Holzbulletin 118/2016

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Holzbulletin 118/2016 Bildung Erweiterung und Aufstockung der Schulanlage Margeläcker, Wettingen Frimodule, Freiburg ‹Tegia da vaut›, Domat/Ems ‹House of Natural Resources› der ETH Zürich Jazz Campus, Basel

Die ‹Tegia da vaut› in Domat/Ems ist eine Schule im Wald. Ein einziges Material, das Tannenholz, unterschiedlich strukturiert und bearbeitet, bildet den Raum. Architektur: Gion A. Caminada, Vrin


Orte für die Bildung Das Thema der Bildungsbauten zieht sich wie ein roter Faden durch die Jahrzehnte der Holzbulletin-Ausgaben – unter immer neuem Fokus. Vornehmlich interessant erschienen je nach Zeitraum die provisorische Schaffung von Schulraum in Modulbauweise, Neubauten oder Erweiterungen von Schulhäusern, die Erstellung von Bauten für Krippen und Horte oder auch feine Eingriffe in Holz in Bildungszentren, die in Massivbauweise realisiert wurden. Die fünf Projekte des vorliegenden Heftes zeigen exemplarisch, weshalb Holz als Baustoff in diesem Bereich seine Stärken immer wieder in vielfacher Weise ausspielen kann. Als leicht und schnell empfahl sich Holz bei der Schulaufstockung und -erweiterung in Wettingen, wo es für bauphysikalisch effiziente Bauteile sowie gleichzeitig für eine warme und angenehme Atmosphäre im Innern sorgt. Modular, flexibel und zweckdienlich, mit authentisch schlichten Oberflächen im Innern, tritt das Material bei den Erweiterungen für Kindergärten und Schulen in Freiburg in Erscheinung. Darüber hinaus punktet es hier damit, dass es aus Wäldern in der unmittelbaren Umgebung stammt. Als Rohstoff für ein transdisziplinäres Demonstrationsobjekt im nachhaltigen Bauen zeigt es sich im ‹House of Natural Resources› der ETH Zürich: in Form innovativer sichtbarer Bauteile aus Laubholz, die sich zu einer spannenden Konstruktion fügen. Zum Stoff eines architektonischinnenarchitektonischen Gesamtkunstwerks wird Holz in einer Waldhütte als Bildungsort in Domat/Ems – auch hier kommt das Material aus dem nahen Wald. Komplexe akustische Raumanforderungen erfüllt es im Jazz Campus Basel, während es in dieser technisch hochgerüsteten Umgebung zugleich für Behaglichkeit sorgt. Holz eint: Das bringt der unten dargestellte Stammtisch im umgebauten Toni-Areal in Zürich auf den Punkt, wo die Zürcher Hochschule der Künste ihren neuen Standort gefunden hat. Eine einfache Konstruktion lässt hier ein sinnliches Objekt entstehen, das Ein- und Ausgang als natürlicher Treffpunkt regiert. Darin sind alle willkommen. Roland Brunner Technische Kommunikation Lignum

Stammtisch, Toni-Areal, Zürich Der Stammtisch befindet sich in der zentralen Eingangshalle des ToniAreals, an der Schnittstelle zwischen der Stadt und den Hochschulbereichen, den gastronomischen Einrichtungen sowie dem Museum für Gestaltung Zürich. Das Grossmöbel ist Mittagstisch für 140 Personen, es dient als Arbeitsplatz, Besprechungsraum und Präsentationszone und bietet Schaukästen für das Museum für Gestaltung Zürich ebenso wie für die beiden Fachhochschulen. Ein massiver, stufenhoher Sockel gleicht das bestehende Gefälle im Hallenboden aus und bildet im direkten und übertragenen Sinn eine Plattform für die Gemeinschaft, die sich darauf versammelt. Massivholzplatten in Fichte von 50 mm Stärke wurden maschinell so in Form gefräst, dass die ausgeschnittenen Teile nach der präzisen seriellen Fügung und Verschraubung in ihrer Gesamtheit das Raummöbel ergeben. Die Oberflächen sind geschliffen und geölt. Sämtliche technischen Elemente wie Tischleuchten, Abfalleimer und Ablageregale sind aus schwarz passiviertem Stahlblech gefertigt; die verglasten Vitrinen sind beleuchtet.

Auftraggeber Allreal Generalunternehmung AG, Zürich, und Zürcher Hochschule der Künste ZHdK, Zürich Architektur bölsterli hitz gmbh, Zürich Ausführung Holzarbeiten Hübscher Holzbau AG, Beringen Bautermine August–Dezember 2012 (Konzept und Layout), Januar–März 2013 (Vorprojekt), Frühjahr 2014 (Umsetzung), September 2014 (Eröffnung Toni-Areal) Fotografie bölsterli hitz gmbh, Zürich

