemütliche Schneeschuhwanderung oder eine Skitour im Winter, die vielen Wanderwege und nicht zuletzt die intakte Natur- damit kann das Tal sicherlich punkten. 2015 wurden Sie zur Bürgermeisterin gewählt. Was war ihr prägendstes Ereignis? Ein prägendes Erlebnis war gleich zu Beginn meiner Verwaltungsperiode der Großbrand. Drei Familien haben ihr Wohnhaus verloren, eine die Tischlerei. Es war ein Schock für die ganze Dorfgemeinschaft und rückblickend auch für uns als Gemeindeverwaltung ein Kraftakt und eine große Herausforderung. Für mich war es eine große Bewährungsprobe. Mittlerweile wurden die Wohnhäuser wieder aufgebaut,


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