OECD Economic Outlook – December 2021: Austria - German version

Page 1

1

Österreich Der neue Lockdown wird die Wirtschaftstätigkeit vorübergehend belasten, das BIP wird sich den Projektionen zufolge aber rasch erholen und 2022 um 4,6 % und 2023 um 2,5 % wachsen. Ein deutlicher Aufschwung des Welthandels stützt das Investitionswachstum. Mit der sinkenden Sparquote der privaten Haushalte expandiert der private Konsum. Die Lieferengpässe und der Arbeitskräftemangel bremsen die Konjunkturentwicklung hingegen. Der Ausblick bleibt höchst ungewiss und hängt vom Infektionsgeschehen und der Dauer des neuen Lockdowns ab, insbesondere im Beherbergungs- und Gastgewerbe. Die Inflation wird im Zeitraum 2021–2022 voraussichtlich auf rd. 3 % ansteigen, im Jahresverlauf 2023 jedoch nachlassen. Die zuständigen staatlichen Stellen sollten die Unterstützungsmaßnahmen je nach Entwicklung der Gesundheitslage anpassen. Sie sollten den verbleibenden fiskalischen Spielraum nutzen, um strukturelle Veränderungen für die Zeit nach der Pandemie auf den Weg zu bringen, wie eine Verringerung der Beschäftigungskosten von Langzeitarbeitslosen und einen Ausbau des Kinderbetreuungsangebots. Ab Mitte 2022 wird eine CO2-Steuer eingeführt, die von einer Senkung der Tarifstufen in der Lohn- und Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sowie verschiedenen anderen Maßnahmen flankiert wird. Unternehmensinvestitionen in grüne Technologien und Digitalisierung sollten auch weiterhin durch Anreizmechanismen gefördert werden. Die Erholung im Dienstleistungssektor hat die Expansion angetrieben Die Wirtschaftstätigkeit ist in den ersten drei Quartalen 2021 schneller gewachsen als erwartet. Nach der allmählichen Lockerung der Schutzmaßnahmen und der Reisebeschränkungen und den Fortschritten bei der Impfkampagne im ersten Halbjahr 2021 belebte sich die Produktion in den von der Pandemie stark getroffenen Dienstleistungsbranchen. Die Engpässe bei Vorprodukten haben für starken Aufwärtsdruck auf die Erzeugerpreise gesorgt und behindern eine dynamischere Konjunkturbelebung. Zudem macht sich ein erheblicher Arbeitskräftemangel bemerkbar, die Lohninflation ist bislang aber relativ verhalten geblieben. Die Verbraucherpreise sind im September und Oktober 2021 gegenüber dem Vorjahr um mehr als 3 % gestiegen, was hauptsächlich auf die Entwicklungen im Verkehrssektor, Energiesektor und Beherbergungs- und Gastgewerbe zurückzuführen ist. Die Gesundheitslage hat sich seit Ende des Sommers verschlechtert und die Zahl der positiv auf das Virus getesteten Personen und der Hospitalisierungen hat sich im Oktober und November drastisch erhöht. Die zuständigen Stellen haben für das ganze Land einen zwanzigtägigen strengen Lockdown ab 22. November verhängt. Ab Februar 2022 soll eine generelle Impfpflicht gegen das Coronavirus gelten.

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2021/2: LÄNDERNOTIZ ÖSTERREICH © OECD 2021


2

Austria The recovery is advancing

The fiscal deficit is narrowing

Index 2019Q4 = 100, s.a. 110

% of GDP 2

% of GDP 90

Current output path Pre-crisis output path¹

0

85

100

-2

80

95

-4

75

90

-6

85

-8

105

80

2019

2020

2021

2022

2023

0

70

Gross government debt² → ← Fiscal balance

-10

2012

2014

2016

65

2018

2020

2022

60

1. The pre-crisis growth path is based on the November 2019 OECD Economic Outlook projection, with linear extrapolation for 2022 and 2023 based on trend growth in 2021. 2. Maastricht definition. Source: OECD Economic Outlook 106 and 110 databases. StatLink 2 https://stat.link/upnlta

Austria: Demand, output and prices 2018

2019

GDP at market prices* Private consumption Government consumption Gross fixed capital formation Final domestic demand Stockbuilding¹ Total domestic demand Exports of goods and services Imports of goods and services Net exports¹ Memorandum items GDP deflator Harmonised index of consumer prices Harmonised index of core inflation² Unemployment rate (% of labour force) Household saving ratio, net (% of disposable income) General government financial balance (% of GDP) General government gross debt (% of GDP) General government debt, Maastricht definition³ (% of GDP) Current account balance (% of GDP)

385.4 200.0 74.5 92.7 367.2 6.0 373.2 214.3 202.2 12.2 _ _ _ _ _ _ _ _ _

2021

2022

2023

Percentage changes, volume (2015 prices)

Current prices EUR billion

Austria

2020

1.5 0.6 1.5 4.8 1.9 -1.2 0.6 3.3 1.8 0.9

-6.8 -8.4 -0.4 -5.0 -5.9 0.1 -5.8 -11.5 -9.3 -1.5

4.1 3.7 3.1 7.9 4.7 0.0 4.5 10.4 11.6 -0.3

4.6 5.8 0.2 4.4 4.2 0.0 4.1 8.1 6.9 0.8

2.5 2.6 0.5 2.9 2.3 0.0 2.3 5.6 5.3 0.2

1.6 2.3 1.6 2.8 2.1 1.5 1.4 2.8 3.0 2.3 1.7 2.0 2.4 2.7 1.8 4.5 5.4 5.0 4.7 4.5 8.5 14.4 11.4 7.3 7.3 0.6 -8.3 -6.3 -2.3 -1.1 93.5 112.3 110.7 106.6 104.2 70.6 83.4 83.1 79.6 77.8 2.1 1.9 -0.2 0.1 0.3

