Offenblatt 10 2019

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Ein Herz für Kinder und ihre Mütter Neues Projekt des Instituts für deutsche Sprache (IDS): Alphabetisierungskurs für Flüchtlingsfrauen mit Betreuung Wenn Flüchtlingsfrauen mit Kindern die deutsche Sprache erlernen wollen, sind sie vor eine besondere Hürde gestellt: Wer kümmert sich in der Zeit um den Nachwuchs? Eine Lösung dieses Problems bietet ein neues Projekt des Instituts für deutsche Sprache (IDS). Seit Anfang Februar bietet es in Kooperation mit der Stadt Offenburg, der Firma Meiko und dem Verein DamOGasa einen Alphabetisierungskurs für Flüchtlingsfrauen mit Kinderbetreuung an. Der Kurs läuft bis zum 3. April, Unterricht ist dreimal wöchentlich mit insgesamt 100 Stunden. Die Betreuung der Kinder wird von ausgebildeten Tagesmüttern übernommen. Die Veranstalter vom IDS zeigen sich mit der Akzeptanz des Kurses und dem Verlauf des Sprachunterrichts sehr zufrieden: „Die Frauen sind sehr motiviert, sie sind mit Freude dabei“, berichtet Projektleiter Philip Boetzelen. Auch die Nachfrage war sehr groß, fügt IDS-Chef Wolfgang Eberhardt hinzu. Die zwölf Teilnehmerinnen mit ihren acht Kindern wurden aus rund 60 Interessenten ausgewählt, die meisten stammen aus Afghanistan, Syrien und Nigeria. Dabei wurden

Scheckübergabe. Der Alphakurs für Flüchtlingsfrauen mit Kinderbetreuung wird vom Verein DamOGasa e.V. unterstützt. (V.l.): Philip Boetzelen, Steffen Ludwig, Wolfgang Eberhardt, Regina Wolf und Markus Schmelzle. Fotos (2): Tebbel

Flüchtlingsfrauen, die in Offenburg ansässig sind, bevorzugt angenommen, schließlich sei es ja ein Offenburger Projekt. Ein anderes Kriterium war das Umfeld: Können die Teilnehmenden für den Leistungserfolg Unterstützung haben? Während die Mehrzahl der Frauen Schulerfahrung mitbringt, sind auch Flüchtlinge dabei, die

noch nie eine Schule besucht haben. „Aber je länger die Frauen zuhause sind, desto mehr igeln sie sich ein“, erläutert Eberhardt. Das habe Auswirkungen auf die Kinder, zumal es sich in den meisten Fällen um kinderreiche Familien handele. Daten zufolge gebe es in Offenburg und angrenzenden Gemeinden 270 Frauen, die noch keinen Sprachkurs besucht hätten. Da müsse sich was ändern, auch

Verhängnisvoller Kreislauf

Nutznießerinnen. Melaw Hamdan und Rihn Hilmi aus Syrien mit den Kindern Mira (5) und Manessa (3) sind von dem Projekt angetan.

bei jenen Flüchtlingen, die noch nicht anerkannt seien: „Auch sie müssen was zu tun haben“, sagte Eberhardt. „Das ist dann ein Kreislauf“, hat die städtische Flüchtlingsbeauftragte Regina Wolf feststellen können. Wenn die Mütter weder lesen noch schreiben könnten, wirke sich das auf die Kinder aus. Es gehe um einfache Dinge des Alltags wie Einkaufen oder schlichte Hinweisschilder lesen können. Denn wie Philip Boetzelen erläutert, geht es in dem Alphakurs zunächst mal um das Erlernen der lateinischen Schriftzeichen, kommen doch die meisten Flüchtlingsfrauen aus Ländern mit arabischer Schrift. „Im Idealfall können die Frauen

dann unsere Buchstaben erkennen und einfache Sätze verstehen und sprechen. Der Kurs sei etwas Besonderes, da sind sich Veranstalter und die Flüchtlingsbeauftragte einig. Das Besondere daran ist auch die Beteiligung von Vereinen und Firmen. „Es ist ja auch eine Kostenfrage, und wir sind sehr froh über die Unterstützung“, sagte Wolf. So habe die Firma Meiko 2700 Euro gespendet, und von dem Verein DamOGasa e.V. kamen 1000 Euro. „Wir sind Freunde verschiedener Herkunft“, erklärte Markus Schmelzle von DamOGasa, „wir sind interkulturell miteinander vernetzt und wollen unsere Einnahmen spenden“. Das Institut für deutsche Sprache strebt eine Regelfinanzierung an, gab Wolfgang Eberhardt bekannt: „Das IDS, die Stadt Offenburg und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wollen neue Wege gehen und jene Gruppen erreichen, die wir noch nicht erreicht haben.“ Die Nachfrage jedenfalls sei riesig groß, und in Zukunft müsste bei Integrationskursen parallel auch Kinderbetreuung angeboten werden. „Wir arbeiten daran, vielleicht klappt es schon nach Ostern“, schloss Wolfgang Eberhardt.


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