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Mist!
Zur Geschichte des Misthaufens in Westfalen
Unflath und allerhandt Unreinigkeit“ auf den Wegen sowie in Abflüssen und Wasserkanälen anzukämpfen. Ob sich die Münsteraner wohl daran hielten, zukünftig keine Misthaufen mehr anzulegen?
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Andernorts sah es nicht anders aus. In den ostwestfälischen preußischen Kleinstädten argwöhnten die Behörden und der König am Ende des 18. Jahrhunderts, dass die Eingesessenen überall auf den Straßen Mistkuhlen anlegen würden. Dieser Zustand brächte zahlreiche Unannehmlichkeiten mit sich. Einerseits stellten die Gruben ein Unfallrisiko dar. Andererseits befürchteten die Beamten gesundheitliche Beeinträchtigungen für die Bevölkerung durch Gestank und hygienische Missstände.
Was haben ein Unterhändler beim westfälischen Friedenskongress, ein münsterischer Bischof und ein preußischer König gemeinsam?
Die Antwort lautet: Ihnen allen stanken Mist, Kot und Urin gewaltig. Dabei war in früheren Zeiten der Anblick von Misthaufen noch allgegenwärtig und gar nicht ungewöhnlich. Überall lagerte die Bevölkerung in den Städten und Dörfern tierische Exkremente. So ekelte sich Fabio Chigi, der vatikanische Gesandte bei den Friedensverhandlungen zum Ende des Dreißigjährigen Krieges und spätere Papst Alexander VII., im Jahr 1645 über den Zustand Münsters. In seinen Reiseberichten hielt er seine Eindrü- cke für die Nachwelt fest: „Oftmals strotzen vom dicksten Drecke die Steige der Straßen, und zu Haufen getürmt, raucht an den Seiten der Mist. Haust ja zusammen im selben Gebäude der Mensch mit den Kühen und mit dem stinkigen Bock wie dem borstigen Schwein.“
Münsters Stadtherren, den Bischöfen, missfiel diese Situation ebenfalls. Vor allem Friedrich Christian von Plettenberg avancierte zum Streiter für saubere Gassen. Im November 1691 siegelte er in diesem Zusammenhang eine Verordnung, um gegen „Koth,
Trotzdem: Mist war unentbehrlich. Denn in Stadt und Land bestritten die Menschen ihren Lebensunterhalt vollständig oder zumindest teilweise durch die Landwirtschaft. Und selbst diejenigen Personen, die nur einen kleinen Garten ihr Eigen nannten, benötigten tierische Hinterlassenschaften als Dünger. Die Exkremente besaßen einen unschätzbaren Wert; die Zeitgenossen sprachen von einem „nothwendigen Vehikel“, das Wachsen und Gedeihen ermögliche.
Geradezu folgerichtig behandelten auch viele Agrarexperten dieses Thema. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts forderten die Gelehrten sogar: Mehr Mist machen! Um die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu steigern, musste der Düngereinsatz erhöht werden. Also rief man dazu auf, den Tierbestand aufzustocken. Das Vieh sollte ganzjährig in Ställen gehalten werden, weil man nur dort die Hinterlassenschaften gut aufsammeln konnte. Auf der Weide entledigte sich das Vieh seiner Notdurft häufig unbemerkt. Die damaligen Agrarwissen- schaftler stellten eine recht einfache Gleichung auf: Mehr Vieh, mehr Mist, dadurch höherer Getreideertrag und somit eine bessere Ernährungsgrundlage für Mensch und Tier.
Viel Mist bedeutet aber auch viel Arbeit! Noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein war das Ausbringen der Exkremente mit mühsamer Handarbeit verbunden. Erst ab ungefähr den 1950er-Jahren erschienen Maschinen auf dem Markt, die das Entmisten erleichterten.

An den Misthaufen lässt sich also der technische Fortschritt der Moderne ablesen. Überhaupt spiegelt der Umgang mit den tierischen Hinterlassenschaften sehr eindrücklich den Alltag vergangener Epochen. Darum ist es äußerst spannend und erkenntnisreich, sich mit der Geschichte der westfälischen Misthaufen zu befassen.

Wer mehr erfahren möchte:
Sebastian Schröder, So ein Mist! Tierische Hinterlassenschaften im frühneuzeitlichen Westfalen, in: Graugold. Magazin für Alltagskultur 2 (2022), S. 50–61. (erscheint Anfang Juni 2022)

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