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Feuer
In der Geschichte der Menschheit hatte und hat das Feuer einen vielschichtigen Einfluss auf viele Bereiche menschlichen Zusammenlebens.
Wenn auch die Bedeutung von Feuer im sakralen, rituellen Bereich als auch in der Brauchtumspflege zumindest in unseren Breiten zurückgegangen ist, so gilt dies nicht für das Pfadfindertum. Für uns Pfadfinderinnen und Pfadfinder gehört das Feuer in pädagogischer, ritueller und abenteuerlicher Hinsicht zu unserer Methodik, zu unsern Ritualen und letztlich, wenn auch symbolhaft zu den Werten unserer Bewegung.
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I. Beginnen wir mit der nüchternen Definition von Feuer
Wissenschaftlich gesprochen ist Verbrennung ein chemischer Verbindungsvorgang zwischen dem Sauerstoff der Luft mit Gasen, die in brennbaren Materialien (z.B. Holz, Kohle) enthalten sind, wobei Wärme und Licht, also Energie erzeugt wird. Kurz: Eine Brennstoffoxydation mit gleichzeitiger Flammenbildung, Licht- und Wärmeentwicklung.
Feuer hat auch eine militärische Bedeutung. Unter Feuer versteht man die Einwirkung durch konventionelle Waffen, Kernwaffen oder chemische Kampfstoffe auf den Gegner, um dessen Material und Personal zu bekämpfen, niederzuhalten, abzuriegeln, zu stören, auszuschalten, zu zerstören, zerschlagen oder zu vernichten. Dieses Feuer hat mit unserer Bewegung, die dem Frieden verpflichtet ist, nichts zu tun.
Schließlich ist Feuer eine Bezeichnung für das Farbenspiel bei manchen Kristallen, insbesonders bei Schmucksteinen. Es beruht auf besonders starker Dispersion eines aus zwei oder mehreren Phasen bestehendes Stoffsystem (Mischung), bei dem ein Stoff in einem anderen in feinster Form verteilt ist, bei der Brechung des Lichts sowie auf Totalreflexion, Beugung und Streuung des Lichts an feinsten Hohlräumen und Einlagerungen. Auch dieses Feuer ist nicht Gegenstand meiner Betrachtungen.
II. Geschichte des Feuers
Das Feuer kam erst spät in den humanen Phasen der stammesgeschichtlichen Entwicklung in Gebrauch. Der älteste Nachweis der Feuernutzung durch die Menschen ist die berühmte Sinanthropus (Chinamensch) Fundstelle von Choukoutien, (ein bedeutender Ausgrabungsort ca. 40 km sw von Peking) etwa 300.000 bis 400.000 Jahre alt. Feuer hatte nicht nur als Quelle von Licht und Wärme besondere Bedeutung für das Leben der Menschen, sondern spielte und spielt im religiösen Leben der Völker eine große Rolle. Es galt schon früh in der Menschheitsgeschichte göttlichen Ursprungs.

Schaman:innen sind Mittler:innen zwischen Menschen und Überirdischem. In der griechischen Mythologie hatte Zeus der Göttervater den Menschen als Strafe das Feuer genommen. Prometheus brachte es den Menschen zurück und wurde für diesen Frevel an einen Felsen geschmiedet, wo ihm täglich ein Adler die Leber zerfleischte, die in der Nacht wieder nachgewachsen ist.

