oora 43 • Fantasie

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13. Jahrgang • 1/2012 • Nr. 43 (März) 5,50 EUR/7,50 SFr (Einzelpreis)

www.oora.de

Die christliche Zeitschrift zum Weiterdenken

Fantasie

Komm mit ins Wunderland

Sehnsuchtsliteratur C.S. Lewis als Fantasy-Autor Seite 25

Muse, küss mich! Tipps zur Entfaltung fantastischer Fähigkeiten von Eva Jung Seite 18

Mit dem Körper glauben Eine verloren gegangene Dimension unserer Spiritualität wiederentdecken Seite 44


Bunte Drachenkreationen 2011 auf dem Internationalen Drachen-Festival in Portsmouth, S端dengland. 2

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Aus dem ooraversum

Editorial

Das Team von links nach rechts: Michael, Jörg, Anne, Matthias, Johanna, Daniel

Anneke macht Babypause Auf Seite 30 schreibt sie sogar darüber. Anneke hat mittlerweile ihr drittes Kind bekommen und macht das Jahr 2012 deshalb eine Babypause. Wir haben ihr zur Überbrückung ein Jahresabo der Zeitschrift »Eltern« geschenkt. Die vereint Eltern sein und ihre journalistische Leidenschaft und ist deshalb die richtige Lektüre für Annekes Auszeit.

Ina Taggeselle lektoriert Bisher hat Anneke immer den ersten Lektoratsdurchlauf gestemmt. Durch ihre Pause wurde diese Stelle frei. Und die hat jetzt Ina aus Erlangen. Mit ihr haben die Franken im Team nunmehr die Oberhand gewonnen. Was nicht nur schlecht ist. Ina ist Logopädin und liest leidenschaft lich gerne und viel. Gigantisch, dass sie unser Team im Lektorat verstärkt.

Daniel Hufeisen neuer Redakteur Wir freuen uns, dass Daniel Hufeisen als neuer Redakteur bei oora mit dabei ist. Wir konnten uns beim Redaktionstreffen im Februar diesen Jahres in Nordhausen bereits kennen und schätzen lernen. »Hufi« bloggt unter www.einaugenblick.de und engagiert sich außerdem bei Emergent Deutschland und www.fairlangen.org. Herzlich Willkommen!

Keinen Drachen kann man so hoch steigen lassen wie den der Fantasie. Lauren Bacall (*1924) amerikanische Schauspielerin und Witwe von Humphrey Bogart // Momentan lese ich – Michael – ein Märchen, das 1895 erschienen ist. Es stammt von dem schottischen Pfarrer und Autor George MacDonald, den C.S. Lewis später einmal als seinen »Meister« bezeichnete. In diesem Buch mit dem Titel Lilith entdecke ich viele Parallelen zu dem Werk von Lewis: Der junge Mr. Vane gelangt in dem geerbten Anwesen mit den tausend Büchern durch einen Spiegel auf dem Dachboden in eine andere Dimension und erlebt dort allerlei Unvorstellbares. Philosophische Auseinandersetzungen kommen in dem Buch ebensowenig zu kurz wie eine fantastische Tierwelt. Erinnert schon sehr an Lucy und den Wandschrank. Und an Lewis anschauliche Apologetik. Als wir beim Redaktionstreffen über das Schwerpunktthema »Fantasie« diskutierten, fand es sehr breiten Zuspruch. Jörg zum Beispiel war ganz begeistert, weil die Fantasie sein liebster Arbeitsplatz ist. Es helfe ihm, sich ein Ziel auszumalen und zu erträumen, um sich zu fokussieren und so entschlossen und klar in die anvisierte Richtung zu gehen. Johanna, die im Brainstorming auf das Thema gekommen war, wies auf die Energie und Kraft hin, die Fantasie in uns bewirken kann. Und mir gefiel allein der Begriff »Fantasie« schon so gut, dass ich einfach dafür abstimmen musste. In der eigenen Fantasie können wir uns alles ausdenken, was es gibt. Und sogar das, was es nicht gibt. Nicht geben kann. Wir können beispielsweise die Schwerkraft aufheben. Oder uns ausmalen, wie wir als Obdachloser oder als reichster Mensch der Erde leben würden. Fantasie schafft in uns Welten und kennt dabei keine Grenzen. Albert Einstein hat einmal gesagt: »Fantasie ist wichtiger als Wissen. Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfaßt die ganze Welt.« Ich glaube, er wollte damit auf das Potenzial hinweisen, welches unsere Vorstellungskraft birgt. Wenn wir immer nur das wiederholen, was wir schon kennen, entsteht dabei nichts Neues. Die Freiheit der Fantasie ist das Tor zu neuen Entdeckungen. Sie »ist keine Flucht in das Unwirkliche, sie ist Kühnheit und Erfindung« sagt der rumänisch-französische Schriftsteller Eugène Ionesco. Wir haben Günter Matthia gebeten, eine exklusive Fantasiegeschichte für oora zu schreiben. Mit dieser steigen wir auf Seite 6 ein. Und beenden den Schwerpunkt auf Seite 25 mit genanntem C.S. Lewis – dem Meilenstein-Autor der christlich-fantastischen Literatur. Diese Ausgabe ist dabei die erste, die auch innen vollständig farbig ist. Bunt sozusagen. Wir machen das als Experiment im Rahmen dieses Fantasie-Heftes. Jetzt müsst ihr uns nur noch sagen, ob es euch gefällt oder ob ihr das Schwarz-Weiß-Rot zurückhaben wollt. Also: Wie findet ihr es, dass oora ganz bunt ist? Sollen wir das auch in Zukunft so machen? In Freundschaft, Dein oora-Redaktionsteam oora.de

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Inhalt Schwerpunkt: Fantasie 6

Der Käfer

oora

Artikel, die mit dem Lautsprecher gekennzeichnet sind, gibt es als Audioversion in iTunes und auf www.oora.de/audio.

