lie:zeit Ausgabe 25

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Wir Ärzte haben es nicht verdient, dass man uns durch den Schmutz zieht

allesamt unehrlich, nicht erwachsen und keineswegs vertrauenswürdig wären. Das tut weh. Es verletzt. Und es demotiviert.

Ärzte versuchen Not und Schmerzen zu lindern

Offenbar haben viele vergessen, dass ein Arzt in aller Regel diesen Beruf gewählt hat, weil er helfen will, weil er Menschen gesund machen möchte und wo das nicht möglich ist, Leiden, Not und Schmerzen zu lindern versucht. Wir sind für unsere Patienten da, geben einen grossen Teil unseres Privatlebens für unsere Berufung auf und nehmen gerne Nacht- und Wochenendschichten auf uns. Wir absolvieren eine der längsten Ausbildungen, die es gibt und tätigen hohe Investitionen, um eine Praxis überhaupt eröffnen zu können. Wir absolvieren als niedergelassene Ärzte locker 60 StundenWochen und lassen uns trotzdem nachts aus dem Bett klingeln, wenn einer unserer Patienten in Not ist. Wir wollen aber nicht jammern, wir tun das alles gerne, weil wir Ärzte sind, weil wir uns für diesen Beruf entschieden haben, weil wir uns mit unserem Herzblut für unsere Patienten einsetzen. Wir wussten, auf was wir uns einliessen, als wir uns entschlossen, uns der Medizin zu verschreiben. Wir sind keine Götter in weiss, wir sind ganz normale Menschen. Auch uns darf man anständig und mit Res-

pekt behandeln. Auch wir haben es nicht verdient, dass man uns durch den Schmutz zieht und uns für politische Probleme verantwortlich macht, für die wir nichts können.

Wollen wir Gesundheitswesen mit Einschränkungen?

Die Kosten im Gesundheitswesen sind ein Problem, ja. Aber sie werden nicht von uns generiert, sondern von den kranken Menschen, denen wir helfen. Die Gesellschaft muss sich fragen, was sie will: ein hochqualifiziertes Gesundheitswesen, das jedem und in jedem Alter alle Möglichkeiten zur Verfügung stellt oder aber ein Gesundheitswesen mit Einschränkungen, das dafür dann günstiger ist. Ich wünsche mir nichts mehr, als dass endlich ein Gesundheitsminister den Mut hat, die Diskussion auf den Punkt zu bringen und die Gesellschaft und damit seine Wähler zu fragen, was denn gewünscht ist. Und ich bin einigermassen sicher, die Antwort zu kennen: denn wer krank ist, möchte gesund werden, «koste es, was es wolle». Ich bin überzeugt: nur im ehrlichen und sachlichen Meinungsaustausch und in einer aufrichtigen Diskussion können wir für uns alle – denn jeder wird einmal Patient sein – die optimale Lösung finden.


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