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Erweiterung und Aufstockung der Schulanlage Margeläcker, Wettingen Aufgrund des Strukturwandels der Schule und der damit verbundenen erhöhten Raumanforderungen entschloss sich die Gemeinde Wettingen zu einer Erweiterung der Schulanlage Margeläcker. Um die begrenzte Umgebungsfläche nicht zu verkleinern, wurden die bestehenden Schulhäuser aufgestockt. Die Schulanlage Margeläcker, bestehend aus dem Schulhaus I von 1965 mit der Sekundarstufe sowie den Schulhäusern II von 1970 und III von 2000 für die Primarstufe, weist sowohl architektonisch als auch räumlich hohe Qualitäten auf. Die Aufstockung führt diese Qualitäten weiter und wird als selbstverständliche Erweiterung der bestehenden Bauten wahrgenommen. Die vorgenommenen Interventionen stärken so die Gesamtanlage als Ganzes. Durch die Differenzierung der äusseren Materialisierung bleibt die ursprüngliche Volumetrie der Schulbauten I und II ablesbar. Das neuere Schulhaus III wird durch seine architektonische Annäherung an die anderen Schulbauten in das Gesamtensemble integriert. Durch die Erweiterung und Aufstockung der Schulanlage Margeläcker entstanden 14 zusätzliche Schulzimmer sowie 18 neue Gruppenräume, eine neue Küche für die Hauswirtschaft und ein neuer Mehrzweckraum. Bei den bestehenden Geschossen der Schulhäuser I und II erfolgten nur gezielte Eingriffe, um die brandschutztechnischen Anforderungen zu erfüllen und die Erschliessungszone aufzuwerten. Die Treppenhäuser wurden mit Glas und mit im Brandfall schliessenden Brandschutztüren abgetrennt. Die Lichthöfe zwischen den Geschossen beim Schulhaus I wurden geschlossen; die dadurch gewonnene Fläche wird besser genutzt. Raumhaltige Möblierungen,

welche die Garderoben beinhalten und die Gruppenräume abtrennen, strukturieren die grossen Erschliessungsflächen in verschiedene Zonen, wodurch diese vielfältiger nutz- und bespielbar werden. Das Schulhaus III wurde im Unter- und Erdgeschoss um einen Unterrichtsraum verlängert, mit einer Treppe und einem Lift ergänzt und um ein Geschoss aufgestockt. Dieses Konzept nimmt zwar etwas Umgebungsfläche in Anspruch, besticht jedoch im Vergleich zu einer zweistöckigen Aufstockung: Volumetrisch integriert sich das Schulhaus besser in die Gesamtanlage, der Schulbetrieb wird durch das zweite Treppenhaus vereinfacht, und die Unterrichtsräume sind besser belichtet, sowohl in der Aufstockung als auch im Schulhaus II. Die äussere Metallbekleidung der Holzbauelemente bildet die schützende Hülle des Gebäudes. Sie lehnt sich an die Aluminiumlamellen der bestehenden Schulhäuser an und wurde in gebürstetem Aluminium ausgeführt. Die vorhandenen Fassadenelemente wurden weitergeführt und im Brüstungsbereich in Sichtbeton gestaltet. Im Inneren verleiht der Holzbau den Räumen eine warme und angenehme Atmosphäre. In den Unterrichtsräumen ist die Holzbekleidung an den Wänden und Decken sichtbar. In den Erschliessungsund Nebenraumzonen sind zementgebundene Holzwerkstoffplatten eingesetzt. Diese differenzierte Materialisierung unterstützt die Grundrissstruktur zusätzlich. Die Aufstockungen entstanden in vorfabrizierter Holzelement- und Trockenbauweise, auch um Gewicht und Zeit im Bauablauf zu sparen. Mit Rücksicht auf die Raumluftqualität kamen bei den Holzwerkstoffen nur formaldehydfrei verklebte Produkte zum Einsatz. Aussen- und

Innenwände werden als ausgedämmte Holzrahmenelemente ausgebildet. Die grosszügig gewählte Hinterlüftungsebene zwischen Blechfassade und Fassadenbahn wirkt einem Hitze­ stau entgegen. Die Aussenwände verfügen zudem über eine Vorsatzschale zur Plazierung der elektrischen Installationen. In den Schulzimmern besteht die innere Wandoberfläche aus einer 30 mm starken Holzschalung. Die Akustikdecken des Daches sind mit einer Akustikbretterschalung von 112 mm breiten Brettern und 13 mm Fuge ausgeführt. Das extensiv begrünte Flachdach baut auf Kastenelementen mit darüberliegender Gefälledämmung auf.

I

III

II

Situation

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Querschnitt Schulhaus III und L채ngsschnitt Schulhaus II

Grundrisse Dachgeschoss Schulh채user III und II

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Grundriss Schulhaus I

20 m

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Ort Margelstrasse 8, 5430 Wettingen Bauherrschaft Gemeinde Wettingen Architektur Eglin Schweizer Architekten, Baden Bauingenieur Preisig AG, Teufen Holzbauingenieur Makiol Wiederkehr AG, Ingenieure Holzbau Brandschutz, Beinwil am See Holzbau Fleischmann Holzbau AG, Wettingen (Innenausbau), und Implenia Schweiz AG, Rümlang (Rohbau) Materialien Brettschichtholz und schichtverleimtes Vollholz 265 m3, Holzwerkstoffplatten 320 m2, zementgebundene Flachpressplatten 1125 m2, Täfer und Wandschalungen 2800 m2, Lattungen 5000 m Baukosten BKP 1–9 CHF 13,8 Mio. BKP 214 CHF 1,6 Mio. Geschossfläche 2420 m2 Gebäudevolumen 9690 m3 Bauzeit August 2013 – Februar 2015 Fotograf Thomas Aus der Au, Winterthur

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Dachaufbau von aussen: Extensive Begrünung Schutzschicht Wasserdichtung Gefälledämmung Dämmung 140 mm Dampfbremse Kastenelement: Dreischichtplatte 27 mm Rippen 360 mm/Dämmung 50 mm Dreischichtplatte 27 mm Lattung 60 mm/Akustikdämmung Akustikvlies Akustikschalung 22 mm Aufbau Aussenwand von innen: Schalung 30 mm Lattung 30 mm Dampfsperre OSB 25 mm Ständer 200 mm/Dämmung Holzfaserdämmplatte 60 mm Windpapier Lattung 200 mm Schalung 27 mm Blech Aufbau Brüstungsbereich von innen: Schalung 30 mm Lattung 30 mm Dampfsperre OSB 25 mm Ständer 200 mm/Dämmung Holzfaserdämmplatte 60 mm Windpapier Schüttung 30 mm Sichtbeton 200 mm Deckenaufbau von oben: Polyurethanüberzug 5 mm Anhydritunterlagsboden 50 mm Trittschalldämmplatte 20 mm Ausgleichsschicht 65–170 mm Bauzeitabdichtung Betondecke bestehend Fassadenschnitt

