INSEL Magazin 2/23 - Gewaagt

Magazin der Insel Gruppe

November 2023

Medizinische Versorgung seit 1354

Für ein gesundes Leben

TIPPS

Gesunder Lebensstil: Das empfehlen Fachleute

Hohe Wirksamkeit Neue Medikamente im Kampf gegen Adipositas

Gewaagt Das Körpergewicht als Basis für ein gesundes Leben

Wandertipp Auf die Blueme hoch über dem Thunersee Gesund essen Neue Rezepte von Spitzenköchin Aline Born

Leserfrage

Ist Fasten gesund?

Es ist gesundheitsfördernd, wenn man nicht dauernd isst, sondern längere Pausen zwischen den Mahlzeiten einbaut. Das senkt den Blutzucker- und den Insulinspiegel – das Hormon Insulin sorgt sonst dafür, dass wir eher zunehmen. Beim Intervallfasten isst man zum Beispiel an einem Tag 16 Stunden nichts und nimmt in 8 Stunden alle Mahlzeiten ein (16:8) oder schaltet zwei Tage pro Woche ein, an denen man sehr wenig isst (5:2) oder nimmt nur an jedem zweiten Tag Nahrung zu sich (1:1). Das Heilfasten ist eine mehrtägige Fastenform (Nulldiät oder nur leichte Fastenspeisen).

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Grundsätzlich ist es gesund, wenn man nicht zu viele Kalorien zu sich nimmt. Beim längeren Fasten kann es aber rasch auch zu gesundheitlichen Problemen und zu Essstörungen kommen.

Eine gute Planung und Beratung sind deshalb wichtig. Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche sollten nicht fasten, und wer an Gallensteinen und Gicht leidet, nur unter ärztlicher Aufsicht.

Editorial

Prof. Dr. Christoph Stettler, Klinikdirektor und Chefarzt Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin & Metabolismus (UDEM) des Inselspitals Bern

«Ein gesundes Körpergewicht» Das eigene Körpergewicht ist für viele Menschen ein Dauerthema.

In der Schweiz waren 2017 rund 42 Prozent von Übergewicht betroffen – 51 Prozent der Männer und 33 Prozent der Frauen. In anderen Nationen wie den USA, in Australien, SaudiArabien, Mexiko oder Deutschland sind die Zahlen noch deutlich höher. Und der Anteil der Übergewichtigen nimmt weltweit laufend zu. Dabei wüsste man eigentlich, was zu einem gesunden Lebensstil gehört: eine ausgewogene Ernährung und genügend Bewegung.

Das Körpergewicht ist ein wichtiger Faktor für ein gesundes Leben. Übergewicht ist verantwortlich für viele gesundheitliche Probleme. Das ist eine grosse Belastung für unser Gesundheitssystem und unsere Volkswirtschaft: Die Folgeerkrankungen verursachen hohe Kosten für Behandlung, Rehabilitation und Arbeitsausfälle. Hinter jeder Erkrankung steckt aber auch das Schicksal eines einzelnen Menschen.

Viele übergewichtige Menschen Keine Frage: Übergewicht gehört zu den grössten gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit. Der Anteil übergewichtiger Menschen weltweit hat sich seit 1975 praktisch verdoppelt. In Europa leiden bereits 29 Prozent der Kinder zwischen 7 bis 9 Jahren an Übergewicht oder Adipositas (schwerem Über­gewicht). In der Schweiz sind die Zahlen bei den Kindern noch tiefer, die Problematik nimmt aber trotzdem zu. Der Grund dafür ist einfach: Wir nehmen zu viele Kalorien zu uns und bewegen uns zu wenig. Unser Arbeitsalltag erfordert heute oft kaum mehr körperliche Aktivität. Und es gibt ein Überangebot an Nahrung und zuckerhaltigen Getränken.

Es ist wichtig, dass wir Adipositas als Krankheit akzeptieren und dass Diagnostik und Behandlung von Über- und Untergewicht fachübergreifend, interdisziplinär und ganzheitlich erfolgen. Die Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus (UDEM) des Inselspitals Bern kann dies gewährleisten.