Quergedacht 26

Eine Fantasiegeschichte

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Die Kunst des Sehens

29

Die Ethikfrage

KERSTIN SCHELLENBERGER

30

Hilfe, werde ich spießig?

Praxiserprobte Schritte, Gottes Stimme zu hören

Ein psychologischer Test

32

Motivator hinter den Kulissen der Bundesliga

Interview mit David Kadel INTERVIEW: JOHANNA WEISS

Der Traum wird wahr

Gründung eines Indianer-Krankenhauses im Hochland von Peru

Wie das Leben so spielt ANNEKE REINECKER

Was siehst du?

MICHAEL ZIMMERMANN

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Neues aus dem Hinterhof der Geistlichkeit KOLUMNE: AXEL BRANDHORST

GÜNTER J. MATTHIA

9

Es nervt

36

DR. KLAUS-DIETER JOHN

Ich mische mich ein

Politische Mitgestaltung ohne in einer Partei zu sein DENISE RIEBISCH

18

Muse, küss mich!

Tipps zur Entfaltung fantastischer Fähigkeiten

39

EVA JUNG

Bindefäden statt Nägel

Leserportrait Stephan Riemer CHRISTINE ZIMMERMANN

20

Autogenes Training

Pro und Kontra

40

FRANK KOHLMANN / MICHAEL KOTSCH

Echt-Vintage

Unter der Oberfläche KOLUMNE: LINDA ZIMMERMANN

22

Die Geburt des Oleg Zenkowski

Oder: Wie ich einen Roman schreibe

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25

nie hier LYRIK: FRANZISKA ARNOLD

OLIVER ZENK

Sehnsuchtsliteratur

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Buchrezensionen

DR. JÜRGEN SPIESS

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Mit dem Körper glauben

C.S. Lewis als Fantasy-Autor Eine verloren gegangene Dimension unserer Spiritualität wiederentdecken DANIEL SIKINGER

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Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte

Mein Freund Gott und ich KOLUMNE: MICKEY WIESE

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oora fragt | Fantasie

oora fragt: Welches Gerät würdest du gerne erfinden, um deinen Alltag zu erleichtern?

Ich brauche einen Schnupfennasenkatheterleistungsregulierantivergesslichkeitsgenerator. Dieses Gerät würde meine Alltagsbeschwerden in den Schatten stellen.

Alice, 35, Christusbruderschaft Selbitz

Samuel, 25, Marburg

Ich hätte gern einen kleinen Übersetzer-Knopf für´s Ohr, um Menschen besser verstehen zu können: fremde Sprachen, Kulturen und soziale Milieus; unterschiedliche Generationen, Persönlichkeitstypen und Lebenshintergründe ...

Benjamin, 30, Karlsruhe

Eine Papierberg-Abarbeit-Maschine. Damit ich automatisch Ordnung in meinen gefühlt drei Meter hohen Berg aus Bafög-Unterlagen, Papers aus Vorlesungen und Hochzeitsvorbereitungen bekomme.

Ich hätte super gerne zwei Geräte, zum einen ein Gerät, welches alles wieder an seinen Platz zurückräumt und zwar ordentlich! Und ein zweites, sozusagen eine Google-Suchmaschine für den Haushalt, das beispielsweise den verschlampten Kuli orten kann.

Judith, 32, Dresden oora.de

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psst.