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La Vignettaz

Frimodule, Freiburg In drei Schulen der Stadt Freiburg wurden Pavillons aus Modulen mit quadratischer Grundfläche erstellt. Durch horizontales und vertikales Aneinanderreihen entstanden auf einfache Art und Weise Gebäude mit bis zu drei Geschossen. Dank der Einfachheit des Systems und der Sachlichkeit der Räume lassen sich die Module vielfältig und der jeweiligen Situation angepasst nutzen. Selbst wenn eine Nutzung nur kurz sein sollte, bieten sie ihren Benutzern Räume von hoher Qualität und lassen sich danach leicht demontieren. Je nach Standort werden die Module unterschiedlich genutzt. Der erste erstellte Pavillon befindet sich in der Schule Vignettaz und beherbergt fünf Kindergartenklassen. Diese verteilen sich bisher auf zwei Geschosse, die Struktur könnte jedoch schon bald aufgestockt werden. Der Pavillon vor dem ehrwürdigen Gebäude der Schule Jura besteht aus vier Modulen. Diese erstrecken sich über zwei Geschosse und schaffen Räume für ausserschulische Betreuung. In der Schulanlage Heitera schliesslich sind im Pavillon sechs Primarschulklassen auf insgesamt drei Geschossen untergebracht. Hier war es dank der Terrassierung im Hang möglich, das oberste Geschoss des Pavillons mit dem oberhalb gelegenen Schulhof zu verbinden. Das Grundelement aller Projekte ist ein Modul mit einer quadratischen Grundfläche von 10,5 x 10,5 m, welches gemeinsam von den Büros mullerarchitecte Sàrl und mazzapokora GmbH entworfen wurde. Dank der äusserst

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präzisen Fertigung vermag die gewählte Lösung nicht nur den räumlichen Anforderungen unterschiedlich genutzter Schulräume zu genügen, sondern berücksichtigt auch die Transportmöglichkeiten für vorfabrizierte Elemente. Die auf zwei Seiten angebrachten Fenster sorgen für viel Tageslicht und lassen die Benutzer in den Genuss verschiedener Ausblicke kommen. Der Pavillon von Vignettaz beispielsweise geht gegen Osten auf eine beruhigende Grünfläche hinaus und gibt auf seiner Westseite den Blick zum Schulhof frei. Dank der Aussentreppen ist ein unabhängiger Zugang zu den Kindergartenklassen möglich. Für die Klassen der Primarschule in der Heitera wurden die Module jeweils zu zweit angeordnet. Der eintretende Besucher trifft linker Hand einen behindertengerecht erstellten Toilettenblock an, welcher den kleinen Eingangsbereich markiert. Geradeaus und bereits ins Klassenzimmer integriert befindet sich die Garderobe. Allen Pavillons gemein ist die Absicht, eine neutrale Atmosphäre zu schaffen. Denn der Rahmen bringt so die Dekorationen und Bastelarbeiten seiner kleinen Benutzer viel ausgeprägter zur Geltung. Alle Module ruhen auf erhöhten Punktfundamenten. Diese passen sich hervorragend an das natürlich gewachsene Terrain an und schützen die hölzernen Teile wirksam vor Bodenfeuchtigkeit. Die Erschliessung der Schulräume erfolgt von aussen über Treppenaufgänge direkt zum jeweiligen Schulraum. Damit konnte die Konstruktion im Innern möglichst einfach gehalten werden. Als Wandbekleidungen dienen sichtbare Dreischichtplatten von 19 mm Dicke, wobei die

Wirkung der Holzfarbe und der Astlöcher an der Oberfläche durch eine helle Lasur gemindert wird. Auch die Möbel in den Garderoben und die Wände der Toiletten bestehen aus Dreischichtplatten in einer Dicke von 40 mm. Die Geschossdecken bauen sich aus Kastenelementen mit einer oben liegenden Beschwerung sowie einer unteren Akustikbekleidung mit Holzwolleplatten auf. Die Wände zwischen den einzelnen Klassenzimmern sind in Holzrahmenbauweise doppelt mit einem Abstand von 70 mm ausgeführt. Obwohl das Holz als Konstruktionselement sehr präsent ist, verbleibt es als Fassadenelement diskret im Hintergrund. Gegen aussen sind die Module mit semitransparenten Leichtwellplatten bekleidet, darunter ist eine silberfarbene Fassadenbahn sichtbar. Diese Materialisierung ändert je nach Lichteinfall ihre Anmutung und passt deshalb ausgezeichnet zum Aluminium der Holz-Metall-Fenster, mit denen die beiden Längsfassaden vollständig verglast sind. Die Pavillons sind so konzipiert, dass sie jederzeit leicht zu demontieren sind. Deshalb bleiben alle Schrauben, welche die Platten verbinden, von der Holzwolle in der Decke bis zu den Innenwänden sichtbar. Im Bestreben um Authentizität verzichtete man auf jegliche Art von Leim oder Schaumstoff. Die Auswahl der mit der Realisierung beauftragen Unternehmer erfolgte anhand eines von den Architekten erstellten, detaillierten Pflichtenheftes. Alle einschlägigen Firmen konnten Vorschläge präsentieren, wie die Pavillons leicht wiederzuverwenden sind. Schliesslich entschied sich


