17 Krebsliga Zürich Telefon 044 388 55 00 krebsligazuerich.ch
18 Krebshilfe Liechtenstein Telefon 00423 233 18 45 krebshilfe.li
Die Krebsliga will die Zahl der Krebserkrankungen verringern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. 18 kantonale und regionale Krebsligen beraten und unterstützen an über 70 Standorten in der Schweiz. Impressum Herausgeberin: Krebsliga Schweiz, Postfach, 3001 Bern, Telefon 031 389 94 84, aspect@krebsliga.ch, krebsliga.ch/aspect, IBAN: CH 95 0900 0000 3000 4843 9 –Redaktionsleitung: Danica Gröhlich (dag) – Autorinnen und Autoren: Joëlle Beeler (jbe), Pia Schüpbach (spa), Timon Stalder (tis) – Gestaltung: Oliver Blank – Koordination: Olivia Schmidiger – Druck: Schellenberg Druck AG, Pfäffikon ZH – Ausgabe: 4/24, Oktober 2024, erscheint 4-mal jährlich. Magazin für die Spenderinnen und Spender der Krebsliga Schweiz.
Ein Funken Hoffnung: Geschichten
von Cancer Survivors
Liebe Leserin, lieber Leser
Aus jeder Begegnung mit Krebsbetroffenen lerne ich dazu. Jede Geschichte zeigt mir, wie kostbar das Leben ist. Die Geschichten jener, die den Krebs überstanden haben, schenken Hoffnung. Was ich auch lerne: Jede Geschichte mit Krebs ist individuell – so einzigartig wie jeder Mensch. Stets fällt mir dabei auf, dass die Betroffenen zwischen dem Leben vor und dem Leben nach der Diagnose unterscheiden. Da der Oktober international ganz im Zeichen von Brustkrebs steht, widmen wir diese Ausgabe besonders den Cancer Survivors von Brustkrebs.
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. So erkranken jedes Jahr in der Schweiz rund 6500 Frauen an Brustkrebs. Die Diagnose ist ein Schock, der das Leben auf den Kopf stellt. Doch dank des medizinischen Fortschritts und unermüdlicher Forschung können immer mehr Betroffene diesen gravierenden Einschnitt in ihr Leben erfolgreich bewältigen.
Ihre Geschichten machen Mut. Sie zeigen uns, dass es möglich ist, stärker aus einer Krankheit hervorzugehen: so wie Tanja aus unserer Titelgeschichte, aber auch Ville, einer von 50 Männern, die jedes Jahr in der Schweiz die Diagnose Brustkrebs erhalten.
Lassen Sie uns zusammen ein Zeichen setzen und die Geschichten der Menschen mit und nach Krebs als Inspiration nehmen.
Darum ermutigen wir Sie, Teil unserer täglichen Arbeit zu werden. Ob durch das Weitergeben von Wissen, indem Sie sich Zeit für eine betroffene Person nehmen oder mit einer Spende – Ihr Handeln ist wertvoll.
Mit jedem Beitrag helfen wir, die Forschung voranzutreiben, die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern und Betroffenen sowie Angehörigen mit vielfältigen Beratungs- und Informationsangeboten zu helfen.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Mirjam Weber CEO Krebsliga Schweiz
Inhalt
Panorama
Solidarität zeigen: Dank Brustkrebs-Quiz und einer berührenden Kino-Premiere.
Aktuell
Neuropathie: Wie Physiotherapie die Lebensqualität verbessern kann.
Neulich am Krebstelefon
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7 Antworten zu Mastektomie, Hyperthermie und Körperbild bei Brustkrebs.
Forschung
Cancer Survivors: Wie eine Forscherin älteren Brustkrebsüberlebenden helfen will.
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Leben mit Krebs
10 Gleich zweimal erhielt Tanja die Diagnose Krebs: Heute unterstützt sie andere als Peer.
Fokus
Ungleichbehandlung nach Krebserkrankung: Diskriminierung bei Vertragsabschlüssen.
In Kürze
Mythen und Fakten: Testen Sie Ihr Wissen über Prostatakrebs.
Rätsel
Eine Übernachtung für die ganze Familie in der Trauffer-Erlebniswelt!
Persönlich
Meine Erfahrung mit Krebs: Wie Ville als Mann die Diagnose Brustkrebs meistert.
Anregungen? Fragen? Feedback?
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Schreiben Sie uns: aspect@krebsliga.ch
Besuchen Sie uns auf Social Media:
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Film zum Thema Trauer
«Ich sammle Leben, nicht Jahre»
DIE TABUBRECHERIN
Ein Film von SILVIA HASELBECK & ERICH LANGJAHR MICHÈLE BOWLEY
BUCH REGIE MONTAGE: Silvia Haselbeck und Erich Langjahr • KAMERA: Erich Langjahr • TON: Silvia Haselbeck MUSIK: Rico Langjahr • SOUNDDESIGN & MISCHUNG: René Zingg • COLOR GRADING: Nick Schneider
HERSTELLUNGSBEITRÄGE: KANTONE: Luzern und Zug • STÄDTE: Baar und Zug • STIFTUNGEN: Annemarie und Eugen Hotz-Stiftung, Scheidegger-Thommen-Stiftung, Via Cordis-Stiftung, Ernst Göhner Stiftung, Hürlimann-Wyss Stiftung, Carl und Elise Elsener-Gut Stiftung KIRCHEN: Römisch-katholische Landeskirche Kanton Luzern, Christkatholische Kirche Stadt Basel, Katholische Kirche Stadt Zug, Reformierte Kirche Kanton Zug, Interfilm Schweiz
www.langjahr-film.ch
Die Schweizer Gesundheitspsychologin Michèle Bowley weiss um ihr Lebensende. Die Gewinnerin der Krebsmedaille 2022 stellt sich ihrer Krankheit, dem Unabänderlichen, dem Sterben. Dabei begegnet sie dieser neuen Lebenssituation mit grosser Neugier und sagt: «Ich sammle Leben, nicht Jahre.» Die Regisseure Silvia Haselbeck und Erich Langjahr durften Michèle Bowley auf dieser Reise ins Unbekannte mit der Kamera begleiten. Der Film zeigt verschiedene Stationen ihrer letzten zwei Lebensjahre, beispielsweise wie sie sich medizinischen Behandlungen stellt und Kraft im spirituellen Bereich und in der Natur sucht. Michèle Bowley verstarb letzten November. Der Film «Die Tabubrecherin» kommt ab dem 24. Oktober 2024 in die Schweizer Kinos. In verschiedenen Kantonen der Schweiz gibt es im Anschluss an die Premieren Diskussionsanlässe, u.a. auch mit den kantonalen und regionalen Krebsligen. (jbe)
Weitere Informationen zum Film: langjahr-film.ch
Exklusive Vorpremiere: Wir verlosen 25 x 2 Tickets! krebsliga.ch/bowley
Wie gut sind Sie informiert über Brustkrebs? Erkranken nur Frauen an Brustkrebs, verlieren Betroffene immer die Brust, oder rettet Vorsorge Leben? Beantworten Sie diese und weitere Fragen bei unserem Quiz und gewinnen Sie einen von mehreren attraktiven Preisen. Das Quiz gibt es übrigens nicht nur digital, sondern auch auf Papier: Im Brustkrebsmonat Oktober erhalten Sie das Leporello «Mythen und Fakten zu Brustkrebs. Richtig oder falsch?» gratis zu den Brustkrebsschleifen, welche an 25 Poststellen in der Schweiz für eine Mindestspende von 5 Franken abgegeben werden. Mit dieser Spende unterstützen Sie Brustkrebsbetroffene. Jährlich erhalten über 6500 Frauen und rund 50 Männer in der Schweiz die Diagnose Brustkrebs. Dank der Fortschritte in der Forschung, der Früherkennung und der verbesserten Therapien überleben rund 80 Prozent der Betroffenen ihre Erkrankung längerfristig. Die Krebsliga ist für Betroffene und Nahestehende da: Sie berät, unterstützt und informiert bei allen Fragen rund um Brustkrebs. (spa)
Hier geht’s zu Brustkrebsinformationen und zum Quiz: krebsliga.ch/brustkrebs-quiz
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Richtig oder falsch? Nur Frauen bekommen Brustkrebs.
