LIEBE NACHBARN - FRÜHLING 2017

LIEBENACHBARN D A S E I N Z I G E O R D E N T L I C H E S TA D T M A G A Z I N F Ü R W Ü R Z B U R G FRÜHLING 2017 – KOSTENLOS – NIMM ES MIT

DER FRÜHLING WIRD WUSCHIG VON IRRUNGEN UND WIRRUNGEN DER LIEBE

DING DONG – KLINGELSTREICH – HALLO NACHBAR

BLUMIGE AUSSICHTEN PL ANEN & EINRICHTEN: BÜRO, OBJEK T UND WOHNEN.

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EDITORIAL

DIE TAGE WERDEN WUSCHIGER. E

in neuer Frühling – und viele neue Pläne. Große Pläne.

fühlen, glücklicher sind und zufriedener durch den Tag ge-

Die Dinge endlich mal anders machen. Möglicherweise

hen. Probiert es einfach mal aus: Geht raus in die Natur,

sogar was Sinnvolles, Ökologisches, Foodtruck-Artiges, mit

in den Park, lasst die Frühlingssonne Eure Haut wärmen,

viel Reisen und so. Ein Start-up gründen, oder gleich zwei,

fahrt euch mit den Händen durch die Haare, verwuschelt

die Welt ein bisschen verändern, das „eine große Ding“

sie – und erdet Euch ein klein wenig. Wetten, dass Ihr dann

aus dem Boden stampfen. Viele von uns tragen solche Ge-

genau wisst, was Ihr als Nächstes zu tun habt?

danken mit sich herum. Und dann kommt er wieder um die Ecke, der geliebte Alltagstrott – und irgendwie bleibt doch

Dann kann euch ganz sicher kein Finanzamt-Brief,

wieder alles beim alten.

keine

städtische

Großbaustelle,

kein

Kim-Jong-

Donald und erst recht kein unlieber Nachbar irgendetDoch wieso wollen wir eigentlich immer gleich alles auf

was anhaben. Dann seid Ihr mitten im Frühling Zweitau-

den Kopf stellen?

sendundsiebzehn nach Christi Geburt!

Vielleicht ist es 2017 an der Zeit, mal einen Schritt zurück-

In diesem Sinne: Bleibt alle schön wuschig! Eure aller-

zutreten und die Dinge aus einem anderen Blickwinkel

liebsten Nachbarn:

zu betrachten. Denn oftmals genügen eben schon kleine Veränderungen in unserem Leben, damit wir uns besser

DIE LIEBEN NACHBARN.

SHORT CUTS

STADT GESCHICHTEN USB-BUS Ich finde es ja super, dass es jetzt bald öfters auch in den öffentlich Verkehrsmitteln USB-Buchsen zum Aufladen von Handy-Akkus gibt. Aber nun meine Frage, liebe WVV: Hat die Straßenbahn noch genug Saft zum Fahren, wenn die komplette 7b des Riemenschneider-Gymnasiums gleichzeitig „Clash of Clans“ am Handy zockt und dabei ihre Akkus auflädt?! Sicherlich nicht! von Nico Manger

AN EINER BUSHALTESTELLE … ... stehen ein Vater und dessen kleine Tochter. Das Mädchen tänzelt auf einer Mauer herum, kommt wenig später mit ausgebreiteten Armen auf ihren Papa zu und umarmt ihn. Lautstark ruft die Kleine plötzlich: „Papa … du musst auch mal wieder duschen.“ Verlegen, ja gar etwas mürrisch, schaut sich der Mann um: „Ich hab doch gestern erst gebadet.“

von Lisa Moug

STRANGER THINGS EVANGELISCHES GEMEINDEHAUS STADTMITTE Ein Freund spielt mit seiner Band zur Eröffnung der Vernissage seiner Mutter im Kirchlichen Gemeindehaus … Melodycore (core ohne „h und mit e“, kein Chor, etwas härtere Gangart).

Mutter wurde des Öfteren hingewiesen, dass das laut ist und vielleicht zu Komplikationen mit dem altehrenwürdigen Publikum führen könnte, welches gerade jetzt aus der sonntäglichen 11-Uhr-Kirche kommt und die Kunstwerke betrachten will. Eine kleine Ansprache, nun legen die Jungs los. Erster Song – BÄM: Prompt fällt das Aquarell-Gemälde mit dem Titel „Wut“ von der IN DIE TÜTE LACHEN.

Wand herunter.

TEGUT SANDERAU

THIS IS REALLY A REAL STORY!

von Nico Manger

Als treuer Tegut-Kunde weiß man spätestens, seit die allerbestgelaunteste Oberkassiererin Rita(-Lin) in Rente ging, dass hier irgendetwas anders läuft … Unter den Kassiererinnen herrscht immer eine spitzen Laune. Letzten Dienstag war die „Junge mit der großen Brille“ so erheitert, dass sie beim Artikelscannen, egal ob Zahnpasta oder Lachforelle, so in sich hinein gekichert hat, als hätte sie hier gerade jetzt um halb acht inmitten der langen grauen Menschenschlange die allerlustigste Zeit ihres Lebens. Da denkt man sich manchmal schon, ob nicht etwa doch, tief im Gestein unterm Tegut eine riesige Lachgaswolke eingeschlossen ist, die nach und nach im Kassenbereich entweicht und zur Arbeitserheitung entscheidend beiträgt.

Oben: Das Original-Bild, „Wut“, welches sich gesträubt hatte.

SHORT CUTS

NOCHMAL IM BUS „Liebe Fahrgäste! Unser nächster Halt ist die Valentin-BeckerStraße. Wir erreichen die Endhaltestelle Barbarossaplatz mit nur einer Minute Verspätung. Hier haben Sie folgende Anschlussmöglichkeiten … Ich bedanke mich, dass ich Ihr Busfahrer sein durfte und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend und eine gute Weiterfahrt.“ Sowas passiert wenn der Busfahrer gerne Pilot oder Lokomotivführer wäre.

von Lisa Moug

EIN MÄNNER-ACHTER RUDERT…

HAARSTRÄUBEN

AN DER LÖWENBRÜCKE / MAIN

STRASSENBAHN VON DER SANDERAU IN RICHTUNG STADT:

Der Luxusdampfer MS Vikingtour Rentnerdamn nähert sich von

Ein junger Mann ist auf dem Weg zur Arbeit. Es ist noch rela-

hinten. Die Männer rudern an das sichere Ufer, stoppen und

tiv früh am Morgen. Gedankenverloren fährt er mit der Hand

warten am Rand die Wellen ab. Als sie das Boot erreichen, be-

durch sein lockiges Haar – so wie er das ziemlich oft macht.

wegen alle acht geschickt ihre Hüften, um das Schaukeln auszu-

Plötzlich hält er verdutzt inne: Da ist noch eine zweite Hand an

gleichen. Es sieht aus, als ob sie Synchrontanzen für Einsteiger

seinem Kopf. Als er sich erschrocken umdreht, grinst ihn eine

üben. Männerballett. Den Rentern auf dem Bootsdeck gefällt

kleine ältere Dame genüsslich an. „Ich wünschte, mein Herbert

es außerordentlich: … sie klatschen.

hätte solches Haar.“

von Nico Manger

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von Brian Miller

FRÜHLINGSFRAGEN ES GEHT ENDLICH WIEDER AUF DEN SOMMER ZU. DIE TAGE WERDEN LÄNGER, DAS WETTER WÄRMER UND DIE EISDIELEN VOLLER. AUCH DIE WÜRZBURGER BÜRGER SCHEINEN DIESE ZEIT ZU GENIESSEN. UNSERE AUTORIN LISA EMMERLING NACHT NACHGEFRAGT.

ANNA SCHÄRMANN, 15 WAS IST DEIN LIEBLINGSPLATZ ZUM SONNEN IN WÜRZBURG? Der Mainkai unten an der Alten Mainbrücke. Von dort aus hat man den schönsten Ausblick – und der eignet sich perfekt, um laue Abende mit Freunden zu verbringen und gemeinsam Pizza zu essen.

WAS IST DAS SCHLIMMSTE AM FRÜHLING? Die Zeitumstellung. Uns wird eine Stunde geklaut, in der wir nicht schlafen können. Nicht gerade das Schönste.

HERR HEINRICH, 26, MICHAELA KNOTT, 24, MARIO HESS, 27 HABT IHR GUTE-LAUNE-SOMMER-LIEDER? M.H.: Ich höre immer nur die gleichen Lieder, das ganze Jahr über. Aber Elektro kommt im Sommer natürlich immer besser als im Winter.

M.K.: SDP hat viele gute Lieder, die Stimmung machen.

Beste Laune garantiert.

H.H.: Ich schließe mich bei Elektro an.

Das ist immer gut. Auch in anderen Jahreszeiten.

ELEKTRO, SOMMENCREME UND SNEAKERS

WAS IST EUER SOMMER-MUST-HAVE? M.H.: Eindeutig die Sonnenbrille!

M.K.: Kann ich nur zustimmen.

Sonnenbrille und Sonnencreme sind Pflicht.

H.H.: Also ich brauche immer meine Sneakers im Sommer.

DOMINIK SCHEUERLEIN, 25 WAS WÄRE DEINE ERSTE AMTSHANDLUNG, WENN DU BÜRGERMEISTER VON WÜRZBURG WÄRST? BEZOGEN AUF DEN FRÜHLING UND DEN SOMMER? Ich würde das Dallenbergbad vergrößern lassen. Mehr Liegeplätze, mehr Becken. Das wäre gut.

WAS IST BESSER? FLUSS ODER FREIBAD? Eindeutig Freibad.

Da sind keine Schiffe, Kanus oder Ähnliches. Außerdem gibt es im Freibad nette Bademeister, die einem das Leben retten können, wenn es drauf ankommt.

FREIBAD VS. MAIN

MARIUS SCHNEIDER, 19 WAS HAST DU ALS ERSTES GEMACHT, NACHDEM ES END-

WÜRZBURG SKYLINE & BRÜCKENSCHOPPEN

LICH WIEDER SCHÖN UND WARM WAR? Erstmal habe ich mir ein Eis geholt und mich in den Residenzgarten gesetzt, die Sonne genossen und entspannt.

ENDLICH KANN MAN DRAUSSEN WIEDER …? … einen Brückenschoppen trinken. Mit Freunden macht das am meisten Spaß. Von der Alten Mainbrücke aus hat man den perfekten Ausblick über die Würzburger Skyline. Festung, Main. Alles dabei. Das ist einfach einmalig und echt schön.

INDIA STERNAGEL, 17 WAS HAST DU ALS ERSTES GEMACHT, NACHDEM ES ENDLICH WIEDER SCHÖN UND WARM WAR? Ich war mit meinem Pflegepferd lang und ausgiebig spazieren. Dabei waren mein Hund und eine Freundin. Jetzt kann man ja zum Glück sowas machen, ohne zehn Schichten Kleidung anzuhaben.

WAS MACHST DU ALS ERSTES AN SONNIGEN TAGEN? Zuerst einmal das Fenster auf und meine Lieblingsplaylist an.

Danach wird der Hund lange bei dem schönen Wetter ausge-

LUFT & LIEDER

führt. Ich gehe auch gerne mal mit Freunden in die Stadt, um Eis zu essen.

Text, Fotos: Lisa Emmerling

AUS WÜRZBURG IN DIE WELT

VON HOLLYWOOD AUF DIE YOGAMATTE

MIRKO BETZ LIEBT DIE RUHE, DAS „GANZ-BEI-SICH-SELBST-SEIN“, DIE MEDITATION. DOCH WIE PASST DAS MIT SEINER VERGANGENHEIT ZUSAMMEN? ER WAR ELF JAHRE LANG DJ UND MODEDESIGNER, WANDERTE NACH LOS ANGELES AUS, SCHRIEB DREHBÜCHER FÜR ROLAND EMMERICH, LEBTE DAS HARTE HOLLYWOODBUSINESS UND „FLÜCHTETE“ LETZTENDLICH AN EINEN EINSAMEN TRAUMSTRAND IN MEXIKO, SUCHTE DORT NACH DEM SINN DES LEBENS UND FAND IHN SCHLIESSLICH AN EINEM VÖLLIG ANDEREN, GANZ UNERWARTETEN ORT. WIE ES DAZU KAM, ERZÄHLTE ER UNS IN EINEM GESPRÄCH FÜR LIEBE NACHBARN. Mit jeweils einer Tasse Ingwertee auf dem Tisch sitzen wir uns im Café Zweiviertel gegenüber. Er, der tiefenentspannte, gut gelaunte Mirko mit der Wollmütze, ich, die gestresste und abgehetzte Redakteurin. Mein Lächeln sei ihm aufgefallen, sagt er. Das würde man heutzutage nicht mehr oft erleben, von einem Menschen auf der Straße in einer bestimmten Situation einfach so mit einem freundlichen Lachen bedacht zu werden.

Eigentlich wollten wir uns in der Yogalounge – Mirkos, nennen

wir es mal, momentanem Arbeitsplatz – treffen. Doch Mirko hat den Schlüssel vergessen. Somit haben wir das Gespräch spontan in ein Café verlegt, eines, das er „echt schön“ findet, wie er später erzählt. Einen Ort, den es früher in Würzburg so nicht gab, in seiner Jugend, in seiner Vergangenheit.

TECHNO UND SVEN VÄTH Mirko war früher DJ, genauer gesagt elf Jahre lang Resident

AUS WÜRZBURG IN DIE WELT

„JA, HIER IST DER TIL!“ Doch nochmal zurück: „Wie kam es dann eigentlich dazu, dass du Würzburg verlassen hast? Wie kam es dazu, dass du deinen im Airport. Einer, der Techno, Ibiza Sound, Acid und Sven Väth nach Würzburg gebracht hat. „Ich habe schon zu Hause immer Tapes gemixt. An Kassettenrekordern hin und her geschnitten.

Der angesagteste DJ damals war Rene in der Tanzschule Bäulke.

Da ist die ganze Würzburger Jugend samstags hingeschwärmt.

Klubs gab es ja in dem Sinn noch nicht. Und ins legendäre Paramount kamen wir nicht rein. Wir waren viel zu jung und es gab eine super strenge Gesichtskontrolle“, erinnert sich der heute 51-Jährige. Er wollte die Leute schon immer inspirieren und unterhalten, sie aus ihren festen Mustern lösen – und er hat es

Job als DJ im Airport mit Kontakten zu beispielsweise Sven Väth aufgegeben hast?“ frage ich Mirko. Kalifornien habe ihn schon immer fasziniert. Seit einem Urlaub 1989 wollte er immer dort leben. Sonne, Meer und Palmen eben. Doch letztendlich hat es dann noch zehn Jahre gedauert, bis er den Mut hatte, wirklich die Koffer zu packen. „Vorher hat mich das Leben netterweise durch eine Firmenpleite zu meinem neuen Glück gezwungen.

Als ich nichts mehr zu verlieren hatte, hatte ich auch den Mut, mein Nest zu verlassen.“ Da zog es ihn erst mal nach Frankfurt, wo er anfing, Drehbücher zu schreiben – einfach so, weil er

einfach geliebt, zu „orchestrieren“.

eben ein Filmfreak war. „In Hollywood zu arbeiten war allerdings definitiv nicht auf meiner Liste der ‚Dinge, die ich mal

FRÄNKISCH, KLEINGEISTIG, KONSERVATIV

unbedingt tun werde’. Das war in meinem Verstand so unrealistisch, es war nicht mal eine vage Idee“, erzählt Mirko mit

Aber damals, in den 80er und 90er Jahren, war Würzburg „eine andere Stadt“. Ich frage ihn, was er damit meint: „Ach, es fühl-

einem Lächeln auf den Lippen.

te sich an, als ob wir unter einer unsichtbaren Dunstglocke leben würden, abgeschnitten von der progressiven Außenwelt.

Dann kam ihm 1995 plötzlich eine Filmidee. „Ich habe einfach

Kurz: Würzburg war sehr fränkisch, kleingeistig, konservativ, irgendwie zurückgeblieben. Es hat sich alles sehr „alt“ und eingefahren angefühlt, nach Staub und Spinnweben. Wenn man damals mal nach Nürnberg, Frankfurt oder München gefahren ist, kam man sich vor wie auf einem anderen Planeten. In Würzburg gab es kaum Straßencafés, um 22 Uhr wurden die Gehsteige hochgeklappt, Klubs machten pünktlich um 3 Uhr zu. Coole Klamotten kaufen musstest du auswärts oder im Ausland. Polizei und Stadtverwaltung waren allgegenwärtig.

RAUS AUS DEM KÄFIG Viele können sich das heute gar nicht mehr vorstellen. Die Standardantwort der Stadt auf ungewöhnliche Projekte war fast grundsätzlich „Nein“. Eine Strandbar, der Brückenschoppen, eine Pizzeria am Alten Kranen mit Terrasse und Lounge – die städtischen Beamten hätten uns angeguckt, als ob wir einen totalen Dachschaden hätten. Wir haben damals viel versucht und wurden dauernd ausgebremst. Das – und andere Gründe – haben dann schließlich auch dazu geführt, dass ich 1999 erst mal weg bin. Zunächst nach Frankfurt, dann nach Los Angeles. Ich brauchte Luft zum Atmen, musste raus aus dem Käfig, wollte meine Flügel ausbreiten und meine Kreativität frei fliegen lassen. Als ich dann 2008 zum ersten Mal nach langer Zeit – und dann 2014 nochmal – zu Besuch kam, habe ich meine Stadt kaum wieder erkannt. Voller Leben! Tourismus!

Junge, schöne Menschen! Eine frische Energie! Viel Farbe! Das Café Rudowitz! Das Wunschlos Glücklich! Der Brückenschoppen auf der Alten Mainbrücke! Biobäcker! Yogastudios! Es ist einfach unglaublich und wunderschön zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln und wandeln.“ Mittlerweile lebt Mirko auch wieder in Würzburg, für wie lange, ist allerdings unklar. „Mal sehen, was der „Flow“ des Lebens noch so bringt, wo es mich haben will und hinführt.

Ich weiß nicht, ob ich für immer hier bleibe oder ob es mich vielleicht irgendwann doch wieder in die weite Welt zieht. Ich bin ja nun seit fünf Jahren am Pilgern, eine Art Wander-Mönch sozusagen. Da lernt man von Tag zu Tag und Woche zu Woche, in Urvertrauen Schritt für Schritt zu gehen. Offen für alles, was sich einem so offenbart.“

angefangen, sie aufzuschreiben. Nur für mich. Ich hatte ja noch eine Modefirma zu führen (Anm. d. Red. „Shoot“ – Eines der ersten Europäischen Modelabels für Clubwear) und war ja auch noch DJ im Air. Aber nach ein paar Monaten hatte ich tatsächlich ein fertiges Drehbuch. Und dann kam die nächste Idee: Schick es raus! Also habe ich es rausgeschickt an ein Dutzend Produktionsfirmen. Eine davon war die von Til Schweiger. Ich habe auch nicht wirklich damit gerechnet, dass irgendetwas passiert. Aber circa sechs Monate später, ich war gerade auf der A3 nach Frankfurt, um meinen neuen Gig als MerchandiseManager für die Bösen Onkelz zu verhandeln, klingelte mein Handy. „Ja, hier ist der Til.“ Ich: Til? (Lange Pause im Kopf.)