Der Feuerkult war fast überall auf der Erde verbreitet, besonders in indogermanischen Religionen, aber auch in Amerika (Peru) und im Fernen Osten. Die Feuerkulte hatten teils magischen Charakter, das heißt man wollte sich die Kraft des Feuers aneignen oder mit seiner Hilfe dämonisch schädliche Mächte verscheuchen. Das Opferfeuer war in polytheistischen Kulturen (viele Götter wurden verehrt) als Mittel der Übereignung der Opfergaben an die Götter gesehen. Feuer wurde nicht als Gottheit gesehen, aber als Manifestation eines Gottes.
Das Hausfeuer wurde in späteren Stadien der Religionsgeschichte zum Stammes- und Volksfeuer und von Priestern gehütet. In Mythen und Sagen wie auch in der religiösen Symbolsprache gilt das Feuer als Lebensspender und Lebenszerstörer. Selbstverbrennungen galten oft als Mittel Unsterblichkeit zu erlangen. Vom Läuterungsfeuer (Fegefeuer) oder dem Höllenfeuer ist in der Bibel zu lesen und so kam das Feuer auch in Hochreligionen zum Symbol und Gleichnis für Gottes Sein und Wirken.
Die kontrollierte Verwendung und Erzeugung des Feuers bildete einen entscheidenden Schritt in der kulturellen Entwicklungsgeschichte der Menschheit.
In der antiken Wissenschaft zählte Aristoteles das Feuer zu den vier Elementen.
Der volkstümliche Feuerglaube sowie die verschiedenen Brauchtumsfeuer, wenn auch unterschiedlicher Herkunft, haben bis heute eine besondere Bedeutung erlangt. Freudenfeuer bei Siegesfeiern, das olympische Feuer etc. als auch Feuerwerke erfreuen oder belästigen bis heute, hingegen Notfeuer gegen Seuchen und Heilfeuer wohl nicht mehr vorkommen oder in Vergessenheit geraten sind. Zum heute gepflegten Brauchtum gehören Fasnachtsfeuer (Funken), Sonnwendfeuer und zur christlichen Liturgie Feuersegen, Lichtmess (Kerzenweihe), Osterfeuer, Osterkerze u.a.m.

Die Symbolkraft von Feuer ist also noch heute gegeben und es wäre eine Vielzahl von Beispielen aufzuzählen, bei denen Feuer mehr ist, als nur Wärme und Lichtquelle. Alle Bedeutungen von Feuer aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, doch nicht unerwähnt bleiben darf die Bedeutung des Feuers in der Literatur.
Nur zwei Beispiele möchte ich erwähnen. In Schillers Glocke heißt es: „Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht.
Und für die Wölflinge: Im Dschungelbuch von Rudyard Kipling wird das Feuer von Baghira dem Panter als „rote Blume“ bezeichnet, da kein Tier des Dschungels das Feuer beim Namen nennen wird.
III. Pfadfinderbewegung und Feuer
Die Kulturgeschichte des Feuers würde Bücher füllen, aber mit den wenigen Hinweisen ist zumindest zu erwähnen, was Feuer für die Menschen bedeutet hat und bedeutet. Auch für unsere Bewegung hat Feuer einen großen Einfluss und welche damit verbunden ist, will ich in den folgenden Abschnitten aufzeigen.
1. Das naturverbundene Feuer
Einer der acht Schwerpunkte im pfadfinderischen Erziehungsprogramm ist das naturverbundene Leben. Den Höhepunkt dieser Erziehungsmaxime erleben vor allem die Guides und Späher in ihren Lagern. Die Natur als Lehrmeister soll jene Herausforderungen schaffen, die nur in Zusammenarbeit, Können und gegenseitiger Rücksichtnahme zu bewältigen sind. Nicht Anordnungen von Vorgesetzten sind zu befolgen, sondern das Leben in der Natur fordert die Mädchen und Buben und formt so ihre Sozialisation, ihren Gemeinschaftssinn. Am selbstgebauten Herd zu kochen bedarf nicht nur bei Regen besondere Zusammenarbeit und ist schlechthin zur Befriedigung natürlicher Bedürfnisse eine Herausforderung an Können und Teamgeist zugleich. Dass Gaskocher diesen Anspruch nicht erfüllen können ist pädagogische Binsenweisheit. Um nun ein Feuer entzünden zu können, bedarf es einiges an Wissen und vor allem Können. Wenn man im Sommer mit dem Rad auf dem Frutzdamm fährt, kann oft beobachtet werden, wie im Bachbett Leute versuchen mit einem Feuerzeug dickes Schwemmholz zum Brennen zu bringen. Pfadfinder und Pfadfinderinnen wissen wie es geht. Vom einfachen Kochfeuer zum aufwändigen Lagerherd.