Unser interprofessionelles Team arbeitet hervorragend mit allen anderen Kliniken der Insel Gruppe zusammen – denn Ernährung und Bewegung sind Themen, die bei allen Erkrankungen wichtig sind.

Viele Fortschritte Die Fortschritte in der Medizin – neben den chirurgischen Eingriffen vor allem die medikamentöse Behandlung der Adipositas – lassen uns vorsichtig optimistisch in die Zukunft schauen. Auch eine Änderung des Lebensstils kann bereits sehr viel bewirken: Wer sich ausgewogen ernährt und genügend bewegt, kann viele Folgeerkrankungen eindämmen und zum Teil sogar zum Verschwinden bringen.

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Wandertipp

Rezepte

Bewegung

Reportage

Von der Hängebrücke zum Aussichtsturm

Praktische Tipps für den Alltag

Kochen mit Aline Born

Mit Medikamenten gegen das Übergewicht

Inhaltsverzeichnis / In Kürze

Die Zahl

57 % So viele Menschen mit Adipositas (schwerem Übergewicht) erkranken an Diabetes mellitus Typ 2. Bei übergewichtigen Menschen sind es 22 Prozent und bei normal­gewichtigen Menschen nur 7 Prozent.

PromiExzesse Auch Promis leiden an Übergewicht. Einige von ihnen kämpfen öffentlich gegen ihre überflüssigen Pfunde. US-Model Kim Kardashian beispielsweise ist bekannt für ihre wilden Crash-Diäten. Nachhaltig abgenommen hat sie erst mit einer 1800-Kalorien-Diät und regelmässigen Work-outs. Auch Sänger Robbie Williams hat schon zahlreiche Diätexzesse hinter sich.

Aktuell präsentiert er sich schlank.

Das Zitat

«Übergewicht beginnt im Kopf.»

Peter F. Keller, Schweizer Autor

Inhalt 2 Leserfrage 3 Editorial 5 Inhaltsverzeichnis / In Kürze Fokus Körpergewicht 6 Die Basis für ein gesundes Leben 12 Facts & Figures 14 Interview mit Prof. Dr. Dr. Lia Bally 16 Reportage medikamentöse Behandlung von Übergewicht 20 Chirurgische Eingriffe gegen Adipositas 22 Das Körpergewicht in der Kulturgeschichte 24 Das sagt die Forschung Gesundheit 26 Wer sich bewegt, lebt länger 30 Das Essen beeinflusst unsere Gesundheit 32 Interview mit Fachpsychologin Livia Schmid 34 Das Anna-Seiler-Haus in Betrieb

31 Essen Tipps für eine gesunde Ernährung

44 Christian Stucki «Ab und zu ein gutes Essen»

46 Marcella Berndt In neuer Funktion zurück in der Kinderklinik

Aus dem Leben 36 Panoramawanderung über dem Thunersee 40 Gesund essen: Rezepte von Aline Born 44 10 Fragen an Christian Stucki 46 Porträt: Marcella Bernds Rückkehr ins Inselspital 48 Gesagt: Zitate zum Thema Körpergewicht 49 Kolumne von Marlen Reusser

Titelbild: Übergewichtige Menschen werden in der Gesellschaft oft stigmatisiert. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie sich zu wenig bewegen und zu viel essen. Aus diesem Grund hat das Redaktionsteam ein imaginäres Bild mit künstlicher Intelligenz (KI) kreieren lassen und verzichtet darauf, eine lebende Person abzubilden.

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Fokus Körpergewicht

Die Basis für ein gesundes Leben Ein gesundes Körpergewicht trägt zum Wohlbefinden bei und reduziert gesundheitliche Risiken.

Doch wann genau spricht man von einem «gesunden Körpergewicht»?

Und welche Ursachen und Folgen haben Unter- und Übergewicht?