richtig falsch
Spendeninformation
Ein Merci per E-Mail
Keine Spende ist für die Krebsliga selbstverständlich. Darum wollen wir auch Danke sagen. Seit September geschieht dies für Beträge bis zu 250 Franken neu per E-Mail statt wie zuvor per Brief. So kann die Krebsliga die Kosten für Porto und Papier sparen und den Spendenfranken gezielt für
Projekte einsetzen. Damit kommt das Geld direkt Krebsbetroffenen zugute. Die Spendenverdankung per E-Mail –ein Mehrwert für alle. Helfen Sie uns, indem Sie uns Ihre E-MailAdresse mitteilen. (spa)
Kontakt Spendendienst: krebsliga.ch/kontakt
Buch zum Thema Abschied
In Wimmelbildern durch die Trauer
Illustratorin Andrea Peter (links) und Palliativmedizinerin Sophia Bartenstein sind die Autorinnen des Wimmelbuchs.
Nach einem Verlust steht die Welt still. Doch rund um die trauernden Menschen geht das Leben weiter. Das «Wimmelbuch vom Abschiednehmen» thematisiert auf einfühlsame Weise verschiedene Wege des Abschiednehmens und begleitet trauernde Menschen über ein Jahr hinweg. «Tod und Trauern machen uns hilflos», sagt die Autorin, Familientrauerbegleiterin und Palliativmedizinerin Sophia Barten-
stein. «Hoffentlich hilft dieses Buch dabei, offener mit dem Thema umzugehen und miteinander ins Gespräch zu kommen.» Die Zeichnungen stammen von der Illustratorin und Kinderbuchautorin Andrea Peter. Ab Mitte Oktober kommt das Wimmelbuch des Berner Verlags «Vatter & Vatter» in den Verkauf. Die Krebsliga hat das Projekt unterstützt und wird das Buch in ihrem Shop führen. (spa) krebsliga.ch/wimmelbuch
Webinar «Erblicher Brustkrebs»
Bei fünf bis zehn Prozent der Betroffenen entsteht Brustkrebs infolge einer erblichen Veranlagung. Im kostenlosen Webinar des Krebstelefons erfahren Sie, wie Gene die Krebsentstehung beeinflussen, welche Mutationen eine besondere Rolle spielen und mehr zu genetischen Tests. Nach dem Input durch Dr. med. Laura Knabben, Leiterin des Brustzentrums im Bürgerspital Solothurn, berichten Betroffene von ihren Erfahrungen. Anschliessend beantworten Dr. Knabben und die zwei Peers Ihre Fragen anonym im Live-Chat. (spa) Melden Sie sich jetzt an: Webinar «Erblicher Brustkrebs» am 22. Oktober 2024 von 17 bis 18 Uhr. krebsliga.ch/webinare Informationen aus erster Hand
Das Zitat
«Die Frau muss sich erst wieder mit ihrer neuen Brust anfreunden. Das braucht Zeit.»
Bei rund 30 Prozent der Frauen mit Brustkrebs ist eine Mastektomie (Entfernung des gesamten Drüsengewebes) nötig. Prof. Cornelia Leo, Chefärztin des Interdisziplinären Brustzentrums am Kantonsspital Baden (AG), klärt Frauen über ihre Möglichkeiten auf. Ob sich Betroffene für oder gegen einen Wiederaufbau der Brust entscheiden, ist sehr individuell. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Frau alle Informationen und genügend Bedenkzeit erhält.
«Ich
möchte in keinem anderen Bereich als in der Onkologie arbeiten»
Physiotherapie kann die Lebensqualität von Krebsbetroffenen stark verbessern, sagt Dritan Jenuzi. Dies gilt besonders für Erkrankungen der peripheren Nerven (Neuropathie). Für die neue Broschüre der Krebsliga hat der Physiotherapeut ein Übungsprogramm ausgearbeitet.
Interview:
Pia Schüpbach
Dritan Jenuzi, Sie sind spezialisiert auf Physiotherapie für onkologische Patientinnen und Patienten. Können Sie sich an ein Beispiel erinnern, wo Sie besonders helfen konnten?
Da kommt mir eine Patientin in den Sinn, die nach der Chemotherapie von Nervenschäden in den Füssen geplagt worden ist. Nach regelmässigem Gleichgewichtstraining und gezielten Kräftigungsübungen konnte sie ihre Gehfähigkeit und Stabilität erheblich verbessern. So lief sie weniger Gefahr zu stürzen, und sie konnte wieder an sozialen Aktivitäten teilnehmen.
Eine schöne Geschichte. Wie kamen Sie dazu, mit onkologischen Patientinnen und Patienten zu arbeiten?
Ich arbeite gerne mit Krebsbetroffenen, weil ich komplexe gesundheitliche Probleme behandeln möchte. Mein bester Freund hatte Krebs, vielleicht kommt es auch daher. Zum Glück geht es ihm heute gut. Mein Ziel ist es, diesen Menschen zu helfen, ihre physischen und emotionalen Belastungen der Krankheit zu bewältigen. Ich fand zwar die erste Zeit als Physiotherapeut für krebsbetroffene Menschen belastend, gleichzeitig hat mich die Onkologie aber fasziniert. Heute möchte ich in keinem anderen Bereich mehr arbeiten. Ich bilde mich auch ständig weiter.