Jura

Heitera

Bourg

La Vignettaz

die Bauherrschaft für das System eines elementweisen Ab- und Wiederaufbaus. Konsequenterweise wurde auf eine mechanische Lüftung verzichtet. Stattdessen wählte man eine einfache Lösung mit sechs auf den Längsseiten der Fassaden angebrachten Fensterflügeln mit Metallgittern, welche bei geöffnetem Flügel vor unbefugtem Zutritt und der Witterung schützen. Die durchdachte Anordnung dieser Öffnungen und der durchströmten Räume sorgt für einen optimalen Luftaustausch, und dank einer mächtigen Zellulose-Dämmschicht in der Gebäudehülle sowie der Dreifachverglasung der Fenster werden die energetischen Lüftungsverluste weitgehend kompensiert. Frei von jeglicher modischen Effekthascherei, aber mit sehr viel Liebe zum Detail, stellt sich der architektonische Ausdruck ganz in den Dienst der konstruktiven Kohärenz. Was mit diesem Projekt seinen Anfang nahm, zeigt eindrücklich auf, welche Qualitäten im Baustoff Holz schlummern. In diesem Fall stammt er übrigens aus Schweizer Wäldern.

Jura

Heitera

La Vignettaz, Situation

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La Vignettaz, Querschnitt

La Vignettaz: Obergeschoss

5 m

10 m

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Orte Route de la Gruyère 7a, 1700 Freiburg (La Vignettaz), Avenue du Général Guisan 53c, 1700 Freiburg (Jura), und Route de la Heitera 15, 1700 Freiburg (Heitera) Bauherrschaft Direction de l’Edilité / Service d’urbanisme et d’architecture, Stadt Freiburg Architektur mullerarchitecte Sàrl, Bourguillon, und mazzapokora GmbH, Zürich GU Schaerholzbau AG, Altbüron Bauingenieur Edy Toscano SA, Domdidier Materialien Bauholz: Brettschichtholz 78 m3, schichtverleimtes Vollholz 167 m3; Platten: OSB 4540 m2, Dreischichtplatten 19 mm 1230 m2 und 40 mm 336 m2; Lattung 8 m3, Schalung 1950 m2 (Mengen für alle drei Standorte) La Vignettaz: Objektauszeichnung mit dem Herkunftszeichen Schweizer Holz (80% Schweizer Holz, Vorgabe min. 80%) Hauptnutzfläche SIA 416 510 m2 (La Vignettaz), 408 m2 (Jura), 612 m2 (Heitera) Gebäudevolumen SIA 416 2362 m3 (La Vignettaz), 1747 m3 (Jura), 2642 m3 (Heitera) Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP2) 590.– (La Vignettaz) Bauzeit März–Juni 2014 (La Vignettaz), März–Juni 2015 (Jura), März–Juni 2015 (Heitera), Februar–Juni 2016 (Bourg) Fotograf Roland Bernath, Zürich

Dachaufbau von oben: Wellblech Aluminium Lattung 40 mm Konterlattung 30 mm Unterdachfolie Holzfaserplatte 15 mm Sparrenlage 220 mm Lüftungsebene Kastenelement: Schalung 22 mm Rippen 320 mm/Zellulosedämmung OSB 15 mm Lattung 50 mm Magnesitgebundene Holzwolleplatte 35 mm Aufbau Aussenwand von innen: Dreischichtplatte 19 mm, lasiert Ständer 280 mm/Zellulosedämmung Diagonalschalung 22 mm Fassadenfolie aluminiumfarben Lattung vertikal 10 mm, grau lasiert Lattung horizontal 40 mm, grau lasiert Wellplatte Polykarbonat 1,5 mm Deckenaufbau von oben: Marmoleum 2,5 mm Verlegeplatte 25 mm Schalldämmplatte 20 mm Zementplatte 40 mm Trennlage Kastenelement: OSB 22 mm Rippen 280 mm/Dämmung 100 mm OSB 15 mm Lattung 50 mm Magnesitgebundene Holzwolleplatte 35 mm Fassadenschnitt

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‹Tegia da vaut›, Domat/Ems Die ‹Tegia da vaut› – Waldhütte – in Domat/Ems ist eine Schule im Wald. Das Gebäude steht als Bildungsort sämtlichen Waldberufen und Schulklassen, aber auch Gemeinschaften und Vereinen, eigentlich allen am Wald interessierten Menschen zur Verfügung. ‹Plong Vaschnaus› – Schafweide – ist die romanische Bezeichnung eines einzigartigen Gebietes in der Gemeinde Domat/Ems. Einzigartig darum, weil innerhalb eines engen Perimeters äusserst unterschiedliche Atmosphären herrschen. Der untere Teil der ‹Plong Vaschnaus› ist Weideland und wird von Hochspannungsmasten und vom Lärm des Kieswerks beherrscht. Die Situation ist hochtechnisiert. Die Ebene geht über in bergiges Gelände, hinauf in den Wald. Beim Betreten des Waldes werden die Baumkronen immer dichter und die Flächen dunkler. Die Landschaft verändert sich innert kurzer Zeit. Man fühlt sich plötzlich in einer anderen Welt. Dann folgt eine Waldlichtung, und es wird wieder heller. Dort spannt sich die langgezogene Wand eines Gebäudes auf. Seine geschuppte Holzfassade wirkt im ersten Moment als Sperre. Der untere Rand des Gebäudes folgt dem abfallenden Boden, und die Dachkante steigt auf spielerische Weise zwischen den Baumkronen zum Himmel. Das Gebäude bekommt allmählich eine weiche Form und verliert seinen Widerstand. In der