Text: Thorsten Kaletsch

Grundlagen Körpergewicht

Das Körpergewicht ist ein wichtiger Faktor für ein gesundes Leben. Unter- und Übergewicht schaden der Gesundheit. Bei Übergewicht und Adipositas (starkes Übergewicht) steigt das Risiko für Erkrankungen des Stoffwechsels (Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Gicht), des Herz-Kreislauf-Systems (Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Schlaganfall), der Atmung und des Bewegungsapparates (zum Beispiel Knie- oder Hüftarthrose) sowie für die Fettleberkrankheit und Gallensteine und sogar für Unfruchtbarkeit. Auch psychische Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen treten bei übergewichtigen Menschen häufiger auf. Ein positives Verhältnis zum eigenen Körper ist deshalb wichtig.

Was ist ein «gesundes Körpergewicht»?

Doch wie genau ist ein gesundes Körpergewicht definiert – und welche Rolle spielen dabei die Veranlagung und andere individuelle Faktoren? «Ein gesundes Körpergewicht ist eines, bei dem die Wahrscheinlichkeit am geringsten ist, an einem durch zu viel Körperfett verursachten Leiden zu erkranken.»

So lautet die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im «Europäischen Kodex zur Krebsbekämpfung». Gemäss PD Dr. Michel Hochuli, leitender Arzt Stoffwechselerkrankungen in der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin & Metabolismus (UDEM), sollte nicht nur das Gewicht eines Menschen im Rahmen der Normwerte liegen, sondern auch die Verteilung des Fettgewebes im Körper sowie das Verhältnis von Muskeln und Fettanteil. «Und da gibt es natürlich individuelle Unterschiede.»

Das sagt der Experte «Es gibt in der Tat eine genetische Veranlagung für Adipositas: Eine grosse Rolle spielen aber auch Umgebungseinflüsse.»

PD Dr. Dr. Michel Hochuli, leitender Arzt Stoffwechsel­ erkrankungen UDEM, Inselspital

Ist der Kalorienüberfluss sehr gross, kann der Körper sogar in den Muskelzellen, in den Organen wie dem Herz und der Leber (siehe «Facts & Figures», «Häufigste Folgen von Übergewicht», «Fettleber» auf Seite 12) sowie in den Knochen Fett speichern.

Das Viszeralfett bildet Botenstoffe, die Entzündungsprozesse in Gang setzen, Bluthochdruck fördern und eine Insulinresistenz begünstigen. Je mehr Bauchfett, desto grösser ist zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall), aber auch für Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).

Gefährliche Fettspeicher Was für unsere Vorfahren ein Segen war, ist für die Menschen heute ein Fluch: Unser Körper wandelt überschüssige Nahrungsenergie als Reserve in Fett um. Diese Spei-

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cherkapazität, die früher überlebenswichtig war, sorgt beim heutigen Überangebot an Nahrung in den Industrienationen für Probleme: Die Kalorienvorräte lagern zuerst im Unterhautfettgewebe – wo sie eine wertvolle Isolationsschicht gegen Kälte und Wärme bilden. Dieses subkutane Fett (Unterhautfett) lässt sich an der Aussenseite des Bauchs gut zwischen Daumen und Zeigefinger erfühlen. Kritischer für die Gesundheit ist das viszerale Fett (inneres Bauchfett), das sich in der Bauchhöhle und um die inneren Organe ansammelt. Ob man eher viszerales oder subkutanes Bauchfett bildet, hängt auch von der Veranlagung ab. Neben erblichen und hormonellen Faktoren spielen dabei auch das Alter und das Geschlecht eine Rolle: Besonders Männer neigen zu kritischen Fettansammlungen im Bauchraum. Aber auch bei Frauen steigt speziell nach der Menopause der Anteil des viszeralen Fetts.

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Grundlagen Körpergewicht

Fettverteilung im Körper

Fettablagerungen an den Organen im Bauchraum

Subkutanes Fett Viszerales Fett Bauchmuskeln

BMI-Berechnung Körpergewicht (in kg) Körpergrösse (in m) × Körpergrösse (in m)

Beispiel: Ein Mann wiegt 79 Kilo und ist 1,80 Meter gross.

