Steiermarkmagazin Klipp 06/2012

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Coverstory

Der große Auftritt in London

Sprinz. Auf die Belastung angesprochen reagierte Pepo Puch mit der Bemerkung: „Reiten entspannt mich einfach.“ Vielseitigkeitsreiter Pepo Puch

Pepo Puch hat immer ein Ziel vor Augen gehabt und das ganz klar verfolgt. „Dennoch war er kein Egoist“, wie sein Freund Alexander bemerkt. Seine Erfolge waren für österreichische Verhältnisse doch beachtlich. Bei den großen Turnieren im reitbesessenen England schaffte er gute Platzierungen. In Österreich holte er sich etliche Meistertitel. Wegen eines Konfliktes mit einem Funktionär im Reitverband ging er viele Jahre für Kroatien an den Start. Seine Mutter: „Unsere Familie kommt von dort.“ Erst nach dem Unfall – zum Glück auch für Österreich – kam es zum Friedensschluss. „Er hat seine Arbeit und seine Leistungen in seinem Leben immer analysiert und nach vorne geschaut. Er hat sich informiert, hat Kurse besucht, hat ständig versucht, sich weiterzuentwickeln“, so seine Mutter.

Es klingt seltsam, aber alles begann im Krankenhaus in Zürich. „Als er wieder reden konnte, sagte ich zu ihm: ‚Olympiasieger in der Vielseitigkeit wirst du nicht mehr. Aber Olympiasieger in der Paradisziplin kannst du werden‘“, so Alexander Sprinz. Das war damals aber eher humorvoll gemeint und sollte doch Wirklichkeit werden. Pepo Puch: „Meine Behinderung ist mit der von Samuel Koch vergleichbar, der bei „Wetten, dass …?“ verunglückt ist. Meine Leitungen waren gekappt. Ich gehe aber mit Stock, obwohl ich meine Beine nicht fühle, wie bei einem Hendl, dem man den Kopf abgeschlagen hat. Ich denke gehen. Ich bin aber gleich nach meinem Unfall großartig versorgt worden. Schon am Tag danach wurde daran gearbeitet, dass meine Muskeln nicht verkümmern. Nach ein paar Wochen konnte ich dann einen großen Zeh bewegen, nach vier Monaten konnte ich mir mit der Hand ins Gesicht greifen.“ Sind Sie nie einfach verzweifelt gewesen?

Pepo Puch: „Ich hatte eine hervorragende Mentalarbeit in Zürich. Ich lag in einem Zimmer zusammen mit einem verunglückten Paraglider, einem Mann, dem bei einem Autounfall ein Wildschwein durch die Windschutzscheibe gekommen ist, und einem Radfahrer, den ein rückwärts aus der Garage schiebender Lkw erwischt hat. Wir waren eine starke Truppe. Und dann hatte ich ein eineinhalbjähriges Kind, das ich am Anfang nur anschauen konnte.“ Pepo Puch: „Ich habe eine Frau, die aus einer Reiterfamilie kommt.

Mein Schwiegervater ist ein echter Horseman, Alfred Schwarzenbach, der für die Schweiz bei Olympischen Spielen geritten ist. Und ich bin selber Reiter, bin die größten Turniere geritten. Nach meinem Unfall galt besonders: Was denkbar ist, ist machbar.“ Pepo Puch kam als WeltranglistenErster nach London, denn 2011 hatte er den Europameister-Titel in dieser Disziplin geschafft. „Ich war der Favorit“, sagt er, „aber es war natürlich gerade in Großbritannien eine ganz, ganz große Herausforderung.“ Denn sein unmittelbarer Konkurrent war der Brite Lee Pearson; der hatte bereits mehrere Goldmedaillen auf seiner Erfolgsliste. „In London hast du ihn von vielen Plakaten lächeln sehen und die Briten rechneten neuerlich mit seinem Sieg.“ Doch Pepo Puch verwies ihn auf den zweiten Platz, und das war eine ungeheure Leistung! „Nicht so sehr meine, sondern die von meinem Pferd“, erzählt er.

Zur Person Pepo Puch (46) gewann bei den XIV. Paralympics in London Dressur-Gold im Freestyle und Bronze im Individual. Der Steirer ritt nach einem Streit mit dem Verband bis 2008 Vielseitigkeit für Kroatien, etwa auch bei Olympia 2004 in Athen. Puch ist verheiratet mit Michelle, seine Tochter heißt Lou. Er lebt mit der Familie in Erlenbach am Zürichsee.

„Fine Feeling“, wie die Stute heißt, sei ein richtiges Show-Girl, beschreibt er sie. Sie mag Publikum. Und doch war Pepo Puch selbst in London besonders gefordert. „Meine Schwiegermutter ist gestorben. Ich habe es unmittelbar nach meiner Bronzemedaille erfahren – einmal oben, dann wieder ganz unten. Sie war sehr wichtig für die Familie. Ich habe die ganze Zeit nachgedacht, einen Plan gemacht. Weil – ich bin ja eigentlich ein untalentierter Reiter. Das Pferd ist viel wichtiger. Und ich durfte es nicht spüren lassen, dass mit mir nicht alles in Ordnung ist. Ich kann es ja nur durch meine Stimme und meine Balance lenken.“

Sein Showgirl „Fine Feeling“ trug ihn zum ersehnten Gold.

Glückliche Familie: Pepo Puch mit Frau Michelle und Tochter Lou in London 16

KLIPP September 2012


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