oben: Feuerstelle zum Kochen unten: Feuerzeremonie für Zaubertrank
Es gibt viele Systeme von Kochfeuern und je nach Land sind diese Möglichkeiten benannt worden:
Der Tahiti-Herd:
Dabei nutzt man die Hitze aus, welche die glühenden Steine ausstrahlen und braucht die Speisen nicht den Flammen des Feuers selbst aussetzen. Dazu wird eine runde Vertiefung von etwa 1 m Durchmesser in der Mitte etwa 20 cm tief in die Erde gegraben, darin ein Pyramidenfeuer aus rechtwinklig gekreuzten Ästen aufgebaut. Über diesen Holzstoß deckt man eine Schicht flacher Steine, wie man sie am Flussufer finden kann. Dann zündet man den Holzstoß an (man muss natürlich ein Luftloch lassen), der etwa eine Stunde brennen und die darauf liegenden Steine glühend machen soll. Ist der Holzstoß in sich zusammengesunken und nur noch ein Haufen roter Glut, schiebt man die Steine mit einem grünen Ast zu einer ebenen Fläche über der Glut zusammen, säubert sie von der Asche und legt dann die Fleischstücke, Fische, Kartoffeln usw. darauf. Auf Tahiti wickelt man sie in breite Blätter, auch Alufolie ist geeignet. Auf alle Speisen kommt nochmals eine Schicht Blätter (Alufolie) alte Jutesäcke und 10 cm trockene Erde, damit die Hitze nicht entweichen kann. Je nach Glut müssen die Speisen eineinhalb bis zwei Stunden garen.

Der Ofen der Umu-Inseln ist eine Abwandlung des polynesischen Herdes. Auch hier wird in einem mit Steinen ausgekleideten Erdloch ein Feuer gemacht bis nur noch Glut übrig ist. Dann stellt man den gutverschlossenen Topf auf die Glut und legt auf den Deckel nochmals Glut und glühende Steine. Das Ganze wird mit Asche und trockener Erde zugedeckt. Der Topf muss etwa zwei Stunden in diesem Erdloch stehen.

Dasselbe Prinzip aber ohne Topf praktizieren die Eingeborenen der Fidschi-Inseln in der Südsee.
Die Wärmedämmung durch Erde in einem solchen Loch kann man zum Kochen ausnützen, ohne dass Feuer oder Glut im Erdloch vorhanden sind. Die norwegische Erdkochkiste ist ein praktisches Patent. Man braucht dazu ein Erdloch, etwas tiefer und größer als der Topf, den man hineinstellen will. Zuerst kommt eine Schicht trockener Sand, rundherum an den Seitenwänden eine dichtgepackte Schicht von trockenem Gras oder Stroh. Diese Materialien sind sehr schlechte Wärmeleiter. Stellt man den Topf, dessen Inhalt auf dem Feuer gerade zum Sieden gebracht wurde, in das so vorbereitete Loch, deckt ihn mit Stroh oder ähnlichem zu und legt darüber noch ein paar Steine, dann kocht der Topfinhalt noch lange weiter, ohne dass er anbrennen kann und ohne ständiges Rühren. Nach einigen Stunden ist der Inhalt gargekocht. Dem Erfindergeist sind keine Grenzen gesetzt.

2. Das spirituelle Feuer
Wie schon in der Kulturgeschichte des Feuers angeführt, vermittelt Feuer mehr als Wärme und Licht. Feuer kann auch Geborgenheit, Leidenschaft, Feierlichkeit, Gemeinschaft, Einzigartigkeit, Freude, Romantik, Besinnung, Spaß, Trauer, Geselligkeit, Beginn und Ende, Verabschiedung und anderes mehr bedeuten.
Was immer mit Feuer erreicht werden soll, wir Pfadfinder und Pfadfinderinnen nützen die Magie des Feuers, und manche Feuer sind zu einer langandauernden Tradition geworden. Das wichtigste Lagerfeuer ist jenes, bei welchem das Versprechen, eines der wichtigsten Merkmale des Pfadfinderseins, von Wichteln, Wölflingen, Guides und Spähern abgelegt wird. Es ist ein besonderes Lagerfeuer, das den Versprechenden ein Leben lang in Erinnerung bleiben soll. Hiezu bestehen besondere Regeln. Vorerst sind Sitzmöglichkeiten einzurichten, da mehr oder weniger Liegende, weder singen können noch aufmerksam sind und die Strapazen des Lagertages ein Einschlafen oftmals nicht verhindern können. Der Aufbau des Holzstoßes ist eine besondere Ehre und ist später Auszuzeichnenden (Sterne bei Wichtel und Wölflingen, Verleihung der II. Klasse, Buschmannsriemen etc. bei Guides und Spähern) vorbehalten. Es wird nicht irgendein Feuer aufgebaut, sondern ein Pagoden- oder Pyramiden- feuer. Der oder die Feuermeister(in) wird während des Lagerfeuers, wenn nötig nachlegen, sonst niemand.