1,80 m x 1,80 m = 3,24 m2 79 kg : 3,24 m2 = 24,4 kg/m2 Damit ist er noch knapp normalgewichtig.

Unter 18,5: 18,5 bis 24,9: 25 bis 29,9: 30 bis 34,9: 35 bis 39,9: Mehr als 40:

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Untergewicht Normalgewicht Übergewicht Adipositas Grad I Adipositas Grad II Adipositas Grad III

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Grundlagen Körpergewicht

Podcasts zum Thema Körpergewicht Essen als Medizin: Im Podcast «Die Ernährungs-Docs – Essen als Medizin» vom NDR spricht Wissenschaftsjournalistin Julia Demann mit Dr. Silja Schäfer, Dr. Viola Andresen und Dr. Matthias Riedl darüber, wie Ernährung beim Gesundwerden und -bleiben hilft.

NDR-Podcast «Die Ernährungs-Docs – Essen als Medizin»

Emotionales Essen: Frustessen, Stressabbau, Essen als Belohnung: Im Podcast «Food Feelings» geht es darum, wie Gefühle das Essverhalten steuern. Cornelia Fiechtl, Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin, erklärt, woher der innere Drang zu Essen kommt und wie Freude und Leichtigkeit zurückkehren können.

Podcast «Food Feelings»

Bewegung: Der Podcast «Meine Gesundheit» widmet sich Gesundheits- und Ernährungsthemen. In dieser Ausgabe «Gesundheitswirksame Bewegung» liefert die Drogistin Barbara Freiermuth Inputs, wie man Bewegung in verschiedenen Lebensphasen in den Alltag integrieren kann.

Podcast «Meine Gesundheit», Folge 25.4.2023: «Gesundheitswirksame Bewegung»

Gewichtszunahme: Im Podcast «Health Nerds – Mensch, einfach erklärt» von artgerecht erhält man keine Tipps für Wunder­diäten. Matthias Baum aus dem Health-Nerds-Wissenschaftsteam analysiert, warum man überhaupt zunimmt.

Podcast «Health Nerds – Mensch, einfach erklärt», Folge 19.1.2023: «Abnehmen, Fett reduzieren, Gewicht halten»

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Die Risikobestimmung Um das Gesundheitsrisiko durch Übergewicht festzustellen, werden gemeinhin vor allem zwei Parameter erhoben: der BodyMass-Index (BMI) für die Ausprägung des Übergewichts und der Taillenumfang für die Fettverteilung. Der BMI ist mit einer einfachen Formel zu berechnen (siehe Box). Bei einem Wert von über 25 spricht man von Übergewicht, unter 18,5 von Untergewicht.

Adipositas beginnt ab BMI 30 und ist in drei Schweregrade unterteilt. Diese Zahlen messen alle die Einheit Kilogramm pro Quadratmeter (kg/m2).

«Der BMI ist einfach zu bestimmen und im klinischen Alltag nach wie vor die gängigste Richtzahl», sagt Michel Hochuli. Allein anhand des BMI lassen sich gemäss Studien diverse Aussagen machen: Ein BMI über 25 bedeutet, dass das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, bereits deutlich steigt. Und ein BMI über 40 sagt aus, dass die Lebenserwartung gegenüber Normalgewicht um mehrere Jahre sinkt. Wichtige Gesundheitsfaktoren wie die Muskelmasse, der Fettanteil und die Fettverteilung werden aber bei diesem Wert nicht berücksichtigt.

Taillenumfang und «Waist-to-Height Ratio» Der Taillen- oder Bauchumfang verrät diesbezüglich einiges mehr. Er wird nach dem Ausatmen auf der Höhe des Bauchnabels gemessen. Bei Männern spricht man gemäss WHO-Definition ab 102 Zentimetern von einem stark erhöhten Gesundheitsrisiko, bei Frauen ab 88 Zentimetern. Besonders bei nur leicht erhöhtem BMI kann der Taillenumfang für die Bestimmung des individuellen Risikos aussagekräftiger sein als der BMI – er zeigt, ob das Fett eher im Bauchraum abgelagert ist oder eher am Gesäss und an den Oberschenkeln (was weniger gefährlich ist).