Sie arbeiten oft mit Menschen, die an peripherer Neuropathie (Nervenschäden) leiden. Was sind die häufigsten Symptome?
Die Betroffenen spüren Taubheitsgefühle oder ein Kribbeln in Händen und Füssen. Manchmal kann es auch ein brennender Schmerz sein. Oft zeigt sich Neuropathie auch in einer Muskelschwäche, in Empfindlichkeitsstörungen oder im Verlust von Reflexen.
«Periphere
Broschüre
Neuropathie»:
und Video
Periphere Neuropathie
Neuropathie bezeichnet eine Schädigung oder Funktionsstörung der Nerven, die für den Informationsaustausch zwischen Gehirn, Rückenmark und dem restlichen Körper verantwortlich sind. Die periphere Neuropathie kann eine Nebenwirkung der Chemotherapie, der Immuntherapie, der Strahlentherapie oder des Tumors selbst sein.
In der neusten Broschüre der Krebsliga finden Sie viele Informationen und Übungen – zusammengestellt von Dritan Jenuzi (39). Er hat einen Bachelor of Science in Physiotherapie und arbeitet seit knapp drei Jahren am Universitätsspital Zürich. Im Video können Sie sich ein paar Gleichgewichts- und Kraftübungen anschauen.
Hier geht es zu Broschüre und Video: krebsliga.ch/neuropathie
In der neuen Broschüre der Krebsliga und im Video finden sich Übungen für Betroffene. Was bewirken diese Übungen und die Physiotherapie? Gezielte physiotherapeutische Massnahmen können die Durchblutung fördern und die Heilung unterstützen. Sie verbessern die Muskelkraft, Koordination, Empfindlichkeit und das Gleichgewicht. Zugleich können sie Schmerzen und Beschwerden lindern. Eine frühzeitige und konsequente Physiotherapie steigert die Lebensqualität von Menschen mit Neuropathie nachweislich. Aber es ist wichtig, Durchhaltevermögen zu haben: Manchmal braucht es Zeit, bis sich jemand besser fühlt. •
Antworten
zu Mastektomie,
Hyperthermie und Körperbild
Hier eine Auswahl aktueller Fragen, die das Beratungsteam des Krebstelefons erreichen.
1«Was bedeutet Mastektomie genau?»
Ist eine brusterhaltende Therapie aus medizinischen Gründen nicht möglich, wird eine Mastektomie gemacht. Dabei wird das gesamte Drüsengewebe im Innern der Brust entfernt. Das ist etwa bei einem Drittel aller Brustkrebsbetroffenen der Fall. Bei einigen Frauen können die Chirurginnen oder Chirurgen Teile der Brust wie die Haut oder die Brustwarze erhalten. Die meisten Patientinnen lassen ihre Brust nachher wieder aufbauen. Wenn es keinen onkologischen Nachteil gibt und die Patientin dies wünscht, kann man bereits während der Operation einen Wiederaufbau – entweder mit Silikon-Implantaten oder Eigengewebe – vornehmen.
Weitere Informationen: krebsliga.ch/operationen-bei-krebs
2«Wann wird Hyperthermie bei Brustkrebs angewendet?»
Trotz unterschiedlicher Behandlungen kann es vorkommen, dass der Brustkrebs an der operierten Brust zurückkehrt. Gerade wenn andere Behandlungen nicht mehr möglich sind, kann Hyperthermie kombiniert mit einer niedrig dosierten Strahlentherapie helfen, deren Wirkung zu optimieren. Hyperthermie bedeutet «Überwärmung». Die Anwendung von Wärme zerstört nicht primär die Krebszellen, sondern macht sie empfindlicher für die Strahlentherapie. Dabei erwärmt man das Gewebe auf bis zu 43 Grad Celsius. Gleich
und einfühlsam:
im Anschluss wird bestrahlt. Die Hyperthermie stellt keine Alternative zu einer Krebstherapie dar und wird ergänzend angewendet.
Behandlungen bei Brustkrebs: krebsliga.ch/behandlung-brustkrebs
3«Wie kann sich mein Körper durch die Brustkrebs Therapie verändern, und wie finde ich einen Umgang mit meinem veränderten Aussehen?»
Je nach Behandlung kann sich temporär oder in einigen Fällen auch langfristig das Körperbild verändern. Nach einer Strahlentherapie kann sich die Haut röten, verfärben oder es kann zu Schwellungen kommen. Nach einer Chemotherapie können die Haare, Wimpern und Augenbrauen ausfallen. Eine AntihormonTherapie kann zu Gewichtsveränderungen führen. Manche körperlichen Veränderungen bleiben langfristig und wirken sich auf das Selbstbild aus. Dazu zählen auffällige Operationsnarben oder die Entfernung einer Brust. Es braucht Zeit, damit zurechtzukommen. Auch nega-
tive Gefühle wie Wut oder Verzweiflung sind normal. Sollte Ihr Selbstvertrauen deswegen leiden, lohnt es sich, professionelle Hilfe über Psychotherapie oder körpertherapeutische Angebote zu holen. Mit Bewegung und Sport können Sie aktiv etwas für Ihre Gesundheit tun. Tauschen Sie sich mit anderen aus. Und machen Sie sich bewusst, was Ihr Körper geschafft hat. Die Körperveränderungen erzählen Ihre Geschichte.
Broschüre «Die Krebstherapie hat mein Aussehen verändert»: krebsliga.ch/aussehen
Haben Sie Fragen zu Krebs? Möchten Sie über Ihre Ängste oder Erfahrungen sprechen? Wir helfen Ihnen weiter:
Krebs überlebt – und dann? Viele sogenannte Cancer Survivors leiden unter Spätfolgen. Besonders ältere Menschen bauen nach überstandener Erkrankung oft massiv ab. Das möchte die Forscherin Prof. Esther Bastiaannet ändern.
Interview: Danica Gröhlich
Prof. Esther Bastiaannet: Sie sind Epidemiologin. Weshalb setzen Sie sich besonders für ältere Menschen mit Krebs ein?
Ich hörte erstmals vor etwa 15 Jahren auf einer Konferenz von Forschungsergebnissen über ältere Patientinnen und Patienten mit Tumorerkrankungen. Ich war überrascht, wie wenig darüber bekannt war und wie wenig Aufmerksamkeit sie erhielten. Dabei haben gerade ältere Patientinnen und Patienten schlechtere Überlebenschancen bei Krebs. Als Epidemiologin sehe ich viele Fragen und Herausforderungen, etwa beim Alterungsprozess, in der Biologie oder in der Behandlung. Das motiviert mich, darüber zu forschen.
Was bedeutet für Sie Cancer Survivorship?