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Der Käfer | Fantasie

Der Käfer Eine Fantasiegeschichte Text: Günter J. Matthia

Audioversion unter www.oora.de/audio

Mancher Tag beginnt so, wie der Traum der Nacht aufgehört hat. Die Geschichte einer ungewöhnlichen morgendlichen Begegnung. // Als Lea eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand sie sich nicht in ein ungeheures Ungeziefer verwandelt, obwohl sie in den ersten Augenblicken nach dem Weckerklingeln davon überzeugt war, zu einem Käfer geworden zu sein. Warum ausgerechnet Franz Kafkas sonderbare Fantasie ihren lebhaften Traum bestimmt hatte, vermochte sie nicht zu sagen, die Lektüre seiner Erzählungen lag Jahre zurück. Jedenfalls war der Traum so eindrücklich gewesen, dass sie beim Aufwachen fest damit rechnete, es würden Insektenbeine, und zwar sechs Stück, unter der Bettdecke hervorkommen, als sie diese beiseite schob. »Hallo Arme, hallo Beine«, murmelte sie erfreut. Bauch und Brüste hatten ebenfalls nichts käferiges an sich. Das Schicksal des Gregor Samsa war ihr ganz offensichtlich erspart geblieben. Lea stand auf und ging in die Küche, drückte auf dem Display ihrer Kaffeemaschine auf Latte und trat dann auf den Balkon. Sie liebte diese drei bis vier Minuten am Morgen, in denen sie mit ihrer nackten Haut die Welt und das Leben erspürte, während sie eine erste Zigarette rauchte. Sommer, Winter, Frühling, Herbst, Regen, Sonne, Nebel, Schnee – nichts konnte sie von ihrem Kurzbesuch auf dem Balkon vor der Dusche abhalten, höchstens einmal eine ernsthafte Erkrankung. Ein Käfer saß auf dem Geländer, ein großer grünlich schimmernder Käfer. Gewöhnlich ekelte sich Lea vor allem, was sechsbeinig die Welt bevölkerte, Mücken, Wespen und Fliegen wurden von ihr ohne Federlesen ihres Daseins beraubt, Spinnen durften weiter ihre Netze weben, solange sie dies nicht in der Wohnung taten, Käfer wurden in der Regel in weitem Bogen weggeschnipst. Doch an diesem Morgen stupste Lea den ungebetenen Balkongast nur ganz vorsichtig mit der Spitze ihres Fingers an, statt ihn

die zwei Stockwerke in die Tiefe zu stürzen. Er krabbelte träge einen Zentimeter zur Seite und blieb dann wieder still sitzen. Das Grün schimmerte jetzt in der Morgensonne bräunlich. »Ich habe geträumt«, sagte Lea, »ich sei du. Oder du seist ich.« »Wir sind, was wir sind – und tun, was wir tun«, antwortete das Insekt. Die Stimme war fein und leise, aber deutlich zu verstehen. Lea zuckte mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette. Vielleicht träume ich ja noch. Ein redefreudiger Käfer! Ach du liebe Güte! Sie belehrte das Tier: »Käfer sprechen nicht.« »Wenn es sein muss, kann sogar ein Esel reden.« »Was für ein Esel? Meinst du etwa mich?« »Natürlich nicht. Du wärst ja eine Eselin, wenn überhaupt. Ich dachte an Bileam und sein störrisches Lasttier.« Lea konnte sich nur ganz dunkel erinnern, die Geschichte vor langer Zeit gehört oder gelesen zu haben. War das irgend ein orientalisches Märchen? Warum hat das Tier angefangen zu reden? Mit wem? Egal – ich muss jetzt zur Arbeit.

Vielleicht träume ich ja noch. Ein redefreudiger Käfer! Ach du liebe Güte! »Einen schönen Tag noch«, wünschte sie dem gebildeten Krabbeltier. »Danke, Lea. Lass dir heute etwas mehr Zeit als sonst.« Sie ging kopfschüttelnd in die Küche zurück, trank den ersten Kaffee, drückte auf Latte für den zweiten und verschwand im Bad, um zu duschen. oora.de

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Fantasie | Der Käfer

Der Käfer hatte keine Zeit, auf Leas Dank zu warten. Er war schon unterwegs zu seiner nächsten Aufgabe. Der betreffende Mensch las gerade ziemlich vertieft in einer Zeitschrift. Hoffentlich ist meine Stimme laut genug, dachte Gregor, der wusste, dass dieser Mensch nichts mit Insekten geträumt hatte. Sonst muss ein Esel her! // 8

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halt.

Bevor Lea die Wohnung verließ, um zur Arbeit zu fahren, schaute sie noch einmal auf den Balkon. Der Käfer war verschwunden. Inzwischen wärmte die Frühjahrssonne recht kräftig, das Tier hatte wohl die nächtliche Kältestarre hinter sich gelassen und sein Tagewerk begonnen, was immer das auch sein mochte. Blätter knabbern? Höhlen graben? Philosophische Reden halten? Das Auto war noch kühl von der Nacht, Lea öff nete das Fenster einen Spalt, um Wärme hereinzulassen. Sie drehte den Zündschlüssel, der Motor sprang an. Blick in den Spiegel, alles frei. Losfahren, eintauchen in den Berufsverkehr. Ein Tag, ein Morgen wie jeder andere, von Wochenenden einmal abgesehen. Lea fiel der Traum wieder ein, als sie schon gut zehn Minuten unterwegs war. Wenn ich jetzt ein sechsbeiniges Insekt wäre, mit Flügeln ausgestattet, dann könnte ich natürlich den Stau überfliegen. Die Parkplatzsuche würde auch entfallen. Meine Kollegen würden sich vermutlich etwas gruseln, aber schließlich doch daran gewöhnen … vorausgesetzt, ich könnte als Käferin meiner Arbeit weiter nachgehen. Sie überlegte, warum der Käfer ihr geraten hatte, sich mehr Zeit als sonst zu lassen, kam aber auf keine Antwort. Da Tiere, Insekten insbesondere, sowieso nicht reden konnten, war die Frage auch müßig. Nicht einmal Loriots sprechender Hund hatte das mit dem Atomstrom richtig artikulieren können. Unterhaltsam fand sie das morgendliche Balkongespräch allemal, aber natürlich hatte es nichts mit dem wirklichen Leben zu tun. Immerhin war er ganz nett, der braungrüne Gesell. Ob er wohl einen Namen hat? Gregor vielleicht? Wäre ich als Insekt aufgewacht, hätte er vielleicht mein Lebensgefährte werden können … Inzwischen war sie auf der Stadtautobahn, 80 Stundenkilometer waren erlaubt, aber zahlreiche Fahrzeuge überholten Lea mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten. Sie überließ es wie gewohnt der Tempoautomatik, sie vor Strafzetteln zu bewahren; darüber hinaus hatte ja das Balkoninsekt von Eile am heutigen Tag abgeraten. Gregor rät zu Gelassenheit, schmunzelte sie. Nach 30 Minuten Fahrt näherte sich Lea ihrem Ziel. Noch drei Ampelkreuzungen, dann hoffentlich ein freier Parkplatz in der Nähe der Firma. Die Stimme, fein und leise, erklang dicht neben ihrem Ohr: »Es ist zwar grün, aber wir halten lieber an.« Lea dachte nicht nach, sondern trat auf die Bremse. Sie drehte den Kopf. Auf der Lehne des Beifahrersitzes saß der Käfer. »Was zum Teu …« »Es ist besser so«, erklärte das Insekt. Lea blickte nach vorn. Ein 30-Tonner raste quer über die Kreuzung.

