«Es soll ein richtiges Fest werden»
Am Akustikfestival Zermatt
Unplugged nutzt Stephan Eicher seine Carte blanche, um mit dem Swiss Orchestra unter Leitung von LenaLisa Wüstendörfer sowie prominenten Gästen aufzutreten. Ein Vorgeschmack.

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Stephan Eicher kann sich zurücklehnen. Die Konzerte seiner «Seul en scène»-Tour, mit denen er das Jahr begonnen hat, waren alle ausverkauft. Nun hat er ein paar Tage Ruhe, bevor es weitergeht, unter anderem nach Paris, wo ihn das Théâtre du RondPoint gleich für vier Nächte gebucht hat. Nach Jahren in der Camargue lebt der Schweizer Chansonnier wieder im Welschland. Zum Zoom-Gespräch setzt er sich nach draussen an die Sonne, weil im Haus gerade der Klavierstimmer hantiert: Es stehen Aufnahmen an.
«Dass ich für das Eröffnungskonzert von Zermatt Unplugged eine Carte blanche bekommen habe, freut mich ganz besonders», sagt der Münchenbuchseer mit jenischen Wurzeln, «und ich nehme die Herausforderung an, indem ich nicht mit irgendeiner kleinen Akustik-Band anreise, sondern mit einem ganzen Orchester samt Solisten, gewissermassen einer bunten Zirkustruppe, die Klassik, Pop, Chanson und das alpenländische Erbe verbindet. Es soll ein richtiges Fest werden.»
Ordnung ins Chaos bringen Mit von der Partie sind das Swiss Orchestra unter der Leitung von Lena-Lisa Wüstendörfer, der Pianist Reyn Ouwehand, die Sopranistin Cinzia Zanovello, der Akkordeonist Mario Batkovic sowie als Special Guest der Schriftsteller Martin Suter. Sobald der Name Wüstendörfer fällt, gerät der Sänger ins Schwärmen: «Mit Lena-Lisa verbindet mich eine ganz besondere künstlerische Beziehung», erzählt er, «seit wir anlässlich der Wiedereröffnung des Konzerthauses Casino Bern im Herbst 2019 erstmals zusammenarbeiteten. Sie dirigierte damals den Berner Bach-Chor –und ich spürte sofort, dass sie eine starke, ungemein kreative, aber auch strukturierte Persönlichkeit ist, die Ordnung in mein Chaos zu bringen versteht.» Mit schelmischem Lachen fügt er an: «Zudem haben wir festgestellt, dass wir vor Auftritten beide gern ein paar Stückchen Schokolade knabbern!»
Die Dirigentin und der Sänger treffen sich in ihrem Perfektionismus, obwohl sie musikalisch aus ganz verschiedenen Richtungen kommen. Sie sind sich darin einig, dass sie weder sinfonisch aufgepeppten Pop noch Klassik light anstreben, sondern einen echten Dialog. «Keine faulen Kompromisse», lautet ihre Devise. «Alternde Popstars, die ihre Songs mit Streicherschmalz veredeln, zählen zum Schlimmsten, was es in der Musik gibt», sagt Eicher, und Wüstendörfer stellt klar: «Das Swiss Orchestra ist kein lebendiger Synthesizer. Wir wollen nicht bloss Musik untermalen, die es schon gibt, sondern uns mit unserer Eigenständigkeit einbringen.»
Stephan Eicher weiss, dass etliche seiner Songs zum kollektiven Gedächtnis der Schweiz gehören.
treffen sich in ihrem Perfektionismus, obwohl sie musikalisch aus ganz verschiedenen Richtungen kommen.
Während es zum Beruf der Dirigentin gehört, mit komplexen Partituren umzugehen, war das Notenlesen nie Eichers Stärke. Sein Zugang zur Musik ist ein intuitiver. Gleichwohl gibt es Berührungspunkte. «Ich habe schon als Jugendlicher klassische Stücke geliebt, vor allem Kammermusik von Haydn, Mozart, Schubert», sagt Eicher. «Das Wortlose hat mir gefallen: dass jemand etwas ungeheuer Tiefes mitteilen kann, ohne dass die Sprache dazwischenkommt. Und ich bin ja auch kein typischer Rockmusiker: Ich habe immer wieder andere Sachen ausprobiert, fast im Alleingang zwei Elektronikalben aufgenommen, aber auch solche mit Streichquartett, Orchester, Folk- und Weltmusikern.»
