VINSCHGER THEMA
Zwei Bilder aus dem Dokumentarfilm „Das System Milch“ von Andreas Pichler.
Wann ist genug? Prugger: „Das ist nicht die Landwirtschaft, die wir wollen.“ Agethle: „Nur die ökologische Landwirtschaft hat Zukunft.“ SCHLANDERS - Das Profistreben weltweit agierender Großkonzerne hat in vielen Bereichen drastische Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt. Welche Machenschaften hinter der globalen Milchindustrie stecken und welche weitreichenden Folgen das hat, zeigt der preisgekrönte Dokumentarfilm „Das System Milch“ auf. Der beeindruckende Film des Südtiroler Dokumentarfilmregisseur Andreas Pichler wurde am 4. November auf Einladung des Kulturhauses Karl Schönherr und der Umweltschutzgruppe Vinschgau im bis auf den letzten Platz besetzten Schönherr-Kino in Schlanders gezeigt. Im Anschluss an die Vorführung stellten sich der Bauernbund-Bezirksobmann Raimund Prugger sowie der Biomilchbauer Alexander Agethle von der Hofkäserei Englhorn in Schleis, einer der Protagonisten des Films, der Diskussion. „Wir möchten den Blick auch auf die Situation in Südtirol lenken“, sagte Eva Prantl, die Vorsitzende der Umweltschutzgruppe.
Zwischen Krawatte und Gülle
wird ebenfalls kritisch hinterfragt. Ein Bauer aus Dänemark, Wie weit die Ansichten und der ca. 750 Kühe hält, räumt ein, Vorstellungen zwischen Konzern- dass er ohne EU-Zuschüsse nicht managern in Krawatte und Land- überleben kann: „Unsere gesamte wirten in Stallbekleidung aus- Existenz beruht darauf, dass wir einanderklaffen, zeigt die Doku einen Liter Milch so günstig wie ebenfalls auf. Der Manager will möglich produzieren.“ möglichst viel Billigmilch und der Bauer sieht sich nur noch als Zu- Weltweite Umweltfolgen lieferer: „Man arbeitet nur noch für Konzerne, für die KraftfutAuch auf katastrophale Umterindustrie und für die Lebens- weltfolgen, zu denen die indusmittelindustrie. Und selber bleibt trielle Milchwirtschaft führt, Leistung, Leistung, Leistung man auf der Strecke“, bringt es ein wird in der Doku eingegangen: „Landwirtschaft ist das beste Milchbauer aus Süddeutschland In Südamerika werden Wälder aller Geschäfte“. Dieses Zitat auf den Punkt. Dabei hat er ca. abgeholzt, um Soja für die Tieraus dem Film erklärt, warum die 250 Kühe im Stall. Selbst von fütterung anzubauen, in Europa Milchproduktion weltweit ad ab- den großen Bauerbundverbänden - und nicht nur - bleibt man auf der surdum getrieben wird. Die Milch fühlt er sich im Stich gelassen, ja Gülle sitzen, afrikanische Länder ist zu einem Billigprodukt gewor- verraten. Die EU-Agrarpolitik werden mit billigen Milchpulden, das es in immer größeren Mengen braucht, um immer mehr Nebenprodukte herzustellen, mit diesen den Weltmarkt zu überschwemmen und den Gewinn in die Kassen der Konzerne zu spülen. Die Verlierer dieses unseligen Teufelskreises sind die Kühe, die zu Höchstleistungen getrieben werden, die Landwirte und nicht zuletzt die Umwelt. Mit Bildern, Big Business Milch die gelinde gesagt schockieren, Die Idylle friedlich weidender zeigt der Film auf, wie Milchkühe Kühe auf intakten Wiesen ist für in Massenbetrieben gehalten werdie globale Milchindustrie zu ei- den und wie mächtig, lukrativ und ner Werbebotschaft verkommen. global vernetzt die Milchindustrie Zu einem Bild, mit dem man die geworden ist.
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DER VINSCHGER 38/17
Konsumenten lockt, das aber mit der Wirklichkeit fast nichts mehr zu tun hat. Wie diese in weiten Teilen der Welt tatsächlich aussieht, zeigt der Dokumentarfilm anhand etlicher Beispiele von Viehbauern aus Dänemark, den Niederlanden, Afrika und China auf. Aber auch mit Managern mächtiger Molkereikonzerne, Wissenschaftlern, Politikern, Experten und Züchtern hat Andreas Pichler gesprochen.