Immer mehr Menschen überleben Krebs. Die Diagnose und die Behandlung sind oft sehr herausfordernd. Auch danach ist es schwierig, sich an die körperlichen und emotionalen Veränderungen zu gewöhnen. Viele berichten, dass ihnen der Übergang in ein neues Leben nach der Behandlung schwerfällt. Oftmals kommt es bei Patientinnen und Patienten in den ersten Jahren nach der Diagnose und Behandlung zu einer Verschlechterung der körperlichen Funktionen. Hinzu kommen meist Schwierigkeiten bei den sogenannten kognitiven Funktionen wie Denken, Gedächtnis oder Kommunikation. Auch die sozialen Fähigkeiten im Umgang mit anderen Menschen nehmen ab. Dennoch ist immer noch zu wenig über das Wohlbefinden älterer Krebsüberlebender bekannt.
Mit welchen weiteren Schwierigkeiten haben denn ältere Menschen nach Krebs zu kämpfen?
Eine Studie beispielsweise begleitete ältere Frauen, die Brustkrebs überwunden hatten, über drei Jahre nach ihrer Behandlung. Dabei fanden die Forschenden heraus, dass diese Frauen weiterhin unter vielen Symptomen litten,
Unterstützung
Forschungsprojekt dank
Spendengeldern
Dr. Esther Bastiaannet ist seit 2021 Assistenzprofessorin für Krebsepidemiologie am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich. Die gebürtige Holländerin hat die Aussicht auf eine Professur auf Lebenszeit.
«Mit unserer Studie möchten wir den Rückgang der körperlichen, geistigen und sozialen Funktionen älterer Brustkrebsüberlebender untersuchen. Die Krebsliga Schweiz unterstützt unser Forschungsprojekt mit Spendengeldern. Für die Studie werden wir 328 Brustkrebspatientinnen ab 70 Jahren einbeziehen, bei denen der Krebs in einem frühen Stadium ist und die in der Region Zürich operiert wurden. Etwa drei Monate, ein Jahr und zwei Jahre nach der Diagnose werden wir ihre körperliche Leistungsfähigkeit, ihre kognitiven und sozialen Funktionen sowie ihre Lebensqualität kontrollieren. Nach zwei Jahren ergänzen wir diese Daten mit den einzelnen Patientinnen- und Tumormerkmalen. So können wir den körperlichen, kognitiven und sozialen Abbau messen und beurteilen, wie er von älteren Brustkrebsüberlebenden in der Schweiz wahrgenommen wird. Wir möchten dazu beitragen, bessere Nachsorgeprogramme zu entwickeln, damit ältere Menschen nach ihren Krebstherapien nicht mehr alleingelassen werden.»
Unterstützung in schwierigen Zeiten: Auch nach überstandener Brustkrebserkrankung ist es wichtig, Betroffene nicht alleinzulassen.
neben den erwähnten kognitiven Schwierigkeiten auch unter Angstzuständen, Schlafproblemen sowie Neuropathie (Nervenschäden während und nach einer Krebsbehandlung; mehr dazu auf Seite 6). Eine weitere Studie zeigte, dass ältere Überlebende im Gegensatz zu jüngeren zwei Jahre nach der Behandlung keine Verbesserung ihrer Lebensqualität erfahren. Deshalb brauchen wir dringend Informationen. Dann könnten wir gezielt Hilfe anbieten und die Lebensqualität nachhaltig steigern.
Wie sieht die Situation in der Schweiz für Cancer Survivors aus?
Die Diagnose und die Behandlung von Brustkrebs im Frühstadium sind in der Schweiz sehr gut. Wir müssen aber die Unterstützung für Überlebende, besonders ältere, nach dieser herausfordernden Zeit verbessern.
Weshalb wurden ältere Cancer Survivors bislang zu wenig beachtet?
Der medizinische Fortschritt in den letzten 10 bis 15 Jahren hat die Überlebensrate bei ernsten Erkrankungen wie Herzinfarkt und Krebs stark erhöht. Das ist grossartig, stellt aber auch immense Herausforderungen an die Nachsorge. Ältere Patientinnen wurden in klinischen Studien oft nicht berücksichtigt, sodass Daten über sie fehlen. Da die Überlebensrate bei älteren Menschen bei bestimmten Krebsarten gestiegen ist, rückt nun endlich auch die Zeit nach der Diagnose und Behandlung in den Fokus. Ich freue mich, dass mein Team und ich einen wichtigen Beitrag dazu leisten können. •
Weitere unterstützte Forschungsprojekte: krebsliga.ch/forschung
«Ich
habe für unsere gemeinsame Zukunft gekämpft»
Gleich zweimal erhielt Tanja die Diagnose Krebs. Jedes Mal zog es ihr den Boden unter den Füssen weg. Doch sie gab nie auf.
Wer ihr Kraft gab, warum sie ihre Märchenhochzeit nicht nachholen möchte und wie sie anderen Betroffenen helfen will.
Text: Danica Gröhlich, Fotos: Gaëtan Bally
«Das erste Mal habe ich die Kontrolle über mein Leben 2013 verloren. Ich war damals 21 Jahre alt.» Tanja sitzt am Esstisch ihrer Wohnung in Bern-Liebefeld. Während sie ihre Geschichte erzählt, scheint die Sonne durchs offene Fenster. Sie nimmt einen Schluck von ihrem selbst gemachten Pfefferminzsirup. «Nur zwei Wochen nach unserer standesamtlichen Trauung erhielt ich die Diagnose Brustkrebs.»
Ihre linke Brust schmerzte plötzlich und sie spürte eine Verhärtung. Dann die Schocknachricht beim Arzt. Tanja erinnert sich noch genau an diesen Moment: «Es zieht dir einfach den Boden unter den Füssen weg. Alle Ziele, alle Träume … Wir waren doch gerade noch so glücklich. Und wir waren mitten in der Planung für unsere grosse Märchenhochzeit, die wir in Ägypten, der Heimat meines Mannes, gemeinsam mit unseren Familien feiern wollten.» Nachdem klar war, dass der Tumor in der Brust bereits gross war mit Metastasen in der Leber, begann Tanja eine Chemotherapie. Es folgten eine Operation, Bestrahlungen sowie eine Antikörpertherapie. Die Behandlung ging nicht spurlos an der jungen Frau vorüber.
«Ich verlor alle Haare, Wimpern und die Augenbrauen. Von da an trug ich ein Kopftuch. Mit einer Perücke habe ich mich nicht wohlgefühlt», erinnert sie sich und streicht durch ihre inzwischen wieder sehr langen Haare. «Zudem war ich durch die Medis aufgedunsen, nahm an Gewicht zu, weil ich gegen die Übelkeit ständig gegessen habe. Ich sah krank aus, nicht wie das blühende Leben als frisch Verheiratete. Ich hatte Angst, meinem Mann nicht mehr zu gefallen.»