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Grundlagen Körpergewicht

Doch auch das Verhältnis zwischen Taillenumfang und Körpergrösse liefert Informationen über die Verteilung des Körperfetts: Für einen 1,93 Meter grossen Mann ist ein Taillenumfang von 104 Zentimetern weniger kritisch als für einen, der 1,70 Meter misst.

Deshalb gibt es als zusätzliche Methode die Waist-to-Height Ratio (WtHR): Der Taillenumfang wird durch die Körpergrösse geteilt.

Auch das Alter fliesst als Faktor in die Beurteilung ein.

vorgeworfen, dass sie sich zu wenig bewegen und zu viel essen. Adipositas ist aber eine chronische Erkrankung. Die WHO hat Adipositas bereits 2008 als Krankheit deklariert.

Eine angemessene Therapie der Betroffenen ist wichtig. Und es gibt auch positive Nachrichten: Die Zahl der übergewichtigen und adipösen Menschen in der Schweiz ist in den letzten Jahren relativ stabil geblieben.

Untergewicht und Mangelernährung Neben Übergewicht und Adipositas stellt auch Untergewicht ein gesundheitliches Risiko dar. Die Gründe dafür sind vielfältig: Verschiedene chronische Krankheiten können zu Untergewicht führen. Bei älteren Menschen führen häufig auch Zahnprobleme, Probleme mit Magen/Darm oder fehlender Appetit zu Untergewicht. Auch Essstörungen wie Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht) und Binge-Eating-Störungen (Essanfälle sind für Untergewicht verantwortlich. Darüber hinaus können Stress und psychische Erkrankungen zu Untergewicht führen.

Umfassende Diagnostik ist wichtig Für die individuelle Behandlung von Übergewicht und Adipositas braucht es eine umfassende medizinische Diagnostik: Im Inselspital folgt nach dem Ermitteln des Gewichts und des BMI eine klinische Untersuchung, bei der das individuelle Gefahrenrisiko beurteilt wird. Dabei wird auch der Taillenumfang beurteilt, und bei Bedarf wird zu­ dem eine Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) durchgeführt. Dabei wird mit schwachen Wechsel­­stromimpulsen der Gewebewiderstand gemessen. Das erlaubt detaillierte Aus­sagen über die Körperzusammensetzung Gesundheitliche Risiken entstehen dann, (Wasser-, Fett- und Muskelanteil). Bildge- wenn eine Mangelernährung vorliegt: wenn bende Verfahren wie Computer-Tomografie also der Energie- und der Nährstoffbedarf (CT) und Magnetresonanztomografie (MRI) nicht mehr ausreichend gedeckt werden kommen vor allem im Rahmen wissenschaft- und essenzielle Nährstoffe wie beispielsweilicher Untersuchungen zum Einsatz und er- se Vitamine fehlen. Eine Mangelernährung lauben eine recht genaue Bestimmung des kann verschiedene Körperfunktionen beein­ viszeralen Fetts. Daneben hat sich hier vor trächtigen. Zum Beispiel können die Abwehrallem die Messung der Körperzusammenset- kräfte geschwächt sein, und damit kann die zung mittels Ganzkörper-DEXA-Messung Anfälligkeit für Infekte zunehmen. Auch die etabliert. Dabei wird mit zwei unterschied- Wundheilung kann dadurch beeinträchtigt lichen, sehr schwachen Röntgenquellen die sein. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Verteilung des Knochen-, Muskel- und Fett- Osteoporose, Muskelschwund, hormonelle gewebes in einzelnen Körperregionen ana- Probleme und psychische Erkrankungen wie lysiert. Zudem testet das Inselspital aktuell Angststörungen oder Depressionen. Gleichden Einsatz eines 3-D-Bodyscans. zeitig können psychische Erkrankungen auch eine Ursache von Untergewicht und MangelDie Therapie von Übergewicht und Adipo- ernährung sein. Bei starkem Untergewicht sitas ist immer auf die einzelne Person zu- kann es zudem zu Schädigungen der inneren geschnitten. Basis jeder Behandlung ist die Organe und zu Unfruchtbarkeit kommen. Änderung des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens. Je nach individueller Situation Im Inselspital wird das Risiko einer Mangeler­ können ergänzend Medikamente (siehe Re- nährung oder eine tatsächliche Mangelernähportage ab Seite 16) oder invasive beziehungs- rung unter anderem mit dem «Nutritional weise chirurgische Verfahren (siehe Story zu Risk Screening» (NRS) erfasst. Grundlage für den Adipositas-Operationen ab Seite 20) ein- die Behandlung von Untergewicht sind neben gesetzt werden. Auch psychologische Unter- einer bewussten Nahrungsumstellung (zum stützung wird bei Bedarf beigezogen.

