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Nathan der Weise

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Vernissage

Vernissage

THEATERSTÜCK NATHAN DER WEISE (IM SCHAUSPIELHAUS KÖLN, AM 26/11/21)

Eine Rezension aus der Q1

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Das Drama Nathan der Weise von Gotthold Ephraim Lessing ist auch heutzutage noch ein altbekannter Klassiker, der in vielen Schulen als Lehrstoff für die Oberstufe genutzt wird. Stefan Bachmann hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Stück auf der Kölner Theaterbühne im Schauspiel Köln zu inszenieren. Das Aufklärungsdrama handelt von Religions-Diversität im Zusammenhang mit Konflikten der Religionszugehörigkeit sowie mit religionsabhängigen Werten und Normen.

Nathan, die Hauptfigur, zieht seine Adoptivtochter Recha als Jüdin auf, kommt jedoch eigentlich selbst aus einer christlichen Familie. Wie sich zudem herausstellt, ist Rechas leiblicher Vater Muslim. Die leitende Frage, die sich stellt, ist, welcher Religion Recha nun tatsächlich angehört. Ist Glaube eine Frage der Sozialisation oder des Erbes? Dieser Frage versucht Stefan Bachmann anhand seiner Inszenierung von Nathan der Weise auf den Grund zu gehen. Nach einem vernichtenden Feuer in Nathans Haus liegt Recha eingewickelt in Verbandstüchern in einem herkömmlichen Krankenhausbett. Da sie von einem christlichen Tempelherrn glücklicherweise rechtzeitig gerettet wurde, hat sie knapp überlebt und verdankt diesem ihr Leben. Wie sich im weiteren Verlauf herausstellt, scheint der Tempelherr ein Problem mit Juden zu haben. Recha und der Tempelherr verlieben sich ineinander. Ein dramatisches Dilemma entsteht, wobei Margot Gödrös als ein weises Engelchen die Moral aus dem Dilemma zieht und in einem nur schwer verständlichen Fremdtext diese Moral zu vermitteln versucht. Auch das Kernstück des Dramas, die Ringparabel, ist viel zu langgezogen und als solche nur schwer zu erkennen. Generell sind in dem Theaterstück viele Fremdtexte sowie verschachtelte Satzbaustellungen enthalten, die das Stück schwer nachvollziehbar machen und eine Deutung erschweren. Hier wären einfachere Dialoge sowie eine modernere Sprache wünschenswert gewesen. Die durchsichtigen Plastikvorhänge sowie das Krankenhausbett lassen das Bühnenbild steril und kühl wirken. Zudem spielen sich viele Dialoge in einer kleinen Küche ab, die aus Stühlen, einem Tisch und einem Kühlschrank besteht. Da die Küche den Zuschauer:innen keinen Orientierungssinn vermitteln kann, weiß man häufig nicht, wo und warum die Dialoge in der Küche stattfinden. Außerdem ist nicht klar, wieso sich Derwisch im Kühlschrank aufhält und manchmal herausschlüpft, um Teil des Dialoges zu werden. Jedoch ist das große Feuer in der Mitte des Theaterstückes zu loben, dass eine Dramatik ausstrahlt und einen spannenden Höhepunkt des Dramas vermittelt. Außerdem kamen fünf Tische sowie viele Stühle für den Rest des Stückes als Bühnenbild zur Erscheinung. Dies war jedoch zu vereinfacht, um klar nachvollziehen zu können, an welchen Örtlichkeiten die Handlung jeweils spielt. Zusätzlich zum Bühnenbild waren große Lautsprecher montiert, um dramatische Soundeffekte passend zum Stück einspielen zu können. Hier wurden beispielsweise Soundeffekte von einem lauten Kriegsflugzeug eingespielt, welche den Zuschauer:innen einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließen. Diese waren sehr laut und man erschreckte sich aufgrund der Lautstärke. Das Stück wurde so mit dem Krieg in Verbindung gebracht. Schon im Laufe der ersten Szene erschließt sich die hervorragende schauspielerische Leistung Nathans. Bruno Cathomas lässt seine Emotionen super mit dem gesprochenen Text harmonieren und überzeugt das Publikum mit seiner schauspielerischen Leistung. Margot Gödrös als weises Engelchen ist wie für ihre Rolle gemacht. Ihre Stimme klingt rau und alt, sodass man ihr die Rolle als Moralvermittlerin sofort abkauft. Generell aber war der gesprochene Text viel zu leise und schwer verständlich. Was allerdings lobenswert war, ist der perfekt abgestimmte Untertitel, der auf Englisch mit zu lesen war. Gleich in der Anfangsszene wurde einem als Zuschauer:in klar, wer welche Rolle spielt. Dies wurde insbesonders an den Kostümen deutlich. Nathan hatte anfangs einen kleinen Koffer bei sich, der ihn als einen reisenden Geschäftsmann erscheinen ließ sowie einen Hut, den er ständig trug. Dieser ließ ihn als weisen, geheimnisvollen Mann wirken und verdeutlichte seine Rolle im Stück. Zudem waren die jeweiligen Angehörigen gleich gekleidet und auch hier war einfach zu erkennen, wer zueinander gehörte und welche Beziehungsdynamiken es in dem Theaterstück gab. Die Kostüme waren keinesfalls modern und passten somit zu der verwendeten Sprache. Im Allgemeinen bietet sich das Theaterstück gut für Abiturienten an. Da es sich fast eins zu eins an die niedergeschriebenen Dialoge der Buchvorlage hält, vermittelt es eine gute Übersicht über das Stück. Jedoch empfehle ich, das Drama vor dem Theaterbesuch zu lesen, damit die Grundhandlung sowie die Dialoge besser verständlich sind und man als Zuschauer:in folgen kann.

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