Dem kann Lena-Lisa Wüstendörfer nur beipflichten: «Stephan ist ein Künstler, der sich auf die Klassik einlässt, einer, der sehr genau hinhört. Deshalb ist unsere Zusammenarbeit so beflügelnd. Ich beschäftige mich mit dem Swiss Orchestra ja stark mit Schweizer Komponisten, und über die Genregrenzen hinaus gedacht, zählt Stephan sicher auch zu den namhaften Schweizer Tonschöpfern. Ich finde das übliche Schubladendenken in Bezug auf Klassik und Pop unnötig.»
Natürlich weiss Stephan Eicher, der auf Französisch, Deutsch, Englisch, Italienisch und Berndeutsch singt, dass etliche Songs, die er in den letzten vier Jahrzehnten geschaffen hat, zum kollektiven Gedächtnis der Schweiz gehören. Diese Stücke will nicht nur das Publikum von ihm hören; es ist auch ihm ein Bedürfnis, sie immer wieder umzugestalten und neu zu präsentieren. Mani Matters «Hemmige», die in Eichers Version 1991 zum Hit wurden, sind seiner Meinung nach für den Zermatt-Unplugged-Auftritt nicht geeignet. «Aber ein paar andere Gassenhauer wird es geben», sagt er schmunzelnd; «es würde mich wundern, wenn ‹Combien de temps›, ‹Déjeuner en paix› und das ‹Guggisberglied› nicht vorkämen, dazu ‹Zoge am Boge›, das Volkslied, das vom Swiss Orchestra so unwiderstehlich dargeboten wird.»
Gelungener Brückenschlag
Eine besondere Rolle kommt in Stephan Eichers «Zirkus» dem Erfolgsschriftsteller Martin Suter zu. Dieser hat ihm – wie in früheren Jahren der französische Autor Philippe Djian – etliche Chansontexte auf den Leib geschrieben und ist im Lauf der Jahre zu einem engen Freund geworden. «In Zermatt wird er als eine Art Bergführer agieren, der uns durch die raue Alpenwelt leitet», so Eicher. «Im Moment schreibt er gerade an einem Text, den wir bis zum Auftritt nicht kennen werden und der Lena-Lisa und mir erklärt, warum
Zermatt Unplugged
Vom 8. bis 12. April findet das Akustikfestival Zermatt Unplugged bereits zum 16. Mal statt und verwandelt das Dorf am Fuss des Matterhorns in einen Ort der Musik – mit rund 125 Shows von 66 verschiedenen Acts auf 17 Bühnen. Nebst den Hauptkonzerten von international bekannten Künstlerinnen und Künstlern stehen auch zahlreiche Newcomer-Konzerte sowie Discovery-Acts und DJs auf dem Programm. Das Konzert von Stephan Eicher zählt zu den Higlights und ist am Dienstag, 8. April, um 20.30 Uhr auf der Zeltbühne angesetzt.
zermatt-unplugged.ch
wir eigentlich dort sind. Darauf bin sehr gespannt, aber wer Martins Humor kennt, weiss auch, dass das nicht ganz ungefährlich ist.» Auch die weiteren Gäste werden dem Programm eine besondere Farbe verleihen und zum Brückenschlag zwischen Klassik und Pop beitragen: Mario Batkovic, der aus Banja Luca stammende Schweizer Akkordeonist, der schon mit den Kummerbuben und Stiller Haas gespielt hat, ist mit den reichen Musiktraditionen des Balkans vertraut; während die junge, in Zürich geborene Opernsängerin Cinzia Zanovello mit ihrer strahlenden Persönlichkeit die Seite der Klassik verstärkt. Nach ihrem Auftritt bei Zermatt Unplugged werden Stephan Eicher und Lena-Lisa Wüstendörfer mit dem Swiss Orchestra noch fünf Konzerte mit anderem Programm in den renommiertesten Klassiksälen der Schweiz geben: in der Victoria Hall in Genf, im Casino Bern, in der Tonhalle Zürich und im KKL Luzern. Die Konzerte in Bern und Zürich sind bereits ausverkauft. «Ich habe eigentlich ein wunderbares Leben», sinniert der Künstler auf seiner Terrasse. Ich kann Ideen nachträumen, sie in Musik verwandeln, und die Leute interessieren sich sogar dafür. Es steckt aber auch Arbeit dahinter.» Das würde Wüstendörfer wohl keine Sekunde bestreiten.
Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation im Auftrag von Zermatt Unplugged erstellt.