Das Anzünden des Feuers wird Kindern ermöglicht, die Besonderes geleistet haben, traurig (Heimweh) sind, während des Jahres einen Trauerfall verkraften mussten etc. Während das Holz zu brennen beginnt, wird (in Rankweil) das Lied „Flamme empor“ gesungen, manchmal mehrmals, um das Feuer anzufachen. Damit ist das Lagerfeuer eröffnet. Sodann wird die Asche aus früheren Lagerfeuern in das Feuer gestreut, um den „Geist“ und die Verbundenheit früherer Lagerfeuer einzubringen. Nach einigen Liedern wird das Versprechen von den Mädchen und Buben, aber auch von Jugendlichen, wenn sie erst bei den Caravelles, Explorern, Rangern oder Rovern zu den Pfadfindern gekommen sind, auf die Pfadfinderfahne abgelegt. Mit dem danach umgelegten Halstuch werden die Versprechenden in die weltweite Pfadfinderbewegung aufgenommen. Nach dem ernsten Teil werden Sketche von den Ringen, Rudeln oder Patrullen aufgeführt und andere Lagerfeuereinlagen zum Besten gegeben. Es wird nicht geklatscht, sondern mit Rufen (z.B. B-R-A-V-O, …) die gebotene Darbietung bewertet. Lieder und auch solche die körperliches Mitmachen erfordern (z.B. Laurentia, …) dürfen nicht fehlen. Mit dem Lied „Good night campfire“ werden die Patrullen etc. verabschiedet, die mit dem Singen ihres Namens das Lagerfeuer verlassen. Am nächsten Tag wird ein Teil der Asche in ein Glas gegeben, um diese für das nächste Lagerfeuer aufzuheben. Dass bei einem solchen Lagerfeuer weder gegessen noch getrunken werden darf, versteht sich von selbst und würde dem feierlichen Anlass in keinster Weise gerecht werden.
Auch ein anderes Lagerfeuer entspricht Rankweiler Tradition: Das Plauderlagerfeuer: Am Schluss eines Sommerlagers gestalten jene Mädchen und Buben, die im Herbst in die nächste Stufe überstellt werden, dieses Lagerfeuer. Sie erzählen von den Abenteuern, Ereignissen, die sie in der Zeit ihrer Stufenzugehörigkeit erlebt haben und manchmal sind auch Abschiedstränen geflossen. In einigen Gruppen sind Freundschaftsfeuer, manche haben andere Namen, Be-

standteil des Jahresprogrammes. Jede(r) schnitzt in ein mitgebrachtes Holz so viel Kerben ein, wie andere verletzt oder beleidigt wurden, ohne dass darüber geredet wird. Die Hölzer werden ins Feuer geworfen und damit soll ein neuer Anfang in den Beziehungen beginnen können. Abschiedsfeuer von Jamboreeteilnehmern und -teilnehmerinnen vermitteln eine besondere Stimmung, wie auch Feuer, die anlässlich von Ehrungen entzündet werden.
Nicht nur große Feuer gehören zu unseren Ritualen, sondern auch das Licht von Fackeln und Kerzen. Besonders zu erwähnen ist das Friedenslicht aus Bethlehem, das in Rankweil von den oberen Stufen am 24.12. von Haus zu Haus getragen wird oder an aufgestellten Ständen abgeholt werden kann. Die dabei erhaltenen Spenden werden für Sozialprojekte im In- und Ausland verwendet.
Mit Fackeln werden Weihnachts- oder Adventwanderungen begangen. Der Verwendung von Fackeln und Kerzen im spirituellen Bereich sind in unserer Bewegung keine Grenzen gesetzt und bei verschiedensten Anlässen nicht wegzudenken. Vor der Eröffnung des erste Pfadfinderheimes in Rankweil 1972



3. Das abenteuerliche Feuer
Bei Wettkämpfen, Geschicklichkeitsspielen, Feuerstaffeln, Nachtwanderungen etc. gehört Feuer zu beliebten Programmpunkten. Feuermachen ohne Streichholz oder Feuerzeug ist eine herausfordernde Aufgabe und bedarf großer Geschicklichkeit. Feuer kann faszinierend sein und diese Wirkung ist Pfadfindern und Pfadfinderinnen seit Beginn der Bewegung vertraut.