Doch ihre Angst war unbegründet: «Auch mit Glatze gab mir mein Mann immer das Gefühl, die Schönste zu sein», erzählt sie strahlend. «Er hat meine Erkrankung als Aufgabe gesehen, die es bestmöglich zu bewältigen gilt. Das hat mich motiviert, alles durchzustehen. Uns hat diese Erfahrung noch mehr zusammengeschweisst.»
Wichtig sei auch die Sexualität. Schliesslich sei der Mann ja gesund. Paare sollten auch über solche Bedürfnisse sprechen, rät Tanja. «Berührungen sind wichtig. Nachts im Bett war ich oft in meinem Gedankenkarussell gefangen. Dann nahm er mich einfach in den Arm. Das half mir.» Anfang 2014 waren die Metastasen in der Leber weg, auch der Tumor in der Brust, die erhaltend operiert werden konnte. Mit Spritzen wurde sie während der Therapie in eine Art Wechseljahre versetzt. Danach durfte Tanja nicht mehr hormonell verhüten, sollte aber während der Antikörpertherapie auch noch nicht schwanger werden. Tanja lacht laut heraus, erzählt: «Doch das Leben hatte etwas anderes im Sinn: Prompt war ich schwanger! Am 8. September 2016 kam unser kleines Wunder zur Welt.»
«Eine Weile lang bin ich dann fast durchs Leben gerannt, weil ich Angst hatte, etwas zu verpassen.»
Tanja, Betroffene
Zweiter Schicksalsschlag
Doch die Freude über ihr grösstes Glück, ihre Tochter, wurde jäh überschattet. Ihre extreme Erschöpfung schob Tanja zunächst auf die Geburt. Auf dem ersten Familienfoto war die frischgebackene Mutter kreideweiss. Doch als sie sich an einem Samstag mit heftigen Magenkrämpfen in die Permanence schleppte, wurde sie erstmals stutzig. Die Ärzte schauten sich vor allem ihre weissen Blutkörperchen, die Leukozyten, an. «Ich hatte damals noch als Fachfrau Gesundheit auf der onkologischen Abteilung eines Spitals gearbeitet, auf der Leukämien behandelt wurden», erklärt Tanja. Als sie für eine weitere Untersuchung ins Krankenhaus ging, wollten drei Ärzte bei ihr eine Knochenmarkpunktion machen. «Da war für mich der Fall klar!» Genau vier Wochen nach der Geburt ihrer Prinzessin erhält Tanja die Diagnose: Akute myeloische Leukämie, kurz AML. «Ich habe wie eine Furie herumgeschrien, geweint, mich nicht mehr gespürt – während neben mir meine vier Wochen alte Tochter im Kinderwagen lag.» Tanja fährt mit Tränen in den Augen fort: «Ich hatte eine solche Angst, den ersten Geburtstag meines Kindes nicht mehr zu erleben.» Schliesslich wusste sie durch ihre
Tanjas Appell: «Vergesst das Umfeld und die nächsten Angehörigen nicht!»
Arbeit genau, was auf sie zukam. Sie erhielt drei Hochdosis-Chemotherapien und eine Transplantation mit eigenen Stammzellen. Die ersten vier Wochen lebte sie mit ihrer Tochter und ihrer Mutter im Spital. Danach kam ihr Baby zur Entlastung des Mannes, der arbeiten musste, für acht Monate in eine Pflegefamilie. «Die Vorstellung war schlimm, meine Tochter einer fremden Frau anzuvertrauen. Was, wenn sie mir nicht sympathisch ist? Doch als sie das Zimmer betrat, war alles gut. So kämpfte ich weitere vier Monate gegen die Krankheit und für unser gemeinsames Leben.»
Niemand muss da alleine durch Ihre Mutter liess ihr nach dieser Diagnose keinen Zweifel, sie sagte: «Wir schaffen das auch ein zweites Mal!» Von ihren Arbeitskolleginnen und -kollegen im Spital bekam sie die beste Unterstützung, auch wenn die Situation nicht für alle einfach war. Eine Kollegin habe es am Anfang nicht geschafft, zu ihr ins Zimmer zu kommen. Auch ihre beste Freundin war nach der ersten Diagnose überfordert, zog sich immer mehr zurück. «Doch während meiner Leukämie-Therapie stand sie plötzlich da, weinte und versprach, diesen Fehler kein zweites Mal zu machen.»
Mit ihrer inzwischen achtjährigen Tochter spricht Tanja offen über diese schwierige Zeit. «Das Leben ist nicht nur
Interview mit Kurt Aeschbacher
Tanja zu Gast im Podcast «Nachgefragt»
Kurt Aeschbacher (75) moderierte beim Schweizer Fernsehen verschiedene TV Formate, u.a. «Karussell» und von 2001 bis 2018 seine eigene Sendung «Aeschbacher». Seit 2012 gibt er das Magazin «50plus» heraus. Mit seinen Gästen sucht er seit April im Podcast «Nachgefragt» Antworten auf die drängendsten Fragen, wenn die Diagnose Krebs das Leben auf den Kopf stellt.
Kurt Aeschbacher, was ist Ihre Motivation, einen Podcast zum Thema Krebs zu machen?
Alle Menschen, die sich mit diesem Thema befassen, daran zu erinnern, dass die Krankheit Krebs dank der Fortschritte in der Medizin längst kein Todesurteil mehr ist, sondern immer häufiger «bloss» eine chronische Erkrankung.
Was hat Sie am meisten an Tanjas Geschichte beeindruckt?
Ihr Optimismus, ihre Zuversicht und ihre Lebensfreude. Und dass sie trotz ihrer schwierigen Krankheitsgeschichte stets daran geglaubt hat, dass sie wieder gesund wird. Sie zeigt uns, wie wichtig es besonders in solchen Situationen ist, den Glauben nie zu verlieren und von einem Umfeld getragen zu werden, das einen unterstützt.
Wie können Sie sich nach solchen Aufnahmen abgrenzen?
Ich muss und will mich gar nicht abgrenzen. Ich betrachte es im Gegenteil als Privileg, von Betroffenen, Ärztinnen und Ärzten aus erster Hand zu erfahren, wie man mit einer Krebserkrankung umgehen kann, sollte mich selbst eine solche Diagnose treffen.
Macht Ihnen diese Krankheit Angst?