Welcher Til? Er: „Na Til Schweiger! Du hast mir dein Drehbuch geschickt. Ist echt geil. Hast du Lust, mich in Köln zu besuchen?“ – Da musste ich erst mal von der Autobahn runter, um mich zu sammeln.“ NEXT STOP: HOLLYWOOD Ein paar Jahre später, es war 1999, veränderte sich Mirkos Leben wieder einmal schlagartig. Es war für ihn ein wahres Schicksalsjahr. Seine Frau trennte sich von ihm, er verkaufte daraufhin sein Hab und Gut und machte sich endlich auf den Weg nach Amerika, um seinen lang gehegten Traum zu leben. Mit einer Reisetasche flog er nach Denver und startete einen Roadtrip durch die Rocky Mountains Richtung Kalifornien. Genau dort hatte er sein vielleicht erstes spirituelles Erlebnis: Nachts am Lagerfeuer in völliger Stille kamen ihm nicht nur Eingebungen für den Sinn des Lebens, sondern auch noch eine Filmidee; daraus entstand ein Drehbuch, das er letztendlich an den großen Filmregisseur und Produzenten Roland Emmerich verkaufte. „Das war wie ein surrealer Wachtraum. Sowas passiert eigentlich nicht in der Realität.“ Nach einer langen Durststrecke mit Gelegenheitsjobs hatte Mirko plötzlich an einem Tag sehr viel Geld verdient und eine Karriere in Hollywood gestartet.

mit unseren Familien. Im ganz normalen Alltag eben. Leider fehlen uns oft der Fokus und die Werkzeuge, das ‚Wie‘, um mehr innere Gelassenheit und Zufriedenheit im Alltag einzubringen“, sagt Mirko mit voller Überzeugung. Er teilt mit seinen Klienten und Kursteilnehmern effektive und praktische Methoden, die den Menschen helfen können, genau das in ihren Alltag einfließen zu lassen. Für ihn ist dies ein immer währender, wundervoller und manchmal auch schmerzhafter Prozess. „Die Raupe im Kokon muss sich auflösen, um zum Schmetterling zu werden.“ EIN LEBENSKÜNSTLER Dann erzählt Mirko noch ein bisschen von seiner Arbeit. Was in WIE ALLES BEGANN ...

Wie war das nun, dieses Hollywood? Mirko wird nachdenklich, man merkt ihm an, dass er sich zwar gerne an dieses Leben damals zurückerinnert, sich aber absolut nicht nach dieser Zeit sehnt: „Ich lebte diesen Hollywoodwahnsinn, war mittendrin in dieser Maschinerie – aber nach zehn Jahren war ich ausgebrannt.“ Er erzählt, dass er 2009/10 nach Südamerika reisen wollte, aktiv aus der Gesellschaft rauswollte und auf seiner Reise schließlich in Mexiko gelandet ist. Auf einmal hat Mirko ein Lächeln auf den Lippen, ein Glitzern in den Augen: „In Mexiko wurde ich zu dem, was ich jetzt bin, ich habe noch mal das Fliegen gelernt – das war mit die beste Zeit in meinem Leben!“ Im mexikanischen Tulum ist Mirko damals hängen geblieben, hat, wie er sagt, am schönsten Strand der Welt gelebt – in einem Zelt. In einer Yoga-Hippie-Community hat er nicht nur gelernt, wie man Kokosnüsse von der Palme schlägt, sondern auch, wie man richtig meditiert und Yoga praktiziert. „Ich habe alles losgelassen, ich wollte barfuß laufen, Sterne gucken, mehr fühlen, einfach Mensch sein!“ Vier Jahre seines Lebens hat Mirko im „Paradies“ verbracht und es nie bereut. Aber das wahre Glück, das war anderswo.

ZEN – „EINE HARTE NUMMER“ 2015 zog es ihn dann wieder in die Heimat. Doch ihm war jetzt klar, dass er nie wieder ein Leben, wie er es vor Mexiko hatte, leben könnte. Die Jagd nach Achtung, Erfolg, Geld, Karriere und materiellen Dingen. Das war vorbei. Mirko entschied sich, eine Zeit lang in einem Kloster zu verbringen. Er lebte zusammen mit den Zen-Meistern im Benediktushof in der Nähe von Würzburg. Er wollte diese ganz spezielle Art der Meditation und Lebensweise kennenlernen: „Da hab ich´s mir nochmal extrem gegeben. Zen ist mit die härteste und ehrlichste Praxis, die ich kennengelernt habe. Für mich bedeutete das: nichts reden, sechs Monate Stille – eine echt harte Nummer.“ Doch genau auf all diesen Umwegen und in diesen tiefen Erfahrungen ist er, wie er sagt, endlich zu sich zurückgekommen.

WAHRE WORTE „Wir alle haben das Bedürfnis nach mehr Gelassenheit, Frieden, Liebe, Anerkennung, Mitgefühl und Verbundenheit in unserem Leben, aber leider ist oft genau das Gegenteil der Fall.

Eine solide Praxis kann uns helfen, Frieden, Anerkennung, Mitgefühl und Liebe zu entwickeln. Für uns und unsere Mitmenschen. Sie kann uns helfen, uns da draußen zu bewähren: im Straßenverkehr, in der Fußgängerzone, im Büro und daheim

seinen privaten 1:1 Sessions geschieht, erklärt er so: „Ich verstehe mich als Begleiter auf dem Weg, vergleichbar mit einem Bergführer, der einen begleitet, wenn man unerfahren ist und einen Berg ersteigen möchte. Es ist gut, auf dem spirituellen Weg ein erfahrenes Gegenüber zu haben. Ich mach es nicht für dich, ich mach es mit dir, damit du es dann alleine kraftvoll machen kannst. Kein Händchen halten oder retten. Ich bin kein Retter oder Heiler, du bist dein eigener Guru! Ich bin nur ein Wegbegleiter. Ich gehe ein Stück des Weges mit dir, bis du auf eigenen Füßen stehst. Dann gehst du kraftvoll deinen eigenen Weg.“ Am Ende unseres Gesprächs bin ich begeistert von der Lebenseinstellung dieses Menschen, der mir gegenüber sitzt. Ein wahrer Lebenskünstler! Gerade für mich als Mensch, der aufgrund seiner Arbeit ständig unter Strom steht, kommt die Ruhe oft zu kurz. Vielleicht sollte ich, sollten wir uns auch einfach mal die Zeit nehmen und uns ab und zu auf das Wesentliche besinnen – was das für den Einzelnen ist, bleibt jedem selbst überlassen.

Aber einen Versuch ist es wert!

Text: Katharina Kraus Foto: TorzFotografie, Daniel Torz Mirko bietet mittlerweile jeden Freitag um 19:30 Uhr seine Kerzenlicht-Meditation mit Musik in der Würzburger Yoga Lounge an, zu der jede und jeder eingeladen ist. Es ist völlig egal, ob man bereits Erfahrung mit Meditation hat oder ein absoluter Anfänger auf diesem Gebiet ist.

Kontaktieren kann man ihn per Mail: mirkobetzkurse@gmail.com

IHR BOSCH SERVICE IN KÜRNACH

29.6.- 15.7.2017

NACHBARN

KLINGEL STREICH

DING DONG DOMINIK UND WAS TREIBST DU SO? EIN JUNGER MANN ÖFFNET DIE TÜR. MIT LÖCKCHEN UND EINEM VERSCHMITZTEN GRINSEN. ER ERINNERT EIN BISSCHEN AN TIM BENDZKO ODER EINEN SEHR GUT AUSSENDEN THOMAS MÜLLER. WIE ICH ERFAHRE, HÖRT ER DAS SEHR OFT – HÄLT VON DEM VERGLEICH ABER NICHT VIEL. UM DEN HALS HAT ER EIN MASSBAND HÄNGEN UND MAN SIEHT, DASS ER MIT DEM THEMA MODE VERTRAUT IST: BEI SEINEM OUTFIT PASST JEDES DETAIL. TROTZDEM SIEHT ES EXTREM LÄSSIG AUS. ES IST FRÜHER ABEND, ALS ICH MIR DIE DREISTIGKEIT HERAUSNEHME, AN WILDFREMDEN TÜREN ZU KLINGELN. Dominik Joachim heißt der Blondschopf, der seine Haustür öffnet. Er

ERZÄHL MIR DOCH MAL EINE BESONDERS SCHÖNE, LUS-

ist 21 Jahre alt und wohnt mit seinem Kumpel in einer WG in Grom-

TIGE

bühl. Wenn er sich nicht gerade Gedanken über Klamotten für sein

Ich hab' ne Nachbarschaft? Habe die anderen Häuser wohl im-

Label macht, verkauft er welche. Man merkt, dass er öfter mal spon-

mer übersehen. Habe wohl zu oft auf mein Handy geschaut.

ODER

TRAURIGE

NACHBARSCHAFTSGESCHICHTE.

tan ausgefragt wird. Sonderlich unwohl scheint er sich nicht zu fühlen: Auf doofe Fragen bekommt man meistens eben auch doofe Antworten:

WIE LANGE WOHNST DU SCHON IN DIESEM HAUS? Zwei Jahre, zwei Monate, fünf Tage, 19 Stunden und 30 Minuten. Lus-

WARUM HAT ES SO LANGE GEDAUERT, BIS DU DIE TÜR

tigerweise habe ich mir da neulich Gedanken drüber gemacht.

GEÖFFNET HAST? Unser Türöffner, oder wie das Ding auch immer heißt, funktioniert öfter mal nicht; also musste ich

WAS HAST DU DURCH DIE GESCHLOSSENE HAUSTÜR UND

fauler Mensch mich selbst bewegen. Kann hin und wieder

DURCH DIE WÄNDE SO MITBEKOMMEN, WAS VIELLEICHT

mal länger dauern.

NICHT FÜR DEINE OHREN BESTIMMT WAR? Wie Menschen, die über uns wohnen, mit Special Effects kuscheln.

WAS HAST DU BIS EBEN GETAN? Am Laptop gearbeitet. Tun wir mal so, als wären Hobbys überbewertet!

WIE VERRIEGELST DU DIE TÜR? UND WARUM? Die Haustür nur mit Schloss. Kommt vielleicht daher, dass es für das Bad kei-

WER SOLLTE UNTER GAR KEINEN UMSTÄNDEN VOR EURER

nen Schlüssel gibt. Da stumpft man ab, haha. Wenn jemand ein-

TÜR STEHEN UND WARUM? Ich ohne Schlüssel mit dem Schlüs-

brechen will, tun wir einfach so, als wären wir selbst Einbrecher

seldienst. Wär teuer.

und sagen denen, dass es hier nichts zu holen gibt. Problem gelöst. Oder wir stellen uns tot – das schreckt ab.

NACHBARN

CHARLOTTE

MICHAEL EIN FREUNDLICHES GESICHT STRAHLT MIR ENTGEGEN,

DAS IST MICHAEL, 20 JAHRE ALT, STUDENT DER PHILO-

ALS MIR NACH EINMAL KLINGELN CHARLOTTE GEGENÜBER-

SOPHIE UND POLITICAL AND SOCIAL STUDIES. ER WOHNT

STEHT.

SEIT APRIL IN EINER ZWEIER-WG IN DER WÜRZBURGER ALTSTADT UND IST ZUM ZIEL UNSERES KLINGELSTREICHES

Die 20-Jährige trägt ihre superflauschigen Hausschuhe und

GEWORDEN.

bittet mich ins Wohnzimmer. Charlotte wohnt erst seit einem Jahr hier und studiert Architektur. In fünf Jahren hofft sie, dass

Man muss mindestens zwei Mal läuten, bis man hier hereinge-

sie mit dem Studium fertig ist und nicht mehr hier in ihrer WG

beten wird. Das liegt daran, dass Michael beim ersten Klingeln

wohnt. Als ich geklingelt habe, war Charlotte gerade mit Ler-

erstmal denkt, dass das nur eine Verwechselung sein kann. Bei

nen für eine Prüfung beschäftigt.

Klingeln Numero zwei bewegt er sich dann doch langsam auf die Haustür zu, auch wenn er sich im Allgemeinen nicht über ein

Aber trotzdem ist sie froh, dass ich vor ihrer Tür stehe. Versiche-

Läuten an der Tür freut – außer natürlich, ein angekündigter

rungsmakler oder ähnliches kann sie nämlich gar nicht leiden.

Gast könnte davorstehen. Denn was für unangenehme Über-

Die sind oftmals so überzeugend, dass sie sich manchmal gar

raschungen könnten dort lauern? Man kann nie wissen! Nie

nicht traut, nein zu sagen – und am Ende dann eine Versiche-

wieder vor der Tür stehen sollten bei Michael zum Beispiel die

rung abschließt, die sie gar nicht braucht. Was Charlotte aller-

Zeugen Jehovas; die haben ihn nämlich um acht Uhr morgens

dings dringend braucht ist ihr Bett. Da macht sie quasi alles und

mit ihrem Wunsch, über Gott zu reden, so überrumpelt, dass

sie würde es mir auch nicht für 5.000 Euro verkaufen.

er auch jetzt noch nur sagen kann, wie komisch dieses Treffen doch war. Die missionierenden Gesellen hat er schließlich weg-

Wer auch bei Charlotte klingen dürfte, wäre der Postbote.

geschickt, ein Schicksal, dass uns zum Glück erspart bleibt. Wir

Denn der bringt ihr regelmäßig Päckchen mit neuen Schuhen.

erfahren, dass Michael bis gerade eben Gitarre gespielt hat.

Von denen schickt sie allerdings immer einige wieder zurück.

Derzeit eine Ausnahme, gesteht er, sonst wird nur geübt, wenn

Von ihren Nachbarn kann sie eigentlich nur Gutes sagen.

er eigentlich etwas Besseres zu tun hätte.

Eine Nachbarin hat ihr zum Beispiel mal einen Akkuschrauber

Eine kleine Anekdote aus seiner bisherigen Zeit im Haus: Wäh-

geliehen, als sie einen neuen Tisch zusammenbauen musste.

rend er eines Abends in seinem Zimmer auf YouTube unterwegs

Mit dem Nachbarn unter ihr hat Charlotte eine eher peinliche

war, konnte Michael durch die Wand, aus der Wohnung eines äl-

Geschichte. Der hörte so laut Musik, dass sie eine Bandprobe

teren Nachbarn, Hilfeschreie vernehmen. Zum Glück hat er gleich

unter sich vermutete. Als sie den Nachbarn im Treppenhaus

nachgesehen, was los war, denn der Herr war hingefallen und

traf und sich nach dem Bandnamen erkundigte, herrschte

konnte nicht mehr aufstehen. So konnte gleich ein Krankenwa-

Stille. Naja, immerhin würde der Nachbar jetzt leiser Musik

gen gerufen werden, um dem Nachbarn die Hilfe zu leisten, die

hören, so Charlotte.

er benötigte. Mit dieser wichtigen Geschichte im Gepäck lassen wir Michael weiter sein Gitarrenspiel verbessern und machen uns auf die Suche nach unserem nächsten Klingelstreich-Opfer.

NACHBARN

FREDERIC

DIESER NETTE NACHBAR HEISST FREDERIC, IST 26 JAHRE ALT UND STUDIERT LEHRAMT. NUR EIN KLINGELN – UND SCHON HAT ER MIR DIE TÜR GEÖFFNET. WER SOLLTE UNTER GAR KEINEN UMSTÄNDEN VOR DEINER TÜR STEHEN UND WARUM? Meine Eltern. Heute. Weil sie wüssten, was gestern war.

WAS HAST DU BIS JETZT GERADE GETAN? (Lacht) Geschlafen und eine Tiefkühlpizza gegessen.

KANNST DU MIR SCHÖNE/LUSTIGE/TRAURIGE NACHBARSGESCHICHTEN ERZÄHLEN? Unser Verhältnis zu den Nachbarn von nebenan oder unten … mhm … was kann man da erzählen? Es ist eine Geschichte der fortgesetzten Lärmbelästigung, eine einseitige Lärmbelästigung. Ach stimmt – und was Nettes: Die Mädchen von unten, die haben sich mit Keksen vorgestellt. Und mein Mitbewohner hat sogar kurz das Bad verlassen, um sich einen Keks zu nehmen und ist dann wieder zurück ins Bad. Und ansonsten, naja, die Nachbarn von gegenüber mögen uns nicht so.

WAS HAST DU DURCH DIE WÄNDE SO MITBEKOMMEN? Also ich glaub eigentlich nichts. Es ist eher andersrum. Wir haben bis jetzt nichts gehört, was man nicht hören soll.

WIE VERRIEGELST DU DEINE TÜR UND WARUM? Wenn ich alleine bin, dann sperr ich von innen ab, damit ich den Schlüssel nicht vergesse. Das ist das einzige was ich mach.

ZWISCHEN LÄRM UND KEKSEN

WELCHEN GEGENSTAND AUS DEINER WOHNUNG WÜRDEST DU MIR NICHT FÜR 5.000 EURO VERKAUFEN UND WARUM? Mhm für 5.000 Euro ... Alles ist käuflich ;) Also wenn du was willst … außer vielleicht die Mikrowelle.

FÜR WEN STEHT DEINE TÜR IMMER OFFEN? Für dich. (Lacht) WIE WÜRDE DEIN LEBEN AUSSEHEN, WENN ICH IN FÜNF JAHREN NOCHMAL BEI DIR KLINGELN WÜRDE? Genauso. Nur das Alter würde sich ändern. Ich wäre dann Frederic, 31 Jahre.

WENN ICH DER POSTBOTE WÄRE UND DIR EIN PÄCKCHEN LIEFERN WÜRDE, WAS WÄRE WOHL DRIN? Da wäre Kaffee drin. Ich muss echt Kaffee bestellen.

NACHBARN ERDGESCHOSS, 2X KLINGELN: HINTER EINER GROSSEN, WEISSEN TÜR WOHNT HERR SCHWAB. ALS ICH KLINGLE, LIEST ER GERADE UND SCHAUT NEBENBEI FERNSEHEN. Herr Schwab bittet mich gleich in seine Küche und erzählt mir, dass er 42 Jahre alt ist und Angestellter bei einer Versicherung.

Seit neuneinhalb Jahren wohnt er jetzt schon hier – und wenn es nach ihm geht, wird er auch mindestens weitere fünf Jahre hier wohnen bleiben. Denn Herrn Schwab gefällt seine Wohnung hier so gut, dass er sie gerne als Eigentumswohnung kaufen möchte. Mit in der Wohnung lebt sein Fahrrad – sein altes wurde Herrn Schwab einfach aus dem Keller geklaut. Da muss man jetzt vorsichtig sein und den Drahtesel besser in die Küche stellen. Generell ist Herr Schwab sehr vorsichtig. Damit niemand auf die Idee kommt, mit einer Karte in seine Wohnung einzubrechen, schließt er immer ab und lässt den Schlüssel innen stecken.

Mitbekommen hat er durch seine geschlossene Tür auch schon viel – zum Beispiel Kindergeschrei und diverse Unterhaltungen.

Nur Streit habe er noch nie gehört. Ungebetene Gäste gäbe es allerdings schon manchmal. Neulich erst musste Herr Schwab zwei Damen von den Zeugen Jehovas abwimmeln. Die wollten ihn scheinbar mit einem Plakat überzeugen. Herr Schwab reagierte aber cool, meinte nur „Ohje ohje“ – und die Damen verschwanden gleich wieder.

Auf seine Nachbarn kann sich Herr Schwab eigentlich immer verlassen. Denn die nehmen immer seine Pakete an, wenn er gerade einmal nicht da ist. Herr Schwab erzählt mir aber auch eine traurige Nachbarsgeschichte. Denn erst kürzlich hat er erfahren,

HERR SCHWAB

dass ein jahrelanger Bewohner in der Wohnung über ihm verstorben ist. Mitbekommen hat er das aber durch die Zeitung.

