Migros-Magazin-10-2022-d-OS

Page 29

SAATGUT | 7.3.2022 | 29

Damit die Saat aufgeht In der Schweiz gibt es vielerorts lokale Tauschbörsen für Saatgut. Wieso das für die Artenvielfalt wichtig ist, wer den Weltmarkt beherrscht und wie das Gewinnen von eigenen Samen gelingt. Text: Christine Zwygart

Selbst Samen gewinnen Wer selbst Saatgut gewinnen möchte, muss seine Pflanzen so lange stehen lassen, dass Früchte oder Samenstände aus­ reifen können. Besonders gut eignen sich Tomaten, Busch- und Stangenbohnen. Früchte oder Samenstände von den gesunden und kräftigsten Exemplaren ein­ sammeln, vom Fruchtfleisch und von Verunreinigungen trennen, trocknen und dann dunkel, kühl (bis höchstens 15 Grad) und trocken lagern.

Grosse kontrollieren den Weltmarkt Drei Konzerne beherrschen heute über 60 Prozent des weltweiten Marktes für ­kommerzielles Saatgut und Agrarchemikalien: Bayer, ­Syngenta und Corteva. Diese Konzen­tration beeinflusst den Preis und das Angebot. Der gesamte Markt für Saat­ gutprodukte hat laut Syn­ genta zurzeit ein Volumen von rund 45 Milliarden Dollar.

Regionale Tauschbörsen

Die Saatgutverkehrsregelung der EU schreibt vor, welche Sorten gehandelt werden dür­ fen. Der Grundgedanke dabei ist, dass die Landwirtschaft ihre Produktivität dank qua­ litativ einwandfreiem Saatgut steigern kann. Würde diese ­Regelung jedoch überall umge­ setzt, wären alte und ­regionale Sorten längst verschwunden. In der Schweiz gilt seit Juli 2010 die revidierte Saat- und Pflanzgut-Verordnung, die auch «Nischen­sorten» zulässt. Das Handeln, Tauschen und Ver­ schenken im Amateurbereich wurde von der Registrierungs­ pflicht befreit.

Bild: Olivia Pulver

Tauschen unter Privatpersonen erlaubt

Saatgut für den Eigenbedarf kann man auch selbst gewinnen.

Wird Saatgut von Blumen, Ge­ müsen und Kräutern regional unter Hobbygärtnerinnen und Pflanzenfreunden getauscht, sind die Pflanzen den lokalen Besonderheiten bereits an­ gepasst und somit wider­ standsfähiger. In der Schweiz gibt es viele solcher Tausch­ börsen (Chur, Basel, Biel, St. Gallen etc.): Dort kann man eigene ­Samen hinbringen, sie verschenken oder gegen andere Sorten e ­ intauschen. Die Börsen dienen vielerorts auch als Plattform für den Austausch von Fachwissen.

Haltbarkeit Die Lebensdauer von Saatgut ist sehr unterschiedlich. Gurken, ­Zucchini, Tomaten und Kürbis sind gut sechs Jahre haltbar, sofern sie an ­einem kühlen, trockenen und dunklen Ort gelagert werden. ­Samen von Kohl, Paprika und Sel­ lerie sollten nach spätestens drei Jahren in den Boden; Karotten-, Lauch- und Fenchelsamen sogar schon nach zwei. Im Zweifelsfall am ­besten eine Keimprobe machen.

Vom Aussterben ­bedroht Pflanzenforscher gehen davon aus, dass es auf der Welt eine halbe Millionen Pflanzenarten gibt; viele von ihnen dürften bis heute unentdeckt sein. Laut dem Bundesamt für Umwelt sind ein Drittel der rund 3000 Schweizer Pflanzen- und Pilzarten gefährdet – dazu gehören unter anderem Blütenpflanzen wie das Grosse Windröschen und Echtes Löffelkraut und verschie­ denste Moose und Flechten. 105 Pflanzenarten sind hierzu­ lande in den vergangenen 150 Jahren komplett verschwunden.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Migros-Magazin-10-2022-d-OS by Migros-Genossenschafts-Bund - Issuu