Natürlich stelle ich mir immer wieder die Frage, was eine Krebsdiagnose bei mir auslösen könnte. Umso mehr, als in meinem Freundeskreis gerade in den letzten Monaten verschiedene Menschen davon betroffen wurden. Ich hoffe natürlich, nicht zu erkranken: weder an Krebs noch an Demenz oder sonst einer unheimlichen Erkrankung. Deshalb versuche ich auch, mich gesund zu ernähren, mich viel zu bewegen und Freundschaften zu pflegen. Ganz besonders fordert mich die tägliche Arbeit. Nicht bloss seinem Körper, sondern auch seinem Geist Sorge zu tragen, scheint mir eine wichtige Vorsorge. (dag) J etzt den Podcast «Nachgefragt» hören: krebsliga.ch/nachgefragt
Tanja schreibt ein Dankbarkeitstagebuch: «Ich bin jeden Tag dankbar, auf dieser Welt zu sein.»
schön, das soll sie auch wissen. Übers Sterben konnte ich zunächst nicht sprechen, ich musste aber gleichwohl ehrlich mit ihr sein. Sie hat ein Recht darauf», ist die junge Mutter überzeugt. «Sie hat Angst, dass das Mami irgendwann mal nicht mehr heimkommt. Seither muss sie immer wissen, wo ich bin. Daran müssen wir beide arbeiten.» Draussen hören wir ihre Tochter lachen. Sie flitzt gerade auf ihrem neuen Velo ums Haus, mit farblich passendem Helm. «Türkis ist bei ihr grad angesagt.» Was ihr noch wichtig sei: «Vergesst bitte euer Umfeld und die nächsten Angehörigen nicht. Auch ihnen sollte man eine Stütze sein. Manchmal muss man die Hilfe einfach aufdrängen, mal etwas kochen oder staubsaugen.»
Heute geht es der inzwischen 33-Jährigen gesundheitlich gut. Sie wollte aber nicht mehr auf der Leukämie-Abteilung tätig sein. Nun arbeitet sie für einen medizinischen Patiententransport. Doch die Therapien zeigen Nachwirkungen. So ist Tanja unfruchtbar, bereits in den Wechseljahren. Damit umzugehen müsse man auch lernen, sagt sie leise.
Gerade durch die Leukämie sei sie quasi eingesperrt gewesen. Denn als immungeschwächte Patientin kam sie zunächst in die Schutzisolation. «Du hast absolut keine Energie, um selbst zu schauen, welche Angebote es noch gibt. Ich wäre damals froh gewesen, hätte es jemanden gegeben, der mich an die Hand nimmt.» Deshalb engagiert sich Tanja nun auch als Peer für die Krebsliga, um ihr Wissen, ihre Erfahrungen und Gefühle zu teilen. «Der Austausch liegt mir am Herzen. Ihr seid nicht allein! Ich glaube, das ist meine Lebensaufgabe. Das macht mich zufrieden und gibt auch mir viel.»
Und was wünscht sich Tanja für die Zukunft? «Zu Beginn habe ich nicht mehr weit vorausgeplant. Eine Weile lang bin ich dann fast durchs Leben gerannt, weil ich Angst hatte, etwas zu verpassen. Inzwischen lebe ich sehr bewusst und im Moment – ich lebe für unsere Tochter. Statt das grosse Hochzeitsfest mit einem teuren Brautkleid nachzuholen, würde es mir heute mehr bedeuten, einfach irgendwo am Meer zu sitzen», sagt Tanja und strahlt. • krebsliga.ch/peerplattform
Lassen die schweren Zeiten hinter sich: Tanjas Tochter zeigt stolz ihr neues Velo.
Ungleichbehandlung bei Krebs: Diskriminierung bei Vertragsabschlüssen
Ist eine Krebserkrankung überstanden, wollen Betroffene beruflich häufig neu durchstarten. Doch gerade beim Weg in die Selbstständigkeit stossen sie auf Hindernisse. Für die meisten von ihnen ist es beispielsweise enorm schwierig, eine Krankentaggeldversicherung abzuschliessen.
Im Jahr 2014 bekam Annika die Diagnose Brustkrebs. Zwei Jahre später hatte sich ihre gesundheitliche Situation wieder stabilisiert. Sie war tumorfrei und ihre Behandlungen waren beendet. Mit neuer Energie und Ideen hatte die zweifache Mutter den Wunsch, sich als Logopädin selbstständig zu machen, und eröffnete eine Gemeinschaftspraxis. Beim Abschliessen der individuellen Krankentaggeldversicherung schloss die Versicherung Brustkrebs von der Deckung aus. Die damals 40-jährige Frau war also für den Fall eines Erwerbsausfalls versichert, ausser bei Brustkrebs. Rückblickend sagt Annika: «Damit hatte ich nicht gerechnet. Da ich aber meine Selbstständigkeit bereits aufgegleist hatte, blieb mir keine andere Wahl, als dieses Risiko einzugehen.»
Recht auf Vergessen
Um die Benachteiligung von Krebsbetroffenen zu beenden, empfiehlt die Europäische Union ihren Mitgliedern die Einführung eines «Right to be forgotten». Mit diesem «Recht auf Vergessen» soll eine Krebserkrankung nach einer bestimmten Zeit nicht mehr erwähnt werden müssen. Ziel ist es, Krebsbetroffene vor Diskriminierung zu schützen und ihnen den gleichen Zugang zu privatrechtlichen Verträgen zu ermöglichen. Die Schweiz kennt kein vergleichbares Gesetz. Gerade jungen Krebsbetroffenen könnten damit beim Start ins Erwachsenenleben Steine aus dem Weg geräumt werden.
Rückfall mit Folgen
Im Januar 2020 kehrte der Krebs bei Annika zurück. Das kam unerwartet und löste grosse Unsicherheiten und Zukunftsängste aus: Wie würde sie auf die bevorstehende Therapie ansprechen? Mit welchen Nebenwirkungen musste sie rechnen? «Das Risiko, bei Erwerbsausfall nicht versichert zu sein, war mir zu gross», erzählt sie. Deshalb stieg sie aus der Praxis, die sie mitgegründet hatte, aus und ging im August 2020 wieder ein Anstellungsverhältnis ein. Dort wurde sie im Rahmen einer Kollektivversicherung vollumfänglich versichert. «Auch bei Kollektivversicherungen gibt es Deckungsausschlüsse. So gesehen hat Annika mit dieser Lösung grosses Glück», sagt Patricia Müller, Juristin bei der Krebsliga Schweiz. Aber aus juristischer Sicht bestehe hier klar eine Ungleichbehandlung, so Müller weiter.
«Obschon ich berufliche Ziele habe, kann ich mich wegen der Erkrankung nicht so weiterentwickeln, wie ich gerne möchte.»
Annika, Brustkrebsbetroffene
Bis auf politischer Ebene Bewegung in die Sache kommt, wird es noch eine Weile dauern. Eine Motion fordert die Einführung einer obligatorischen Taggeldversicherung. Arbeitgeber wären damit verpflichtet, ihre Mitar-
Text: Joëlle Beeler
Annika war für Erwerbsausfall versichert − ausser bei Brustkrebs.