Texte: Angelina Winkler ; Nicolette Steinbach & Judith Küfner Foto: Sarah Theisen; Angelina Winkler

F A B R I C A T I V SH A K Y DESIGNSHOP W W W.FA BRIC AT I V.DE

BLUMENHAUS BOTT FLOX; PREIS 1,50 EURO „TOPF ODER SCHNITTBLUMEN? AH OKAY, FLOX KANN ICH IHNEN ANBIETEN, PASST SEHR GUT ZUM FRÜHLING.“

BLUMENLADEN HÄRTH NELKE; PREIS 1,20 EURO „EINE GANZ BESONDERE BLUME – SEHR SEHR SCHÖN.“

BLUMENHAUS BÖCK HYAZINTHE; PREIS 1,50 EURO „WAS HABEN SIE DENN MIT DER BLUME VOR? NICHT FÜRS KRANKENHAUS GEEIGNET – VON DEM GERUCH BEKOMMT MAN KOPFSCHMERZEN.“

BITTE EINE FRÜHLINGSBLUME

ABC BLUMEN RANUNKEL; PREIS 1,80 EURO „TYPISCHE FRÜHLINGSBLUMEN SIND TULPEN, RANUNKELN UND ANEMONEN – RANUNKEL IST EINE SEHR GUTE WAHL.“

DER HOLLÄNDER TULPE; PREIS 0,70 EURO „OFFENE SCHNITTBLUMEN HABE ICH NUR TULPEN, DAS WARS!“

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BLUMENHAUS AM STERNPLATZ LISIANTHUS; PREIS 1,25 EURO „SEHR GUTE WAHL; ICH SUCHE IHNEN EINEN SCHÖNE AUS.“ Fotos: Nico Manger; Text: Sarah Theisen

BEWEGUNG

CAP O EIRA

DIE MUSKELKATERFLATRATE

FÜR ZWEI MINUTEN DENKE ICH NICHTS, GAR NICHTS. MEINE BEWEGUNGEN FOLGEN NUR MEINEN REFLEXEN. ICH SPÜRE NICHT DAS ZITTERN MEINER MUSKELN, NICHT DEN SCHWEISS AUF MEINER STIRN, NICHT DEN HARTEN BODEN UNTER MEINEN NACKTEN FÜSSEN. BEINAHE ALLES UM MICH HERUM VERSINKT; DIE GESICHTER DER MENSCHEN ZIEHEN PFEILSCHNELL VORBEI, EINZIG IHR GESANG, DIE MUSIK UND DER RHYTHMUS STRÖMEN DURCH MEINEN KÖRPER UND GEIST. ES GIBT NUR MICH, MEIN GEGENÜBER UND DEN AUGENBLICK. ES GIBT NUR CAPOEIRA.

CAPOEIRA IST GESCHICHTE Zwei Minuten. Dann streckt er seine Hand aus, ich reiche ihm meine und wir verabschieden uns, kehren beide zurück in die Realität, es war ein gutes Spiel, schnell und vor allem präzise, das ist Capoeira. Nüchtern betrachtet und laut Definition eines bekannten Internetlexikons ist Capoeira ein „brasilianischer Kampftanz“. Emotional betrachtet ist Capeira das, was in den ersten Zeilen dieses Textes beschrieben wird. Einzigartig, voller Adrenalin – in erster Linie natürlich für die „Capoeiristas“, die sich in der „Roda“ (dem Kreis) gegenüberstehen und in einer Art Dialog abwechselnd Angriffs- und Verteidigungstechniken austauschen, ohne sich dabei jedoch ernsthaft zu treffen oder gar zu verletzen. Zollen wir der Lexikondefinition ein wenig Respekt und blicken wir auf die Fakten: Ja, Capoeira ist eine Art Kampftanz und stammt aus Brasilien. So genau lässt sich das allerdings nicht sagen. Die Wurzeln hatte die Capoeira wohl ursprünglich in Afrika, dort eventuell als eine Art religiöser Ritus.

Während der Kolonialzeit im 18. Jahrhundert brachten die af-

rikanischen Sklaven Capoeira dann nach Lateinamerika, hauptsächlich nach Brasilien. Mit dem heutigen Sport hatte diese Form allerdings sehr wenig gemein. Nach einigen fließenden Weiterentwicklungen wurde Capoeira von den Sklaven im Kampf gegen die bewaffneten Sklavenjäger oder von rivalisierenden Banden als gefährliche und sogar tödliche Kampftechnik in den Straßen Rio de Janeiros oder Salvador de Bahias eingesetzt. Ab 1889 wurde sie in Brasilien sogar verboten und ihre Ausübung unter Strafe gestellt.

CAPOEIRA IST MUSIK Erst 1937 wurde das Capoeira-Verbot in Brasilien aufgehoben.

Das ist vor allem einem Mann zu verdanken, der vom Status her gesehen guten Gewissens als der Urvater der zeitgenössischen Capoeira bezeichnet werden kann: Mestre Bimba. Durch die Integration weiterer Elemente aus anderen, zum Teil auch asiatischen Kampfsportarten und effektiven sowie systematischen

BEWEGUNG wegungen besteht aus Tritten beziehungsweise „gezogenen“ Beinbewegungen oder auch Würfen, die alle aus einem Grundschritt heraus vollführt werden, der „Ginga“. Das bedeutet also, die Capoeiristas sind immer in Bewegung, es gibt keinen Stillstand. Garniert wird ein solches Spiel mit allerlei akkrobatischen Bewegungen, vor allem Rädern oder diversen Überschlägen und natürlich Ausweichtechniken. Soviel zur einfachen Version von Capoeira. Kompliziert ausgedrückt müsste es heißen: Capoeira ist eine Art der Verständigung, ein Frage-Antwort Spiel. Eine Angriffsbewegung zieht eine Verteidigungsbewegung nach sich. Die Capoeira ist nicht statisch, sie fließt. Die Techniken der Capoeiristas verlaufen ineinander. Je nach Art des Spiels kann es auch heftiger zur Sache gehen, die Intensität bestimmten die Spieler selbst, zum Teil natürlich auch der Rhythmus der Bateria.

Es geht dabei nicht ums Gewinnen oder Verlieren, die Capoeiristas entscheiden selbst, wann sie den – friedlichen oder eher kämpferisch geprägten – Dialog beenden. Dann sind zwei andere an der Reihe. Das ist anstrengender, als man jetzt vielleicht denken mag. Capoeira verlangt vollste Körperbeherrschung und absolute Konzentration, selbst bei langsameren Spielen. Denn hier geht es vor allem auch um die korrekte und akkurate AusTrainingsmethoden verhalf er der Capoeira schließlich zum Aufstieg. Weitere große Mestres (Meister) folgten im Lauf der Jahre und Jahrzehnte und machten diese Sportart weltweit bekannt.

Soviel also zur Geschickte – in sehr gestraffter Form. Doch wie funktioniert Capoeira? Ein kleiner Crashkurs: Bei Capoeira wird nicht gekämpft, sondern in einem Kreis – der Roda – „gespielt“.

Die Roda besteht aus einer unbestimmten Anzahl von Capoeiristas und einer Bateria, den Musikern. Denn Capoeira ohne Musik wäre undenkbar, Musik ist so etwas wie die Seele dieses Kampfsports. Das Hauptinstrument der Bateria ist die Berimbau.

Es handelt sich dabei um einen Musikbogen, der aus einem Holzstab (Verga) und einer Metallsaite (Cabca) besteht. In der Hand hält der Musiker zusätzlich eine Caxixi (Holzrassel), ein Barreta (Schlagstock) und ein Dabrao (Münze, Stein). Die damit erzeugten Töne klingen im ersten Moment eher seltsam. Unterstützt wird der Berimbau-Spieler unter anderem von einem Schellentamburin (Pandeiro), einer Seiltrommel (Atabaque) oder einer Metallglocke (Agogo). Während einer Roda wird darüber hinaus beinahe durchgehend gesungen. Der Berimbau-Spieler, welcher das Spiel leitet, wechselt dabei zwischen verschiedenen und unzähligen Capoeira-Liedern, den Cantigas. Sie handeln von Themen wie Unterdrückung, Freiheit und natürlich Liebe. Dazu klatschen die umstehenden Capoeiristas im Takt und singen bestimmte Teile der Lieder laut mit; der Rhythmus und die Musik dienen aber keineswegs zur Unterhaltung: Sie bestimmen die Art des Spiels. Schnellerer Rhythmus – schnelleres und vielleicht aggressiveres Spiel, ebenso umgekehrt.

CAPOEIRA IST KOMMUNIKATION Das Hauptbekleidungsstück der Capoeiristas ist eine weite Hose aus einem speziellen und äußerst widerstandsfähigen PolyesterStoff. Traditionell ist dies „Abada“ weiß, aber mittlerweile gibt es solche Hosen in vielen verschiedenen Farben. Schuhe werden von den meisten Mestres nicht gerne gesehen, man spielt also barfuss. Am Strand in Brasilien mag das kein Problem sein, aber auf hartem Hallenboden hierzulande holen sich Anfänger zunächst eine gehörige Portion Blasen. Wer als Mann über die nötige muskulöse Optik verfügt, lässt zudem das T-Shirt weg.

Beim eigentlichen Spiel bewegen sich zwei Capoeiristas in der Roda zur Musik und führen verschiedene Angriffs- und Verteidigungstechniken aus – meistens, ohne sich dabei zu treffen oder überhaupt treffen zu wollen. Der Großteil der Angriffsbe-

führung der Bewegungen.

CAPOEIRA IST VIELFALT Eine weitere Besonderheit: Capoeira verfügt über kein einheitliches Graduierungssystem. Der höchste „Rang“ ist zwar überall auf der Welt der des Mestre, daneben existieren aber beinahe in jeder „Groupo“ unterschiedliche Kordelsysteme, die ähnlich wie bei Karate über den Fähigkeitsstand des Capoeiristas Auskunft geben sollen. Dieses Durcheinander ist darauf zurückzuführen, dass es nicht DIE Capoeira gibt. Es existieren zwar zwei große „Hauptströmungen“ – Regional (schnell, akrobatisch) und Angola (eher traditionell, weniger spektakulär) –, aber daneben gibt es unzählige weitere Stile. Das hängt auch in besonderem Maße von dem Mestre der jeweiligen Groupo ab. Zwar waren in den letzten Jahren vermehrt Tendenzen einer gegenseitigen Annäherung der verschiedenen Stilrichtungen zu beobachten; diese Entwicklung steckt jedoch noch in den Kinderschuhen.

CAPOEIRA IST TREND Zwei, drei, vielleicht vier Minuten, länger dauert ein Dialog zwischen zwei Capoeiristas in der Regel nicht – das ist anstrengend genug. Um in der Sprache unserer Zeit zu bleiben: Capoeira ist ein Ganzkörper-Workout. Anfänger spüren nach ihren ersten Trainingseinheiten jeden einzelnen Muskel im Körper. Und der der menschliche Körper hat viele Muskeln. Sehr viele. Ich spre-

DER GESANG, DIE MUSIK UND DER RHYTHMUS STRÖMEN DURCH MEINEN KÖRPER

BEWEGUNG

che aus eigener Erfahrung. Kennengelernt habe ich diese au-

wollte. Ein Vorteil im Vergleich zu anderen Kampfsportarten ist

ßergewöhnliche Kampfsportart auf ungewöhnliche Weise. Ja,

sicherlich die enorme Dynamik von Capoeira. Dennoch: Geht

ich gebe es zu: Ich gehöre der Playstation-Generation an. Krummer Rücken inklusive. Eines der beliebtesten Spiele für die erste

es einem um reine Selbstverteidigung, sollte man nicht zu viele Hoffnungen in diese Sportart setzen, hier mögen asiatische

Generation der Konsole war die „Tekken-Serie“, ein innovatives „Prügelspiel“. Dort gab es einen Charakter mit dem klangvollen

Techniken überlegen sein. Aber wie schon erwähnt, es geht bei Capoeira nicht darum „Ich bin der Bessere“, man „prahlt“ nicht

Namen „Eddy Gordo“. Dieser praktizierte Capoeira als Kampfstil, was schon auf dem TV-Screen sehr spektakulär anmutete.

Später kam ich zu dem eher trashigen Film „Only the Strong“

mit seinem Können. Capoeira ist zurückhaltend, kontrolliert, tiefgründig, gewieft. Capoeira ist beinahe ein Lebensgefühl.

Und eigentlich schwierig zu beschreiben. Man muss es erleben.

mit Marc Decascos. Auch dort wird Capoeira in eine 0815-Prügelfilm-guter-Junge-gegen-Bösewicht-Filmhandlung verpackt.

Wem das jetzt alles ziemlich spanisch vorkommt: fast richtig.

Lieder, Techniken und sämtliche Begriffe der Capoeira sind der

Unter heutigen Capoeiristas genießt der Film dennoch einen gewissen Kultstatus und für Interessierte ist er auf jeden Fall einen Blick wert

portugiesischen Sprache entnommen. Es schadet also nicht, wenn man ein klein wenig sprachbegabt ist. Wenn nicht, auch nicht schlimm. Learning by doing!

Text: Michael W. Liebl

CAPOEIRA IST FREIHEIT Klingt pathetisch, ist aber so. Als Capoeirista in der Roda während eines Spiels schaltet man seinen Geist völlig aus. Man denkt

Fotos: Annika Kreikenbohm ist selbst Capoeirista, promoviert in Astrophysik und studiert Kommunikationsdesign. In ihrer Bilderserie „Die Kunst der Capoeira“, die noch bis zum 17. Mai 2017 im Buchladen er-

nicht „Welche Technik führe ich als nächstes aus?“, man reagiert reflexartig. Das macht ein gutes Spiel aus. Musik, Gesang und

Lesen zu sehen ist, visualisiert sie den einzigartigen Stil von Capoeirabewegungen. Die Kombination aus Langzeitbelichtung und Strobo-

Rhythmus tun ihr Übriges dazu und beflügeln die kommunizierenden Capoeiristas innerhalb des Menschenkreises. Und Capoeira ist vor allem auch Trend geworden. In immer mehr Städten

skopblitzen ermöglicht es, sowohl die allgemeine, abstrakte Form der Bewegung, als auch ihren detaillierten Verlauf zu zeigen.

gibt es Gruppen, auch an vielen Universitäten ist Capoeira im Sportangebot, internationale Festivals werden rund um den Globus zelebriert. Ob Capoeira zu Selbstverteidigung geeignet ist? Schwierige Frage. Wenn man es auf einem sehr hohen Level betreibt, dann durchaus. Zwar geht es in der Roda nicht darum, jemanden zu treffen, aber man könnte es, wenn man

FREIHEIT

BERUFUNG

DAS HANDWERK EINES OPTIKERS SEIT JANUAR LEBT FLORIAN WAGENBRENNER SEINEN GROSSEN TRAUM VOM EIGENEN BRILLENLADEN IN DER BRONNBACHGASSE. OBWOHL IN UNSERER SCHÖNEN STADT OPTIKER AN JEDER ECKE ZU FINDEN SIND, WAR ES FÜR DEN GEBÜRTIGEN WÜRZBURGER GANZ KLAR, DASS ER SEINEN WEG IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT IN SEINER HEIMATSTADT WAGEN WIRD. MIT SEINEM KLEINEN, ABER WIRKLICH FEINEN LADEN MÖCHTE ER NICHT NUR EINFACH BRILLEN VERKAUFEN, SONDERN AUCH DIE HANDWERKSKUNST DAHINTER NÄHERBRINGEN. Einen Laden, wie es ihn nicht nochmal in Würzburg gibt. Schon allein beim Betreten des Ladens ertönt ein Klingelton, wie er vor ein paar Jahrzehnten üblich war. Im Inneren zieht sich dieser „Vintage Flair“ dann weiter durch das komplette Ambiente des Ladens. Zahlreiche antike Möbel vermischen sich mit Topmoderne und erzeugen dabei ein Bild, das stimmiger kaum sein könnte.

Sogar eine alte Kinosesselgarnitur hat es in den Laden geschafft und haucht dem Geschäft eine gehörige Portion Charme und Stil ein. Das wohl Interessanteste an der Sache ist, dass alle Möbel, die im Laden zu finden sind, vom Chef persönlich restauriert wurden und zum Verkauf stehen.

wird aber als Teilzeitkraft von seiner Mutter unterstützt, die über 30 Jahre Erfahrung in der Augenoptik hat. Er legt bei seinen Produkten großen Wert darauf, dass er Brillengestelle verkauft, hinter denen er mit gutem Gewissen stehen kann. Durch seine langjährige Erfahrung weiß er, was er von einer Brille erwartet und möchte dies natürlich auch so an seine Kunden weitergeben. Denn für ihn ist eine Brille ein täglicher Begleiter, der ihn qualitativ ansprechen sollte, aber auch selbstverständlich in einem gewissen Maß praktisch sein muss. Denn der Augenoptikermeister bietet sehr leichte, robuste und dennoch topmoderne Brillenfassungen, die auch dem ruppigsten Brillenträger standhalten sollten.

VERKAUFSFLÄCHE MIT PERSÖNLICHER NOTE Das Konzept zur Inneneinrichtung des Ladens entspringt komplett den Vorstellungen des Inhabers Florian Wagenbrenner, der mit seinen 20 Jahren Berufserfahrung nun den Schritt in die Selbstständigkeit mit seinem eigenen Laden gewagt hat. Kunden erwartet hier eine indivduelle und typgerechte Beratung beim Brillenkauf, Kontaktlinsenanpassungen, Sehstärkenbestimmungen – und als Sahnhäubchen obendrauf werden mittels einer offenen Werkstatt im Verkaufsbereich sogar Einblicke in die handwerklichen Tätigkeiten eines Optikers gewährt. Somit können Würzburger beim Kauf auch gleich noch etwas dazulernen.

WOHLFÜHLFAKTOR Neben den vielen schönen Brillenfassungen und dem wirklich sehenswerten Ambiente spricht aber wohl die Persönlichkeit am stärksten für den Laden. Denn Florian Wagenbrenner möchte den Kunden, die zu ihm in den Laden kommen, nicht einfach irgendeine Brille aufschwatzen. Hier muss sich niemand verpflichtet fühlen, etwas zu kaufen. Wer gerade in der Nähe ist und Zeit für einen kurzen Plausch hat, darf gerne einfach in den Laden schneien und bei einem Espresso das besondere Flair genießen.

Text: Matthias Fries; Fotos: Florian Wagenbrenner

PRAKTISCH UND TOPMODERN Florian Wagenbrenner führt den Laden als eine „One-Man-Show“

Optik Wagenbrenner in der Bronnbachergasse 37 in 97070 Würzburg www.optik-wagenbrenner.de; Facebook: OptikWagenbrenner Instagram: optikwagenbrennerwuerzburg Öffnungszeiten: Mo–Fr: 10:00–18:00 Uhr und Sa: 10:00–16:00 Uhr

STYLE

ALLES CLEAN UND COUTURE! Klar, rein, schlicht – so lässt sich Elisas Stil wohl am besten beschreiben. Dass ihr Modeblog den Namen „Clean Couture“ trägt, ist natürlich alles andere als Zufall. Auf ihrem Blog zeigt die Würzburgerin, wie vielfältig Mode sein kann, die absolut clean ist. Wenig Farben und Muster, dafür klare Schnitte und schlichte Designs – darauf legt Elisa bei der Zusammenstellung ihrer Outfits besonders viel Wert. Was zunächst langweilig klingen mag, erweist sich schon beim ersten Blick auf ihre Instagram-Fotos und Blogbeiträge als wahre Fashion-Wunderwaffe.

Denn schnell wird klar: Je schlichter die Designs, je klarer die Formen und je weniger bunt die Kleidungsstücke, umso mehr Spielraum bleibt bei der Kombination verschiedener Teile. „Es ist wichtig zu zeigen, dass Farben gut designte und anspruchsvolle Schnitte der Designer lediglich unterstützen“, begründet die Würzburgerin ihren Fokus auf klare Mode. Dass Trend nicht gleich Trend ist, sieht man an ihren Outfits, die zwar aus typischen Must-haves und It-Pieces bestehen, jedoch stets individuell umgesetzt werden. Somit schafft es die Würzburgerin, Trends auf ihre eigene Art und Weise zu interpretieren, dabei getreu des Mottos auf „Clean Couture“ zu achten und sich gleichzeitig von ihren Blogger-Kolleginnen zu unterscheiden.