4. Das innere Feuer - Begeisterung
Begeisterung, so steht es im Duden, ist ein Zustand freudiger Erregung, leidenschaftlichen Eifers; von freudig erregter Zustimmung und leidenschaftlicher Anteilnahme getragener Tatendrang, Hochstimmung, Enthusiasmus. Die Begeisterung beschreibt ein außergewöhnlich starkes Interesse in Verbindung mit großer Freude, die durch Anregung der emotionalen Zentren in unserem Gehirn herbeigerufen wird und somit unsere geistigen Fähigkeiten steigert. Der Begriff Begeisterung zeigt nicht nur ein Verhalten, sondern auch einen biologischen Prozess, der uns Menschen dazu antreibt, beispielsweise etwas zu erlernen und zudem hilft, hierbei schnelle Fortschritte zu machen. Begeisterung ist eine intensive Form der Freude, die mit Aktivität und Energie verbunden ist. Man kann von vielem begeistert sein, von einem Menschen, von einem Erlebnis, einem Theaterstück, einem Kleid, einem Musikstück usw. man kann auch von einer Idee begeistert sein, im Besonderen von der Pfadfinderidee. Begeisterung kann aber auch in der Arbeit, im Engagement stecken. Begeisterung ist ein wunderschönes deutsches Wort, das es in dieser Art in anderen Sprachen so nicht gibt. Begeisterung heißt, etwas mit Geist füllen. Mit Geist ist nicht gemeint, etwas mit großer Intelligenz zu füllen, sondern Geist steht für Herz, Intensität und Freude. Dass ich mit Geist nicht Intelligenz meine, ergibt sich auch aus der Geschichte unseres Landes. Vor 84 Jahren wurden die Nazis bei ihrer Einreise von allzu vielen begeisternd empfangen. Oft sind jubelnde Menschen zeigende Bilder vermittelt worden. Dass dieser Geist nichts mit Intelligenz zu tun hatte, war spätestens 1945 im kollektiven Bewusstsein angekommen.
Dieser Geist ist also im Sinne von inspirieren (Geist einhauchen, beseelen) zu verstehen, der viele Aspekte von Motivation, auch Teamgeist, Optimismus und Zuversicht erzeugt. Für eine positive Einstellung eines Teams ist eine begeisternde Grundhaltung erforderlich, es muss ein Nährboden für Begeisterung vorhanden sein. Nun habe ich einiges über Begeisterung angesprochen, was sie ist, was sie sein soll und jetzt ist es Zeit darüber zu sprechen wie wichtig Begeisterung ist und zwar für jeden Menschen, vor allem aber auch für die Pfadfinderidee. Vorerst die Frage, die sich jede, jeder stellen sollte, bin ich noch begeisterungsfähig? Kinder haben diese Begeisterung und können sie spontan zeigen: über ein neues Spiel, über einen Besuch, eine Geschichte, ein kleines Abenteuer. Im Alter lassen sich Menschen nicht mehr so leicht begeistern. Stimmt dieser Satz? Ist Gelassenheit, Antriebslosigkeit, Trägheit, Niedergeschlagenheit, Resignation und was weiß ich noch alles ein altersspezifischer Zustand? Ist die tägliche Nahtoderfahrung vor dem Fernseher eine Alterserscheinung?


