April 2014verringert

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Inab (l.) wurde eine Rekonstruktionsoperation ermöglicht. Safa wird regelmäßig von Dr. Acina untersucht.

die Bestseller-Autorin, die die packende Geschichte der kleinen Safa zum Inhalt ihres neuen Buchs machte. Denn im letzten Jahr wurde der Menschenrechtsaktivistin und Mutter zweier Kinder (Aleeke, 16, und Leon, 4) ein Video aus Dschibuti, Safas Heimat, zugespielt, in dem die Mutter der heute Siebenjährigen ankündigte: „Wir werden Safa trotz unseres Vertrags beschneiden lassen. Es geht nicht anders. Wir werden in unserem Dorf behandelt wie Aussätzige, weil Safa unrein ist.“ Tatsächlich gelten in vielen Teilen Afrikas unbeschnittene Mädchen als „schmutzig“. Niemals würde ein Mann sie zur Frau nehmen – für die Familien vor allem eine finanzielle Katastrophe, denn der Brautpreis, den sie für ihre Mädchen vom zukünftigen Ehemann erhalten, sichert oftmals ihr Überleben für Jahre. „Hinzu kommt, dass FGM eine Tradition ist, die zwar nichts mit der Religion der Menschen zu tun hat, jedoch in den Köpfen der Armen, Ungebildeten fest verankert ist“, beschreibt Waris Dirie das Problem der weiblichen Genitalverstümmelung, die – illegal – auch in Asien, Europa und den USA tagtäglich durchgeführt wird. In „Safa – Die Rettung der kleinen Wüs-

Safa besucht eine Privatschule.

tenblume“ beschreibt Waris Dirie ihren persönlichen Kampf für das kleine Mädchen, das ihr so ans Herz gewachsen ist, dass sie mit ihr und ihrem Vater sogar eine abenteuerliche Reise durch Europa unternahm. „Es war harte Überzeugungsarbeit, die meine Mitarbeiter und ich leisten mussten, damit meine kleine Wüstenblume nicht das gleiche Schicksal erleiden muss wie ich und Millionen andere Kinder“, sagt Waris Dirie heute im Interview. Doch nicht nur Safas Geschichte berührt in dem neuen Bestseller, sondern auch jene von Inab, einer 19-jährigen Frau, deren Bruder Idriss ebenfalls in „Wüstenblume – Der Film“ mitwirkte. „Als ich in Dschibuti war, um Safa zu helfen, kreuzten sich unsere Wege“, berichtet Dirie. „Eines Tages erzählte sie mir, dass sie bereits beschnitten wurde und nun schrecklich unter den Folgen der Genitalverstümmelung litt.“ Denn jene Mädchen, die nicht schon bei der grausamen Beschneidung verbluten oder kurz darauf an Infektionen sterben, leiden ihr Leben lang unbeschreibliche Qualen. Weil sie von der Beschneiderin zugenäht werden, um in der Hochzeitsnacht von ihrem Ehemann mit einem Messer brutal aufgeschnitten

Happy together: Waris Dirie mit ihrer kleinen Wüstenblume Safa und ihrem Sohn Leon

zu werden, können sie kaum urinieren. „Jede Monatsblutung ist die Hölle und auch sonst schmerzen die Vernarbungen fürchterlich“, erzählt Inab, die mit 13 Jahren genitalverstümmelt wurde. Nun konnte ihr Waris Dirie zu einem neuen Leben verhelfen. „Die Desert Flower Foundation hat kürzlich in Berlin das erste Desert Flower Center eröffnet. In dieser eigens eingerichteten Station im Krankenhaus Waldfriede ermöglichen wir beschnittenen Frauen eine Rekonstruktionsoperation“, so Dirie. Inab wurde als erster Frau in dem medizinischen Zentrum, in dem die FGM-Opfer auch psychologisch betreut werden, der Start in ein schmerzfreies Leben ermöglicht. Und tatsächlich kann die 19-Jährige heute wieder strahlen: „Die OP war überhaupt nicht schmerzhaft“, erzählt sie im Interview. „Jetzt bin ich wieder schön – ich habe sogar wieder Gefühle, wie jede andere normale Frau.“ In ganz Europa, auch in Wien, und in mehreren afrikanischen Ländern sollen nun derlei Desert Flower Center errichtet werden, um Betroffenen konkret zu helfen. „Aber wir fokussieren natürlich weiterhin unseren Kampf darauf, dass die Mädchen erst gar

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