STYLE

Und das Beste: Damit auch die LIEBEN NACHBARN was von ihrem außerordentlich guten Gespür für Mode haben, hat Elisa ein paar Trendstücke für uns zusammengestellt, die diese Saison auf keinen Fall in unseren Kleiderschränken fehlen sollten!

Mehr Inspiration gibt es auf Elisas Blog sowie auf den dazugehörigen Social-Media-Kanälen. Seien es typische Fashion-Fragen oder Tipps rund um Lifestyle-Themen – wer sich für Mode und den Würzburger Alltag aus Sicht einer Bloggerin interessiert, wird auf www.clean-couture.com mit Sicherheit fündig.

Text: Meliz Kaya; Fotos: Clean Couture

MIT ANDEREN AUGEN

DER GANZ NORMALE TOURIBAHNSINN FREUNDE ODER FAMILIE SIND ZU BESUCH IN DER NEUEN WAHLHEIMAT – ABER WAS TUN AN EINEM VERREGNETEN SAMSTAG? VIELLEICHT BRINGT EINE FAHRT MIT DEM CITYTRAIN AUCH DEM WÜRZBURGER GASTGEBER EINE NEUE SICHTWEISE AUF SEINE STADT ...

Das schmuddelige Wetter lädt nicht wirklich zum SightseeingSpaziergang ein. Man möchte es sich am liebsten bei einem wärmenden Getränk gemütlich machen. Den Wochenendbesuch in der neuen Wahlheimat zu bespaßen, ist bei dieser Witterung echt eine Herausforderung. Nur noch einen kurzen Abstecher zur Residenz, ist ja schließlich Weltkulturerbe. Und dann aber schnell ins nächste Café, bevor wieder alles besetzt ist.

Doch plötzlich schlängelt sich aus dem Nichts von hinten ein dunkelrot-weißes, brummendes Gefährt vorbei und stoppt kurz vor dem Residenzplatz. Eine Lokomotive auf Rädern mit drei Waggons. Ein grauhaariger Mann in roter Jacke steigt aus der Fahrerkabine und baut seinen kleinen mobilen Ticketschalter auf. Gut gelaunt fängt er an, den Passanten Fahrkarten für den sogenannten CityTrain anzupreisen.

Würzburg in 40 Minuten im überdachten und beheizten Waggon? Eine verlockende Alternative zum Café-Plan tut sich auf.

Eben mal was anderes.

In jeder Großstadt gibt es mittlerweile Sightseeing-Touren dieser Art, vorwiegend im roten Doppeldeckerbus. Doch die kleine Bimmelbahn hier hat deutlich mehr Charme. Die Stadtrundfahrt führt durch das historische Zentrum. Von der berühmten Resi-

denz zum Dom und am Main entlang mit Blick auf die Festung Marienberg. Beinahe ganzjährig, mit mindestens fünf Touren täglich je nach Jahreszeit soll der Zug nicht nur (internationalen) Touristen die Stadt ein wenig näherbringen. Doch das lustige Gefährt kommt sicher nicht bei allen gut an. Besonders ein eiliger Würzburger, der mit dem Auto in der Innenstadt unterwegs ist, kann hier schnell mal an seine Geduldsgrenzen stoßen.

Heute stehen aber nur zwei Touren auf dem Plan – und der CityTrain soll nicht das größte Hindernis im Würzburger Straßenverkehr sein.

11.59 UHR. Der Motor startet. Eigentlich könnte das jetzt der Startschuss für die Stadtrundfahrt sein, wäre da nicht eine schier endlose Kolonne von Polizeitransportern, die der Lok den Weg in den Straßenverkehr versperrt. Schon ganz ungeduldig schaut der Fahrer immer wieder nach links, bis er endlich vor einem der Transporter auf die Straße abbiegt. Es geht also los ...

An der Residenz vorbei biegt der Zug in Richtung Mainfranken Theater ab. Die Damenstimme, die immer wieder durch die Lautsprecher ertönt, deutet auf ein rotes Haus und dessen Geschichte hin. Doch statt eines roten Hauses sieht man nur eine rote Ampel. Abrupt endet die Durchsage. So weit sind wir noch

MIT ANDEREN AUGEN nicht, merkt auch der Fahrer. Im großzügigen U-Turn mitten auf der Kreuzung geht es weiter, erneut am Theater und auch an der Residenz vorbei. Nach diesen kurzen Anfangsschwierigkei-

12:21 UHR. Der Zug biegt auf die Juliuspromenade ab, fährt diese gemütlich herunter. Dann geht es erneut am Main entlang mit Blick auf die Festung Marienberg und die Weinreben zu ih-

ten scheint sich die Damenstimme mit den Sehenswürdigkeiten zu synchronisieren – und auch die kleine Lok schlägt sich wacker

rem Fuße.

über jede Bodenwelle hinweg.

Doch die innige Beziehung zwischen Würzburg und Wein bleibt

Bereits nach den ersten Minuten der Fahrt wird klar, dass die

auch auf der Tour nicht unberücksichtigt. Auf den letzten Metern wird die Vorfreude auf ein Glas einheimischen Weines

meisten Informationen besonders dem geschichtsaffinen Mitfahrer das Herz höher schlagen lassen. Viele Jahreszahlen und

regelrecht heraufbeschworen. Doch die Schunkelpartie im CityTrain hat den ein oder anderen empfindlichen Magen etwas

Namen von Persönlichkeiten. Doch es sind die einfachen Details

aufgewühlt. Deshalb ist der ursprünglich geplante Kaffee im

über Orte, an denen auch jeder Würzburger regelmäßig verkehrt und verweilt, die hängen bleiben. Über die Neubaustraße

Anschluss eventuell doch eher das passende Getränk der Wahl.

geht es in Richtung Main, an der alten Mainbrücke vorbei und schließlich in die Fußgängerzone.

12:37 UHR. Nach dem Rückweg am Ringpark vorbei und erneut über die Neubaustraße ordnet sich die Lokomotive wieder auf dem Gehweg am Residenzgarten ein und kommt an ihrer Hal-

12:13 UHR. Es ist Samstagmittag. Die Würzburger tummeln sich in der Domstraße, beim Einkaufen oder auf dem Weg ins Café.

testelle zum Stehen.

Nichts Außergewöhnliches. Doch mittendrin immer mal wieder eine Gruppe schwer gerüsteter Polizisten. Warum, ist zu diesem

„Für heute ist jetzt Feierabend!“, betont der Fahrer. Nachdem er die Passagiere verabschiedet hat, macht er sich vermutlich auf

Zeitpunkt noch unklar. Während der Zug den Gleisen der Stra-

den Weg zur speziellen Tankstelle, um sein Gefährt „eben nicht

ßenbahn folgt, stellt sich so langsam die Frage, wer oder was hier eigentlich die wahre Attraktion ist. Tiefe Blicke fallen in die

mit irgendeinem aufregenden Zeug zu befüllen, sondern mit, im wahrsten Sinne des Wortes, stinknormalem Diesel“.

Waggons, einige Passanten schmunzeln. „Da fahren doch eh nur Touristen mit“, das typische Vorurteil, ist doch in so manchem

An jenem Samstag war es übrigens definitiv nicht die Gemüt-

Gesicht zu lesen.

In der Tat prägen Besucher aus aller Welt das alltägliche Stadt-

lichkeit des CityTrains, die den Verkehr in Würzburg behindert hat. Spätestens beim wohlverdienten, gemütlichen Kaffee im Café Schönborn (das Tour-Ticket ist auch gleichzeitig ein kleiner

leben mit. Auf Nachfrage verrät der Lokführer aber entgegen aller Erwartungen, dass tatsächlich viele Würzburger bereits an den Touren teilgenommen haben. „Die merken dann erst, dass sie ihre eigene Stadt nicht kennen“, amüsiert er sich.

Gutschein für einen Kaffee dort) offenbart sich dann auch der wahre Grund: eine Demonstration und eine noch größere Gegendemonstration.

Text, Foto: Lisa Marie Waschbusch

VERHANDLUNGSSACHE

WIEGT EIN LEBEN WENIGER ALS VIELE? TERROR – EINE ANTWORT AUF DIE FRAGE, WAS MORALISCHER DRUCK SEI. SCHON BEIM EINLASS IN DEN SAAL LÄSST SICH EINE SPALTUNG DER MENGE FESTSTELLEN: PAPPBÖGEN MIT DEN AUFSCHRIFTEN „SCHULDIG“ UND „NICHT SCHULDIG“ RAHMEN DEN EINGANG IN DEN SAAL – ZUFALL ODER NICHT, DASS EIN GROSSTEIL DER ZUSCHAUER DEN BOGEN „SCHULDIG“ PASSIERT? Terror, ein Theaterstück von Ferdinand von Schirach, unter der

(Hannes Berg) sowie die Hinterbliebenen eines Flugzeuginsas-

Regie von Dirk Diekmann, dramaturgisch betreut durch Antonia

sen (Miriam Morgenstern) sollen durch ihre Aussagen zur Klä-

Tretter, feiert am 20. November 2016 Premiere im Würzburger

rung beitragen. Die Entscheidung trifft am Ende der Zuschauer.

Ratssaal. Der Saal bietet die perfekte Einstimmung auf das, was kommen wird: Es wird der Eindruck einer wichtigen Verhand-

Nach der Pause und einigen teilweise lautstarken Diskussionen

lung und nicht der einer Theateraufführung erweckt.

über Moral und Recht treten die für diesen Abend ernannten Schöffenrichter durch die Aufsteller „Nicht schuldig“ oder

Kurze Zeit nach Einlass tritt das Gericht zusammen. Der Vertei-

„Schuldig“; Theaterhelfer zählen die Durchgehenden. Nach

diger (Georg Zeies) kommt mit etwas Verspätung und einem

wenigen Minuten tritt das Gericht erneut zusammen: Der An-

Spruch auf den Lippen in den Saal gehuscht. Als die Formalien

geklagte wird an diesem Abend mit 100 zu 89 Stimmen von

zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft (Anja Brüngling-

den Vorwürfen freigesprochen. Ein gelungenes Stück, welches

haus) geklärt sind, führt ein Polizist den Angeklagten Lars Koch

jedoch auch sehr „anders“ ist; hervorragende schauspielerische

(Martin Liema) in den Saal. Der vorsitzende Richter (Eberhard

Leistungen und perfekt abgestimmte Kostüme (Veronica Silva-

Peiker) weist die Zuschauer in die Funktion von Schöffenrich-

Klug) sowie Bühne (Anika Wieners) verstärken den Eindruck,

tern, Aufmerksamkeit sei verlangt, um am Ende der Anhörung

einer wirklichen Verhandlung beizuwohnen. Allerdings muss

ein Urteil fällen zu können. Die rund zweistündige Verhand-

jedem bewusst sein, dass dies eben kein typisches Theaterstück

lung, ich meine: die rund zweistündige Vorführung, beginnt.

ist. Wer Musik als wichtiges Element empfindet, wird diese vermissen, ebenso den Fakt des „Berieselnlassens“ – Terror verlangt

Ein entführtes Passagierflugzeug droht in ein vollbesetztes Sta-

ein hohes Maß an Aufmerksamkeit.

dion zu fliegen. Der Bundeswehrpilot Koch schießt es ab. Einen Befehl für diese Handlung gibt es nicht. Die Anklage lautet:

Der Ausgang des Stückes – seit diesem Jahr weltweit aufgeführt,

Tötung von 164 Menschen. Recht oder unrecht? Moralisch ver-

sogar als Spielfilm auf ARD und in diversen Kinos – kann durch die

tretbar oder absolut unverständlich? Darf das Leben weniger

Einbeziehung des Publikums also immer ein anderer sein. Über die

gegen das Leben vieler aufgewogen werden? All diese Fragen

Seite http://terror.theater/ lässt sich die aktuelle Zahl der Vorfüh-

werden diskutiert – und ein Fliegerkollege des Angeklagten

rungen und deren Ausgänge abrufen und vergleichen. Ein genia-

VERHANDLUNGSSACHE les Theaterstück oder ein Sozialprojekt mit noch nicht absehbaren

macht auch ihn zum Opfer: Seine Rolle als Pilot bleibt vom

Folgen? Das wird wohl nur die Zukunft zeigen.

Bundesverfassungsgericht komplett ungeklärt, obwohl es sich hierbei um eine Abwandlung des Weichenstellerfalls handelt.

JURISTISCHER HINTERGRUND

Dieses Gedankenexperiment von Hans Wenzel beschreibt einen

Würde Terror eine tatsächliche Verhandlung darstellen, wäre

Zug, welcher auf eine große Menschenmenge zurast und nicht

bei dieser die Urteilsfindung für den Richter vermutlich genauso

mehr gestoppt werden kann, es besteht lediglich die Möglich-

schwer wie für die Zuschauer des Stücks. Den juristischen Kern-

keit, den Zug umzulenken; hierbei würde er jedoch ebenfalls

punkt bildet das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG), das am 11. Ja-

Menschen töten, wenn auch eine kleinere Menge. Koch schießt

nuar 2005 verabschiedet wurde. Laut dessen Paragraph 1 erfüllt

das Flugzeug ab, er muss sich dem Vorwurf der Tötung in 164

es den Zweck „Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luft-

Fällen stellen, andernfalls hätte man ihm jedoch in 70.000 Fällen

verkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Sabotage-

Unterlassen zum Vorwurf machen können.

akten und terroristischen Anschlägen“ zu gewähren. Paragraph 14 Abs. 3 desselben beschäftigt sich mit der Abwehr von Angrif-

An dieser Stelle bleibt nur der Verweis auf den bereits zitierten

fen im deutschen Luftraum. Das Gesetz besagt, dass insofern

Dr. Sven Thomas, welcher die richtige Frage stellt: „Wie gehen

„das Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt

wir mit denen um, die eine Gewissensentscheidung treffen? Ist

werden soll“, „die unmittelbare Einwirkung mit Waffengewalt“

hier das Strafrecht das geeignete Mittel?“

zulässig ist.

Text: Jacqueline Braun; Foto: Mainfrankentheater Würzburg Nur knapp 13 Monate nach seiner Verabschiedung wird das

MAL WIEDER DUSCHEN?

LuftSiG durch das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 15. Februar 2006 als verfassungswidrig erklärt. Als Urteilsgrund wird unter anderem im dritten Leitsatz festgehalten, dass das Gesetz gegen das Recht auf Leben verstößt, was wiederum in Artikel 2 der deutschen Verfassung festgehalten ist. Um Dr. Sven Thomas, einen der führenden Anwälte Deutschlands, zu zitieren: „Der Bundestag hat entschieden, dass ein Abschuss in einem solchen Fall zulässig sei, das Bundesverfassungsgericht sagt: nein“. Würden wir in einem Staat mit utilitaristisch geprägter Verfassung leben, wäre der Fall klar: Das Leben einiger wöge dann mehr als das weniger.

Die Situation des Piloten Koch ist auf Grundlage aktueller Gesetze nicht eindeutig zu klären. Seine Gewissensentscheidung

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GESTERN & HEUTE

WEBERS BACKKUNST TRADITION TRIFFT MODERNE DIE BÄCKEREI WEBERS SOLLTE EIGENTLICH JEDEM WÜRZBURGER EIN BEGRIFF SEIN. DENN SEIT 1875 BACKT DAS FAMILIENUNTERNEHMEN AUS DEM TAUBERTAL KÖSTLICHE GAUMENFREUDEN FÜR JEDERMANN. DIE WENIGSTEN WERDEN JEDOCH DIE GESCHICHTE HINTER DEM NAMEN WEBERS KENNEN. Im Jahr 1875 kauft Peter Weber Senior eine Bäckereifiliale in Lauda und legt hiermit den Grundstein für die Familientradition. Das Unternehmen ruht bis heute auf zwei Säulen: dem traditionellen Handwerk und der modernen Umsetzung. 27 Jahre nach der Firmengründung eröffnet das allererste Café der Bäckerei in Lauda. Die Café-Tradition wird bis heute mit „Webers Paneria“ fortgeführt. Da die Bäckerei im Familienbesitz bleiben soll, übernimmt der Sohn von Peter Weber Senior, Otto Weber, das Geschäft im Jahr 1916 und führt die Bäckerei bis zu seinem Tod im Jahr 1930.

Danach führt seine Frau das Unternehmen weiter. Für die damalige Zeit war so viel Frauenpower sehr ungewöhnlich, aber erfolgreich!

MODERNISIERUNG Im Jahr 1951 übernimmt Julius Weber in dritter Generation die Bäckerei und führt ab 1963 umfassende Renovierungsarbeiten am Stammhaus und den Verkaufsräumen durch – in der Nachkriegszeit soll Neues für die Zukunft geschaffen werden. Zugleich baut er die

Geschäftsräume zu einem modernen Handwerksbetrieb aus. Zehn Jahre später geht das Unternehmen den ersten Schritt in Richtung des heutigen Geschäftssystems: Eine zweite Filiale mit Café wird eröffnet. Damit einhergehend wurde auch die Backstube des Stammhauses angepasst und vergrößert.

IN VIERTER GENERATION Unter dem Motto „Taubertäler Backkunst“ übernimmt Peter Weber Junior 1988 das Familienunternehmen in vierter Generation. Er möchte weiterhin die handwerkliche Tradition wahren, aber dennoch Neues wagen. Webers soll größer und bekannter, das Erbe jedoch bewahrt werden.

Nach Umbauten steht einer Ausweitung des Filialnetzes nichts mehr im Weg. So hält im Jahr 2005 auch die erste Webers Filiale Einzug in Würzburg – und damit auch in Unterfranken.

Bis heute wächst das Unternehmen immer weiter an und vergrößert sein Filialnetz unter der Leitung von Peter

GESTERN & HEUTE

Weber, sodass 2010 die Produktion in Königshofen nochmals vergrößert werden musste, um der großen Nachfrage Herr zu werden. Zudem wurde mit dem Cafe-Konzept Paneria im Zwillingshaus 2013 ein Inklusionsprojekt mit dem Caritasverband gestartet.

TÄGLICH FRISCH UND INNOVATIV Die unzähligen Backwaren, die in der Produktion in Königshofen gefertigt werden, finden mehrmals täglich und frisch ihren Weg in die vielen Filialen des Unternehmens.

Aufbacköfen und tiefgefrorene Teiglinge sucht man in den Bäckerläden von Webers vergebens. Diese werden im

HANDWERKSKUNST UND HIGHTECH Webers Backkunst bleibt seinen Wurzeln treu und behält traditionelle Produktionsabläufe bis heute bei. Regionalität wird hier ganz groß geschrieben, denn bei der Produktion der Backwaren setzt das Unternehmen auf ausgesuchte, hochqualitative Rohstoffe. Back- oder Fertigmischungen sowie künstliche Zusätze sucht man in der Produktion in Königshofen vergebens. Ganz im Gegenteil: Hier steht noch die Qualität vor der Quantität – und so reifen die Teige sehr langsam, bis zu neun Stunden. Moderne Maschinen befinden sich aus lediglich einem Grund in der großen Produktionshalle der Webers Bäckerei: um die Mitarbeiter bei eintönigen und körperlich schweren Arbeiten zu schonen. Das Unternehmen beweist auch in Zeiten von Großbäckereien, dass es sich beim Backen um eine Kunst handelt, die die geübten Bäckerhände unabdinglich macht. Keine Maschine kann die Erwartungen von Webers komplett erfüllen, geschweige denn langjährige Erfahrung ersetzen. Deshalb beschäftigt die Bäckerei 400 Mitarbeiter, die für die hohe Qualität der Produkte stehen.

Zuge einer weiteren Modernisierung übrigens Schritt für Schritt in neuem Glanz erstrahlen, wie etwa die Filiale in der Würzburger Zellerau.

