Pasta! Februar 2018 - Passauer Stadtmagazin für Genusskultur

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52 AUF DEN PUNKT

dem Reformhaus schmecken im Vergleich meist fad und flach. Dabei handelt es sich nämlich um Reinzuchtsauer, also industriell hergestellte, mit bestimmten Bakterienkulturen geimpfte Mischungen, die dem Bäcker eine sichere, stabile Leistung garantieren und deshalb wirtschaftlicher sind. Aber beim Sauerteig ist es nicht anders als bei anderen Lebensmitteln: Höhere Wirtschaftlichkeit geht auf Kosten des Geschmacks. In individuellen Sauerteigstartern hingegen wurden mehr als 300 Aromen festgestellt; so entstehen geschmacklich außergewöhnliche, von Stadt zu Stadt und von Bäcker zu Bäcker verschiedene Sauerteigbrote. Es wäre wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass sogar jedes Sauerteigbrot ein geschmackliches Unikat ist, denn alleine der Umstand, dass ein Brotteig nur eine Minute länger in der Gare ist als ein anderer, beeinflusst den Geschmack (auch wenn

Sauerteigstämme können weitergegeben werden.“ der Unterschied dann minimal ist). Früher hatte jedes Dorf, jeder Bäcker und jedes Kloster seinen eigenen Sauerteigstamm. Viele dieser Kulturen wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Auch heute noch gibt es Bäcker, die hunderte Jahre alte Sauerteigstämme pflegen, hegen und an die nächste Generation weitergeben. Im Laufe einer so langen Zeit entwickeln die Sauerteige eine hochkomplexe Aromenvielfalt, die sich natürlich im Geschmack des Brotes niederschlägt. Aber keine Angst: Wir müssen nicht 250 Jahre warten, um einen aromatischen Sauerteig herstellen zu können. Das Ansetzen eines eigenen Sauerteigstarters ist kinderleicht und dauert nur ein paar Tage. Wollen Sie das mal ausprobieren? Dann los!

Hintergrund

DER LANGE WEG DES SAUERTEIGS Vor langer Zeit waren alle Brote, die unsere Vorfahren aßen, Sauerteigbrote. Mit dem Beginn der Landwirtschaft vor vielen tausend Jahren begannen die Menschen, ihr selbst angebautes Getreide zu mahlen und aus dem Mehl und etwas Wasser eine Art Brei sowie Fladenbrot herzustellen. Wenn das Wasser-Mehl-Gemisch lange genug im Freien stand, wurde es bald von zahllosen Bakterien, Hefen und anderen Mikroorganismen besiedelt. Dadurch begannen die Menschen, mit Hilfe der Wildhefen und bewusster Gärung des Teigs qualitativ hochwertige und bekömmliche Brote zu backen. Die ältesten bislang dokumentierten Mahlsteine stammen aus der Jungsteinzeit und sind ca. 7.500 Jahre alt. Der älteste erhaltene Brotlaib stammt aus dem 4. Jahrtausend vor Christus und wurde in der Schweiz entdeckt. Das erste Volk, das die Herstellung von Sauerteigbrot schriftlich aufgezeichnet hat, waren die Ägypter. In der Antike wurde das Backen mit Sauerteig von den Griechen und Römern gleichermaßen gepflegt, während es im europäischen Mittelalter wieder in Vergessenheit geriet. Nur einige Klöster bewahrten die Kunst des Backens mit Sauerteig. Das Aufkommen von Zuchthefen im 19. Jahrhundert verdrängte ebenfalls den Sauerteig aus den Backstuben. Erst im 20. Jahrhundert begannen traditionsbewusste Bäcker wieder, Sauerteige zum Leben zu erwecken.

VollkornSauerteigstarter Zutaten •

75 g Bio-Dinkelvollkornmehl

75 g Bio-Roggenvollkornmehl

180 g Leitungs- oder stilles Mineralwasser


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