Günter J. Matthia (56) ist Autor mehrerer Bücher und zahlreicher Artikel. Er lebt mit seiner Ehefrau in Berlin, nimmt am emergenten Dialog teil und beschränkt sein Schreiben nicht auf fromme Bereiche oder Sachtexte. Seine beiden Blogs gewähren Einblick in sein weitgefächertes Spektrum: gjmatthia.blogspot.com: kunterbunt und fast täglich + gjmberlin.wordpress.com: für die längeren Artikel.


Rezensionen | Quergedacht

ücher, die wir gelesen haben Donald Miller

Jostein Gaarder

Gary A. Haugen

Eine Million Meilen in tausend Jahren

Das Orangenmädchen

Freiheit für Linh Die riskante UndercoverOperation zur Rettung aus Kinderprostitution und moderner Sklaverei

Was ich beim Umschreiben meines Lebens gelernt habe

Als der Filmemacher Steve einen Film über Dons Leben machen will, muss dieser zunächst schlucken. Sein wahres Leben sei viel zu langweilig für die Zuschauer im Kino. Die Story müsse aufgepeppt werden. So lernt der Autor Donald – Don – Miller: Bei einer guten Geschichte geht es um »eine Figur, die etwas will und Konfl ikte überwindet, um es zu bekommen.« Als er diese Lektion auf sein Leben übertragen will, wird ihm bewusst, dass große Momente so gut wie nie auf dem heimischen Sofa passieren und verwandelt sich von einer Schlafmütze in einen Abenteurer. Er lernt etwas über die Schönheit einer Tragödie und darüber, wie man die triste Alltagsroutine in einen bedeutungsvollen Epos verwandeln kann. Wer das amerikanische Flair mag, der findet reichlich Anlass zum Neuordnen seiner eigenen Werte und hat die Chance sich auf das Wesentliche auszurichten. Manches wirkt dabei etwas konstruiert, das meiste ist jedoch sehr inspirierend. Deshalb 7 von 10 Punkten. /// Michael Zimmermann

»Das Leben ist eine gigantische Lotterie, bei der nur die Gewinnerlose sichtbar sind. Du, der du dieses Buch liest, bist so ein Gewinnerlos.« Jostein Gaarder schreibt hier aus der Sicht des 15-jährigen Olaf, der einen über zehn Jahre alten Brief seines verstorbenen Vaters liest. Der Vater teilt darin die Geschichte des geheimnisvollen Orangenmädchens, und Olaf kommentiert die Zeilen seines Vaters. So erzählen beide gemeinsam eine wundersame Liebesgeschichte und weihen den Leser gleichzeitig in die von ihnen wahrgenommenen Rätsel und Wunder der Natur sowie in die Musik des Alltags und Universums ein. Die Wirkung des Orangenmädchens ist ähnlich wie die des Besuchs einer Kathedrale oder Gemäldesammlung, bei dem sich der Blick so sehr auf sonst ignorierte Details eingelassen hat, dass man sich nach Verlassen des Ortes kurz wie aus einer anderen Welt fühlt, ehe man wieder Teil des Trubels wird. /// Johanna Weiß

Der frühere UN-Chefermittler im ruandischen Völkermord Gary A. Haugen berichtet gemeinsam mit Gregg Hunter über einen Einsatz in Kambodscha der International Justice Mission (international tätige christliche Menschenrechtsorganisation). Dieser Einsatz hat zum Ziel, möglichst viele Kinder aus einem Dorf zu befreien, welches als Pädophilenparadies bekannt ist. In die Erzählung fl ießen Berichte aus anderen Projekten der IJM ein, welche erschütternd und ehrlich von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Schuldsklaverei und juristischer Willkür berichten. Es ist frustrierend zu erkennen, wie schwer und gefährlich es sein kann, Gutes zu tun. Es ist motivierend zu sehen, wie wichtig und erfüllend es ist, mit Gottes Beistand durchzuhalten. /// Eva-Maria Müller