Darüber hinaus will man das Sortiment stetig weiterentwickeln und den Kunden immer wieder neue Gaumenfreuden bieten. Zu Klassikern wie dem Butter Nusshörnchen oder der Knusperstange gesellen sich zum Beispiel die Fitness-Tarties, eine Low-Carb-Alternative für Ernährungsbewusste, oder das vegane Aktiv-Brot. Mit einem Online-Bestellservice hat man den Schritt in die digitale Welt gewagt und kann die Kunden noch gezielter mit Leckereien versorgen. Und die fünfte Generation steht bereits mit neuen Ideen in den Startlöchern. Man darf gespannt sein, was als nächstes kommt!

Text: Matthias Fries Fotos: Bäckerei Webers

WOHNEN

CREATE YOUR OWN PANTON

DESIGN CHALLENGE BY BÃœROFORUM

CRE ATE YOUR OWN PA NTON

WOHNEN

„CREATE YOUR OWN PANTON“ – SO LAUTETE DAS MOTTO IM NOVEMBER 2016 BEIM WÜRZBURGER BÜROFORUM. AM 16. NOVEMBER WAREN DIE TEAMMITGLIEDER 16 FÜHRENDER WÜRZBURGER ARCHITEKTURBÜROS AM HEUCHELHOF ZU GAST. ES WAR DER STARTSCHUSS FÜR DAS SPANNENDE „CREATE YOUR OWN PANTON“-PROJEKT: JEDES DER 16 TEAMS BEKAM EINEN WEISSEN VITRA PANTON ZUR VERFÜGUNG GESTELLT – MIT DER AUFGABE, DIESEN IN DEN NÄCHSTEN MONATEN ZU EINEM UNVERWECHSELBAREN UNIKAT UMZUGESTALTEN. DER FANTASIE WAREN DABEI KEINE GRENZEN GESETZT. JE KREATIVER, DESTO BESSER!

PANTON CHAIR BY VITRA Bereits im Jahr 1960 von Verner Panton entworfen, hat der Panton Chair bis heute nicht an Popularität verloren. Seine

AND THE WINNER IS ...

Mit dem ersten Preis belohnt wurde das Team des Architekturbüros Archicult, das seinen Panton zu einer Schaukel-Ente um-

geschwungene, einzigartige Form macht den Designer-Stuhl einfach unverwechselbar. Als erster Kunststoffstuhl in Serie hat der Panton Chair Maßstäbe gesetzt – und war zu seiner Entstehungszeit ein echtes Novum. Mittlerweile ist der Panton Chair aus Museen wie dem Museum für Modern Art nicht mehr wegzudenken und wurde mit zahlreichen Designpreisen ausgezeichnet; wobei natürlich nicht nur das Design, sondern auch der Sitzkomfort hervorragend ist.

gestaltet hat. Die neue Kreation hat sogar schon einen Namen: Quak! Den zweiten Platz teilen sich das Architekturbüro Grellmann Kriebel Teichmann mit der einfallsreichen Pantonleuchte und die Architekten Hofmann Keicher Ring, die ihrem Panton einen futuristischen Streifenlook verliehen haben.

GET CREATIVE! Anschließend ging es für die Architektenteams in die kreative Phase. Bis zum 20. Januar 2017 hatten diese nun Zeit, ihren persönlichen Panton umzugestalten und etwas völlig Neues zu erschaffen.

Vorgestellt wurden die Neukreationen schließlich am 1. Februar 2017 bei einem Event in der VR-Bank Würzburg, nachdem diese von einer Fachjury bewertet worden waren. Dabei hatte die Jury kein leichtes Spiel, denn jeder der 16 Pantons ist auf seine Weise einzigartig. So schauten wir staunend vom kunterbunten Pop-ArtPanton zum Panton, der in einen Schlitten integriert wurde; dann hinauf zur aus zwei Pantons zusammengesetzten Hängeleuchte.

Die Entscheidung der Jury, bestehend aus Miriam Wolf (Vitra), Joachim Erhard (Vorstand VR-Bank Würzburg), David Brandstätter (Geschäftsführer Mediengruppe Mainpost) und Klaus Bähr (Architekt), war jedoch bereits gefallen.

Als Preis konnten sich die drei Gewinner über einen weißen Panton für jedes Teammitglied sowie über ein gerahmtes Plakat aller Kreationen freuen.

DESIGN FÜR DEN GUTEN ZWECK Die neu gestalteten Pantons wurden übrigens mittels eines Bieterverfahrens an den Mann gebracht, nachdem sie zwei Wochen lang in der VR-Bank bestaunt werden konnten. Der Erlös kommt zu 100 % der Aktion Patenkind zugute, die bedürftige Menschen aus der Region Würzburg unterstützt.

Falls Ihr Euch auch kreativ an einem Panton auslassen wollt oder die klassische Variante für euer Wohnzimmer bevorzugt: Im büroforum am Heuchelhof und im wohnforum Citystore könnt Ihr Euch die Designklassiker sichern.

Text: Ulrike Gläßel Fotos: Nico Manger; Vitra Archiv

MENSCHEN

EIN KÜNSTLER DURCH UND DURCH BLOCK, PINSEL, FARBKASTEN, EINE GROSSE PORTION KREATIVITÄT UND NATÜRLICH DARF TALENT AUCH NICHT FEHLEN. DER WÜRZBURGER JAN-KALLE IST KÜNSTLER DURCH UND DURCH – UND VEREINT ALL DIES IN SEINEN ARBEITEN. ER WAR BEI UNS ZUM INTERVIEW UND WIR HABEN MAL GENAU NACHGEHÖRT, WIE SICH DAS LEBEN EINES KÜNSTLERS SO LEBT. HAST DU GEWISSE TAGESZEITEN, ZU DENEN DU ZEICHWANN HAST DU MIT DEM ZEICHNEN BEGONNEN? Ich habe schon von klein auf viel gemalt und gezeichnet. Das war und ist meine Art, meinen Ideen Ausdruck zu verschaffen. Ob das nun Polizeiautos und Szenen waren, die ich im Kindergarten aus Kinderbüchern abgemalt habe, oder die Tatsache, dass ich den Kunstunterricht in der Schule immer super interessant fand und stets meine Fächer so gelegt habe, dass ich den Unterricht besuchen konnte – ich habe mich einfach schon immer für Kunst interessiert. Durch meinen Vater, der ebenfalls Künstler ist, wurde ich natürlich nochmal stärker geprägt. Er ist Grafikdesigner, Illustrator und arbeitet als Kunstlehrer. Das wird wohl auch der Grund sein, weswegen ich schon so früh den Aquarellpinsel geschwungen habe. Durch den Kunstunterricht in der Schule habe ich mich dann auch nochmal weiterentwickelt und bin dann zu meinem damaligen Studium Kommunikationsdesign gekommen.

WIE VIELE STUNDEN DIE WOCHE ZEICHNEST DU? Ich zeichne sehr viel, vor allem, weil ich mich selbstständig machen möchte und mich deshalb organisieren muss. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, dass ich die Woche circa zehn bis 20 Stunden am Zeichnen bin. Wenn ich ein Aquarell oder eine Illustration angehe, beinhaltet dies aber auch eine gewisse Vorarbeit. Das heißt, ich recherchiere, stelle ein Konzept auf, mache Farbstudien, fertige Zeichnungen und Skizzen aus verschiedenen Blickwinkeln an. Da kann es schon mal passieren, dass für die ganze Vorarbeit mehrere Stunden vergehen.

NEST? Das variiert. In den meisten Fällen bin ich morgens produktiv. Ich stehe auf und setze mich gleich an den Schreibtisch, um mit der Arbeit zu beginnen. Ich versuche mir deshalb feste Zeiten zu setzen, um meine Arbeit in den produktiven Abschnitten zu erledigen. Dennoch habe ich auch immer wieder Malgelüste, die mich dazu bringen, mich auch abends nochmal an die Werke zu setzen. Diese Motivation sollte man nutzen, denn sonst verschwendet man eventuell einen Moment, in dem man vielleicht besonders produktiv gewesen wäre.

AN WELCHEM ORT IN WÜRZBURG ZEICHNEST DU AM LIEBSTEN? Größere Arbeiten und Kundenaufträge bearbeite ich zuhause. Da kann es schon mal passieren, dass unser Wohnzimmer kurzzeitig zum Atelier wird. Wenn es mich nach draußen zieht, um unser schönes Würzburg zu malen, dann setze ich mich gerne an den Main.

WAS ZEICHNEST DU AM LIEBSTEN? Das schöne am Malen und Zeichnen ist die Möglichkeit, in fremde Welten abzutauchen. Momentan liebe ich es, Berge zu malen – und morgen könnte es schon wieder eine Szene aus New York sein, die mich begeistert und festgehalten werden muss. Das ist bei Kundenaufträgen natürlich anders, da kann ich bei einer Illustration für ein Magazin mit einem bestimmten Thema nicht ankommen und sagen: „Ich würde aber gerade lieber Berge malen.“

MENSCHEN HAST DU EIN WÜRZBURGER LIEBLINGSMOTIV? Ich stehe auf der Alten Mainbrücke in der Mitte und schaue entweder zur Festung oder Richtung Innenstadt. Das sind zwei meiner Würzburger Lieblingsmotive, auch wenn der Rathausturm mo-

wichtig sind. Es gibt Tage, an denen fertigt man zwei Skizzen an, merkt, es funktioniert nicht so, wie man möchte – und sobald diese im Mülleimer landen, verlasse ich den Schreibtisch

mentan noch verhüllt ist und sich nicht allzu gut zeichnen lässt.

und lege eine Kunstpause ein.

KANNST DU VON DEINER KUNST LEBEN? Ich bin gerade dabei, mich als Illustrator und Grafikdesigner selbstständig zu machen und werde früher oder später an diesem Ziel ange-

HATTEST DU SCHON AUSSTELLUNGEN? Ich habe schon mit meinem Vater zusammen Aquarelle ausgestellt. Also eigent-

langt sein. Momentan habe ich aber noch einen Nebenjob, der

mir eingeschmuggelt. Momentan hängen meine Aquarelle von New York und Würzburg in der Domerschulstraße 7 bei Max

auch mal eine ganz nette Abwechslung zu Bleistift, Pinsel und Papier sein kann.

lich war es seine Ausstellung und ich habe ein paar Werke von

Mundus im Laden. Ich bin aber auch immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten und Ausstellungsräumen.

WO KANN MAN DEINE WERKE KAUFEN? Ich fertige entweder Kundenaufträge an oder male freie Werke, wie zum Beispiel Aquarelle von Würzburg oder New York. Diese kann man dann entweder als Original kaufen, aber es gibt auch die Möglichkeit, Kunstdrucke auf hochwertigen Papieren, oder sogar auf Leinwand zu erstehen. Kontakt kann man mit mir über Facebook, Instagram oder meine Website aufnehmen. Neben Aquarellen und Illustrationen können das auch schon mal Tierportraits sein, denn ein Foto hat jeder, doch gemalte Tierportraits mit Aquarellfarben sind schon eher eine Seltenheit.

WAS MACHST DU, WENN DU NICHT GERADE ZEICHNEST? Ich gehe sehr gerne auf Reisen und schaue in anderen Ländern und Städten nach neuem Material und Eindrücken. Letztes Jahr war ich zum Beispiel in New York und diese Reise beschäftigt mich immer noch. Es gibt einfach zu viele Motive und Eindrücke, die ich noch gerne gemalt sehen möchte. Also könnte man sagen, ich verreise, um neue Eindrücke für die Arbeit zu gewinnen. In meiner Freizeit dreht sich also auch fast wieder alles um die Kunst. Ich probiere gerne Neues aus und habe mir sogar ein Handy zugelegt, auf dem ich malen kann und bin somit in der Lage, 24 Stunden zu zeichnen. Was man bei all der Kunst

HAST DU KONKRETE ZIELE FÜR DIE ZUKUNFT? Meine Wunschvorstellung wäre, dass ich als Illustrator einen gesunden Mischmasch aus Auftragsarbeiten wie zum Beispiel Tierportraits, Aquarellen von Lieblingsmotiven aus dem Urlaub, aber auch Arbeiten für Verlage, Firmen und Magazine bekomme. Dennoch möchte ich auch noch Zeit für freie Projekte haben, die nicht unter dem Druck entstehen, dass sie gleich verkauft werden müssen.

HAST DU KÜNSTLERISCHE VORBILDER? Ganz klar, unweigerlich mein Vater. Er hat mich am meisten geprägt und ihm eifere ich natürlich auch nach. Von ihm habe ich auch meine Liebe für die Aquarellfarben erhalten. Ansonsten gibt es nicht die eine Kunstepoche,oder den einen Künstler, von dem ich sage, er ist mein absoluter Held. Es gibt so viele interessante Stile, Themen und Epochen, dass es schwer ist, nur einen Liebling zu nennen.

Spannend finde ich es immer wieder, mit Sehgewohnheiten zu brechen und neue Denkansätze zu schaffen. Ich finde Expressionisten wie die Blauen Reiter toll, stehe aber manchmal auch auf Landschaftsbilder aus der Romantik.

Text: Matthias Fries; Fotos: Jan-Kalle Jonath

jedoch nicht vergessen sollte, ist, das auch kreative Pausen sehr

MEHR VON JAN-KALLE AUF: Instagram: jkillustration; Facebook: jkillustration www.jkillustration.de

GLÜCKS

PÄRCHI „LEG DU AUF!“ „NEIN, LEG DU AUF“ „NEIN DU“ „MMMH, NEIN LEG DU AUF“ „OKAY, BEIDE GLEICHZEITIG. EINS ZWEI DREI“ „DU HAST GAR NICHT AUFGELEGT“ „DU AUCH NICHT“ „MMH“

Unsere Telefonate können auch schon mal etwas länger dauern.

Aber das ist ja auch kein Wunder. Immerhin haben wir uns vor fünf Sekunden zum letzten Mal gesehen und der Bäcker ist auch ganz weit entfernt – so direkt gegenüber. Da will man ja beim Schokohörnchenholen in Kontakt bleiben. Schließlich ist jeder Moment, den wir getrennt verbringen, zwar eigentlich nur genauso lang wie jeder andere Moment auch, aber wir sind verliebt. Da machen wir unsere eigenen Regeln.

Ja, wir sind verliebt. Und ihr könnt nichts dagegen tun. Wir laufen Hand in Hand über die Straße und alle Autos müssen anhalten, die Fahrer aussteigen und alle gemeinsam ein lautes „Oooh“ von sich geben. Wir laufen auch Hand in Hand durch die Innenstadt, egal, ob da auch andere Menschen sind. Und wenn ein Fahrradfahrer zwischen uns durchfahren will, dann hat er besser einen Helm auf. Wir lassen uns nicht los. Und alle anderen müssen damit klarkommen. Denn wir sind verliebt.

Die anderen müssen auch damit klarkommen, dass wir bei der Eisdiele erstmal fünf Minuten brauchen, um zu klären, wer jetzt wen einlädt.

„ICH DICH“ „NEIN, ICH DICH“ „NEIN ICH DICH“ „NEIN ICH DICH“ „OKAY, BEIDE GLEICHZEITIG“ Wenn wir miteinander reden, dann immer acht Oktaven höher als sonst. Und wenn die dicke Mama hinter uns schon von ihren sieben noch dickeren Kindern aufgefressen wird: Wir lassen

uns trotzdem Zeit mit der Eis-Auswahl. Und wenn wir wollen, dann nehmen wir auch die letzten zwei Kugeln Erdbeere oder sagen dem Eisverkäufer, wir hätten gern genau die StraciatellaKugeln, wo am meisten Schokolade oben drauf ist. Dann weinen die dicken Kinder meistens. Aber uns ist das egal. Wir sind verliebt. Und wenn einer was dagegen sagt, dann ist er ein kalter, gefühlsloser Zombie ohne Freunde und wird nie wieder Glück im Leben haben. Das ist dann wie mit den Kettenbriefen.

Ja, wir sind verliebt. Wir sind so verliebt, dass sie auf der Grillparty das letzte Stückchen meines Steaks isst, wenn ich nicht mehr kann – nur, damit es kein schlechtes Wetter gibt. Wobei – schlechtes Wetter gibt es sowieso keines mehr, seit wir verliebt sind. Wenn die Sonne scheint, gehen wir immer Hand in Hand am Main spazieren. Die Tauben und Ratten können sich das Mainufer schon gar nicht mehr ohne uns vorstellen. Und wenn es regnet und wir nicht da sind, bekommen sie Depressionen!

Denn wir sind so verliebt: Wenn es regnet, dann bleiben wir den ganzen Tag im Bett liegen – und wenn mein Mitbewohner durch mein Zimmer will, um auf meinem Balkon eine zu rauchen, süchtig an meiner verschlossenen Tür kratzt und winselt, dann lachen wir still und heimlich unter der Bettdecke zusammen. Wir sind so verliebt, uns darf keiner stören.

Dafür stören wir jeden, aber das ist uns egal. Auf jeder Wiese in jedem Park und in jedem Freibad, an jedem Badesee haben wir unseren festen Platz – und wenn sich da jemand anders hinlegt, dann rufen wir die Polizei und behaupten, er habe dem kleinen Kind da vorn den Dauerlutscher weggenommen. Und wenn die Polizei ihn dann festnimmt, nehmen wir dem Kind den Dauerlutscher weg.

Ja, wir sind so verliebt und sehen so süß zusammen aus, dass wir überall und jederzeit Knutsch-Selfies machen und sie dann in unsere Facebook-Profile stellen, wo wir natürlich bei Beziehungsstatus „vergeben“ eingetragen haben, um damit den ganzen verzweifelten Singles, die auf unsere Seiten gehen, noch mal richtig eins reinzuwürgen. Schau mal, wir sind glücklich, und du nicht. Trotzdem musst du dich für uns freuen, weil wir uns gefunden haben.

VERLIEBTE NACHBARN

Wir sind verliebt, wir zwei. Unsere Lieblingsfarbe ist rosa. Wir erzählen auf jeder Party jedem Gast, wie wir uns kennengelernt haben, wie die Erde unter uns bebte, wie Magie und Erotik in der Luft lagen, im ersten Moment, in dem wir beide ja schon wussten, dass wir füreinander bestimmt sind. Wie wir uns das erste Mal verabredeten, wie wir beide unsicher waren, aber es dann endlich geklappt hat – und wenn den Gästen dann kollektiv das Blut aus den Ohren läuft, so wie euch jetzt; dann machen wir weiter und weiter und weiter, bis wir alleine auf der Party und alle andere tot sind und wir den Alkohol nur für uns haben.

Natürlich trinken wir beide aus einem Glas – gleichzeitig, ohne Strohhalm. Mein Lieblingsgetränk ist auch ihr Lieblingsgetränk.

Sex on the Beach. Dazu hören wir unser gemeinsames Lieblingslied, das nur für uns unser gemeinsames Lied ist: Wonderwall von Oasis, die Plain White Ts sind uns nicht kitschig genug. Natürlich kann ich aber trotzdem jeden Song von ihnen für meine Freundin auf meiner mit rosa Herzchen verzierten Gitarre nachspielen. Das hab ich ihr zum dreitägigen Jubiläum geschenkt. Wir feiern nämlich

auch jeden Tag, den wir zusammen verbringen, haben eine Million gemeinsame Daten, scheißegal, ob da etwas Besonderes passiert ist, wir pfeifen auf den 0815-Kalender. Ja, wir haben auch am Karfreitag schmutzigen Sex. Und Jesus muss sich für uns freuen – wir sind verliebt.

Wir sind so verliebt, dass ich in meinem Handy ihren Pillenalarm eingespeichert habe. Manchmal nehmen wir die Pille auch zusammen. Und wir teilen die Kosten dafür.

Wir teilen alles und geben niemand anderem etwas ab. Wir sind verliebt. Ich entdecke meine emotionale Seite und sie ihre harte – zusammen schauen wir auf zwei Fernsehern gleichzeitig Stirb langsam und Bridget Jones. Wir sind verliebt, ohne Ende, ohne wenn und aber, nie zuviel aber immer zu wenig, küssen uns im Mondschein, ohne zu oft, denn zu oft gibt es nicht, es gibt nichts anderes zum Frühstück als Pfannkuchen mit Nutella, es gibt nichts Besseres, nichts Schöneres als wir zwei – und alle anderen Menschen sind hässlich. Wir sind verliebt!

