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Waffenland Schweiz
Von Patronen bis zu Raketenteilen: In der Schweiz werden viele Waffen hergestellt. Wer die Abnehmer sind und weshalb die Schweiz gerade jetzt unter grossem Druck steht.
Text: Ralf Kaminski
Was stellt die Schweiz alles her?
Sehr vieles. Von Hand- und Faustfeuerwaffen samt Munition über Radargeräte bis zu Panzerfahrzeugen und Bestandteilen für Flugzeuge und Raketen. Die Bestseller 2021 waren gepanzerte Fahrzeuge (40 Prozent aller Exporte) und Munition (25 Prozent), gefolgt von Feuerleiteinrichtungen mit 12 und Kleinwaffen mit 8 Prozent.
es 901 Millionen). 1995 waren es erst 141 Millionen. Seit den Nullerjahren schwanken die Exporte stark. Für 2022 zeichnet sich jedoch ein Wachstum ab: Bereits in den ersten drei Quartalen wurde laut Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Material im Wert von 755 Millionen ins Ausland verkauft.
Weshalb sind die Exporte 2022 so stark gestiegen?
Wer kauft das Schweizer Kriegsmaterial?
2021 haben 67 Länder bei der Schweiz eingekauft. Die grössten Abnehmer waren Deutschland (123 Millionen), Dänemark (96 Millionen) und die USA (90 Millionen). 83 Prozent aller Exporte gingen an EU-Länder, die USA und Australien.
Weshalb stehen die Schweizer Ausfuhrbestimmungen politisch unter Druck?
Gemäss Wirtschaftsinstitut BAK Economics trägt sie etwa 0,12 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung bei. Direkt und indirekt hängen etwa 14 000 Arbeitsplätze an diesem Sektor. In der Schweiz gibt es rund 4,2 Millionen Vollzeitstellen.
Wie viel Kriegsmaterial führt die Schweiz aus?
2021 war es Material im Wert von 740 Millionen Franken, knapp 20 Prozent weniger als im Rekordjahr 2020 (da waren
Weil es zwei aussergewöhnlich grosse Aufträge gab: Dänemark hat für über 120 Millionen Franken gepanzerte Fahrzeuge bestellt und Katar zur Sicherung der Fussball-WM für gut 210 Millionen Luftabwehrgeschütze samt Munition und Ersatzteile gekauft. Ob der Krieg in der Ukraine 2022 einen Einfluss gehabt hat, lasse sich noch nicht beurteilen, heisst es beim Seco.
Welche sind die wichtigsten Rüstungsfirmen?
Die vier grossen sind Ruag, Pilatus, Mowag und Rheinmetall – sie dürften für drei Viertel der Rüstungsausfuhren verantwortlich sein. Daneben gibt es zahlreiche KMU, die Zuliefermaterial herstellen.
Welche Restriktionen gibt es dabei?
Die Herstellung, der Handel und die Ausfuhr von Kriegsmaterial benötigen eine Bewilligung des Bundes. Ein Export muss in jedem Einzelfall bewilligt werden. Berücksichtigt werden dabei unter anderem die regionale Stabilität oder die Menschenrechtslage im Bestimmungsland. So dürfen Unternehmen keine Waffen in Länder exportieren, die «die Menschenrechte schwerwiegend verletzen». Beurteilt wird zudem, wie hoch die Gefahr ist, dass eine Waffe in die falschen Hände gerät. Ebenfalls keine Bewilligung gibt es, wenn ein Land in einen internen oder internationalen Konflikt verwickelt ist. Wer allerdings in friedenssichernden Missionen in anderen Ländern engagiert ist, erhält Schweizer Kriegsmaterial.
Landen dennoch ab und zu Waffen in die falschen Hände?
Das kommt vor. So sind Schweizer Waffen schon in den Kriegsgebieten in Syrien und dem Jemen aufgetaucht. Laut Seco wurde solches Material im Ausland entweder gestohlen oder von legalen Käufern illegal weitergegeben.
Weil derzeit viele Länder ihre Waffen der Ukraine für die Verteidigung gegen Russlands Kriegsaggression zur Verfügung stellen. So hat unter anderem Deutschland bei der Schweiz um eine Genehmigung ersucht, einst bei ihr gekaufte Munition für den Gepard-Flugabwehrpanzer an die Ukraine weitergeben zu dürfen. Dies wurde jedoch verweigert – was der Schweiz nicht nur viel internationale Kritik eintrug, sondern auch dazu führte, dass Deutschland drohte, sich künftig andere Lieferanten zu suchen. Es gibt nun im Parlament Vorstösse, die Bestimmungen so zu lockern, dass eine Weitergabe möglich wird – darunter von 96 in der Schweiz eingemotteten Leopard-Panzern. Diese könnten Deutschland oder Polen verkauft werden, um Bestände nachzufüllen, wenn diese Länder der Ukraine ihre Panzer zur Verfügung stellen. Der Bundesrat könnte dafür auch Notrecht anwenden, was jedoch umstritten ist.
Wie wichtig ist die Schweiz als Waffenherstellerin?
Sie ist ein kleiner Fisch. Vom weltweit exportierten Kriegsmaterial stammten 2021 gerade mal 0,7 Prozent aus der Schweiz. Grösste Exporteure waren die USA mit 40 sowie Frankreich und Russland mit jeweils 13 Prozent. Der Anteil Chinas betrug 3,8 Prozent.
Weshalb ist die Rüstungsindustrie dennoch relevant?
Weil sie eine sicherheitspolitische Bedeutung hat, eine gewisse Unabhängigkeit garantiert. Die Produktion lohnt sich finanziell nur dank der Nachfrage aus dem Ausland.