Richtig informiert sein: Die kantonalen und regionalen Krebsligen bieten Betroffenen beim Wiedereinstieg in den Beruf rechtliche Beratung an.
beitenden für den Erwerbsausfall bei Krankheit zu versichern. Der Ständerat hat jedoch den Bundesrat beauftragt, zuerst einen entsprechenden Bericht zu verfassen.
Ungleiche Behandlung
Heute hat sich die gesundheitliche Situation von Annika stabilisiert. Sie spricht gut auf die Therapie an und ist nach wie vor angestellt. Ihr Wunsch, als Logopädin selbstständig arbeiten zu können, ist geblieben. Da es sich bei ihrer Erkrankung aber um einen metastasierten Brustkrebs handelt, wird sie keine Taggeldversicherung finden, die sie als Selbstständige vollumfänglich zu vernünftigen Konditionen versichert. Diesen Umstand empfindet sie als ungerecht: «Obschon ich berufliche Ziele habe, kann ich mich wegen der Erkrankung nicht so weiterentwickeln, wie ich gerne möchte.» •
Schreiben Sie uns Ihre Erfahrung:
Wurden Sie wegen Ihrer Erkrankung beim Abschluss von Versicherungen oder bei der Aufnahme eines Kredits ausgeschlossen? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrung, diese ist wertvoll für uns: aspect@krebsliga.ch
Wochenendseminar
Pause vom Alltag
Das Seminar «Auszeit – ein Wochenende nur für mich» vom 22. bis 24. November 2024 lädt dazu ein, eine Pause vom Alltag zu machen. Im Kloster Kappel am Albis ZH (Seminarhotel und Bildungshaus) werden während zwei Tagen relevante Themen zu Krebserkrankungen thematisiert und der Austausch mit anderen Menschen wird gefördert. Als Betroffene oder Betroffener stehen Sie der Erkrankung vielleicht zunächst ratlos gegenüber. Wie sollen Sie sich verhalten, wie gehen Sie mit Ihren Ängsten um, wie sprechen Sie in Ihrem Umfeld über die Erkrankung? Das Wochenendseminar der Krebsliga Zentralschweiz ermöglicht Ihnen den Austausch mit Gleichbetroffenen zu unterschiedlichen Themen. Das Angebot richtet sich an Frauen und Männer, die aktuell erkrankt sind oder bei denen die Erkrankung nicht länger als zwei Jahre zurückliegt. Anmeldeschluss ist der 20. Oktober. (tis)
krebsliga.ch/auszeit
Spendenaktion
Gemeinsam gegen Brustkrebs
Auch in diesem Jahr macht sich das Mode- und Versandhaus La Redoute an der Seite der Krebsliga stark gegen Brustkrebs. Im Rahmen einer Participate-Aktion werden wieder Spenden gesammelt. Der Gesamtbetrag, der dabei zusammenkommt, wird wie im letzten Jahr verdoppelt. Im Rahmen der Aktion möchte das Unternehmen der Krebsliga zu mehr Sichtbarkeit verhelfen und auch seine Kundinnen und Kunden beteiligen. (tis) Weitere Informationen zur Aktion: participate.krebsliga.ch/redoute
Spendenaktion
«Die Unterstützung der Krebsliga im Rahmen unserer jährlichen Brustkrebs-Kampagne bedeutet uns sehr viel. The Estée Lauder Companies blickt auf eine lange Geschichte der Förderung von Möglichkeiten in den Gemeinschaften, in denen wir leben und arbeiten, auf der ganzen Welt zurück. Durch die Kampagne, die seit 1992 existiert, haben sich unsere engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammengetan, um die Möglichkeiten für die von Brustkrebs betroffenen Menschen auf der ganzen Welt zu unterstützen. Ich bin begeistert von der Wirkung, die wir erzielt haben.»
Jamal Chamariq Senior Vice President, Global Supply Chain EMEA & Travel Retail Worldwide, The Estée Lauder Companies
Mehr Hautkomfort
Nebenwirkungen von Behandlungen lindern
Krebstherapien können viele Nebenwirkungen mit sich bringen, welche die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten stark beeinträchtigen. Neben Müdigkeit und Übelkeit leiden über 80 Prozent der Betroffenen auch unter Nebenwirkungen der Haut wie Trockenheit, Juckreiz oder Verbrennungen, die durch die Strahlentherapie verursacht werden. Diese Beschwerden können den Alltag zusätzlich erschweren.
Einfache Massnahmen können jedoch für mehr Hautkomfort sorgen: Beim Abwaschen oder Putzen mit Baum-
wolle gefütterte Handschuhe tragen und die Fingernägel kurz schneiden kann helfen, die Hände zu schonen. Auch lauwarmes Duschen mit milden Pflegeprodukten und ein guter Sonnenschutz sowie die Vermeidung direkter Sonneneinstrahlung sind wichtige und effektive Schutzmassnahmen.
La Roche-Posay, eine der offiziellen Partnerinnen der Krebsliga, unterstützt Krebspatientinnen und -patienten mit geeigneten Pflegeprodukten und trägt so zu mehr Wohlbefinden in dieser schwierigen Zeit bei. (PD/tis)
Neues Leporello: Richtig oder falsch?
Wissen kompakt
über Prostatakrebs
Im Monat November wird für Prostatakrebs sensibilisiert. Das Tückische daran: In der Regel wächst Prostatakrebs langsam und verursacht bei manchen Männern über lange Zeit kaum Beschwerden. Umso wichtiger ist es, gut informiert zu sein. Wissen kompakt gibt es im neusten Leporello der Krebsliga «Mythen und Fakten zu Prostatakrebs – richtig oder falsch?». Ist Prostatakrebs die häufigste Krebs-
Die regionalen und kantonalen Krebsligen organisieren regelmässig Kurse, Treffen, Workshops und Veranstaltungen für Krebsbetroffene und ihre Angehörigen. Diese Angebote in Ihrer Region ermöglichen es Ihnen und Ihren Liebsten, durchzuatmen, Unterstützung zu finden und sich auszutauschen. Schauen Sie vorbei, machen Sie mit und kehren Sie danach gestärkt in Ihren Alltag zurück. Wir freuen uns auf Sie!
Zu den Kursen und Veranstaltungen: krebsliga.ch/agenda
Agenda-Tipp
art bei Männern? Oder: Bekommen nur alte Männer Prostatakrebs? Testen Sie Ihr Wissen über diese Krebsart. Jedes Jahr erkranken in der Schweiz rund 7400 Männer an Prostatakrebs, 1400 sterben daran. Kümmern Sie sich um Ihre Prostata – nicht erst, wenn sie Probleme bereitet. (spa)
Das Leporello können Sie kostenlos hier bestellen oder downloaden: krebsliga.ch/prostatakrebs
Vortrag der Krebsliga Bern: «Die wichtigen Dinge regeln»
Auch wenn wir heute gesund und fit sind, kann es morgen bereits anders sein. Wir wissen nie, was uns das Leben bringt. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig über die wichtigen Dinge nachzudenken und diese zu regeln. Wir entlasten damit unsere Angehörigen und Bezugspersonen und haben eine gute Möglichkeit, mit ihnen über schwierige Entscheidungen zu sprechen.