Text: Thomas Brandt

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BERUFUNG

INTEGRATIONSLOTSEN ADNAN ALHUSSEIN IST 31 JAHRE ALT. GEMEINSAM MIT SEINER FRAU UND SEINER KLEINEN TOCHTER IST ER VOR EINEM DREIVIERTEL JAHR VON SYRIEN NACH EUROPA GEREIST. IN DER HOFFNUNG, EIN NEUES, SICHERES HEIMATLAND ZU FINDEN, IST ER IN DEUTSCHLAND GELANDET. WAS DIE JUNGE FAMILIE HIER ERWARTETE, WAR EIN KULTURSCHOCK, EINE UNBEKANNTE, SCHWERE SPRACHE UND EIN BÜROKRATENDSCHUNGEL. UM DIE DREI SYRER AUF EIN NEUES UND VOR ALLEM EIGENSTÄNDIGES LEBEN IN DEUTSCHLAND VORZUBEREITEN, IST CLAUDIA DA. SIE IST DIE EHRENAMTLICHE INTEGRATIONSLOTSIN DER FAMILIE ALHUSSEIN UND HILFT IHR IN ALLEN BEREICHEN DES DEUTSCHEN SYSTEMS. IM GESPRÄCH ERZÄHLT SIE UNTER ANDEREM, WAS SIE DAZU BEWEGTE, EHRENAMTLICHE INTEGRATIONSLOTSIN ZU WERDEN UND WIE SIE DIE ARBEIT ALS MENSCH VERÄNDERT HAT. DU OPFERST WERTVOLLE ZEIT DEINES PRIVATLEBENS,

UND

UM

WIE

INTEGRATIONSLOTSEN AUS? WELCHE AUFGABEN HAST

KAMST DU DAZU, INTEGRATIONSLOTSIN ZU WERDEN?

DU? Im Grunde ist man für die Familien da und hilft ihnen

CLAUDIA: Das ist eine gute Frage. Ein ganz wichtiger Faktor in

bei Abläufen, die praktisch fremdbestimmt sind. Der Weg

meinem Leben ist es, mit Menschen arbeiten zu wollen. Möglichst

zur Integration ist lang und steinig. Die Sozialarbeiter der

viele Menschen, möglichst neue Menschen und andere Kulturen.

Stadt Würzburg und Frau Zellfelder-Flecken vom Treffpunkt

Als es damals angefangen hat, dass die Flüchtlingspolitik die

Ehrenamt schauen, welche Flüchtlingsfamilien zu welchem

Medien beherrschte und immer mehr Menschen nach Deutschland

Lotsen passen würden und stellen diese dann einander vor. Bei

geflohen sind, habe ich mich irgendwann entschieden, mich hierfür

Familie Alhussein und mir hat alles natürlich erstmal mit einem

engagieren zu wollen. Im Internet habe ich dann angefangen zu

Kennenlernen angefangen. Wir haben uns im Reuterhaus in

recherchieren und bin schließlich auf den ASB gestoßen. Der gute

Heidingsfeld getroffen, ein Erstgespräch geführt und waren

Internetauftritt hat mich sofort angesprochen. Dort stand dann,

uns auf Anhieb sympathisch. Dann habe ich erstmal gemeinsam

dass sie Integrationslotsen suchen und diese auch ausbilden. Das

mit der Familie deren Unterlagen gesichtet und geordnet. Da

große Angebot der Fortbildungsmodule hat mich dann schließlich

die Alhusseins eine kleine Tochter haben und ein Zimmer in der

überzeugt und ich habe mich beworben.

Flüchtlingsunterkunft auf Dauer kein annehmbarer Zustand ist,

DICH

EHRENAMTLICH

ZU

ENGAGIEREN.

WIE

GENAU

SIEHT

DIE

ARBEIT

EINES

ist es wichtig, eine Wohnung zu finden. Hierfür stand erst einmal ALSO WOLLTEST DU DICH NICHT NUR GENERELL EHRENAMTLICH

an, einen Wohnungsberechtigungsschein zu bekommen und

ENGAGIEREN, SONDERN GANZ SPEZIELL FÜR FLÜCHTLINGE? Es

eine Sozialwohnung zu beantragen. Außerdem helfe ich dabei,

gab verschiedene Möglichkeiten, die mir offenstanden. Die Tabelle

Kindergeld zu beantragen, begleite die Familie ins Jobcenter,

an ehrenamtlichen Arbeiten ist endlos, überall werden Freiwillige

telefoniere mit Vermietern oder Maklern und und und. Bei allen

gebraucht und gesucht. Als Integrationslotse habe ich das Gefühl,

wichtigen Gesprächen ist immer ein Dolmetscher dabei. Hier im

etwas bewegen zu können. Ich helfe dieser Familie, Fuß zu fassen,

Reuterhaus stehen zwei zur Verfügung.

den Kulturschock zu überwinden und ihnen eine sichere Basis zu liefern. Die Informationen der verschiedenen Fortbildungsmodule

DU HAST VON FORTBILDUNGSMODULEN GESPROCHEN.

haben mir hierbei sehr geholfen.

WAS GENAU HAT ES HIERMIT AUF SICH? Für jeden

BERUFUNG Integrationslotsen ist es Pflicht, zwei sogenannte Grundmodule besucht zu haben. Diese Seminare geben einen Überblick und detaillierte Informationen über verschiedene Themen der deutschen Bürokratie, beispielsweise „Das Sozialsystem in Deutschland“ oder „Jobcenter und seine Leistungen“.

Zuständige Fachkräfte halten Vorträge, welche inhaltlich wirklich gut und vor allem praxisbezogen sind. Der ASB stellt hier verschiedene Snacks und Getränke und in den Pausen führen wir oft sehr interessante Gespräche. Erfahrungstausch wird hier groß geschrieben.

DAS

HÖRT

SICH

ALLES

NACH

WAHNSINNIG

VIELEN

INFORMATIONEN UND HERAUSFORDERUNGEN AN. BIST DU ALS INTEGRATIONSLOTSE AUCH SCHON MAL AN SCHIER UNLÖSBARE AUFGABEN GESTOSSEN? Nein, nicht wirklich.

einfach ins kalte Wasser geschmissen worden bin. Der ASB hat uns da

Gemessen an dem, was die Ämter in Deutschland leisten müssen,

ganz langsam herangeführt. Die Module, die ich ableisten musste,

wurden wir überall freundlich und höflich aufgenommen. Egal,

haben mir sehr viel Sicherheit und Selbstvertrauen gegeben. Wer

ob im Sozialamt oder Jobcenter – alle waren sehr hilfsbereit, das

sich also interessiert, dem kann ich den ASB nur ans Herz legen. Die

fand ich wirklich toll. Außerdem stehe ich mit dem Treffpunkt

Arbeit ist wirklich erfüllend, mich freut es am meisten zu sehen,

Ehrenamt in engem Kontakt. Das heißt, falls doch mal

wie die Menschen selbstständig werden, wie sie anfangen, Fuß zu

irgendwelche Probleme oder Fragen aufkommen sollten, kann

fassen – und ich habe hierzu einen Teil beigetragen.

und soll ich mich jederzeit dorthin wenden.

KANNST DU SAGEN, DASS DICH DIE EHRENAMTLICHE WIE SCHAFFST DU ES, DIE EHRENAMTLICHE ARBEIT, DEIN

ARBEIT POSITIV BEEINFLUSST HAT? Das Ehrenamt erdet mich.

BERUFSLEBEN UND DEIN PRIVATLEBEN UNTER EINEN HUT

Es hat mich auch etwas demütiger gemacht. Mir hat es einfach

ZU BEKOMMEN? Ich habe sogar tatsächlich mehrere Jobs. Ich

gezeigt, dass man immer in einem Land leben kann, in dem

arbeite als Flugbegleiterin bei einer großen Luftfahrtgesellschaft,

Krieg ausbrechen kann – kein Land ist hiervor gefeit. Unser Land

bin aber auch noch zertifizierte Mediatorin und studiere noch an

gewährt nun mal allen politisch Verfolgten Asyl – und das ist im

der Hochschule Fulda Coach und Supervision. Diese Kenntnisse

Grunde etwas, auf das man sehr stolz sein kann. Schwierig ist

helfen mir sehr bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit, denn die

nur, diesen ganzen Ansturm zu bewältigen. Dabei helfen wir als

Gefahr besteht nun mal, dass man sich verliert. Die Menschen,

Lotsen mit.

die nach Deutschland kommen, bringen eine große Last mit und

Text: Sophia Scheder; Fotos: Pascal Höfig

das ist auch für mich nicht einfach. Mein Ausgleich hierbei ist das Taikospielen und Tangotanzen. Taiko – das sind große japanische

TREFFPUNKT EHRENAMT

Trommeln, mit denen man in einer Gruppe im Rhythmus Lieder

Der Treffpunkt Ehrenamt des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) ist eine

spielt. Das ist wahnsinnig gut zum Abschalten.

Freiwilligenagentur für Menschen in Würzburg, die sich engagieren wollen. Die Agentur unter der Leitung von Barbara Zellfelder-Flecken

GIBT ES EINEN HAUPTGRUND, WARUM DU SO VIEL DEINER

kümmert sich um die Beratung, Vermittlung und Begleitung von

FREIZEIT IN EHRENAMTLICHE TÄTIGKEITEN STECKST? GIBT

Ehrenamtsinteressierten. Nach einem Beratungsgespräch, bei dem es

DIR DIE ARBEIT GEWISSE SACHEN ZURÜCK? Auf jeden Fall!

unter anderem um die Fragen geht, worauf die Engagementwilligen

Die Arbeit mit Menschen fand ich schon immer sehr erfüllend.

Lust haben, warum sie sich ehrenamtlich engagieren möchten und wie

Ich könnte niemals als Wissenschaftler alleine in irgendeinem

viel Zeit sie für das Ehrenamt einplanen wollen, schlagen Frau Zellfelder-

Labor sitzen – dafür bin ich nicht gemacht. Ich komme aus dem

Flecken und ihre Kollegin Frau Klappert mehrere Organisationen vor,

Rheinland, bin also eine rheinische Frohnatur und finde den

die zu den Interessierten passen könnten. Die potenziellen Engagierten

Kontakt mit unterschiedlichen Kulturen einfach sehr schön. Ich

wenden sich dann selbst an die Einrichtungen oder Initiativen.

habe die Syrer insgesamt als sehr gastfreundliche Menschen

Der Treffpunkt Ehrenamt steht den Freiwilligen aber weiter als

kennengelernt. Ich war schon öfter in Damaskus – natürlich vor

Ansprechpartner für alle Fragen oder Probleme zum Thema Ehrenamt

dem Krieg – es war eine tolle Stadt, ich bin sehr gastfreundlich

zur Seite. Für die Arbeit der Ehrenamtlichen IntegrationsLotsen für

und herzlich aufgenommen worden. Und bin jetzt sehr froh,

Zuwanderer mit Fluchterfahrung bietet der ASB zum Beispiel zahlreiche

diesen Menschen mit meiner Arbeit als Lotse etwas zurückgeben

Fortbildungsmöglichkeiten in Form von Workshops oder Vorträgen

zu können.

an. Du wirst also niemals ins kalte Wasser geschmissen, sondern gut vorbereitet und informiert in die ehrenamtliche Tätigkeit starten.

WIE LANGE IST FAMILIE ALHUSSEIN DENN SCHON IN

Die Auswahl an Organisationen, die ehrenamtliche Arbeit in Würzburg

DEUTSCHLAND? Jetzt knapp ein dreiviertel Jahr. Trotz der großen

anbieten, ist riesig: Neben der Tätigkeit als Integrationslotse werden

Sprachbarriere verstehen sie schon sehr gut Deutsch. Frau Alhussein

unter anderem HelferInnen bei der Tafel, in der Bahnhofsmission,

spricht etwas besser, sie hat auch mehr Zeit – und beide bekommen

in Senioren-, oder Behinderteneinrichtungen oder in der Begleitung

Sprachunterricht im Reuterhaus. Das Ehepaar ist sehr bemüht zu

psychisch erkrankter Menschen gesucht.

lernen, obwohl Deutsch wirklich keine leichte Sprache ist.

Ehrenamtliche Arbeit ist wichtig! Der Treffpunkt Ehrenamt sucht laufend neue Freiwillige für die rund 250 verschiedenen Einrichtungen und

MAL ANGENOMMEN, AUF DICH KOMMEN MENSCHEN ZU,

Organisationen in Würzburg. Interesse? Dann kannst du dich hierhin

DIE VON DEINER ARBEIT BEGEISTERT SIND UND DAS AUCH

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brauchen euch! Was ich ganz wichtig fand, war, dass ich nicht

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KOMMT, SCHENKT EUCH WEIN! WER SCHMECKT AM BESTEN? DAS IST HIER DIE FRAGE – UND DIE GRANDIOSE IDEE HINTER BLINDVERKOSTUNG.DE, DER WOHL LUSTIGSTEN ALTERNATIVE ZU SPIELEABEND UND CO. Eine Blindverkostung ist schnell erklärt: Einfach Weinpaket mit blickdicht verpackten Flaschen bestellen, Freunde einladen und loslegen. Anhand der mitgelieferten Weinbeschreibungen muss nun jeder Gast trinkend herausfinden, welche Beschreibung zu welchem Tropfen passt. Die LIEBE NACHBARN-Redaktion hat sich „geopfert“ und mal die Probe aufs Exempel gemacht. Hier ein kleines Protokoll unseres letzten Blindverkostungs-Abends: 19:00 UHR: Julia, die Gastgeberin, hat sich mal wieder selbst übertroffen: Die Tischdeko ist super aufwendig, Käse, Schinken und Baguettes lassen uns das Wasser im Mund zusammenlaufen.

19.30 UHR: Die Gäste sind am Tisch versammelt. Smalltalk, Lob für die Tischdeko, „Mein Gott, hast Du’s schön hier …“, was man halt so sagt.

19.45 UHR: Lukas köpft die erste Blindverkostungs-Flasche.

Angespanntes Nippen, erste Notizen, Spicken beim Nachbarn.

20.15 UHR: Flasche Nr. 4 macht die Runde. Nico, unser selbsternannter Weinkenner, scheint sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein. Alter Angeber. Stimme zur Rache „Atemlos“ an … und die anderen singen mit. Arme Nachbarn!

20.30 Uhr: Flasche Nr. 5. „Mit diesem Kraftpaket an Wein könnte man glatt eine toskanische Schlaglochpiste teeren“, heißt es in der Weinbeschreibung. It's teering up my heart ... und jetzt alle!

20:00 UHR: Alle sechs Sorten durchprobiert, der dritte ist der Wahnsinn. Einer geht noch. Toll, Lukas hat den ganzen Schinken weggefuttert. Gibt’s noch Schinken, Julia? „M Khlschrangg!“ Die verträgt einfach nix. Martin steckt sich die Tischdeko in die Ohren. Die Spannung steigt, die Lautstärke auch.

21:00 UHR: Die Weinflaschen werden entpackt. Der Wein-

kenner hat’s geschafft: alle falsch. Julia gewinnt mit sechs Richtigen – und gibt endlich zu, wie scheußlich sie ihre eigene Tischdeko findet. Lachen, trinken, feiern.

21.15 – 4.10 UHR (oder so): Siegerehrung! Die Nachbarn waren dann auch noch da. Sie hatten Wein dabei. Was für ein geiler Abend. Bis auf die Tischdeko. Aber von der ist jetzt ohnehin nichts mehr zu sehen. www.blindverkostung.de ist ein echtes Würzburger Eigengewächs.

Dahinter stehen die beiden Brüder und Weinfans Kai und Sven Neugebauer, die den Online-Shop seit anderthalb Jahren betreiben.

Mit Erfolg: Bei einer Leserumfrage des renommierten Weinmagazins FINE wurde blindverkostung.de als eine der besten Weinhandlungen Deutschlands ausgezeichnet. Und die nächste Idee der beiden kreativen Weinliebhaber steht schon in den Startlöchern. Gemeinsam mit einem Winzer aus Randersacker setzen sie dem berühmten Brückenschoppen ein Denkmal – und bringen einen ganz besonderen Silvaner unter diesem Label in den Handel (www.brückenschoppen.de).

VOM LEBEN & STERBEN

LEBEN IN WÜRDE BIS ZULETZT DER HOSPIZVEREIN WÜRZBURG SCHWERKRANKE MENSCHEN AUF IHREM LETZTEN WEG ZU BEGLEITEN, TRAUERNDEN ANGEHÖRIGEN NEUEN MUT ZU GEBEN UND EINFACH DA ZU SEIN – DAS IST DIE AUFGABE DER VIELEN EHRENAMTLICHEN HOSPIZHELFER VOM HOSPIZVEREIN WÜRZBURG. WIE DIESE ARBEIT GENAU AUSSIEHT UND WIE MAN DAMIT AUCH PSYCHISCH ZURECHT KOMMT, HABEN JUTTA DUMMERT UND WOLFGANG ENGERT IN EINEM GESPRÄCH MIT LIEBE NACHBARN ERZÄHLT. Jutta Dummert ist seit August 2016 als Koordinatorin beim Hospizverein tätig, ihr eigentlicher Beruf, in dem sie auch jetzt noch stundenweise arbeitet, ist Palliativkrankenschwester.

Wolfgang Engert, studierter Theologe, ist bereits seit 1995 im Vorstand des Vereins. Beide haben selbst schon viele Schicksale miterlebt, auch solche, die ihnen sicherlich für immer in Erinnerung bleiben werden. Und trotzdem leben sie für den Hospiz-Gedanken und möchten diesen den Menschen einfach näher bringen.

HOSPIZ – WAS IST DAS? Doch was bedeutet eigentlich Hospiz? Man hört es immer wieder, aber viele wissen überhaupt nicht, was hinter diesem Begriff steckt. Die meisten verbinden Hospiz automatisch mit dem Tod, doch es ist noch so viel mehr. Hospiz begleitet Menschen auf der letzten Wegstrecke ihres Lebens mit dem Ziel, ihnen bis zuletzt ein menschenwürdiges Leben mit einer möglichst guten Lebensqualität zu erhalten. Dazu gehört zum Beispiel, weitestgehend schmerz- und beschwerdefrei zu sein, fürsorglich begleitet zu werden und soziale Kontakte zu haben. Hospiz bedeutet auch, mit den individuellen, ebenso spirituellen Bedürfnisse und dem Recht auf Selbstbestimmtheit bis zuletzt geachtet zu werden.

Nicht zu vergessen: Die Angehörigen und das soziale Umfeld des Kranken werden bei der Hospizarbeit mit einbezogen. Die Hospizhelfer führen auch oft Gespräche mit Familienmitgliedern oder unterstützen im Haushalt. Hospiz

bedeutet aber auch, Menschen auf dem Weg durch die Trauer zu begleiten. Das geschieht in sogenannten Trauergruppen. In Würzburg sind das beispielsweise Gruppen für verwaiste Eltern oder junge Erwachsene. Mit Trauerbegleiterinnen wird sich hier in Gesprächsrunden gegenseitig geholfen.

MITMENSCHLICHKEIT Für Wolfgang Engert ist außerdem die Öffentlichkeitsarbeit ein ganz wichtiger Punkt. Er hält immer wieder Vorträge dazu, wie man beispielsweise mit schwerkranken Personen, die nicht unbedingt zur Familie gehören, umgeht. Was mache ich, wenn ich einen Bekannten habe, der sterbenskrank ist?