Beispiel mit Zusatznahrung) in vielen Fällen auch Verhaltensänderungen. Dabei spielen Adipositas ist eine Krankheit psychologische Interventionen eine wichtige Menschen mit Adipositas leiden oft unter Rolle (siehe Interview mit Dr. Livia Schmid gesellschaftlicher Ächtung: Es wird ihnen auf Seite 32).

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Tipps für ein gesundes Körpergewicht 1. Ausgewogene Ernährung Eine gesunde Ernährung ist abwechslungsreich: Sie umfasst alle Lebensmittelgruppen und auch Fette. Konkrete Tipps zu einer ausgewogenen Ernährung im Beitrag über Ernährung ab Seite 30.

2. Genügend Bewegung Regelmässige Bewegung ist für ein gesundes Körpergewicht entscheidend. Wie sich diese bequem und praktisch in den Alltag einbauen lässt, verrät Bewegungsspezialist PD Dr. Martin Verra ab Seite 26.

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Facts & Figures

Auf einen Blick

Häufigste Folgen von Übergewicht

Diabetes: Neben Übergewicht begünstigen auch Bewegungsmangel und erbliche Faktoren die Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2 (auch bekannt als Altersdiabetes). Übergewicht kann zu einer Insulinresistenz führen – also zu einer verminderten Wirkung von Insulin.

Wenn die Bauchspeicheldrüse dann nicht mehr genügend Insulin produzieren kann, um das zu kompensieren, entsteht ein Diabetes Typ 2. Diese Form tritt vorwiegend in der zweiten Lebenshälfte, aber auch bei jüngeren Menschen mit starkem Übergewicht auf.

Fettleber: Neben alkoholabhängigen gehören stark übergewichtige Erwachsene zur Hauptrisikogruppe für eine Fettleber. Diese Erkrankung liegt vor, wenn viele Leberzellen von Verfettung betroffen sind. Man unterscheidet zwischen einer nicht-alkoholischen (durch ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel oder eine andere Krankheit) und einer alkoholischen Fettleber (übermässiger

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Alkoholkonsum über eine längere Zeit).

Wenn man den Lebensstil nicht umstellt, kann sich daraus eine Leberentzündung, eine Zirrhose oder eine Leberkrebserkrankung ergeben.

«Durch das Übergewicht nutzt sich der Bewegungsapparat schneller ab.»

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Übergewicht führt fast immer zu kardiovaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck und einem gestörten Fett- und Zuckerstoffwechsel. Als Folge kann es zu Ablagerungen in den Herzkranzgefässen kommen, die zu einer koronaren Herzkrankheit mit Herzinfarkt führen.

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Gelenkbeschwerden: Durch das Übergewicht nutzt sich der Bewegungsapparat schneller ab. Es kommt zum Beispiel vermehrt zu Knie- oder Hüftarthrosen.

Psychische Erkrankungen: Unter anderem durch gesellschaftliche Ächtung kommt es bei übergewichtigen Menschen häufig auch zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen.