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Wandfläche klafft ein tiefes Loch. Über einige Tritte leitet diese Durchdringung zu einem grossen Raum. Eine Doppelreihe aus grossen, überdimensionierten Säulen steht Spalier. Ein einziges Material, das Tannenholz, bildet den Raum. Das Material ist unterschiedlich strukturiert und bearbeitet. Es stützt, trägt, verbindet oder grenzt ab. An einem Ort wirkt das Holz geschichtet und schwer, an einem anderen ist es gewebeartig eingesetzt und erzeugt Leichtigkeit. Das Material und die Verarbeitung unterstützen die primäre Idee, die Bildung von Raum, das Aufgehobenund Geborgensein. Die Wand gegenüber der Eingangstüre ist fast vollständig aus Glas. In der Dominanz der Holzsäulen wirken die Transparenz und die Auflösung der Holzwand eher zurückhaltend. Die Baumstämme des nahen Waldes werden durch die Verglasung sichtbar und leisten einen Beitrag zur geschlossenen Raumwirkung. Keine Panoramasicht stört die Beziehung zwischen dem architektonischen Raum und der Landschaft. Die Durchsicht und die Enge wirken als Befreiung und Einschränkung zugleich. Die Trennung von Natur und Kultur scheint aufgehoben. Die Besucher fühlen sich drinnen und draussen zugleich. Das Licht dringt zwischen den Baumkronen in den Raum. Dunkle Stellen harmonieren mit stark erhellten. Die mächtigen Raumsäulen sowie die Tannen und Föhren des nahen Waldes

werfen lange Schatten auf den Riemenboden. Die Unebenheiten und die Poren der hölzernen Oberflächen werden vom einfallenden Licht fein modelliert. Der Geruch des Holzes füllt den Raum. Im Zentrum des Raumes lagert ein Steinkörper. Das aufsteigende Kaminrohr zeigt seine Rolle als Feuerstelle an. Die Wärme, die der Ofen ausstrahlt, gewinnt beim Nähertreten an Intensität. Man spürt, dass die Luftbewegungen mässig sind. Die Luftmasse bekommt durch die Ruhestellung eine Schwere. Die Akustik des Raumes ist dumpf. Das gesprochene Wort wird absorbiert, ähnlich wie unter Bäumen in einem dichten Wald. Ein grosses Dach schützt den Aussensitzplatz vor Regen. Der Geruch der Pflanzen, der Blätter und der Baumnadeln ist intensiv. Der sinnlichen Wahrnehmung kann man sich in diesem natürlichen Refugium, das durch die Kultur aktiviert wird, nicht entziehen. Und aus der Entfernung ist nur eine Fassade der ‹Tegia da vaut› sichtbar. Das Gebäude scheint sich im Wald zu verstecken.


Längsschnitt

Querschnitt

Decke

10 m

Grundriss

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Dachaufbau von aussen: Kupferblech Dachschalung in Fichte 30 mm Hinterlüftungslattung 100 mm Unterdachbahn Diagonalschalung in Fichte 30 mm Sparren 200 mm/Holzfaserdämmplatten Dampfbremse Lattung 30 mm/Schafwolle Brettergeflecht 20 mm Pfetten 160 x 320 mm Holzsäulen 350 x 350 mm Aufbau Aussenwand von innen: Bretter sägeroh in Fichte 30 mm Installationslattung 40 mm Dampfbremse Ständer 180 mm/Holzfaserdämmplatten Diagonalschalung in Fichte 30 mm Lattung vertikal 40 mm Lattung für Schindelschirm 30 mm Schindeln in Lärche 40 mm Bodenaufbau von oben: Bretter in Fichte 30 mm Lattung 40 mm/Trittschalldämmung Massivholzplatte 40 mm Balkenlage 260 mm/Holzfaserdämmplatte Bretter in Fichte 30 mm Betonsockel

Fassadenschnitt

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Ort Plong Vaschnaus, 7013 Domat/Ems Bauherrschaft Bürgergemeinde Domat/Ems Architektur Gion A. Caminada, Vrin Bauleitung Christiane Bertschi, Domat/Ems Bauingenieur Walter Bieler, Bonaduz Holzbau Gemeindesägerei, Domat/Ems (Sägerei), Mark Holzbau, Scharans (Zimmerei), Patrick Stäger, Untervaz (Schindeln), und Scrinaria Spescha, Rueun (Schreinerei) Materialien Bauholz in Fichte und Tanne 60 m3, Bekleidungen und Böden in Tanne 350 m2, Schindeln in Lärche 240 m2; alles Holz aus der unmittelbaren Umgebung Baukosten BKP 1–5 CHF 1,03 Mio. BKP 2 CHF 915 700.– davon BKP 214 CHF 304 700.– Baukosten BKP 9 CHF 68 000.– Gebäudevolumen SIA 416 845 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 1080.– Bauzeit März–Juni 2013 Fotograf Ralph Feiner, Malans

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‹House of Natural Resources› der ETH Zürich Der Umzug der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie auf den Campus Hönggerberg der ETH Zürich bot die einmalige Chance zur Umsetzung und Demonstration von Innovationen im Bereich nachhaltiges Bauen. Neben dem Neubau HIA mit der Versuchshalle ist das ‹House of Natural Resources› (HoNR) entstanden, ein viergeschossiges Bürogebäude. Den Beteiligten diente das Bild eines Leuchtturmes als Inspiration für das HoNR: Es sollte als zukunftweisendes, nachhaltiges, grossmassstäbliches und transdisziplinäres Forschungs-, Lehr- und Demonstrationsobjekt dienen und mit innovativen Bauteilen aus Laubholz ausgeführt werden. Ein vorgespanntes Skelettbau-