Engert meint, „einfach hingehen, den ersten Schritt tun“. Er erinnert sich dabei an eine Geschichte, die er selbst erlebt hat: „Ein Patient erzählte mir mal, dass er jede Woche mit seinen Freunden zum Kartenspielen in einer Wirtschaft verabredet war und jetzt aufgrund seiner Krankheit nicht mehr hingehen könne. Seine Freunde würden stattdessen aber einfach zu ihm nach Hause kommen zum Kartenspielen. Solche Leute machen für mich Hospizarbeit aus, sie sind einfach mitmenschlich.“ WER KANN MITHELFEN? Was muss nun ein Hospizbegleiter mitbringen? Eine bestimmte berufliche Qualifikation ist erstmal nicht nötig, erzählt Wolfgang Engert. „Bei uns gibt es von der Psychologin über die Krankenschwester bis hin zur Rentnerin, die früher im Büro gearbeitet hat, alles. Wichtig ist nur, dass man ein psychisch halbwegs stabiler, vernünftiger Mensch ist.“ Natürlich sind

VOM LEBEN & STERBEN

dann noch eine spezielle Schulung, die über ein halbes Jahr geht, und ein Praktikum notwendig, um schließlich in den Hospizbegleitungsdienst einzusteigen, aber im Grunde kann sich jeder für diese Tätigkeit entscheiden. Teil der Schulung ist zum Beispiel die richtige Kommunikation mit Mitmenschen, man muss sich aber auch der Frage stellen, wo man vielleicht selbst schon einmal eine Abschiedssituation erlebt hat und auch, wie das Verhältnis zu älteren Menschen ist. Oft entstehen hier Konflikte und Probleme, die nicht so einfach zu lösen sind, weil die Patienten beispielsweise aus einer Kriegsgeneration stammen und ganz andere Dinge erlebt haben. Auch muss man sich in der Schulung der Frage stellen, wie nah man etwas an sich persönlich heran lässt.

HILFESTELLUNG FÜR BEGLEITER Um die oft auch psychisch belastenden Situationen, die ein Hospizbegleiter erlebt, meistern zu können, wird vom Verein aber Hilfestellung durch Supervision gegeben. „Man braucht eine gesunde Nähe zum Patienten, das ist wichtig – sonst geht die Empathie verloren“, sagt Jutta Dummert, „genauso wichtig ist aber auch die Supervision, um das Erlebte nicht mit sich rumschleppen zu müssen.“ In diesen Gesprächsrunden sollen sich die Hospizhelfer austauschen und auch Neues hinzulernen, beispielsweise, wie sie sich vielleicht in gewissen Situationen verhalten können und sollen. Nur hier wird über die konkreten Fälle gesprochen, ansonsten sind die Begleiter zur Verschwiegenheit verpflichtet. „Das ist ganz wichtig, denn die Leute schenken uns ihr Vertrauen. Und in einer intimen Situation wie dem Sterben eines Angehörigen tickt man nun mal ganz anders“, erklärt Engert.

WAS MACHT EIN HOSPIZBEGLEITER? Als Hospizbegleiter wird man ganz verschiedene Situationen erleben, denn die Patienten können zuhause begleitet werden, aber genauso in der Klinik, im Altenheim oder eben im Hospiz.

Vorwiegend sind die Patienten ältere Menschen, „es kann aber auch immer mal vorkommen, dass es eine 30-jährige Frau oder ein junger Mann ist. Ich denke da an die Frau mit dem Hirntumor, die noch zwei schulpflichtige Kinder hatte“, erzählt Wolfgang Engert. „Oder der junge Mann, der sich bei einer Bluttransfusion den HI-Virus eingefangen hatte. Dieser Fall war insofern speziell, weil nicht der Junge, sondern vielmehr die Eltern meine Unterstützung als Hospizbegleiter gebraucht haben. Jedes Mal, wenn ich vor Ort war, hat mir der Junge gezeigt, was er wieder Neues am Computer geschafft hat – das war ihm das Wichtigste. Über seine Ängste und die Krankheit haben wir nur selten gesprochen. Mit seinen Eltern hingegen habe ich jedes Mal fast zwei Stunden über die Situation geredet. Die Familie lebte in einem kleinen Dorf und die Eltern mussten nicht nur mit der Tatsache fertigwerden, dass sie ein aidskrankes Kind haben, sondern auch damit, wie darüber im Dorf gesprochen wurde.“ Natürlich sind genau das Schicksale, an die man sich zurückerinnert. „Es ist auch viel belastender, wenn die Lebensgeschichte vielleicht der eigenen ähnelt,“ merkt Jutta Dummert an.

Was ist aber nun die konkrete Aufgabe eines Hospizbegleiters? „Vielleicht etwas vorlesen, zuhören, einfach Zeit mit dem Patienten verbringen. Aber auch mit den Angehörigen sprechen und ab und zu im Alltag zu unterstützen. Wenn

zum Beispiel die Tochter mal einen Friseurtermin hat, bleibt die Hospizbegleitung gerne beim schwerkranken Vater – oder wenn ein Angehöriger regelmäßig einen festen Termin im Fitnessstudio hat, unterstützt auch hier die Hospizbegleitung die Familie. Was allerdings nicht zum Aufgabengebiet gehört, ist die Pflege“, erklärt Jutta Dummert. Circa ein bis zwei Stunden pro Woche nehmen sich die Begleiter Zeit für ihre Patienten und versuchen in dieser Zeit, ihnen ihr Leben so angenehm wie nur möglich zu gestalten.

INDIVIDUELL UND PERSÖNLICH Denn Sterben ist etwas ganz Persönliches und Individuelles. „Da hat mir eine Hospizbegleiterin mal von einer Dame erzählt, der es bis zum Ende wichtig war, dass sie schön ist und auch als schöne Frau stirbt. Sie hat sehr viel Wert darauf gelegt, sich noch jeden Tag zu schminken. In so einer Situation darf man dann als Begleiter nicht anfangen zu missionieren und zum Beispiel sagen, dass es doch jetzt eh umsonst ist und es wichtigeres zu besprechen gebe, als sich täglich zu schminken.

Hier muss man diese Bedürfnisse zulassen und die Patienten bestärken“, erzählt Engert.

Es ist sehr wichtig, die Patienten zu fragen, welche Bedürfnisse und Wünsche da sind. Das übernehmen im Vorfeld Jutta Dummert und Birgit Graber als Koordinatorinnen bei einem ersten Besuch. „Wenn ein Mensch in einem würdigen Rahmen versterben kann, können auch Angehörige viel leichter Abschied nehmen und einfacher ins Leben zurückkommen“, weiß Dummert. Die Hilfe des Hospizvereins wird in Würzburg und Umgebung sehr gut angenommen – so gut, dass es manchmal sogar an Begleitern mangelt. Im Jahr 2015 kann der Verein zum Beispiel 240 Sterbebegleitungen verzeichnen.

Hospiz und gezielt die Mitarbeiter des Hospizvereins möchten dazu beitragen, dass Sterben und Trauer wieder ihren Platz haben im Leben. Es wird sich Menschen jeden Alters angenommen, die mit schwerer Krankheit, Verlust und Abschied konfrontiert sind. Diese Begleitung durch den Hospizverein ist für die Schwerkranken, Sterbenden und Trauernden kostenlos und soll in den oft dunklen Stunden ein kleiner Lichtblick sein.

Text: Katharina Kraus

Der Hospizverein e.V. wurde am 19. November 1991 gegründet, hat derzeit circa 850 Mitglieder und ist weltanschaulich und konfessionell neutral. 110 Hospizbegleiterinnen und -begleiter einschließlich des Leitungs- und Ausbildungsteams sind ehrenamtlich tätig. Fünf hauptamtliche Kräfte sind als „Ambulantes Hospiz- und PalliativeCare Beratungsteam und als Koordinatorinnen im Verein tätig.

Zentrale: Hospizverein Würzburg e.V. Neutorstraße 9, 97070 Würzburg Telefon: 0931 / 53344 E-Mail: hospizverein.wuerzburg@t-online.de Montag bis Donnerstag: 9 – 12 Uhr I Freitag: 10 – 12 Uhr Gesprächstermine außerhalb dieser festen Zeiten können vereinbart werden. Regionalgruppen in Kitzingen, Lohr-Gemünden und Volkach-Gerolzhofen.

AUS WÜRZBURG IN DIE WELT

DIE SCHATZINSELN

NUR EINEN STEINWURF VOR CORNWALLS SCHROFFER KÜSTE IST DER SAND WEISS, DAS MEER TÜRKIS UND ENGLAND BEINAHE KARIBISCH: DIE SCILLY-INSELN UND IHRE GUT 2.000 BEWOHNER WIRKEN WIE AUS DER ZEIT GEFALLEN – FAST ZU KURIOS UND VERTRÄUMT, UM WAHR ZU SEIN. DER WÜRZBURGER THOMAS BRANDT WAR FÜR LIEBE NACHBARN AUF SCHATZSUCHE.

AUS WÜRZBURG IN DIE WELT

an III“ augenzwinkernd „Die große weiße Magenpumpe.“ Drei lange Stunden ist der schwankende Kahn vom Hafen in Penzance aus unterwegs, der luftige Transfer per Skybus dauert gerade mal 15 Minuten – wenn der Wettergott gnädig ist. Früher konnte man bei widrigen Bedingungen auch per Helikopter anreisen, mit dem ältesten Heli-Passagierservice der Welt. Doch für die Betreiber lohnte sich der 1964 ins Leben gerufene Dienst zuletzt kaum noch und wurde Ende 2012 eingestellt. Das ging vielen Einwohnern ge-

DIE SCILLY-INSELN

hörig gegen den Strich, sogar die BBC berichtete darüber – doch der Sturm der Entrüstung flaute schnell wieder ab. Aufregung lohne sich nicht, sagen die Scillonians. Dafür bewegt sich das Inselleben in einem viel zu entspannten Tempo.

WIE MAN HÖRT, HÖRT MAN NICHTS

Wir alle waren mal Jim Hawkins. Wagemutig wie der Hauptheld in Robert Louis Stevenson Jahrhundert-Werk „Die Schatzinsel“ eine geheime Karte finden, hart am Wind dem Gold entgegenschippern, mit holzbeinigen Piraten fechten – das ganz große Abenteuer im unbekannten Land. Dann kam Google und das Entdecken wurde zwar ungefährlicher, aber deutlich langweiliger. Ob dunkelblauer Nachthimmel über dem australischen Outback oder rostrote Felsen am Grand Canyon – alles erreichbar binnen zwei Mausklicks, inklusive der Möglichkeit, sich dort per Street View zu bewegen, als wäre man wirklich vor Ort. All das mag unnötig sein oder ungeheuer praktisch: Der Jim Hawkins in uns hockt beleidigt in der fauligen Apfeltonne und hält sich die Ohren zu. Was gibt es da bitteschön noch zu entdecken?

Nun, wenn man nach den Maßstäben der medialen Abdeckung durch den Suchmaschinengiganten geht, scheint es auf den Scilly-Inseln so spannend wie in weiten Teilen der Antarktis. Oder Brandenburgs. Kein Street View, gerade ein paar Touristenfotos, das war’s. Dass da mitten in Europa ein nur halbwegs sehenswerter Ort liegt, der es irgendwie geschafft hat, vom größten Teil der Welt vergessen zu werden – schwer zu glauben. Jedenfalls solange, bis die zweimotorige Propellermaschine nur zehn Minuten nach dem Start im Cornwall‘schen Land’s End eine letzte Linkskurve fliegt und alle 18 Passagiere noch immer staunend an den Fenstern kleben. Von rüstigen Rentnern in NorthfaceJacken über das junge Happy-Couple mit vier gut gekleideten Kindern und doppelt so vielen aufgenähten Krokodilen bis zu den obligatorischen Backpackern auf Sinnsuche: „Amazings“, „Wows“ und „Unbelieveables“ am laufenden Band. Man mag das pathetisch finden – doch beim ersten Anblick von Englands Karibik weiß sich selbst der eloquenteste, vielbereiste Kosmopolit nur noch in Vokalen zu äußern. Inseln über Inseln schimmern

Schuld daran mag vielleicht das Klima sein – es gehört zu den mildesten in ganz Großbritannien. Vom warmen Golfstrom gestreichelt, hat es im Scilly-Sommer konstant über 20 Grad, die Sonne scheint acht, neun Stunden am Tag. So stellt sich schon kurz nach der Landung auf dem Flughafen von St. Mary‘s, der größten Insel des Archipels, ein wohlig-warmes Gefühl von Gemächlichkeit ein.

Selbst wenn man weiß, dass der winzige Airport in der Hochsaison wöchentlich bis zu 400 Flüge abwickeln muss. Der Hauptort Hugh Town zwei Kilometer westlich ist erster Anlaufpunkt – durchaus wörtlich zu nehmen, denn ohne allzu viel Gepäck lässt er sich problemlos zu Fuß erreichen. 30 Meilen malerische Wander- und Radwege schlängeln über St. Mary’s, aber nur sechs Meilen Straße. Autos sind also eher hinderlich. Außer dem Flughafenshuttle und einer Handvoll Taxis tuckert im Sommer ein Oldtimer-Bus zweimal täglich zu den Insel-Hotspots. Entsprechend erstaunt sind die meisten Besucher im ersten Moment über den zivilsatorischen Lärmpegel auf den Scillies: Es gibt ihn nämlich nicht.

Am Hafen in Hugh Town plätschern seichte Wellen gegen die Kaimauer, eine Möwe freut sich lauthals über einen gefangenen Fisch, nebenan bewundern Touristen den sandigen Town Beach – selbst der rege Bootsverkehr stört die akustische Perfektion dieses pittoresken Plätzchens mit all seinen schmucken Cafés und Souvenirshops nicht. Im Gegenteil. Er gehört zu den Scilies wie die Meeresbrise, die einem überall entgegenweht und die kreidebleichen Passagiere, die die große weiße Magenpumpe gerade am Hafen ausspuckt. Mit dabei sind Gladis und ihr Mann Peter. Seit über zehn Jahren kommt das Rentner-Ehepaar aus Exeter auf die Scillies – die holprige Überfahrt schlaucht sie immer wieder aufs Neue. „Da vergisst man wenigstens nicht, was man zum Frühstück hatte“, scherzt Peter, als er Gladis, die noch ein bisschen blasser

da unten seelenruhig im Sonnenlicht, mit grünen Wiesen, weißen Stränden, umspült von einem türkisblauen Atlantik.

DIE GROSSE WEISSE MAGENPUMPE So paradiesisch das klingt: Für Seefahrer war der weitläufige Archipel aus rund 140 Eilanden lange eine Teufelsgegend. Messerscharfe Riffe, gefährliche Strömungen und der launenhafte Atlantik haben über die Jahrhunderte gut 1.000 Schiffen den Garaus gemacht. Wo sich einst maritime Tragödien abspielten, etwa 1707, als eine Flotte der königlich-britischen Marine auf Grund lief und tausenden Seemännern ein nasses Grab bereitete, finden Wracktaucher heute ein wahres Eldorado an versunkenen Schätzen. Auf Tresco, einem der fünf bewohnten Eilande, gibt es gar ein eigenes Museum mit geborgenen Galionsfiguren: das Valhalla. Britischer Humor. Kein Wunder also, dass die Anreise per Fähre bis heute nur hart gesottenen Mägen empfohlen wird. Einheimische nennen die von März bis November verkehrende „Scilloni-

INSEL ÜBER INSEL SCHIMMERT SEELENRUHIG IM SONNENLICHT. WILLKOMMEN IN ENGLANDS KARIBIK

AUS WÜRZBURG IN DIE WELT

ist als er, zu einer Bank am Pier führt. „Würdest du wohl aufhö-

als winziges Teehaus gestartet, werden in der schmucken Scheune

ren mit deinen Sprüchen und mir einen Schluck Wasser geben“,

samt Terrasse heute erlesene Gerichte serviert. Vor allem die Scil-

faucht sie zurück. An Reisende betagteren Alters muss man sich auf den Scillies gewöhnen, gerade auch, weil die Preise vieler-

ly-Krabben sind eine Kostprobe wert. Frisch gestärkt erreicht man auf dem Küstenpfad bald die eisenzeitlichen Siedlungsreste bei

orts ordentlich versalzen sind. Gladis und Peter residieren im Star Castle Hotel. Das sternförmige Gebäude befindet sich auf einer

Halangy Down an der Nordspitze der Insel. Überhaupt wimmelt es auf den Scillies von Zeugnissen aus viel früherer Vergangen-

vorgelagerten Halbinsel von St. Mary’s, über die sich ein imposantes Bollwerk an Verteidigungsanlagen aus dem 16. Jahrhundert erstreckt: die Garrison. Seine exponierte Lage lässt sich das Haus

heit. Steinalte Grabbauten, mystische Monolithe – wer die Inseln aus diesem Blickwinkel erkunden möchte, ist bei Archäologin Katharine Sawyer und ihren historischen „Scilly-Walks“-Touren bes-

gut bezahlen – rund 180 Pfund kostet die Nacht im Doppelzimmer. „Aber die Aussicht ist fantastisch“, schwärmt Gladis und ihr

tens aufgehoben. Gegenwärtigere Genüsse finden sich dagegen weiter im Landesinneren von St. Mary’s: ein Stück echter deut-

Gesicht bekommt langsam wieder Farbe.

Ein paar Meter neben Star Castle schenken sie dem Ausblick weit

scher Apfelstrudel zum vollmundigen Nachmittagskaffee – das Kaffeehaus Salbei von Sabine Schraudolph ruht umgeben von Feldern und Wiesen friedlich am Rande der High Lane. Die Deutsche

weniger Beachtung. Schließlich geht es auf Garrison Field um die Ehre. Genauer gesagt: um Fußball. Doch die Scillies wären nicht

kam vor über zehn Jahren aus Bayern hierher, betreibt auch ein Bed-and-Breakfast mit bezahlbaren Preisen um 37,50 Pfund pro

die Scillies, wenn das hier nicht ein klein wenig anders ablaufen würde. Und so beheimatet der liebevoll gepflegte englische Rasen die vermutlich kleinste Fußballliga der Welt. Sie besteht le-

Doppelzimmer. Ausklingen lässt man den Tag auf St. Mary’s entweder in Hugh Town bei Tapas im Dibble & Grub‘s, einem angesagten Strandcafé am Porthcressa-Beach, oder wahlweise in Old

diglich aus zwei Teams: den Garrison Gunners und den Woolpack Wanderers. Während der Saison messen sich die Jungs Sonntag

Town. Die kleine Siedlung weiter östlich hat einen niedlichen Pub, wo lokal gebrautes Ale gezapft wird, garniert mit Live-Musik.

um Sonntag, 17 Mal pro Spielzeit, zuzüglich mehrerer Pokalspiele. Dazwischen arbeiten sie als Koch, Bootsbauer oder bei der Flughafenfeuerwehr. Wenn der zähe Nebel mal wieder den Luft-

EIN BOOT WIRD KOMMEN Abgesehen von abendlichen Vergnügungen lohnt in Old Town ein

verkehr lahmlegt, wird in der Garage neben dem Rollfeld kurzerhand das Torwarttraining absolviert. Die kuriose Kickerei machte sich vor ein paar Jahren ein dreistreifiger Sportartikelhersteller zunutze und sandte in einer cleveren Marketing-Aktion Stars wie David Beckham, Steven Gerrad und Michael Ballack als Trainer für

Besuch der Kirche. Auf dem angrenzenden Friedhof ist der ehemalige britische Premierminister Harold Wilson zur letzten Ruhe gebettet. Er verbrachte seine Ferien leidenschaftlich gern auf den Scillies – und ist damit in bester Gesellschaft. Die Inselgruppe zieht seit Langem allerlei Prominenz an: Angeline Jolie, Brad Pitt, Jude

die lokale Jugend auf die Scillies.

VON ARCHÄOLOGEN UND APFELSTRUDELN Abseits der sportlichen Schatzsuche führt der Weg gemächlich nordwärts. Durch Hugh Town, vorbei am bei Familien beliebten

Law, Kate Winslet, sogar die Royals schauen gelegentlich vorbei und genießen die Abwesenheit lästiger Yellowpress-Schakale.