Datum: 14. November 2024, ab 19.00 Uhr
Ort: Ins BE, Kindergarten Himmelrych
Weitere Informationen unter: bern.krebsliga.ch/regeln Agenda
ist die häu gste Krebsart bei Männern.
Männer bekommen Prostatakrebs.
Richtig oder falsch? Man kann Prostatakrebs nicht vorbeugen.
Richtig oder falsch? Prostatakrebs verursacht immer Symptome.
Richtig oder falsch? Man kann Prostatakrebs früh erkennen.
Das Lösungswort
Zu gewinnen: Eine Übernachtung für die ganze Familie in der Trauffer Erlebniswelt im Wert von 400 Franken!
Hofstetten bei Brienz ist ein verträumtes, wunderschönes Dorf ganz nah am türkisblauen Brienzersee. Von hier kommt sie, die kultige Trauffer Kuh mit den roten Flecken. Hergestellt von Hand, mit viel Liebe, in dritter Generation. Es wird Zeit, dass Sie die Kindertraumfabrik besuchen und dabei ganz viel entdecken und erleben. Der Erlebnis-Rundgang «Kuhniversum» vermittelt Wissen über Geschichte, Tradition und nachhaltige Herstellung von Holzkuh & Co. Schnitzen Sie selbst eine Holzkuh oder verwirklichen Sie sich als MUHmalermeister:in. In Rosa‘s Bistro können Sie hausgemachte Snacks geniessen, im Eventraum einen Schnitzkurs besuchen und in Alfred’s Restaurant den Gaumen verwöhnen. Müde? Kuscheln Sie sich im Bretterhotel in Ihr gemütliches Bett und träumen Sie sich bei frischer Bergluft in den nächsten Tag. Herzlich willkommen in der Trauffer Erlebniswelt! trauffer.ch
So nehmen Sie teil
Online: krebsliga.ch/loesungswort – oder mit einer Postkarte: Senden Sie das Lösungswort, Ihren Namen und Ihre Anschrift an folgende Adresse: Krebsliga Schweiz, Effingerstrasse 40, Postfach, 3001 Bern Einsendeschluss ist der 25. Oktober 2024. Viel Glück!
Die Gewinnerinnen und Gewinner der Juli-Ausgabe 2024, Lösungswort: REISE Raphaël Crivelli, 2503 Biel – Laure Duinker-Haller, 1026 Denges – Michael Ehmann, 8194 Hüntwangen – Fritz Lehmann, 2746 Crémines – Daniel Oertli, 8400 Winterthur – Elisabeth Pally, 4055 Basel – Rosemary Paquier, 1203 Genf – Fritz Reinmann, 3510 Konolfingen – Therese Schwerzmann, 5212 Hausen AG – Véronique Wallinger, 2013 Colombier NE Hier geht’s zum Rätsel:
Meine Erfahrung mit Krebs
Wo ein Ville ist, ist auch ein Weg, sagte sich Ville, als er letztes Jahr die Diagnose Brustkrebs erhielt. Eine seltene Diagnose für einen Mann. Davon liess sich der 55 jährige Finne aus dem Aargau aber nicht bremsen.
Aufgezeichnet von Timon Stalder
«Als Mann in einem Einzelzimmer der gynäkologischen Abteilung zu liegen, war ein surreales Erlebnis. Glücklicherweise habe ich in meinem Umfeld keine einzige Form von Stigmatisierung erlebt, im Gegenteil: Mit meinen Freundinnen und Freunden, Verwandten sowie Nachbarn tauschte ich mich offen aus. Ich erhielt viel Verständnis. Es ist nicht leicht, die Hoffnung zu behalten, aber mir ist das meistens gut gelungen.
Nachdem meine Mutter vor rund 20 Jahren an Brustkrebs erkrankte, zeigte ein Gentest, dass ich ein erhöhtes Risiko habe, selbst Brustkrebs zu bekommen.
Als die Ärzte bei einer Untersuchung im letzten Herbst einen Tumor in meiner Brust entdeckten, liess ich mich direkt behandeln. Ich hatte grosse Angst. Doch der Gedanke an meine Hütte am See in meiner Heimat Finnland, wo ich den Sommer und die Natur geniesse, beruhigte mich und gab mir Kraft. Die Operation und die anschliessenden Bestrahlungen verliefen glücklicherweise unproblematisch. Ich habe den Tumor nie als Feind betrachtet, vielmehr als einen ungebetenen
Gast namens «Voldemort», der freigelassen wird.
Wenn ich nicht über die Diagnose nachdachte, beschäftigte ich mich mit meinem Projekt: ein selbst gebautes Elektrofahrrad. Nach monatelangem Tüfteln konnte ich schliesslich die Jungfernfahrt erfolgreich durchführen – ein Meilenstein für mich! Das Projekt half mir, den Bezug zur Realität zu halten und mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Ich brauchte beides: Zeit zum Reflektieren und Zeit für Ablenkung.
Den Austausch mit anderen Krebsbetroffenen schätze ich und kann ich
sehr empfehlen. Mit Hilfe der Peerplattform der Krebsliga konnte ich mit anderen Menschen in der gleichen Situation reden. Eine solche Verbindung gibt es nur unter Betroffenen. Heute geht es mir gut. Inzwischen sehe ich es als meine Aufgabe, die Unterstützung, die mir mein Umfeld in dieser schweren Zeit gab, an andere weiterzugeben. Wir sind alle mit- und füreinander auf dieser Welt! »
Weitere Erfahrungsberichte von Menschen mit Krebs finden Sie hier: krebsliga.ch/story
Kraft tanken in der Natur: Der Finne Ville kommt in seiner Heimat zur Ruhe.
Wie Sie unterstützen können
Die Krebsliga ist vom ersten Moment für Betroffene und Angehörige da und bietet Hand. In Form von Beratungen, Informationen, Kursen oder dem finanziellen Hilfsfonds für besonders schwierige Situationen.
Darum brauchen wir Sie: Mit Ihrer Spende können wir verstärkt die Forschung zur Entwicklung neuer, lebensrettender Therapien fördern. Ihre Unterstützung ermöglicht uns zudem, für noch mehr krebsbetroffene Menschen eine wichtige Anlaufstelle zu sein.
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krebsliga.ch/dringend
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