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werk löst dies ein. Die Struktur ermöglicht eine am Grundraster orientierte Anordnung von Innen- und Aussenwänden, was sich in grossflächigen transparenten Fassaden und flexiblen Grundrissen niederschlägt. Zudem beschleunigte der hohe Vorfertigungsgrad die Montage auf der Baustelle. Der Holzbau bildet die beiden Obergeschosse aus. Die beiden unteren Geschosse sind in Stahlbeton ausgeführt. Eine Treppenanlage in Mischbauweise dient der vertikalen Erschliessung. Das unter Terrain liegende Geschoss wird als Archiv- und Technikraum mit einer vorgelagerten Vorfahrt für die Anlieferung genutzt. Die anderen Geschosse beherbergen Büroräume. Die Holzskelettbauweise ist in einer Stützen-

Träger-Rahmenkonstruktion mit einer Gesamtabmessung von rund 20 x 20 m ausgeführt. Im Raster von 6,5 x 6,5 m sind Stützen in Brettschichtholz aus Esche mit einem Querschnitt von 380 x 380 mm angeordnet. Die Träger des Skelettes bestehen aus 280 x 720 mm starkem Brettschichtholz in Fichte/Tanne und in Esche für die unteren vier Lamellen. Die Anschlüsse der Träger an die Stützen sind formschlüssig als Holz-Holz-Verbindung mit lokaler Verstärkung ausgeführt, wobei in den querdruckbeanspruchten Teilen das sehr druckfeste Eschenholz seine volle Leistungsfähigkeit einbringt. In den Trägern verlaufende Vorspannkabel gewährleisten das Zusammenwirken der gesamten Skelettstruktur. Diese Tragstruktur


übernimmt die Stabilisierung der beiden oberen Geschosse gegen Einwirkungen aus Wind und Erdbeben, wobei sie im linear-elastischen Bereich eine grosse globale Verschieblichkeit aufweist. Die Geschossdecke innerhalb des Holzbaus ist als Holz-Beton-Verbunddecke ausgeführt, aufbauend auf Furnierschichtholz in Buche vom Format 6,5 x 0,5 m und einer Dicke von 40 mm. Darin sind 15 mm tiefe Kerben für den Verbund zum 160 mm starken Überbeton eingefräst. Zusätzliche mechanische Verbinder dienen der Übertragung der Zugkräfte quer zu den Schichten. Dieselbe Konstruktionsweise wurde auf das Dach adaptiert, wobei der Holz-Beton-Verbund auf Kastenelementen aufbaut: das 40 mm

starke Furnierschichtholz in Buche als untere Beplankung, 240 mm hohe Rippen und 70 mm vorfabrizierte Betonplatten. Im zentralen Raum des obersten Geschosses ist die Dachfläche rund 1,5 m nach oben versetzt und mit einem Fensterband versehen. Hier bildet ein Gitterrost aus Buchenholzlamellen von 40 x 140 mm Querschnitt ein zweiachsiges Zugband, worauf über Sattelhölzer von 140 mm Höhe eine 120 mm starke fünfschichtige Brettsperrholzplatte die Dachfläche ausbildet. Das Dach ist schliesslich oberhalb der Dichtungsbahnen gedämmt und mit einer extensiven Begrünung versehen. Angesichts dieser Vielzahl an Innovationen war die wissenschaftliche Begleitung des Baus

mit Labor- und Feldversuchen von Beginn an Programm. So wurden die neuen Konstruktionsweisen in Form von Dissertationen bearbeitet und ein umfangreiches Monitoringsystem entwickelt. Dieses ist nun auch zur Erfassung des Verhaltens während der Nutzung installiert, wobei Holzfeuchten, absolute Verformungen, relative Verformungen in den Verbundbauteilen und Kräfte in den Vorspannkabeln gemessen werden. Aber auch subjektive Wahrnehmungen sollen in die Auswertung einfliessen. In dieser Form dient das HoNR als Informationsobjekt für Studierende, Planer, private und öffentliche Bauherren sowie für die Baubranche insgesamt.

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Schnitt HoNR – HIA bei Bibliothek

Schnitt HoNR – HIA bei Brücke

Schnitt HoNR – HIF bei Bibliothek

Schnitt HoNR – HIF bei Büros

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Ebene Anlieferung

Ebene Vorplatz

1. Obergeschoss

2. Obergeschoss

20 m

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Axonometrie des Skelettes

Ort ETH Hönggerberg, 8093 Zürich Bauherrschaft ETH Zürich, vertreten durch ETH Immobilien, Zürich Nutzer ETH Zürich, Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie VAW; Prof. Dr. Robert Boes Forschungsentwicklung ETH Zürich, Institut für Baustatik und Konstruktion IBK; Prof. Dr. Andrea Frangi Architektur mml meyer moser lanz architekten, Zürich Bauingenieur Synaxis AG, Zürich Holzbauingenieur Häring Projekt AG, Eiken Vorspanntechnik Stahlton AG, Frick Elektroingenieur Mosimann & Partner AG, Zürich Energieberatung Willers J. Engineering AG, Rheinfelden Fassadenplaner Neuschwander + Morf AG, Basel Holzbau Häring Holz- und Systembau AG, Eiken (Produktion und Montage), Roth Burgdorf AG, Burgdorf (BSH Fichte/Tanne), neue Holzbau AG, Lungern (BSH Esche), Fagus Jura SA, Vendlincourt (Brettsperrholz in Buche), Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG, D-Creuzburg (Furnierschichtholz und Rippen in Buche), Hess & Co AG, Döttingen (Furnier in Buche) Materialien Furnierschichtholz und Rippen in Buche 45 m3, Brettsperrholz in Buche 5 m3, Brettschichtholz in Fichte/Tanne 53 m3, Brettschichtholz in Esche 30 m3 Auszeichnung Tragwerk mit dem Herkunftszeichen Schweizer Holz (80 % Schweizer Holz, Vorgabe min. 80 %) Baukosten CHF 6,8 Mio. Geschossfläche SIA 416 1188 m2 Gebäudevolumen SIA 416 4350 m3 Bauzeit Juli 2013 – März 2015 Fotograf Marco Carocari, ETH Zürich