Für Normalsterbliche spielen die berühmten Besucher mit ihren Befindlichkeiten keine große Rolle. Erfreut man sich doch besser an den charmanten Eigenheiten dieser Eilande. Das nächste

Porthmellon Beach, in Juliet‘s Garden Restaurant. Vor 30 Jahren

Stück aus dem Kuriositätenkabinett offenbart sich just noch auf

SUN-DOWNER, SCILLY-STYLE!

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dem Friedhof von Old Town. Auf einem Grabstein ist der Name

Inseln hat man das Gefühl, sich in seinem eigenen Rhythmus be-

Augustus Smith eingemeißelt, 1804–1872. Der ehrenwerte Gen-

wegen zu können – und niemand stört sich daran.“ Entdeckt hat

tleman machte sich durch ein einzigartiges Gartenprojekt einen Namen: die subtropischen Abbey Gardens auf Tresco. Subtropisch

Kos die Scillies per Zufall. „Ob du’s glaubst oder nicht: auf Google Maps.“ Nennen wir es Ironie. Ob er gerade an einer Fortsetzung

in England? Muss man gesehen haben – also flux eines der Shuttle-Boote am Pier von Hugh Town kapern und rüberschippern zur

der Schatzinsel schreibt? Kos lacht: „Nicht ganz. Wobei die Inseln voll sind mit Inspiration, überall findet man Anekdoten.“ So wie

Nachbarinsel. In den Gewässern zwischen den Scillies herrscht quirliges Treiben. Ständig legt irgendwo irgendein Kahn ab und an. Island Hopping heißt das im Sprachgebrauch der Scillonians.

diese hier: Angeblich haben sich die Scillies über dreihundert Jahre quasi unbemerkt im Kriegszustand mit den Niederlanden befunden. Während des englischen Bürgerkriegs verschanzten

Die Abfahrtszeiten der Passagierboote sagt sogar der lokale Radiosender durch, jeden Morgen um viertel nach Neun auf 107,9

sich Royalisten auf dem Archipel. Wegen angeblicher Piraterie verlangte der niederländische Admiral Maarten Tomp von ihnen

FM. Und wer zufällig im Mai in die Gegend kommt, kann die jährliche Weltmeisterschaft im „Gig Racing“ bejubeln. Früher wurden die hölzernen Boote für Rettungseinsätze oder Lotsendienste ge-

Reparationszahlungen – und erklärte just darauf den Krieg. Doch kurze Zeit später kapitulierten die Königstreuen bereits vor der britischen Parlamentsarmee. Die niederländische Flotte zog un-

nutzt, heute rudert man um des sportlichen Spektakels Willen.

verrichteter Dinge wieder ab, zurück blieb nur die Kriegserklärung. Erst 1985 (!) wurde der historische Fauxpas bemerkt, ein

DER GARTENBEAU Tresco liegt nördlich von St. Mary’s. Sie ist die zweitgrößte Insel der Scillies – mit 180 Einwohnern. Nur damit wir im Verhältnis

Jahr später unterzeichneten Vertreter beider Seiten den Friedensvertrag. Auch wenn einige Historiker monieren, Tomp hätte damals keinerlei Vollmacht für eine Kriegserklärung gehabt – die

bleiben. Das Eiland befindet sich in Privatbesitz, der erste Grundstücksverwalter war 1834 eben jener Augustus Smith. Auf den

Geschichte passt einfach zu gut zum leicht schrulligen Image der Inseln. Und mal ehrlich: Sind wir spätestens seit Tante Käthe nicht

Ruinen einer alten Benediktiner-Abtei ließ er die Abbey Gardens errichten, die große Attraktion des Archipels. Sage und schreibe 20.000 exotische Pflanzenarten aus rund 80 Ländern gedeihen

alle ein bisschen im Krieg mit den Niederlanden?

hier des milden Klimas wegen prächtig, die Klostermauern bieten willkommenen Schutz vor Wind. Für zwölf Pfund Eintritt verliert man sich in einem Meer aus fremdländischem Gewächs, Blumen und Farben. Mächtige Palmen, australische Eukalyptusbäume, Agaven aus Mexiko, Feuerheide vom Kap der guten Hoffnung.

Nach einem Abstecher zur bescheidenen Anhöhe von Samson Hill, wo sich der vielleicht schönste Ausblick über den gesamten Archipel offenbart, lautet das nächste Ziel: St. Martins. Es heißt, die Insel im Osten habe die mit Abstand besten und einsamsten Strände. Angesteckt vom Entdecker-Fieber knirscht schon nach

Das distinguiert gepflegte Areal in bester britischer Gartenbautradition beherbergt außerdem die erwähnte Valhalla-Sammlung. Beim Anblick der gut 30 teils aufwendig gearbeiteten Galionsfiguren, meist von gesunkenen Handelsschiffen, kann einem trotz des warmen Juliwetters ein kalter Schauer über den Rücken

einer kurzen Island-Hopping-Tour feinster weißer Sand zwischen den Zehen – und Europa scheint weiter weg als je zuvor auf dieser seltsamen Reise. Am Little und Great Bay im Norden von St. Martin stellt sich eigentlich nur eine Frage: Wie weit traut man sich ins Wasser? Golfstrom hin oder her, ein Ganzkörperbad wäre

huschen – immerhin steht jede einzelne Figur stellvertretend für die Schicksale hunderter armer Seelen.

sicherlich … erfrischend. Von Ernüchterung dennoch keine Spur.

Schon gar nicht bei Val und Graham Thomas. Das pensionierte Lehrerehepaar betreibt unweit des Par Beach Englands südlichstes Weingut. Anfangs, das war 1996, suchten die beiden einen Zeitvertreib, begannen mit Testpflanzungen von Reichensteiner und Madeleine Angevine. Fast zwanzig Jahre später bieten sie neugierigen Besuchern in den Sommermonaten sogar Führungen durch die Weinberge. Vor allem das Weißwein-Sortiment ist bei der Kundschaft sehr beliebt.

KEIN KLEINES BISSCHEN KRIEG Doch natürlich hat auch Tresco allerlei Zerstreuung zu bieten.

Traumhafte Strände wie Pentle Bay auf der Ostseite, die Ruinen von King Charles‘ Castle und Cromwell Castle im Nordwesten – Unterkünfte und kulinarische Adressen rangieren allerdings in teils horrenden Preisklassen. Deshalb hat es die Insel in den letzten Jahren bei Einheimischen zu eher zweifelhaftem Ruf gebracht. Zu künstlich, zu schick, zu „posh“. Klar, der Schellfisch in Bierpanade auf der Terrasse des New Inn schmeckt köstlich, kostet allerdings locker 20 Pfund. Und wer zufällig über die Preisliste für die luxuriösen Häuser mit Meerblick im Flying Boat Club stolpert – im Sommer gern mal 6.000 Pfund pro Woche – schnappt sich gleich das nächste Boot und nimmt Kurs auf Bryher, die kleinste bewohnte Scilly-Insel. Bedeckt von Farnen und Heidekraut ist es im Osten ruhig und idyllisch, während die Westseite die Kraft des grollenden Atlantik zu spüren bekommt und wie bei Hell Bay mit schroffen Felsformationen beeindruckt.

Der Hauptort auf Bryher zählt 20, 25 Häuser, das gesamte Eiland hat vielleicht 80 Einwohner.

Immer gut besucht ist der günstige Campingplatz im Nordosten.

Dort schlägt Kos aus Nijmegen gerade sein Zelt auf, es dauert ein bisschen länger als gewohnt – der malerische Meerblick lenkt eben ab. Mit Freundin Annelize verbringt er ein paar Tage auf der Insel, den Kopf freikriegen vom Trubel auf dem Festland. „Das Ganze ist wie eine vergessene Welt“, sinniert der Buchautor. „Auf den

WEINBERGE AM STRAND

Gleich um die Ecke liegt das nächste Kleinod: Auf der Little Arthur Farm dreht sich alles um Nachhaltigkeit: hausgemachte Scones im sympathischen Vollwert-Café, ein neues Paar ökologisch hergestellter Schuhe (wirklich!) oder eine Übernachtung im Eco-Ferienhaus, inklusive eigener Windkraft- und Photovoltaikanlage.

Wieder nur ein Katzensprung ist es dann bis zur winzigen Island

BIS 1985 WAREN DIE SCILLIES IM KRIEG MIT DEN NIEDERLANDEN

Bakery, die auf der gesamten Inselgruppe geschätzt wird für ihre schmackhaften Cornish Pastries, das Nationalgericht Cornwalls, übrigens seit Kurzem mit geografisch geschützter Herkunft. Die Kombination aus Fleisch, Kartoffeln, Kohlrüben, Minzsoße und Co., gefüllt in eine knusprige Pastete, mag für nichtbritische Gaumen zunächst gewöhnungsbedürftig sein. Satt macht sie aber auf alle Fälle. Bleibt eigentlich nur noch eins zu tun: ein süffiges Ale im südlichsten und vielleicht wundervollsten Pub ganz Großbritanniens. Der Turks Head auf St. Agnes wartet.

Am äußersten Südzipfel der Inselgruppe geht es selbst für ScillyVerhältnisse äußerst ruhig zu. St. Agnes gibt sich deutlich felsiger als seine Nachbarn, bezaubert gleichfalls mit zahlreichen abgelegenen Buchten. Stolz sind sie hier unter anderem auf ihr Wahrzeichen, den 1680 errichteten, 23 Meter hohen Leuchtturm. Bei Ebbe öffnet sich im Nordwesten eine sandige Passage zum unbewohnten Eiland Gugh mit Siedlungsresten aus der Bronzezeit und dem „Old Man of Gugh“. Seit Jahrtausenden trotzt der eindrucksvolle Monolith Wind, Wetter und dem Blitzlichtgewitter der mit Fotokameras bestückten Tagesausflügler. Die mystischen Begegnungen mit der Vergangenheit gipfeln schließlich im heiß ersehnten Turks Head Pub: Draußen zieren Rettungsringe die Fassade, innen baumeln Bootsmützen an den Wänden, zwischen bunten Figuren und allerlei Krimskrams wird Ale, Whiskey, tolles Seafood und zu später Stunde gern Seemannsgarn aufgetischt. Vor einem halbvollen Glas sitzt Jack und kratzt sich etwas grimmig den stoppeligen Bart. Er arbeitet seit 20 Jahren als Fischer auf St. Agnes und passt so perfekt in dieses Plätzchen, wie die Shanties, die von Zeit zu Zeit angestimmt werden. Jack erzählt von einem berüchtigten Leuchtturm draußen am Bishops Rock, viele Meilen westwärts im Atlantik. „Muss man mal gesehen haben, weißte?“ Weil Bishops Rock als kleinste bebaute Insel der Welt im Guinnessbuch der Rekorde steht, nur 46 Meter lang und 16 breit? Jack grunzt abfällig. „Klar. Aber vergiss vor lauter Knipserei nicht, dass dort das Meer das Sagen hat. Und dem Meer ist es schnurzpiepegal, wie viele Urlaubsfotos du noch machen willst.“ Wer die leider wahre Geschichte noch nicht kennt, hört sie spätestens hier: 1875 ereignete sich unweit des Bishops Rock die wohl größte zivile Schiffskatastrophe Großbritanniens. Wegen eines Navigationsfehlers sank der Segeldampfer Schiller, über 300 Menschen verloren ihr Leben.

Den Kloß im Hals spült jetzt selbst der torfigste Single Malt nicht runter. Jack versucht aufzumuntern: „Hey, so ist das nun mal auf den Scillies. Alle müssen irgendwie mit der See und ihren Tücken zurechtkommen – das klingt hart. Aber schau dich um: Dafür haben wir hier doch ein verdammtes Paradies, oder?“ Steinharte Wellen schubsen die große weiße Magenpumpe durch tiefblaues Gewässer, wolkenverhangener Himmel, ein Sturm zieht auf. Gut, dass die „Spuckbeutel“ an Bord der Scillonian III etwas größer wirken. Gladis und Peter wird bei jeder Woge Respekt gezollt. Jim Hawkins sollte jetzt besser nicht fröhlich tänzelnd um die Ecke biegen. Die Fähre hat ganz bestimmt eine Planke. Am Horizont zeichnet sich derweil langsam die Cornwall’sche Küste ab, im Magen liegt das Essen wie Blei. Und im Rücken? Da schlummert altes Abenteuer in neuem Gewand. Mit holzbeinigen Rentnern, schaurig-schönen Geschichten und jenseits jeder digitalen Schatzkarte. Zum Glück.

Text: Thomas Brandt UND JETZT MACHEN SIE MIT DIESEM TEXT DASSELBE WIE MIT JEDER GUTEN SCHATZKARTE: VERBRENNEN.

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LETZTE WORTE

THIS GOES OUT TO ALL THOSE

MODE-BEAUTY-FOOD BLOGGER*INNEN Passt mal auf: Wenn ich früh aufstehe, in mein Handy glotze und Euch auf Instagram sehe, ist mein Tag schon gelaufen. Denn ich esse nun mal eben kein Blaubeer-Quinoa-Bambusmüsli und sitze auch nicht perfekt gestylt am Frühstückstisch. NEIN: Ich schiebe einen labbriges Stück Etwas in den Toaster und schmiere mit meinen dicken Wurstfingern den Rest Nutella drauf, der ganz unten im Glas klebt. Aber glücklich macht mich dieser Start in den Tag auch … vielleicht sogar glücklicher als Dich, kleine Blogger-Marie, Dein Müsli. Ich muss nämlich nicht immer perfekt aussehen, essen und funktionieren.

Liebe Bloggerhäschen mit reichem Papi, die jede Minute den neusten heißen Scheiss bestellen, bewerten, instagramisieren und dann nach einer Woche wieder wegwerfen: Ihr geht mir sooooo auf die Eier. Wer sagt zum Beispiel, dass Ihr nur ansatzweise irgendeine Ahnung von Mode habt? Nur weil Ihr Euch das Zeug kaufen könnt oder die Firmen es euch zuschicken, heißt das nicht, das ihr modetechnisch in irgendeiner Weise kompetent oder relevant seid … dafür gibt es echte Journalisten und die Brigitte. BITTE! Es macht keinen glücklicher und informierter, wenn man weiß, dass Bloggermarie jetzt einen neuen goldenen Schal hat und etwas Power-Matcha-Yoga-Tee zum Mittag empfiehlt!

Miracoli schmeckt auch verdammt gut. By the way: Warum sehen alle Modefoodbloggerinnen dieser Welt fast gleich aus?

Egal, ob diese in Downunder oder hier in Gadheim, dem geografischen Mittelpunkt Europas, rumblöggen … alle wirken so, als hätten sie ihre Visage und Ihre Freunde bei Fotolia gekauft.

Nein, sorry: Ihr habt keine Ahnung von Mode oder Essen … Nein, Ihr macht keine Trends; Ihr seit VERKÄUFERINNEN … Ihr gebt Euer Gesicht und Eure Zeit für irgendwelche Firmen und den Konsumrausch her. Und ihr macht mehr kaputt als ihr denkt!

Also, bitte hört auf! Löscht einfach Euere Accounts … befreit Eure Follower … gebt auf. Lernt was Anständiges. DANKE.

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WERDET TEIL UNSERER NACHBARSCHAFT

BETREFF: WIE MAN ERFOLGERN MACHT! Ein 13 Jähriger verdiente mit dieser Stra-

Im frischen, modernen Outfit bringt LIEBE NACHBARN ebenso

tegie 3,6 Millionen Euro in einem Jahr. Er

anspruchsvolle wie spannende und zum Schmunzeln anregende Themen.

war noch so dumm und hat HEUTE, den 01.05.2017 öffentlich gemacht wie das funktioniert. So etwas haben Sie noch nie

LIEBE NACHBARN … KONZENTRIERT SICH AUF DAS WESENTLICHE:

gesehen! Das ist ganz neu und erst heute

die Menschen aus Würzburg und Umgebung und die dazugehörigen Geschichten.

gestartet! Da sieht man, dass man nicht

Wir berichten darüber qualitativ anspruchsvoll in Bild und Text – und bieten

schlau sein muss, um Millionär zu werden.

Ihnen damit ein attraktives Umfeld für Ihre Anzeigen, die in diesem

Mit Glück hat es nichts zu tun. Sie haben

hochwertigen Medium langfristig wirken und die Menschen der Stadt Würz-

jetzt die Chance es nachzumachen, denn

burg und Umgebung erreichen. Gerne helfen wir Ihnen bei der Gestaltung Ihrer

das System wird nicht mehr funktionieren,

Werbung, schließlich soll Ihre Anzeige perfekt zur Geltung kommen.

wenn zu viele davon erfahren haben. Sie gehören jetzt zu den ersten, die davon erfahren! Wir gehen davon aus, dass man nur noch bis zum 21.08.2017 damit viel Geld verdienen kann. Wir sind uns sogar sicher,

Nachbarschaftsliebe – ganz ohne geht es einfach nicht. Daher bedanken wir

dass jeder von euch mindestens 100.000

uns bei jenen lieben Nachbarn, die ein Unternehmen führen und bei der Ver-

Euro verdienen wird!

wirklichung dieses Stadtmagazins mithelfen. Deshalb gibt es in diesem Heft

Ein Profi aus dem Bereich hat ein Video ge-

auch Texte, die in Zusammenarbeit mit unseren Partnern entstanden und mit

dreht und erklärt Ihnen wie es geht.

einem Sponsor-Herz gekennzeichnet sind.

HIER DAS VIDEO ANSCHAUEN

UNSERE MEDIADATEN FINDEN SIE UNTER

Sie können heute noch damit paar tausend

WWW.LIEBE-NACHBARN.NET

Euro verdienen! GARANTIERT! Geld zurück Garantie, wenn Sie nicht mindestens 5000 Euro bis zum 12.09.2017 verdient haben!

LIEBE NACHBARN ist ein Magazin der Papay I Landois GmbH und ºdie eine... agentur für gestaltung.

IMPRESSUM / HERAUSGEBER Papay I Landois GmbH Schönthalstraße 6 | 97070 Würzburg Vertreten durch: Geschäftsführer Christian J. Papay und Dr. Leonard Landois kontakt@liebe-nachbarn.net WWW.LIEBE-NACHBARN.NET

Schauen Sie sich jetzt das kurze Video an und machen Sie es heute noch nach: HIER JETZT ENDLICH DAS VIDEO ANSCHAUEN

Von: <unitednations70@gmail.com> BETREFF:WIR RESPREKTIEREN DICH Wir möchten Sie über das laufende Vereinten Nationen-Vergütungsprogramm informieren, das für Internet-Betrugsopfer organisiert ist. Ihre Informationen und andere Begünstigte wurden nach dem Zufallsprinzip genommen und uns als eines der Opfer dieser böswilligen Handlung vorgestellt. Die UN & WORLD BANK hat sich

GESTALTUNG / LAYOUT / COVERFOTO ºdie eine... agentur für gestaltung www.dieeine.de

bereit erklärt, Ihnen einen angemessenen Geldbetrag zu entschädigen. Wir geben diese Zahlungen über Natwest Bank United Kingdom. Um das Verfahren zu erlernen gen, antworten Sie einfach diese Nachricht und Sie erhalten ein Antragsformular von Natwest Bank United Kingdom.

Ihre Vereinte Nationen.

SCHLUSSREDAKTION Schreiberei Eder

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RE ge e t s sc c h g C H hw e ät n b E R a zi ge u m - E C Sc z w K hw e E i al g e : be n n.

REDAKTION Johanna Kleinschrot, Sabine Brummer, Katharina Kraus, Thomas Brandt, Christian Götz redaktion@liebe-nachbarn.net

und wie Sie Ihre Entschädigung beantra-

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Flyeralarm / Auflage 5.000

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