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Einmal Diesel und zurück
Eckart Drössler
Bereichsleiter für „Bürgerservice & Information“ im Energieinstitut Vorarlberg und externer Lehrbeauftragter der FH Vorarlberg.
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Wie lange schon hängen Handlungsfähigkeit und Wohlergehen der Menschen von der Verfügbarkeit von billigem Treibstoff ab? Wie hat sich das innerhalb eines Menschenlebens entwickelt?
Am (Berufs-)Leben meines Vaters und an einigen anderen Beobachtungen lässt sich diese Entwicklung exemplarisch darstellen.
Im Jahr 1958 wurde meinem Vater die Leitung der Bauabteilung eines österreichischen Bergbaubetriebes übertragen. Zu den Aufgaben gehörten Reparatur und Erhalt der Betriebsgebäude, Straßen und Brücken sowie die Sanierung der Wohnhäuser für die Mitarbeitenden. Hauptsächlich wurden die kleinen 2-Zimmer-Wohnungen mit Wasser/WC am Gang aus der Zeit der Jahrhundertwende zu 3-Zimmerwohnungen mit Bad und Küche umgebaut.
Dafür standen etwa 85 Mitarbeiter zur Verfügung: Maurer, Installateure, Tischler, Fliesenleger, Zimmerer, Hilfsarbeiter – was es so brauchte im Arbeitsalltag. Für den Materialtransport standen zwei Leiterwagen mit vier Rössern und zwei Kutschern zur Verfügung, für den Chef und Bauleiter gab es ein Motorrad samt knielangem Kleppermantel. Diese kleine „Baufirma“ funktionierte ohne Diesel. Nicht lange, schon in den ersten Jahren danach wurde der erste LKW angeschafft, weitere Fahrzeuge folgten.
In meiner Funktion als Auditor im Ökoprofit-Programm des Landes Vorarlberg durfte ich auch bei kleineren und größeren Bauunternehmen Audits durchführen. Der Dieselverbrauch ist sowohl in der Energieverbrauchstabelle wie im CO₂-Ausstoß eines jeden Bauunternehmens eine herausragende Größe. Noch vor zehn Jahren bekam ich auf die regelmäßige Frage „Können Sie sich den Betrieb ihrer Firma auch ohne Diesel vorstellen?“ die regelmäßige Antwort: „Da können wir zusperren.“
Vor drei Jahren hat sich die Richtungsänderung abzuzeichnen begonnen. Ein Bauunternehmen tauschte die Flotte der Bauleiterfahrzeuge gegen Elektroautos, 15 Stück mit einer Entscheidung, und reduzierte damit den Jahresdieselverbrauch gleich um 30 Prozent, die CO2-Emissionen um 80 Tonnen pro Jahr. In anderen Unternehmen werden Zug um Zug Dieselfahrzeuge durch Elektroautos ersetzt, die ersten Elektrobagger und elektrischen 40-Tonner sind in Sichtweite.
Und mein Vater, heute 90 Jahre alt, fährt hin und wieder mit mir in einem Elektro-Auto der Caruso-Flotte mit, das ich nutze, wenn Bus/Bahn/Fahrrad zu kurz greifen sollten. Er erlebte somit nicht nur die Zeit vor der Dieselabhängigkeit, sondern auch noch den Anfang vom Ende des Dieselzeitalters. „Der Dieselhype – ein Menschenleben“, könnte man so betrachtet sagen.

Opel Blitz, Klein-LKW aus der Zeit bis 1960 Fotocredit: Michael Helsig