TITELSTORY
Foto: Wikipedia
Millionen wollen sie sehen und hören
St. Peter-Freienstein ob Leoben: Lisa Lasselsberger wuchs in dem „Dorf auf dem Land“ bei den Großeltern auf. Es war kein „Dorf“, sondern ein Industrie-Vorort mit Hacklern aus dem benachbarten Eisenwerk Donawitz.
Die Steirerin G Lisa Eckhart. Man mag sie – oder nicht
esichert ist, dass eine Lisa Lasselsberger am 6. September 1991 in Leoben geboren wurde und ihre Mutter in Graz studierte. Daher wuchs Lisa in St. Peter-Freienstein bei den Großeltern auf. Jahre später zog Lisa zu ihrer Mutter nach Graz, besuchte dort die HIB Liebenau und maturierte 2009. Sie wurde dort durch ihre sprachlichen Begabungen „auffällig“.
Heute ist sie als Lisa Eckhart eine Kunstfigur, lebt in Berlin, Wien und Leipzig. Der Shootingstar auf den Bühnen der Kabarett-Szene im deutschsprachigen Raum. Der sein Publikum provoziert, polarisiert, schockiert. Dennoch oder gerade deshalb verfolgen Millionen die TV-Auftritte der früheren Poetry-Slamerin. Ihr kürzlich erschienener Debüt-Roman „Omama“ sorgte schon im Vorfeld für einen Skandal, ist damit ein Bestseller geworden. Falco mit „Rock me Amadeus“ und Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek sind auf gewisse Art Vorbilder. Peter Handkes Schriften sind für sie nicht preiswürdig.
Foto: Paula Winkler
Weil vieles in den Erzählungen und Interviews der Kunstfigur Lisa Eckharts unscharf bleibt – natürlich gewollt –, führt das zur Frage: Was ist Fantasie und was wirklich geschehen? So schreibt sie: Die Zeit auf dem Dorf in St. PeterFreienstein (ob Leoben) bei der Omama und dem versoffenen Großvater sei eine prägende gewesen. Dem Verständnis des Österreichers nach ist St. Peter-Freienstein zwar ein Kaff, aber kein „Dorf auf dem Land“. Dort leben die Arbeiter, die Hackler des Eisenund Hüttenwerks Donawitz. Das Auffälligste an diesem Dorf, das ein Markt ist, sind ein Kreisverkehr und die kleine Wallfahrtskirche oberhalb auf einem mächtigen Felsen. Die St. Peter-Freiensteiner fangen mit dem Namen Lisa Eckhart nichts an.
8
Was die Bühnenfigur Lisa Eckhart erdet: Sie trägt ihren sympathisch, höflich artikulierten Größenwahn wie eine Monstranz vor sich her und steht mit beiden Beinen fest in der Luft. „Können Sie begründen, woher dieser Größenwahn kommt?“ – wird sie in einem Interview gefragt. „Nein, darüber habe ich nie nachgedacht. Schon aus Angst, dass er mir dann abhanden kommt. Manche Symptome sollte man nicht behandeln. Da habe ich eine viel zu große Sorge vor dem Erfolg einer Therapie, der mich dann gesund zurücklässt.“
September/Oktober 2020
08-09_Eckhart.indd 8
11.10.20 20:59