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Jazz Campus, Basel Auf dem Fussabdruck einer ehemaligen Maschinenfabrik ist der Jazz Campus für die Musik-Akademie Basel-Stadt entstanden. Das neue Konglomerat folgt in seiner Architektursprache dem Bestand in der Kleinbasler Altstadt und bildet bei den Hinterhäusern eine kleinteilige Dachlandschaft aus. Komplexe akustische Raumanforderungen stehen hinter dem bautechnischen Aufbau der Gebäude. Das vorgefundene Ensemble auf der Parzelle bestand aus drei Vorderhäusern und der dazugehörigen, etwas niedriger gehaltenen Hofbebauung. Zusammen bilden sie den Fussabdruck – die Bebauung und die daraus gebildete Hoffigur. Bei genauerer Recherche verfestigte sich dieses Bild auch über die Jahrhunderte: Wurden auch die Gebäude oftmals ausgewechselt, der Fussabdruck hatte Bestand. Im Nachdenken darüber, wie sich die vollkommen neuartige Nutzungsstruktur einer Schule an diesem Ort einschreiben könnte, bot sich die Übernahme ebendieses Fussabdrucks im Glauben an die historische Kontinuität als formgebende innere Struktur an. Die feine Linie zwischen Nachahmung und Authentischem erzeugt im Entwurf die Wirkung von Harmonie und Zusammenhalt im Gefüge der Stadt und vermittelt so dem Betrachter Neues und Bestehendes. Der organisatorische Aufbau des Hauses trägt die Idee des Campus weiter, indem drei unabhängige Treppenhäuser die Räume baumartig erschliessen und nicht über Gänge, sondern über den Hof oder die darunterliegende Halle verbunden werden. Somit wird dem Hof, aber auch der Halle als Teilen des öffentlichen Lebens an der Schule eine hohe Bedeutung zugemessen. Diese für ein konventionelles Bildungsgebäude etwas unorthodox anmutende Struktur leistet einen spürbaren Beitrag zum Zusammenspiel von Öffentlichkeit und Musikschule und ermöglicht viele individuelle Wege durch den Campus. Gleichzeitig entstehen aufgrund dieser Anordnung dem Arbeiten zugewandte, unterschiedlich grosse Übungszimmer, welche Konzentration auf die Musik ermöglichen. Neben der Vielzahl dieser dem individuellen Üben gewidmeten Zimmer bilden

Situation

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drei Aufführungsräume die Möglichkeit, in grösseren Ensembles zu spielen. Der dritte grosse Raum, der Jazzclub in einem der Vorderhäuser, bildet die Schnittstelle der Schule zur Öffentlichkeit und damit auch zur Stadt. Von zentraler Bedeutung war die Schaffung der richtigen Ambiance für die Arbeitsräume, die den Musikern ein förderndes Umfeld bieten sollen. Ein anspruchsvolles akustisches Konzept ist den Räumen hinterlegt, welches vorsieht, dass rund drei Viertel der Oberflächen akustisch aktiviert sein müssen. Dies führte zur Aufgabe, unverkennbare, stimmungstragende Räume zu erschaffen. Anstelle multifunktionaler Räume mit verstellbarer Akustik wird ein vielfältiges Sortiment unterschiedlich klingender Räume angeboten, um den Musikern die Möglichkeit zu geben, den geeigneten Raum zu finden und lieben zu lernen. Dieser Zusammenhang deckt sich mit der architektonischen Absicht, räumlich unterschiedliche Qualitäten herauszuarbeiten. Einfache und herkömmliche Gestaltungsprinzipien der 42 Ensemble- und Übungsräume versuchen den Benutzern trotz dem hohen technischen Ausrüstungsgrad eine gewisse Behaglichkeit zu vermitteln. Die täferartigen Bekleidungen der Wand fassen nicht nur die Türen und die Fenster, sondern sie geben dem Raum auch Massstab und ablesbare Dimensionen. Die Verbindung technischer Bedürfnisse und einer behaglichen Atmosphäre wird getragen von eleganten und handwerklich hochstehend verarbeiteten Materialien. Drei sogenannte ‹Hotspots› zeichnen sich durch eine individuelle Gestaltung aus, die sich auf ihren unterschiedlichen akustischen Eigenheiten abstützt. Es sind der hölzern gehaltene, kammermusikartige Aufnahmeraum mit seiner flirrenden Blätterdecke, der in schwärzlichen Tönen gestaltete und deshalb neutralere Performanceraum und der stimmungsvolle, in dunkle blaue und violette Töne getauchte Jazzclub, der die Öffentlichkeit zum Musikerlebnis einlädt. Der Performancesaal erstreckt sich über zwei Geschosse und ist vom Untergeschoss zugänglich. Er ist ein Probe- und Aufführungsort für elektroakustisch verstärkte Ensembles. Die

