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er Name Mayr-Melnhof steht in der Steiermark für Tradition, großen Waldund Forstbesitz und Wohlstand. Dieser Wohlstand und Reichtum war ausschlaggebend dafür, dass die Mayr-Melnhof Holzindustrie mit international 1.700 Mitarbeitern nicht Insolvenz anmelden musste. 87 Millionen Euro Verlust weist die Konzernbilanz für 2012 aus. Damit ist bei einem Umsatz von rund 500 Millionen Euro das Eigenkapital von 60 Millionen Euro praktisch aufgebraucht gewesen. Der Gang zum Insolvenzgericht schien unvermeidbar. Doch das wäre gegen die Familienehre gewesen. Daher schoss Franz MayrMelnhof als 75-Prozent-Eigentümer über seine Industrieholding 15 Millionen Euro und weitere 8 Millionen über seine Privatstiftung zu. Obwohl die Bundesforste als Minderheitsgesellschafter in dieser Phase kein Geld zuschossen, sank ihr Gesellschafter-Anteil nicht. Laut Experten gibt es am europäischen Holzmarkt starke Überkapazitäten. Für sein großes Vermögen sind die Zusschüsse ein
operativ in ihren Unternehmensgruppen tätig. Sie bestellen das Management und da hat Franz
Dividende. Die restlichen 40 Prozent der Karton AG sind im Streubesitz, gehören also privaten Inves-
Schulabschluss zum Forstwirt schaffte er aber in der Forstschule in Bruck an der Mur. Zur Familien-
Schwierige Zeiten für den Baron
Headquarter in Leoben
gehabt. Sein persönlicher Berater in Vermögensfragen ist seit Jugend an der Grazer Universitätsprofessor und Wirtschaftstreuhänder Romuald Bertl. Er ist ein viel beschäftigter und viel gefragter Mann, sitzt auch in den Gremien der MayrMelnhof-Unternehmen. So auch in der Mayr-Melnhof Kar-
Franz Mayr-Melnhof: Forstwirt und Jäger.
schmerzhafter Aderlass, aber in keinem Fall existenzgefährdend. Denn Franz Mayr-Melnhof gehört in die Liga der Superreichen in Österreich, steht auf einer Stufe mit der Familie Meinl, wo ja Julius Meinl V. auch von einem auf den anderen Tag 100 Millionen Euro als Kaution erlegte, damit er nicht ins Gefängnis musste. Doch beide Familien lassen arbeiten. Denn weder Meinl noch Franz Mayr-Melnhof sind als Eigentümer KLIPP Sept./Okt. 2013
toren und Fonds. Von seiner Ausbildung her ist Franz
Foto:www.bene.com
Mayr-Melnhof offensichtlich in den letzten Jahren wenig „fortune“
ton AG, eines der führenden Unternehmen weltweit in dieser Branche. Die Karton AG ist allerdings völlig getrennt von der Mayr-Melnhof Holz Holding AG und schreibt seit 30 Jahren solide Gewinne. Die Karton AG gilt gleichsam als Blue Chip an der Börse. Rund 60 Prozent der Aktien befinden sich im Besitz der Familie Mayr-Melnhof. Franz Mayr-Melnhof selbst gehören nur rund fünf Prozent. Aber auch diese fünf Prozent garantieren eine jährliche Millionen-Euro-
Mayr-Melnhof, 34, Forstwirt. Standesgemäß besuchte er renommierte Privatschulen in England, den
tradition gehört die Jagd. Und Franz Mayr-Melnhof ist ein leidenschaftlicher Waidmann. Es ist keine Überraschung, dass ihn daher das Amt des Landesjägermeisters reizen würde, sollte es ihm von der Jägerschaft einmal angeboten werden. Sein Vater starb bei einem Autounfall mit seinem Ferrari in der Nähe von Tarvis im Jahre 1993. Laut Testament hatte er für einen solchen Fall für seine sechs Kinder eine Vermögensverwaltung eingesetzt. Die Aufsicht oblag dem Vater und Bruder des beim Unfall verstorbenen Franz Mayr-Melnhof. Diese war bis zum 26. Lebensjahr des jetztigen Familienoberhaupts befristet.
Erfolgsmuster für Eurokrisen-Rettungspakete Ein Wanderer kommt in ein Dorf und schaut sich im Gasthaus „Zum Löwen“ ein Zimmer an. Den Übernachtungspreis in Höhe von 100 Euro für zwei Nächte (inklusive Frühstück) händigt er sofort dem Wirt aus, vereinbart mit diesem jedoch ein Rücktrittsrecht: Er, der Wanderer, wolle sich noch im Nachbarort umsehen – gefalle es ihm dort besser, werde er in der anderen Gemeinde ein Zimmer suchen. Nachdem der Wanderer sich wieder auf den Weg gemacht hat, rennt der Wirt zu seinem Getränkelieferanten und begleicht dort seine letzte Rechnung. Der Getränkelieferant seinerseits hat noch Schulden beim Dorfmetzger, und dieser kann sich jetzt an dem 100-EuroSchein erfreuen. Leider muss auch er den Schein weitergeben, denn er hat noch eine Verbindlichkeit beim Wiesenbauern zu begleichen. Auch der Wiesenbauer ist jetzt glücklich, kann er doch endlich seinen um-
fangreichen Bierdeckel beim „Löwen“ auslösen. Am frühen Nachmittag liegt der 100-Euro-Schein also wieder auf dem Tresen des Gasthauses „Zum Löwen“. Der Wanderer kommt zurück. Es tue ihm sehr leid, sagt er, aber im Nachbarort gefalle es ihm besser. Wenn der Wirt bitte so freundlich sei, ihm die 100 Euro wieder auszuhändigen … Der Wirt hat damit kein Problem, ebenso wie die anderen Dorfbewohner. Als der Wanderer den Ort verlässt, feixen alle hinter ihm her, denn das ganze Dorf ist jetzt schuldenfrei. So ähnlich beschrieb der Philosoph Peter Sloterdijk vor einigen Jahren eine „kleine monetäre Idylle“, die im Idealfall auch als Erfolgsmuster für Eurokrisen-Rettungspakete infrage kommen könnte. Oder auch nicht. Quelle: „Das kritische Finanzlexikon“ von Günter Wierichs (Westend) 17
CHRONIK
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