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Maßkonfektion für den modernen Gentleman






MASSKONFEKTION FÜR DEN MODERNEN GENTLEMAN
EIN INTERVIEW MIT BILAL TAHER VON MONOKEL BERLIN
(IR) In einer Zeit, in der das modische Straßenbild von Streetwear, Logos und Prints sowie lässig-sportiven Looks geprägt ist, rückt der klassische Herrenanzug im Alltag in den Hintergrund. Unser Gespräch mit Bilal Taher, CoFounder des Maßkonfektionärs Monokel Berlin, verrät, warum der Anzug nicht per se an Relevanz verliert, sondern nur neu interpretiert und an den Lifestyle des modernen Mannes angepasst werden muss und welchen positiven Einfluss maßgeschneiderte Kleidung auf ihre Träger hat.
Herr Taher, wie kam es zur Gründung von Monokel Berlin und für was steht Ihr Unternehmen?
Bilal Taher: Als ehemalige Mitarbeiter einer traditionellen Krawattenmarke hatten Alex und ich bereits Kontakt zu anderen Maßkonfektionären. Zum einen haben wir das Interesse an individualisierten Kleidungsstücken mit hohem Servicegedanken in
der Beratung wahrgenommen. Zum anderen haben wir ein hohes Potenzial auf dem damals bestehenden Markt feststellen können. In unserem jugendlichen Leichtsinn habe ich noch meinen damaligen Mitbewohner Philipp ins Boot geholt, und schon war Monokel Berlin geboren.
Warum sollte jeder Mann einen maßgeschneiderten Anzug und ein maßgeschneidertes Hemd besitzen?
BT: So weit würde ich nicht gehen. Sind wir mal ehrlich, es handelt sich hier nicht um ein Produkt, mit dem wir die großen Probleme der Welt lösen. Aber es gibt drei Punkte, warum ein Maßanzug sinnvoll ist:
1. Wir sind der Meinung, dass du lieber ein bis zwei für dich perfekte Maßanzüge tragen solltest, als mehrere, bei denen ein Kompromiss bei Stoff, Gestaltung oder Passform eingegangen werden muss. Individuell sind nicht nur deine Persönlichkeit und dein Körper, sondern auch dein Alltag, deine persönlichen Befindlichkeiten, deine Tragegewohnheiten, dein Wärmeempfinden und vieles mehr. All das gilt es in deinem Anzug, deinem Hemd, deinem Mantel und den restlichen Bestandteilen deiner Garderobe widerzuspiegeln.

2. Nachhaltigkeit spielt ebenfalls eine große Rolle. Ein Maßprodukt ist kein Spontankauf. Wer wohlüberlegt einkauft, hat länger Freude an seinem Kleidungsstück.
3. Was uns antreibt, ist der Effekt, den unsere Kleidung auf Kunden hat. Wenn bei der ersten Anprobe des fertigen Anzugs der Kunde vor dem Spiegel auf einmal um drei Zentimeter wächst und sich wohl in seiner Haut fühlt, dann haben wir einen guten Job gemacht.
Welche Veränderungen beobachten Sie in Homeoffice-Zeiten in Bezug auf die Garderobe des Mannes? Ist der Anzug generell in den Hintergrund gerückt?
BT: Ja, während der letzten zwei Jahre haben wir einen Rückgang der Anzugkäufe festgestellt. Interessanterweise kommen aber immer mehr Leute zu uns, die Formal und Casual Wear verbinden wollen. Deshalb haben wir unser Sortiment im Smart-Casual-Bereich ausgeweitet. Von perfekt sitzenden Maßjeans bis hin zu individuellen Kaschmir-Pullovern, hergestellt von einem kleinen Familienbetrieb in Italien, haben wir in den vergangenen Jahren unser Sortiment um fantastische Elemente erweitert. Zudem durften wir mit Freude feststellen, dass die Anzugkäufe bewusster getätigt wurden. Wer seinen Anzug nicht mehr jeden Tag durch Bus, Bahn und Büro prügelt bzw. sich Dresscodes unterordnen muss, hat andere Ansprüche an seinen Anzug. Das hat uns erlaubt, raffiniertere Stoffe und ausgefallenere Passformen zu kreieren als noch in den Jahren zuvor. Monokel gibt es in Berlin, München und Riga. Welche standortbezogenen Unterschiede stellen Sie im Bereich der Business-Mode fest? Tickt der Berliner in puncto Anzug anders als der Münchner?
BT: In München spielt der Anzug in der Gesellschaft noch eine etwas größere Rolle. Während wir in Berlin mehr Kunden haben, die klar zwischen Büro-und Freizeitgarderobe unterscheiden, wird in München der Anzug, wenn auch nicht immer als Ganzes, sondern eher in seinen Einzelteilen, mehr im außerberuflichen Alltag getragen.
Haben Sie einen Tipp, wie man seinen Anzug-Look zusätzlich aufwerten kann? Und verraten Sie uns auch ein richtiges No-Go?
BT: Vor allem Strickwaren, wie ein Rollkragen-Pullover oder ein Strick-Polo, erlauben dir mehr Kombinationsmöglichkeiten bei deinem Anzug und können auch deine Freizeitgarderobe aufwerten. Außerdem sind Utility- und Safari-Jackets eine schöne Ergänzung zu den klassischen Sakkos, die deinem Anzug die Strenge nehmen und dennoch elegant durch Beruf und Freizeit bringen. Salopp gesagt: Das größte No-Go ist ein schlecht sitzender Anzug. Dann lass den Anzug lieber im Schrank.
Welche Mode-Trends erwarten den stilbewussten Mann im neuen Jahr?
BT: Es mag überraschen, aber tatsächlich scheint die Krawatte wieder an Relevanz zu gewinnen. Plötzlich sind Krawatten keine durch Dresscodes dirigierte Pflicht mehr, sondern ein gezielt eingesetztes Accessoire, um deinen Anzug aufzuwerten. Zudem dürfen wir uns farblich wieder etwas mehr trauen. Im anstehenden Winter wird es noch etwas zurückhaltender mit vielen Erdtönen wie Braun, Rost, Olivgrün oder Taupe. Im Frühjahr und Sommer erwarten uns frische Grün- und Lila-Töne in der Stoffauswahl.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Taher!
Bilal Taher Co-Founder Monokel Berlin
KONTAKT:
monokelberlin.de