Taschenbuch, 284 Seiten, LUQS Verlag 2010 ISBN 978-3940158031, € 8,95

Taschenbuch, 192 Seiten, dtv 2007 ISBN 978-3423623124, € 8,95

Gebundene Ausgabe, 272 Seiten, Brunnen-Verlag 2009 ISBN 978-3765517075, € 14,95

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Öffne deine Hände – am Morgen 44

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Mit dem Körper glauben | Quergedacht

Mit dem Körper glauben Eine verloren gegangene Dimension unserer Spiritualität wiederentdecken Text: Daniel Sikinger

Audioversion unter www.oora.de/audio

Uns ist etwas verloren gegangen. Vielleicht haben wir es aber auch ganz bereitwillig fallen gelassen. Jedenfalls blenden wir eine bestimmte Dimension unserer Spiritualität recht erfolgreich aus. Es geht hier um unseren Körper und darum, wieder Wege zu finden, die leibliche Dimension in unsere Gottesbeziehung zu integrieren. Drei Gebetsgesten sollen dabei helfen. // Heute sind Körper und Spiritualität in der Praxis weitgehend voneinander getrennt. Das war nicht immer so. Die jüdische und frühchristliche Tradition hatte sich die Leibhaftigkeit des Glaubens noch bewahrt. Wenn in der Bibel einem Menschen Gott begegnete und wenn in jener Zeit Menschen beteten, dann war das stets eine ganzkörperliche Angelegenheit. Die Menschen warfen sich zum Beispiel nieder, berührten mit dem Angesicht die Erde oder erhoben ihre Hände. Die synonyme Verwendung von Körperhaltungen und Gebet in der biblischen Sprache zeigt: Eine Geste war bereits ein Gebet. Doch das ist lange her. Irgendwo auf dem Weg der Jahrtausende ist uns dieser Schatz abhanden gekommen. Nicht selten wird die Meinung vertreten, Glauben sei eine reine Kopf- und Herzenssache oder – viel schlimmer – man müsse sich sogar vom Körperlichen befreien, weil dieses schmutzig und sündig sei. Aber das Gegenteil ist der Fall. Körperliches und Innerliches sind untrennbar miteinander verbunden. Darauf weist uns einerseits die Psychosomatik hin. Andererseits ist aus theologischer Perspektive festzuhalten: Wenn wir ernst machen mit der Schöpfung und der Inkarnation (zu Deutsch: Fleischwerdung) Gottes, dann kommen wir nicht umhin auszurufen: Glauben ist leiblich! Doch selbst wenn wir das erkannt haben, stehen wir vor der Frage: Wie kann so eine leibliche Spiritualität aussehen und wie kann sie in der Praxis eingeübt werden? Wo soll ich konkret nach dem Schatz suchen und wo ist ein Fund aussichtsreich? Diese Fragen führten mich zur ostkirchlichen Tradition und zur Praxis der Gebetsgesten. In der Ostkirche wird über weite Strecken dem Leib eine besondere Rolle in der Gottessuche zugewiesen. Man sucht, wie der orthodoxe Theologe Gregor Palamas sagt, »Unkörperliches im Körperlichen zu fassen«. Das ostkirchliche Sitzen, aber auch andere Gebetshaltungen werden heute von Menschen aller Konfessionen wiederentdeckt. Für diese Christen sind die Gebetsgesten Ausdruck ihrer Gottesbe-

ziehung. Ihr Leib betet mit ihrem Inneren. Ja, ihr Leib selbst betet, ganz ohne Worte. Die Gesten helfen ihnen besonders dann ihrem Glauben Ausdruck zu verleihen, wenn sie sonst sprachlos bleiben. Umgekehrt öff nen die Gesten sie aber auch für eine Gottesbegegnung. Denn durch die Gesten üben sie Ehrfurcht, Offenheit oder innere Präsenz ein und solche Haltungen helfen ihnen, Gottes Gnade zu empfangen. So spiegelt sich die innere Haltung Gott gegenüber in einer Gebetsgeste wieder. Gleichzeitig kann die äußere Körperhaltung aber auch eine veränderte innere Haltung bewirken. Die ostkirchliche Tradition und die Gebetsgesten sind es, die für mich Hinweise auf die verloren gegangene, leibliche Dimension unserer Spiritualität sind. Ich bin ihnen bereits einige Zeit gefolgt und lade dich ein, mit mir – im Rhythmus des Tages – auf Spurensuche zu gehen und drei Gebetsgesten auszuprobieren.