Sie ist es nicht und zwar dann nicht, wenn eine Grundhaltung für Begeisterung vorhanden ist. Freude, Idealismus, Einsatz sind nur einige Begriffe, die uns Menschen anleiten Begeisterung zu empfinden, zu verbreiten. Alt werden ist eine biologische Konstante, aber alt sein im Sinne von Trägheit und Antriebslosigkeit ist man nur dann, wenn Mann oder Frau es will oder wenn man anders nicht mehr kann. Ich möchte daher die Behauptung aufstellen, dass die Begeisterungsfähigkeit nicht das biologische Alter wiedergibt wohl aber zumindest zum Teil, das unabhängig vom Alter gebliebene Jungsein ausmacht. Wir haben alle erlebt, wie uns das Pfadfindersein begeisterte und immer noch begeistert. Wenn wir uns erinnern, was denn so begeisternd war und ist, dann war und ist es nicht die abstrakte Idee der weltumfassenden Pfadfinderbewegung, sondern vielmehr die Aktivitäten, die Erlebnisse vielfältigster Art, die Lager, unvergessliche Eindrücke, die uns zu begeisternden Pfadfindern und Pfadfinderinnen machten. Unsere Begeisterung war also an Ereignisse gebunden, die in der Pfadfinderidee eingebettet und geeignet waren die Begeisterung hervorzurufen, die uns bis heute getragen hat. Baden Powell hat erkannt, dass Begeisterungsfaktoren geschaffen werden müssen, um diese Begeisterung zu erzeugen. Er war ein Genie. Um es mit dem Dichter Christian Friedrich Hebbel zu sagen: Genie ist Intelligenz der Begeisterung. Diese Begeisterungsfaktoren zu schaffen mag im kindlichen und jugendlichen Alter leicht sein, wenn Abenteuer, Freundschaft, das Erreichen der eigenen Grenzen etc. vermittelt werden. Aber auch hier ist nicht alles so, wie wir gerne glauben wollen. Wenn Fußball spielen, Schwimmen, Kinobesuche etc., weder gegen das eine oder andere ist etwas zu sagen, jedoch die identitätsstiftenden Grundlagen des Pfadfinderseins ersetzen, dann werden auch im jugendlichen Alter jene Begeisterungsfaktoren fehlen. Sie werden nicht mehr vorhanden und auch nicht in der Lage sein die Menschen bis ins Alter zu tragen. Diese Begeisterungsfaktoren für unsere Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen im Sinne der Pfadfinderidee ist Aufgabe der Aktivitas und für alle, diese Begeisterungsfaktoren immer wieder einzufordern. Wenn Gleichmacherei mit Zeitgeist verwechselt wird und die spezifische Pfadfindererziehung aus Bequemlichkeit oder Dummheit, oder aus beiden Gründen aufgegeben wird, dann wird schon bei den Jüngsten jene Begeisterung fehlen, und dem Pfadfindersein - einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder ein unrühmliches Ende bereiten. Man kann lernen häufig Begeisterung zu spüren. Begeisterung setzt sich jedoch der Möglichkeit des Scheiterns oder der Enttäuschung aus. Dennoch gilt sich lebenslang die Begeisterung zu bewahren. Aber wie? Von der eingangserwähnten Wortbedeutung von Begeisterung ausgehend heißt Begeisterung, dass man etwas mit Geist verbindet, also mit seiner eigenen Psyche. Begeisterung beinhaltet Energie, Aufmerksamkeit und Engagement.
Es gibt Kurse in denen man Begeisterung erlernen kann, wie man sie steigert, wie man andere damit anstecken kann. Viele ältere Pfadfinder und Pfadfinderinnen brauchen sie nicht. Warum nicht? Weil sie in ihrer aktiven Pfadfinderzeit aufgrund ihrer Erlebnisse begeistert waren und immer noch sind. Im Alter angekommen gilt es wieder altersgerechte Erlebnisse in vielfältigster Form zu schaffen, zu verwirklichen. Nicht nur um die eigene Begeisterung anzufachen, sondern um sie zu übertragen und andere zu beflügeln. Wenn dies übertrieben scheint, dann zumindest andere damit aufzuwecken. Was fehlende Begeisterungsfähigkeit bewirken kann, ist an vielen Beispielen zu erkennen. Schauen wir beispielsweise auf die katholische Kirche. Tausende verlassen jedes Jahr die Kirche und die meisten von ihnen nicht wegen der Kirchensteuer oder einem pädophilen Bischof, sondern weil die Begeisterung für das Christentum fehlt. Die frühchristliche Begeisterung für den neuen Glauben hat blutrünstigen Cäsaren getrotzt, hat Vertreibungen und Martyrien überstanden. Heute wird nach einem manchmal fadenscheinigen Grund gesucht, der mit dem Christsein an sich nichts zu tun hat, um sich abzuwenden, weil eben jene Begeisterung fehlt, die zur Grundhaltung eines Christen unabdingbar ist. Ich könnte auch Ehekrisen als negative Beispiele anführen. Auch hier ist die frühere Begeisterung, die man für den Partner/die Partnerin empfunden hat, dahin. Begeisterung ist eine Triebfeder im „Nonprofitbereich“. Sie wirkt wie das Geld, als Schmiermittel im kapitalistischen Geschehen. Begeisterung ist Freude und wer will sich nicht freuen? Begeisterung gehört zum Menschen dazu und ich bin überzeugt, dass ohne die Tiefe der Begeisterung unser Menschsein nicht gelingen kann. Begeisterung hat wie ausgeführt auch mit Leidenschaft zu tun und diese Leidenschaft hat den heiligen Augustinus zu folgendem Satz veranlasst:
Keine große Tat geschah, deren Mutter sie nicht war.
Peter
