Eine starke Familie Ein Ehepaar, fünf Kinder, zwei Schwiegersöhne. Sie alle sind Teil einer großen Aufgabe: das wertvolle Erbe gut zu bestellen, mit viel Kraft, Mühe und Ausdauer. Das Zauberwort: Zusammenhalt.
B
Foto: Joseph Gasteiger-Rabenstein
ereits einmal, im Jahr 1854, reiste eine Wittelsbacherin von Bayern nach Österreich, um hier zu heiraten. Es war Elisabeth, „Sisi“, Herzogin in Bayern, die durch die Vermählung mit Franz Joseph I. zur Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn gekrönt wurde. Im Jahr 1986 fand eine weitere Wittelsbacherin, nämlich ihre Ururenkelin, Prinzessin Elisabeth von Bayern, im niederösterreichischen Waldviertel ihre Liebe: Andreas Graf von Kuefstein. Dieser Verbindung entsprangen fünf Kinder: Marie-Isabell, Marie-Carolin, Marie Eleonor, Marie Amelie und Karl „Karli“. Elisabeth Gräfin von Kuefstein steht der Titel einer Königlichen Hoheit zu, da die Grafen Kuefstein einst im Stand reichsunmittelbarer Grafen waren. Kennen und lieben gelernt hat man sich auf Schloss Greillenstein, wo die junge Studentin der Geschichte und Ethnologie einen Monat lang als Fremdenführerin jobbte. Gut, dass die Gräfin und ihre sieben Geschwister in ihrem Elternhaus in Bayern nicht verwöhnt wurden, im Gegenteil, kräftig mitzuhelfen und anzupacken haben sie gelernt. Eigenschaften, die Elisabeth brauchte, als sie mit ihrem Ehemann, einem gelernten Forstwirt, vor 28 Jahren das Schloss Greillenstein übernahm, denn man hat nur wenige Ange-
stellten und arbeitsame Hände werden allerorts benötigt. So helfen neben allen Familienmitgliedern die Freunde der Kinder bei der Instandhaltung des Schlossareals, packen an, wenn entrümpelt werden muss und arbeiten in den Gartenanlagen oder im Forst mit. Nur während der Sommermonate gibt es Unterstützung von Ferialpraktikanten. Besonders dankbar ist man auch den Studenten, die neben oder für ihre Diplomarbeiten beschädigtes Mobiliar original getreu renovieren. Auch gibt es eine lange Liste von alten Gemälden, die dringend eine Reparatur benötigen, aber diese würde einen Arbeitsaufwand von mindestens einem Jahr benötigen. Schwer geprüft wurde die Familie, als Andreas Kuefstein vor fünf Jahren einen schweren Autounfall hatte. Noch näher zusammengerückt ist man damals, die erwachsenen Töchter und der Schwiegersohn haben die Kleinen mitgetragen, die Kraft der Familie hat sich auch in schweren Zeiten bewiesen. Aristokratin zu sein bedeutet für Elisabeth Kuefstein nicht längst vergangenen kaiserlich-königlichen Zeiten nachzuhängen – nein, die Prämisse der überzeugten Demokratin ist, neben dem Bekenntnis zum katholischen Glauben ein anständiges, familienorientiertes, unspektakuläres Leben zu führen. Eine Einstellung, die bereits in die nächste Generation Früchte trägt: Mittlerweile sind Elisabeth und Andreas
Kuefstein glückliche Großeltern, denn Isabell, von der Familie liebevoll „Itzi“ genannt, ist mit Franz Georg Séthy de Bicske verheiratet und bereits stolze Mutter einer Tochter und eines Sohnes. Die drittgeborene Tochter Eleonor hat Christoph Joseph Barelli ihr Jawort gegeben. Spielen und verspielen Elisabeth Kuefstein managt aber nicht nur ihre große Familie, sie vermarktet auch das Schloss. „Ein professionelles Marketing ist extrem teuer und für uns nicht leistbar“, sagt sie. „Zudem nimmt das Interesse der Schlossbesucher an reiner Kultur ständig ab. Die Leute wollen heute Action, eine schnelle Bespielung.“ Und es wäre nicht die kreative Schlossherrin, hätte sie nicht auch für diese Vorgaben eine Lösung gefunden. Neben den Geistertouren steht dieses Jahr das Schloss ganz unter dem Motto der Ausstellung „spielen und verspielen“. Dabei werden die Spiele der adeligen Gesellschaft vom 16. bis ins 19. Jahrhundert vorgestellt. Spielen war damals eine Leidenschaft, der man in den Salons an speziell angefertigten Spieltischen nachging. So manches Vermögen hat in nur einer Nacht den Besitzer gewechselt oder das Spiel endete gar in einem Duell im Morgengrauen. Im Schloss darf also heuer nach Herzenslust gespielt und gestaunt werden – die Spiele sind lehrreich und bereichern die ganze Familie. Niederösterreicherin | 61
58-65_schloss.indd 61
22.08.14 07:42