Die Gesten helfen ihnen besonders dann ihrem Glauben Ausdruck zu verleihen, wenn sie sonst sprachlos bleiben. Öffne deine Hände – am Morgen

Die Gestik der Hände ist von jeher besonders bedeutsam. Eine der vielen möglichen Handgesten ist das Öff nen der Hände. Damit zeigen wir Offenheit und Hingabe. Wir halten Gott unsere leeren Hände hin und machen uns bewusst: Was mir zukommt, das ist mir von Gott gegeben. Auch nehmen wir mit unseren geöff neten Händen die Dinge in die Hand, die wir schaffen und gestalten oder wir berühren Menschen, verweigern ihnen aber auch allzu oft unsere Hand und damit unsere Hilfe. Probiere diese Geste in einer stillen Minute am Morgen aus. Halte damit Gott hin, was du anpacken musst und wo du Menschen die Hand reichen willst. Du kannst so auch zum Ausdruck bringen, dass du in alledem leere Hände hast und auf Gottes Eingreifen angewiesen bist. Gott wird deine Hände füllen und sein Geist wird sie kräftigen. Dankbar kannst du so den Tag beginnen und bereits für das bitten, was dich heute beschäftigen wird. oora.de

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Quergedacht | Mit dem Körper glauben

Halte deine Hände vors Gesicht – am Mittag

Halte deine Hände vors Gesicht – am Mittag

Am Mittag haben wir oft das Bedürfnis kurz zur Ruhe zu kommen. Um dich zu dieser Tageszeit neu auf Gott auszurichten, kannst du dich für einige Minuten zurückziehen, zum Beispiel auf das firmeneigene stille Örtchen oder auf eine einsame Parkbank. Durch die Geste des Hände-vors-Gesicht-Haltens bekräftigst du deine Suche nach Gott. Sich durch eine Geste zum Gebet zurückzuziehen, ist in vielen Religionen bekannt. Orthodoxe Juden beispielsweise legen beim Morgengebet einen Gebetsschal über Kopf und Schultern. Unter anderem schirmt sich der Träger mit ihm von seinem Umfeld ab: Sein Sichtfeld, aber auch seine Sichtbarkeit werden eingeschränkt. Die weit ins Gesicht fallende Kapuze oder auch Kukulle, die manche Mönche beim Chorgebet überziehen, hat eine ganz ähnliche Funktion. Und von der Mutter John Wesleys erzählt man sich, sie habe am Küchentisch gelegentlich ihre lange Schürze über den Kopf geschlagen, um zu beten. 46

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Kreuze die Arme über deiner Brust – am Abend

Mit der gleichen Absicht kannst du die alte Geste nachvollziehen und deine Hände mit ein wenig Abstand vor dein Gesicht halten. Diese Gebärde schirmt dich von allem um dich herum ab, verweist deine Blicke auf dich selbst und richtet deine Aufmerksamkeit auf dein Inneres. Nichts soll jetzt stören oder ablenken. Du kannst nun allein sein vor Gott, mitten im Trubel des Alltags. Verharre einen Moment in dieser Haltung und spüre die Wärme deines Atems auf den Handflächen. Lege erst nach einer Weile deine Hände langsam und behutsam auf dein Gesicht. Die Wahrnehmung der Wärme und Zärtlichkeit kann für dich zum Ausdruck eines Geheimnisses werden – Gott möchte eine innige Beziehung mit dir pflegen, auch in deiner zweiten Tageshälfte. Kreuze die Arme über deiner Brust – am Abend

Lege zuerst die rechte Hand auf die linke Schulter. Halte einen Moment inne. Lege dann die linke Hand auf die rechte Schulter und halte wieder inne. Wenn ich von der Arbeit nach Hau-


EINE VERGESSENE SPRACHE WIEDERENTDECKEN

HEILUNG KÖRPER

se komme, bleibe ich so noch einige Augenblicke im Dunkeln meines Autos sitzen und schließe mit dieser Geste den Tag ab – die Arme gekreuzt über der Brust, sodass die Fingerspitzen die Schultern berühren. Wenn man eine Tür schließt, bewegt man die Arme in ganz ähnlicher Weise, wie in der Bewegung des Armekreuzens. Die Geste schließt gewissermaßen die Tür des Tages. Sie erinnert aber gleichzeitig an eine Umarmung. Umarmt wird das Gegensätzliche des Lebens, das Rechte und das Linke, das Leichte sowie das Schwere des vergangenen Tages. Wenn du dir also die erste Hand auf deine Schulter legst, kannst du daran denken, was unfertig geblieben ist an diesem Tag, was dir misslungen ist und was spannungsreich bleibt. Bei der zweiten Hand kannst du das Gelungene dieses Tages bedenken, das Schöne und Gute. Kreuze die Arme über der Brust und umarme in Dankbarkeit die Gegensätzlichkeiten deines Alltags. Schließe die Tür des Tages und gib dem Schweigen und der Ruhe Raum. Du kannst mit dieser Geste des Kreuzes das Gelungene wie auch das Liegengebliebene oder Misslungene in Gottes Hände zurückgeben.

GEBET

Damals wie heute soll und darf deine Spiritualität ganzheitlich sein und dich deshalb auch als körperliches Wesen betreffen.

KRAFTM UTBERE ITSCHAF TKRAFT HEILUNG BEREITS CHAFTK RAFTMU TKRAFT HEILUNG BEREITS CHAFTK RAFTMU Mit dieser DVD laden wir dich ein, eine vergessene Sprache wieder zu entdecken.

Damals wie heute soll und darf deine Spiritualität ganzheitlich sein und dich deshalb auch als körperliches Wesen betreffen. Da wir gegenwärtig aber oft den Bezug zu unserem eigenen Körper verloren haben, müssen wir uns wieder neu auf die Suche nach Körperhaltungen machen, die uns für eine Gottesbegegnung öffnen und die unserem Inneren adäquat Ausdruck verleihen. ///

Körpergebet heißt dein ganzes Sein ins Gebet mit einzubeziehen. Diese Art zu beten wird dich zu einer tieferen Begegnung mit Gott führen. Dein spirituelles Leben erfährt neue Lebendigkeit, du begegnest Gott mit deinem ganzen Sein und öffnest ihm dein Leben.

