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auf dem roten sofa ...

... mit birgit ihrenberger

Hätten Sie‘s gewusst?: Der Ursprung des Muttertags in Österreich liegt in der Frauenbewegung. Mariane Hainisch, die engagierte Frauenrechtlerin und Mutter des ersten österreichischen Bundespräsidenten Michael Hainisch, hatte sich (übrigens zusammen mit der Pfadfinderbewegung) massiv dafür eingesetzt – und in dessen zweiter Amtszeit wurde dieser Ehrentag 1924 etabliert. Nächstes Jahr kann der Muttertag bei uns im Außerfern also seinen 100. Geburtstag feiern.

So weit die Historie? Doch was bedeutet Muttersein heute? Das wollten wir von Birgit Ihrenberger wissen. Denn die kann diese Frage gleich aus (mindestens) zwei Blickwinkeln betrachten: aus dem der Hebamme und aus dem der Mutter. 2004 hatte sie ihre Berufs- ausbildung abgeschlossen und betreut seither junge Mütter. Und mit ihrem Mann Stefan hat sie drei Kinder: Leopold (14), Theodor (8) und Mathilda (6). Die letzteren beiden brachte sie mit zum Gespräch auf dem roten Sofa, und sie sind auch auf dem Foto zu sehen.

Ihr erster (subjektiver) Eindruck ist durchaus hoffnungsvoller: „Ich erlebe es so, dass es weniger Einzelkinder und mehr Familien mit drei und mehr Kindern gibt.“ Allerdings habe sich Muttersein in den Jahrzehnten seit ihrer Ausbildung sehr verändert: „Ein Einkommen reicht in aller Regel für eine Familie nicht mehr aus.“ Neulich habe sie gelesen, dass die Armutsgrenze für eine vierköpfige Familie auf 2300 Euro netto definiert werde: „Das hat mich schon schockiert. Das ist ein Verdienst, den einer allein oft gar nicht schaffen kann.“ Was zur Folge habe, dass Frauen zunehmend beschäftigt sein müssten, weil das Einkommen sonst hinten und vorne nicht reiche. Und die Kinderbetreuung koste ja auch noch Geld, vor allem in der Krippe. Nicht zuletzt die Mittelschicht, die keine Förderungen bekomme, sei dadurch großen Belastungen ausgesetzt: „Oft ist es sehr problematisch, alles unter einen Hut zu bekommen.“ Und „alles“ ist sehr viel: Beruf, Kindererziehung, Haushalt – und in der Freizeit wolle man ja auch noch was machen. Heutzutage brächten sich die Väter mehr in den Haushalt ein als früher, es herrsche ein partnerschaftlicherer Umgang als einst: „Aber die Hauptarbeit hat immer noch die Frau, weil sie häufig ,nur‘ teilzeitbeschäftigt ist, der Mann aber Vollzeit arbeitet.“

Eine große Belastung sei auch die Corona-Zeit gewesen: Eltern (und in erster Linie Mütter) hätten im Homeschooling auch noch Lehrer sein müssen und dabei so gut wie keine Unterstützung erhalten, im ersten Lockdown seien die Frauen nach der Geburt so schnell wie nur möglich aus dem Krankenhaus entlassen worden: „Die wurden dann zwar von mir betreut, aber vielleicht nicht so intensiv, wie sie es gebraucht hätten.“ Und vor allem den Erst-Mamas habe der Familienzusammenhalt total gefehlt: „Mutter, Schwiergermutter, Schwestern – mit niemand konnten sie sich in dieser wichtigen Zeit in ihrem engsten Kreis austauschen.“

All das bedeute natürlich nicht, dass es die Mütter früher einfacher gehabt hätten: „Jede Zeit hat ihre Herausforderungen. Die Schwierigkeiten heute bedeuten nicht, dass es früher leichter war.“ Die Erziehung hätten die Frauen zum Beispiel in der Regel allein schultern müssen (und seien dabei oft allein gelassen worden), die Arbeit habe sich vielfach auf den Haushalt und die Pflege der Eltern und Schwiegerelten beschränkt und sei dort nicht entlohnt worden (was heute noch zu Rentenproblemen in dieser Frauengeneration führe): „Und es gab wenig Wertschätzung. Alles war selbstverständlich.“

Eine wichtige Aufgabe hat Birgit Ihrenberger auch im Netzwerk „Gesund ins Leben“ gefunden. Was das ist? „Ich begleite Familien mit besonderer Herausforderung – und zwar solche, die das selbst so sehen. Ihnen stehe ich ein Jahr zur Seite und versuche die Dinge durch verschiedene Angebote zum Guten zu wenden.“ Doch was sind denn „besondere Herausforderungen im Konkreten? Die Palette ist überaus breit und vielfältig: „Frühgeborene, Mehrlingsgeburten, späte Mutterschaft, frühe Mutterschaft. Aber auch Finanzsorgen, Partnerschaftsprobleme, kranke Kinder, kranke Eltern, psychische Probleme, Überforderung.“

„Mutter sein ist immer noch etwas Wunderschönes – defintiv!“

Viele junge Mütter kämen auch damit nicht zurecht, dass sie von ihrem Umfeld ständig beurteilt werden. In „sozialen“ Medien wie TikTok oder Instagram werde alles rosig dargestellt: „Da sieht man sich mit einer perfekten Welt konfrontiert, die ganz anders ist als in der Realität.“ Das mache oft ein schlechtes Gewissen – völlig zu Unrecht. Auch da will Birgit Ihrenberger helfen, die Dinge richtig einzuordnen. Last, but not least: In diesen Medien tummelten sich auch viele selbst ernannte „Experten“, die zuweilen etwas völlig anderes rieten als die dafür ausgebildeten Fachleute: „Da fällt es schon schwer, die guten und die nicht so förderlichen auseinander zu halten.“

Allen Weltuntergangs-Fantasien zum Trotz ist die Hebamme überzeugt, dass auch weiter Kinder geboren werden: „Im Menschen ist auch die Zuversicht verankert. Und wenn wir positiv denken, haben wir auch den Kampf gegen den Klimawandel noch nicht verloren.“

Es bleibe weiter „sehr spannend“, Kinder zu haben: „Keines ist dem anderen gleich. Die Liebe, die Eltern vom ersten Moment an für ihre Kinder empfinden, ist so wundervoll, dass man sich das gar nicht vorstellen kann. Auch die Kinder aufwachsen zu sehen, ist eine Freude. Jedes ist anders, obwohl alle dieselben Rahmenbedingungen haben. Menschen in ihr Leben und ihre Charakterentwicklung (mit den schönen und auch nicht ganz so schönen Seiten) hineinbegleiten zu können, ist etwas Wunderbares.“

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