Raumakustik wurde speziell im Hinblick auf den Einsatz grösserer Lautsprechersysteme ausgelegt. Dabei wurde insbesondere auch einer angemessenen Tieftonabsorption besondere Bedeutung zugemessen. Die nötige Schalldämmung gegenüber den benachbarten Räumen wird mit einer doppelschaligen Konstruktion erreicht, bei der eine mit Kalksandstein ausgefachte, freistehende Stahlkonstruktion als innere Hülle fungiert. Das Herzstück des grossen Aufnahmestudios ist der klingende Aufnahmesaal im ersten Obergeschoss, welcher als hochschalldämmender ‹Raum im Raum› mit einer auf Elastomerlagern ruhenden inneren Betonhülle ausgeführt ist. Der Dachraum mit seiner ungewöhnlichen Struktur an Diffusoren erzeugt eine akustische Täuschung, indem er dem Ohr und auch dem Mikrofon durch das Ausbleiben frühzeitiger Reflexionen ein viel grösseres Raumvolumen suggeriert, als in Wirklichkeit vorhanden ist. Zusammen mit einem Surround-Regieraum und zwei weiteren zugehörigen Aufnahmeräumen bildet der Aufnahmesaal das grosse Tonstudio im Jazz Campus. Dieses wird durch ein zweites, kleineres Studio mit einem Regie- und zwei Aufnahmeräumen ergänzt. Die Transformation des ehemaligen Hofraums zu einem städtischen Raum des Campus wird über die motivische Setzung von in den Hofraum kragenden Erkern bewerkstelligt. Die Erker, ein üblicherweise dem Strassenraum zugewandtes Motiv, vermitteln zwischen den introvertierten Arbeitsräumen und dem Hof als öffentlichem Raum. Im Innern wird das Öffentliche in den Erschliessungen durch die steinerne Materialwahl weitergetragen, was den Hof direkt mit dem Haus zu verbinden vermag. Die Materialisierung in vorgeschlämmten Backsteinen, handwerklich vermauert, und den vor Ort betonierten Erkern, zusammen mit den in Aluminium gehaltenen Fenstern, unterstützt die doppeldeutige Anmutung des Hofes als städtischer Raum und auch als Hinterhof des Ensembles und berichtet so auf subtile Weise von der vormaligen industriellen Nutzung des Hofes.


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1. Untergeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

2. Obergeschoss

3. Obergeschoss

4. Obergeschoss

Längsschnitt Gebäudezeile Nord

Längsschnitt Hof

10 m


Querschnitte Hof und Geb채udezeile Ost

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Ort Utengasse 15–17, 4058 Basel Bauherrschaft Stiftung Habitat, Basel, Stiftung Levedo, Basel, und Hochschule für Musik, Basel Architektur Buol & Zünd Architekten BSA, Basel Bauleitung S+B Baumanagement AG, Pratteln Bauingenieur Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Basel Bauakustik Applied Acoustics GmbH, Gelterkinden Elektroplaner EDECO AG, Aesch Koordination Haustechnik Widmann Walter Architekt, Basel Heizungsplaner Ingenieurbüro Stefan Graf, Basel Lüftungsplaner Wirz & Partner AG, Sissach Sanitärplaner Advens AG, Winterthur Elektroakustik Auris Haymoz & Reinhard GmbH, Muntelier Bauphysik Ehrsam & Partner AG, Pratteln Geo-Hydrologieingenieur Kiefer & Studer AG, Reinach Beratung Strombezug Wey & Burkard Elektroberatung, Hermetschwil-Staffel Lichtplaner Hübschergestaltet GmbH, Basel Gebäudeautomation Alfacel AG, Basel Schwingungsingenieur Ziegler & Partner Consultants AG, Solothurn Brandschutzplaner AFC Air Flow Consulting AG, Münchenstein Schreinerarbeiten Lachenmeier AG, Basel, Bard AG, Münchenstein, Schreinerei Wenger, Reinach, und Schreinerei Hunziker AG, Schöftland Grundstücksfläche SIA 416 1392 m2 Bruttogeschossfläche SIA 416 5843 m2 Bauzeit Oktober 2011 – September 2014 Fotograf Georg Aerni, Zürich

Deckenaufbau von oben: Decke roh Abhängung 200 mm/ Holzunterkonstruk­tion/ Raumakustik-Dämmung 80 mm Akustikvlies Stoffbespannung Dreischichtplatte 25 mm gestrichen Oberer Wandaufbau von aussen: Wand roh Installationsraum 40 mm Lattung 30 mm/Raumakustik-Dämmung Stoffbespannung Mittlerer Wandaufbau von aussen, Mittel-Hochton-Absorber: Wand roh Hohlraum 5 mm Holzunterkonstruktion 50–85 mm/ Raumakustik-Dämmung Hohlraum 5 mm Lattung 50 x 35 mm, gestrichen Unterer Wandaufbau von aussen, Bass-Absorber: Wand roh Hohlraum Dämmung 30 mm Holzunterkonstruktion 94 mm resp. 64 mm/Raumakustik-Dämmung Schalung 120 x 20 mm, gestrichen

Musikzimmer: Vertikal- und Horizontalschnitte Raumakustikverkleidung

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Lignum Holzwirtschaft Schweiz Economie suisse du bois Economia svizzera del legno

Redaktion Roland Brunner, Lignum, und Audanne Comment, Lignum-Cedotec

Mühlebachstrasse 8 CH-8008 Zürich Tel. 044 267 47 77 Fax 044 267 47 87 info@lignum.ch www.lignum.ch

Gestaltung BN Graphics, Zürich

Holzbulletin, März 2016 Herausgeber Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich Christoph Starck, Direktor

Druck Kalt Medien AG, Zug Administration, Abonnemente, Versand Andreas Hartmann, Lignum

ISSN 1420-0260

Das Holzbulletin erscheint viermal jährlich in deutscher und französischer Sprache. Jahresabonnement CHF 48.– Einzelexemplar CHF 20.– Sammelordner (10 Ausgaben) CHF 140.– Sammelordner leer CHF 10.– Preisänderungen vorbehalten. Lignum-Mitglieder erhalten das Holz­bulletin und die technischen Informationen der Lignum, Lignatec, gratis. Die Rechte der Veröffentlichung für die einzelnen Bauten bleiben bei den jeweiligen Architekten. Alle Angaben stammen von den Bauplanern. Lignum-Hotline: 044 267 47 83 Benutzen Sie unsere Fachberatung am Tele­fon von 8–12 Uhr, die täglich von Montag bis Freitag gratis zur Verfügung steht.


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