Hinweis: Dieser Text ist etwas abgeändert zuerst auf www.lebensreise.info erschienen. LEBENSREISE ist ein Internetportal für christliche Spiritualität. Wöchentlich erscheinen hier Artikel zu Themen wie Heilige Orte, Vorbilder des Glaubens, Gebetsgesten oder geistlicher Rhythmus.

Vorschauvideo, weitere Infos und Bestellmöglichkeit unter:

Daniel Sikinger (31) lebt mit seiner Frau bei Newcastle (England). Von Haus aus pädagogisch ausgebildet, setzte er im theologischen Studium die Schwerpunkte u. a. auf jüdische und monastische Spiritualität. Jetzt wohnt und arbeitet er in »Nether Springs«, einem New Monastic Centre der Northumbria Community.

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Quergedacht | Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte

Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte Mein Freund Gott und ich Text: Mickey Wiese // Kolumne

Audioversion unter www.oora.de/audio

Mickey singt und schreit mit seinem Freund Gott im Auto und bekommt dabei erklärt, wie aus S-Eiern Ü-Eier werden. Das macht ihn einfach kindlich begeistert. // Als ich vor ein paar Tagen mit meinem Freund Gott auf der Autobahn unterwegs war, wuchs in mir ein warmes muttermilchiges Gefühl. Und das kam so. An einem Frühlingsmontag waren mein Freund Gott und ich eingeladen, einen le48

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bensfördernden Einfluss auf junge Mennoniten auszuüben. Um rechtzeitig zu ihrem legendären »Apg. 2,44-46-Mennofrühstück« zu kommen, mussten wir schon um fünf Uhr aufstehen. Während ich mich im Dunkeln leise durch die Wohnung tastete, um meine Frau und die Kinder nicht zu wecken, stolperte ich über ein Worshiptape mit dem Album »Morgenland« von Elke Reichert. »Nimm das doch mit«, tippte mich mein Freund Gott an, »und lass uns auf der

Fahrt ein wenig singen und das Licht anknipsen.« Das ist zu unserer ganz persönlichen Bezeichnung für Lobpreis geworden, weil man nur mit der Gegenwart meines Freundes Gott die Dunkelheit verschwinden lassen kann. Es überrascht mich immer wieder und ich staune mit großen Kinderaugen, wenn es passiert. Und kein Wissenschaft ler kann erklären, wohin die Dunkelheit verschwindet, wenn man das Licht anknipst. »Und so ist das auch mit den sorgenvollen Nöten


Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte | Quergedacht

Wenn wir uns in die Augen schauen, dann wissen wir beide ganz genau, dass den Kindern das Himmelreich gehört und dass es darum auch nichts im Reich meines Freundes Gott gibt, das Kinder nicht verstehen könnten.

der Seele«, dozierte mein Freund Gott und legte mir die Hand aufs Herz. Obwohl es noch nicht Ostern war, hatten sich nämlich ein paar unausgebrütete SEier, die Vorstufe zum Ü-Ei, in meinen Pantoffeln versteckt. Und im Ei steckt ja, wie der Kindermund sagt, das ganze Leben drin. »Genau«, grinste mein Freund Gott mich an, »und Kindermund tut Wahrheit kund (Matthäus 22,16). Mickey, du machst dir im Moment einfach wieder mal zu viele Sorgen um dein Leben und das deiner Familie, was ihr essen, was ihr trinken sollt und was ihr anziehen sollt. Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung? Schau auf die Vögel des Himmels, dass sie weder säen noch ernten noch in Scheunen sammeln, und ich ernähre sie doch. Seid ihr nicht viel wertvoller als sie? Wer aber unter euch kann mit Sorgen seiner Lebenslänge eine Elle zusetzen? Lass dich von meiner Liebe überraschen. Du lebst zwar im Abendland, aber du weißt doch: Ostern ist besser als Western.« Und dann machte er mich darauf aufmerksam, dass zwischen S-Eiern und Ü-Eiern, von Sorgen zu Überraschungen, nur das Oster-Kreuz die Brücke schlägt. So fuhren wir also los, zusammen mit Elke Reichert und Lothar Kosse, der auch noch auf dem Tape war. Die Autobahn war leer, die Fahrbahn war ein graues Band, weiße Streifen, grüner Rand und das Morgenland erwartete uns. Und dann ging überraschend die Sonne auf. Wie schon so oft berührten Elke und Lothar auch dieses Mal sehr tief mein Herz mit ihren ehrlichen Texten. Zwei

