VINSCHGER GESELLSCHAFT
Deserteure und Kriegsdienstverweigerer Erinnerung an Markus Dapunt, der 1944 in Kortsch exekutiert wurde. KORTSCH - Um das Thema „Desertion und Kriegsdienstverweigerer in Südtirol“ ging es kürzlich in einem Vortrag von Leopold Steurer und Martha Verdorfer im Haus der Dorfgemeinschaft in Kortsch, zu dem der Bildungsausschuss Kortsch und die Bibliothek Schlandersburg eingeladen hatten. Etwa 400 wehrpflichtige Südtiroler, zumeist jüngere Jahrgänge, weigerten sich 1943-1945 der Einberufung zum Kriegsdienst Folge zu leisten oder desertierten aus der Wehrmacht Adolf Hitlers. Leopold Steurer nannte den Rückzug aus Stalingrad als Anstoß für die beginnende Widerstandsbewegung in Südtirol. Wer waren nun diese Wehrdienstverweigerer? Desertion war vor allem ein ländliches Phänomen und die Deserteure kamen aus Landgemeinden oder aus abgelegenen Weilern; viele waren Kleinbauern, Knechte oder Arbeiter, stammten aus Außenseiterfamilien ohne jegliche politische oder gesellschaftliche Stellung im eigenen Dorf. Als Motive für die Desertion spielten ein christlicher Pazifismus, erlebte Schikanen in der Ausbildung, vor allem aber Schlüsselerlebnisse an der Front eine Rolle. Bombenangriffe, Heimat- oder Genesungsurlaube boten Gelegenheit, die Wehrpflicht nicht mehr anzutreten. Vom
Deserteur, der am 29. August 1944 am damaligen Militärschießstand in Kortsch exekutiert wurde, war der Gadertaler Markus Martha Leopold Steurer hinter der Dapunt. Einige Zuhörer erinVerdorfer Gedenktafel an Markus Dapunt. nerten sich noch an den Gefangentransport mit Militärmusik Frühjahr 1944 bis zum Herbst hörigen der Deserteure waren auf die Kortscher Wiesen, wo 1944 desertierten 90 Prozent der es, die unter Lebensgefahr über Hunderte Soldaten der Exekution Monate die Deserteure mit dem beiwohnen mussten. Adolphine gesamten Deserteure. Angewandte Repressionsmaß- Lebensnotwendigsten in ihren Pernthaler aus Schlanders hat nahmen gegen die Deserteure Verstecken versorgten. Martha als Zehnjährige die Grabstätte waren im Falle einer Ergreifung Verdorfer ging in ihrem Beitrag Dapunts abseits der geweihten des Täters dessen Erschießung, näher auf das 1944 errichtete Erde des Schlanderser Friedhofs die Einlieferung in ein Konzentra- Polizeiliche Durchgangslager von lange mit Blumen geschmückt. tionslager oder die Verschickung Bozen ein. Es sei lange nicht sehr Eine Tafel, gemalt von Heinrich an die Front in eine Strafkompa- präsent in der Südtiroler Bevöl- Lechthaler, soll an den grausamen nie. Bei flüchtigen Deserteuren kerung gewesen, obwohl neben Tod von Markus Dapunt erinnern. wurden in vielen Fällen Hunderte Juden, Sintis und Roma, KriegsAuch an den gebürtigen Sonvon Familienangehörigen verhaf- gefangenen, Partisanen auch sehr nenberger Martin Kaserer erintet, ins Polizeiliche Durchgangs- viele Südtiroler Sippenhäftlinge nerten sich viele im Saal. Er hatte lager nach Bozen gebracht und dort interniert waren. In Bozen sich lange Zeit am Sonnnberg deren Höfe beschlagnahmt. Diese sei auch Südtiroler Wachpersonal versteckt und wurde von seiner Sippenhaft wurde je nach Orts- beschäftigt gewesen, so Martha Familie vom Moarhof versorgt. gruppenleiter mehr oder weniger Verdorfer. Sie wünsche sich, dass INGE streng durchgeführt. Besonders das Durchgangslager in Bozen die Frauen und Familienange- eine Gedenkstätte bleibe. Ein
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DER VINSCHGER 11/18
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