* Based on seasonal and working-day adjusted quarterly data; may differ from official non-working-day adjusted annual data. 1. Contributions to changes in real GDP, actual amount in the first column. 2. Harmonised index of consumer prices excluding food, energy, alcohol and tobacco. 3. The Maastricht definition of general government debt includes only loans, debt securities, and currency and deposits, with debt at face value rather than market value. Source: OECD Economic Outlook 110 database.

StatLink 2 https://stat.link/9u3nmt OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2021/2: LÄNDERNOTIZ ÖSTERREICH © OECD 2021


3

Eine ehrgeizige Steuerreform ist auf den Weg gebracht Seit Mitte 2021 werden die Coronahilfsprogramme angepasst, indem Unterstützungsmaßnahmen in Sektoren, in denen sich die Lage normalisiert, zurückgenommen werden. Einkommensersatzleistungen werden nunmehr über das normale soziale Sicherungsnetz gewährt. Es wird damit gerechnet, dass sich das Defizit im Primärhaushalt im Projektionszeitraum verringert. Die Fiskalpolitik wird zwar gestrafft, zugleich werden aber mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in Höhe von rd. 3,5 Mrd. EUR bis 2026 weitere öffentliche Investitionen, vor allem in den Bereichen Digitalisierung und Ökologisierung der Wirtschaft, unterstützt. Eine umfassende Steuerreform, die eine stufenweise steigende CO 2-Bepreisung mit Senkungen der Lohn- und Einkommensteuer sowie der Körperschaftsteuer kombiniert, wurde dem Parlament vorgelegt. Die CO2-Emissionen in nicht vom Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) erfassten Sektoren werden 2022 eingangs mit 30 EUR pro Tonne besteuert. Bis 2025 wird der CO2-Preis stufenweise auf 55 EUR pro Tonne angehoben. Die Steuerreform sieht außerdem eine Erhöhung des Familienbonus und des Kindermehrbetrags, neue Investitionsanreize und einen regionalen Klimabonus zur Abfederung der CO2-Bepreisung für Haushalte in ländlicheren Regionen vor. Die Steuerreform soll schrittweise von Mitte 2022 bis 2025 umgesetzt werden und dürfte dem Beschäftigungswachstum und den Unternehmensinvestitionen zugutekommen.

Der neue Lockdown dürfte die Konjunktur vorübergehend bremsen Unter dem Einfluss der sinkenden Sparneigung der privaten Haushalte wird der private Konsum kräftig bleiben. Der Aufschwung des Welthandels und die großzügige Investitionsprämie werden die Unternehmensinvestitionen weiter ankurbeln. Die Arbeitsmarktlage wird sich auch weiterhin verbessern. Die Lieferengpässe, vor allem im Verarbeitenden Gewerbe und Baugewerbe, und der Fachkräftemangel werden jedoch die Wirtschaftstätigkeit belasten. Die Inflation wird voraussichtlich auf rd. 3 % ansteigen. Die Lieferengpässe dürften im zweiten Halbjahr 2022 zwar abnehmen, die Lohnverhandlungen orientieren sich aber an den Inflationsraten der letzten zwölf Monate und werden daher 2022 für Aufwärtsdruck auf die Preise sorgen. Ein längerer Lockdown stellt ein erhebliches Abwärtsrisiko für die Projektionen dar. Die Skitourismussaison ist für die Wirtschaft von großer Bedeutung, wobei Februar – gemessen an der Zahl der Übernachtungen – der wichtigste Monat für den Wintertourismus ist. Eine Verlängerung des derzeitigen Lockdowns bis ins Jahr 2022 hinein würde die Wintersaison gefährden und hätte beträchtliche negative Konjunktur- und Beschäftigungseffekte.

Der Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel und die Bevölkerungsalterung erfordern eine bessere Aktivierung der Arbeitskräfteressourcen Die geplante Einführung einer schrittweise steigenden CO 2-Bepreisung für nicht vom EU-Emissionshandel erfasste Sektoren ist zu begrüßen. Auf der Basis der aktuellen Politikmaßnahmen wird es jedoch schwierig sein, das ehrgeizige Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Hierfür sind weitere Senkungen der Treibhausgasemissionen notwendig, vor allem im Verkehrssektor, im Gebäudesektor und in der Industrie. In Anbetracht des Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels und der Bevölkerungsalterung sind neue Initiativen erforderlich, um Österreichs große Arbeitskräftereserven besser zu mobilisieren, einschließlich des hohen Anteils an teilweise oder vollständig nichterwerbstätigen Frauen und älteren Arbeitskräften. Die Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit des Rentensystems, z. B. durch die Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung und eine Verringerung der Frühverrentungsmöglichkeiten, wäre zu begrüßen. Hilfreich wären auch ein Ausbau des Kinderbetreuungs- und Altenpflegeangebots, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erleichtern, und eine Verbesserung der finanziellen und betrieblichen Anreize für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben.

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2021/2: LÄNDERNOTIZ ÖSTERREICH © OECD 2021


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.