HINTERGRUND
Skeptiker behielten nicht Recht. Brisantes Buch über Erfolgsgeschichte „30 Jahre Loipersdorf“
Ein Sittenbild über Verhaberung Was dabei herauskommt, wie’s zugeht, wenn einer, „der selbst nicht auf der Brennsupp’n dahergeschwommen ist“, aus dem Ausland zurück in seine Heimat kommt und dort für die Realisierung des größten Bauvorhabens, sprich die Therme Loipersdorf, verantwortlich wird, dabei auf eine geschlossene (verhaberte) Gesellschaft trifft, die sich Millionen-Aufträge geschickt zuschanzt – das kann man in der Semidokumentation „Das Wasserwunder“ nachlesen.
B
uchautor Horst Wagner* war von 1975 bis 1983 als Geschäftsführer dabei und dann wieder von 2005 bis zum Vorjahr.
Wunderwasser gefunden
Nach der Blechwanne folgte das erste Thermalbecken im Jahre 1976 …
Die gesamte Südoststeiermark erlangte durch den Bau der Therme Loipersdorf und jener von Waltersdorf, Blumau und Radkersburg zum heutigen Thermenland einen ungeheuren Wohlstandsschub. Es war der 10. Juli 1972. Im „vergessensten“ Winkel der „vergessenen Oststeiermark“ schießt gegen 11 Uhr Vormittag mit explosiver Gewalt eine mehr als 30 Meter hohe Fontäne aus Kohlensäuregas, vermischt mit Wasser, aus einem Bohrloch. Die heftige Eruption bringt den schweren Bohrturm zum Umkippen. Herabregnendes Wasser gefriert infolge der Druckentspannung sofort zu Eiskristallen und bedeckt mitten im Hochsommer die Bohrstelle ringsum mit einer Schneedecke. Verletzt wird Gott sei Dank niemand! Die Südoststeiermark sollte durch dieses Wasser den Ruf als „Armenhaus der Steiermark“ verlieren. Aber das konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand wissen. Das Ereignis erregt jedenfalls einige Aufmerksamkeit, und man besorgt
für das Wasser eine Analyse der Universität Innsbruck, Abteilung Bäderkunde. Das Ergebnis attestiert diesem Wasser eine außerordentlich hohe Heilkraft. Die Euphorie der Bevölkerung und die lokalen Medien – man spricht von zahlreichen Heilungen – tun rasch ein Übriges: Das „Wunderwasser“ ist gefunden. Das „Wunderwasser“ bringt in weiterer Folge die Entstehung eines Zentrums für ein (eigentlich) spirituelles Gesundheitsdenken. Aus dem zuvor unbekannten Flecken wird ein Mekka für ganzheitliches Wohlbefinden – lange bevor das Modewort „Wellness“ die Literatur „verunziert“. Obwohl das Vorhaben nicht unumstritten ist, fasst die steirische Landesregierung den Entschluss, mitten in der Niemandsgegend ein komplett neues Heilbad entstehen zu lassen. Entgegen allen Expertenmeinungen und Prognosen wird das Ganze ein überraschender Erfolg, der die Region aus ihrem Dornröschenschlaf erlöst.
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Doch wo Licht ist, ist auch Schatten Wie ein roter Faden zieht sich in den letzten 30 Jahren ein Interessenkonflikt durch die Geschichte zunächst eines Dorfes, dann einer ganzen Region – bis in unsere Tage herauf. Obwohl, oder gerade weil, in den Spitzenjahren mehr als zwei Millionen Gäste jährlich das Thermenland Steiermark stürmten. Rund 1,7 Millionen sind es gegenwärtig.
Heute unvorstellbar, wie alles begann In einer blechernen Badewanne und mit einer zur Umkleidekabine umfunktionierten Werkzeughütte ließ der Anrainer Karl Ferstl – ihm gehörte der Bohrplatz, wo das Wasser herausschoss – die Leute im „Wunderwasser“ baden. Diese schleppten es in Blechkanistern, Milchkannen und anderen Behältern nach Hause. Danach konnten die Gäste in einem provisorisch gemauerten Becken, 2 x 3 Meter groß, baden. Heute tummeln sich an star-
… und das wurde in der Folge daraus.
ken Tagen bis zu 2.000 Gäste im Thermalwasser. Schirmherr und Erfinder der Therme Loipersdorf war als TourismusLandesrat der verstorbene Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Wegart – eine Politlegende (dem ÖAAB zugehörig) der Steiermark. Er engagierte mit Horst Wagner auch den ersten Geschäftsführer. Und dieser wiederum holte sich den Bio-Trainer Baldur Preiml und BioGuru Willi Dungl. Keinen wirklichen Zugang zu Loipersdorf fand, KLIPP November 2011