Stunden lang hab’ ich im Auto gesungen, geheult, gejubelt, geschrien. Mein Tank wurde mit jedem Kilometer voller. Heißhungrig saugte ich die gesunde Milch meines Freundes Gott, des Vielbrüstigen (El Shaddai: Jesaja 66,11-13), in mich auf. Manchmal ist es so herrlich, unerwachsen zu sein. Ja, ich esse auch schon gerne Schabefleischbrote und Steaks und kann mich sowohl auf 1. Petrus 2,2-Boden, als auch auf Hebräer 5,14-Parkett bewegen. Aber manchmal muss es einfach Muttermilch sein. Auf einem Seminar hat mich eine junge Frau einmal gefragt, ob die erste Liebe sich nicht irgendwann auch einfach verändern muss, weil man reifer wird und die Ratio dazukommt? »Nein«, hab ich ihr entgegengestrahlt, »ich bleibe mit Leidenschaft kindlich und begeistert.« Das Kindische habe ich wahrscheinlich weitgehendst abgelegt. Ich verstehe inzwischen mehr Zusammenhänge als früher, kann schwierige theologische Worte benutzen und sie auch immer öfter richtig platzieren. Mein Freund Gott schmunzelt dann immer so väterlich und klatscht Beifall. Aber wenn wir uns in die Augen schauen, dann wissen wir beide ganz genau, dass den Kindern das Himmelreich gehört und dass es darum auch nichts im Reich meines Freundes Gott gibt, das Kinder nicht verstehen könnten. Wer auf den Himmel zugeht, der wird nicht ernster, komplizierter, xenologischer und unter der Last der Verantwortung sorgenvoller, sondern der wird immer mehr wie ein Kind. Sonst kommt man da ja nicht hinein. Als ich jedenfalls nach 120 kurzweiligen

Lobpreisminuten bei den jungen Mennoniten auftauchte, fühlte ich mich wie der vom Bus geflogene Cola-Zero-Mann. »Es geht mir gut! Es geht mir gut!«, jubelte ich. Und das, was mein Freund Gott dann durch mich strömen ließ, das machte an diesem Tag wirklich einen »Life Impact« auf meine Zuhörer und mich. »Vertrau mir pädiatrisch, Mickey«, neckte er mich später fortwährend, als ich meinen ernsthaften Vortrag hielt. »Glaube infantil!« Woraufhin wir einander mehrfach die gelotologische Entlastungsreaktion nach überwundener Gefahr zeigten (Psalm 126). Muttermilch zaubert eben nicht nur Babys ein Lächeln aufs Gesicht, als hätten sie an einem heißen Sommertag genau die richtige Menge Eiscreme gegessen. ///

Mickey Wiese (52), länger als er lebt mit Jesus befreundet, ist als Event-Pastor, systemischer Berater für störende Schüler und in einigen anderen Rollen unterwegs. Er hat Sehnsüchte nach Glauben im Alltag, wird gerne gegooglet und findet Beerdigungen fast besser als Hochzeiten, feiert letztere aber ausgiebiger. Aktuell erscheint die zweite, erweiterte Auflage der Buchausgabe von Mickeys fröhlicher Kolumne »Mein Freund Gott und ich« im Brendow-Verlag.

Video zur Kolumne mit weiteren Gedanken und Impressionen: bit.ly/mickey-001

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Die christliche Zeitschrift zum Weiterdenken

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Nummer 43 • 1/2012 ISSN 2191-7892 Herausgeber: oora verlag GbR, Jörg Schellenberger und Michael Zimmermann, Dollmannstr. 104, 91522 Ansbach Redaktionsleitung: Jörg Schellenberger, Michael Zimmermann (info@oora.de) Redaktionsteam: Anne Coronel, Daniel Hufeisen, Matthias Lehmann, Jörg Schellenberger, Johanna Weiß, Michael Zimmermann Lektorat: Ina Taggeselle Anzeigen: Jörg Schellenberger (joerg@oora.de) Gestaltung: Johannes Schermuly, www.ideenundmedien.de Druck: Onlineprinters GmbH, Neustadt a. d. Aisch Abonnement: oora erscheint viermal im Jahr (März, Juni, September, Dezember) und kostet 18,50 EUR in Deutschland bzw. 24,50 EUR in anderen europäischen Ländern. Darin sind Mehrwertsteuer und Versandkosten bereits enthalten! Das Abo kann immer bis sechs Wochen vor Bezugsjahresende gekündigt werden. Eine E-Mail an service@oora.de genügt. Das gilt nicht für Geschenk-Abos, die automatisch nach einem Bezugsjahr enden. Einzelpreis: 5,50 EUR/7,50 SFr. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten. Mengenrabatt: Ab 10 Hefte: 5,00 EUR pro Heft, ab 20 Hefte: 4,50 EUR pro Heft (inkl. Versand) Bankverbindung: oora verlag GbR, Konto-Nr. 836 89 38, BLZ 765 500 00, Sparkasse Ansbach • IBAN: DE18 76550000 0008 3689 38, BIC: BYL ADEM1ANS

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oora ist ehrlich, sagt offen, was es zu einem Thema denkt und nimmt kein Blatt vor den Mund. Leserin bei einer Umfrage, was die charakteristischen Eigenschaften von oora sind

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Das Thema der nächsten Ausgabe, die im Juni 2012 erscheint:

Gemeinschaft


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Nr. 39: Grün

Nr. 40: Mission

Haben wir uns etwa von der aktuellen Grünwelle mitreißen lassen? Könnte schon sein. Hier darf natürlich auch Anselm Grün nicht fehlen, der überraschende Antworten zum Thema Finanzen gibt.

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