Krebs: Übergewicht ist ein Risikofaktor für verschiedene Krebsarten, darunter Speiseröhrenkrebs, Dickdarm- und Enddarmkrebs, Nierenkrebs, Bauch­­speichel­ drüsenkrebs und Krebs der Gallenwege sowie Brustkrebs und Gebärmutterhalskrebs bei Frauen. In Deutschland führt das Robert-Koch-Institut rund 8,5 Prozent aller Krebsneuerkrankungen auf Übergewicht zurück.

Facts & Figures

Zahlen

42 Prozent So hoch ist der Anteil der übergewichtigen Menschen in der Schweizer Bevölkerung.

Davon sind 11 Prozent adipös (schwer übergewichtig).

In Mexiko, Chile und den USA sind bereits 3 von 4 Erwachsenen übergewichtig oder adipös.

Mal 2 Die Zahl der adipösen Kinder weltweit wird sich gemäss Schätzungen zwischen 2020 und 2035 auf 383 Millionen verdoppeln.

4,32 Bio. US-Dollar So hoch sind die globalen volkswirtschaftlichen Kosten, die momentan in einem Jahr durch Übergewicht verursacht werden.

3,5 Prozent So viele Menschen der Schweizer Bevölkerung sind einmal in ihrem Leben von Essstörungen wie Anorexie (Magersucht), Bulimie (EssBrech-Sucht) und Binge Eating (periodischen Heisshunger­ anfällen) betroffen.

20–40 Prozent So gross ist der Anteil der er­wachsenen Menschen in Westeuropa, die an einer Fettlebererkrankung leiden.

Richtig oder falsch?

Mythen rund um das Körpergewicht Ich habe schwere Knochen

Schlafmangel macht dick

Falsch. Der Anteil der Knochen am Körpergewicht bleibt in etwa gleich. Die Knochenmasse kann zwar je nach Körperbau unterschiedlich sein, ein erhöhtes abnormales Körpergewicht kann aber nicht mit einer Zunahme der Knochenmasse oder «schweren Knochen» erklärt werden.

Richtig. Dabei spielt das «Sättigungshormon» Leptin eine Rolle. Es hat eine appetitzügelnde Wirkung. Wer zu wenig schläft, produziert weniger davon. Schlafmangel animiert den Körper, die Nahrungszufuhr zu erhöhen und Fett zu speichern.

Wasser trinken macht schlank Richtig. Wasser hat eine gewichtsreduzierende Wirkung, sofern durch das Trinken von Wasser die Zufuhr kalorienreicherer Flüssigkeiten und Nahrungsmittel reduziert wird. Wer vor jeder Mahlzeit zwei Gläser Wasser trinkt, nimmt schneller ab. Wasser füllt den Magen und hat eine sättigende Wirkung. Wer viel Wasser trinkt, nimmt auch weniger zuckerhaltige Getränke zu sich.

Es gibt «negative Kalorien» Falsch. Der Körper verbraucht zur Verdauung nur einen Teil der Kalorien eines Lebensmittels – nie mehr als 100 Prozent.

Kalorienarme Gemüsesorten wie Gurken, Sellerie, Tomaten, Spargel, Zucchetti oder Artischocken helfen aber trotzdem beim Abnehmen. Sie füllen den Magen – und damit werden oft weniger kalorienreiche Nahrungsmittel konsumiert.

Wer schnell isst, wird eher dick Richtig. Bei schnell eingenommenen Mahlzeiten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man übergewichtig wird. Vermutlich liegt das daran, dass die Sättigungssignale des Körpers beim schnellen Essen nicht richtig funktionieren und man nicht rechtzeitig merkt, dass man satt ist.

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Frische Früchte sind besser als Smoothies Richtig. Frische Früchte enthalten mehr wichtige Inhaltsstoffe. Das Kauen verstärkt zudem den Sättigungseffekt.

Stress ist ein Dickmacher Unklar. Bei einigen Menschen führt ein hektischer Lebensstil dazu, dass sie schlank bleiben. Bei anderen ist das Gegenteil der Fall: Sie essen bei Stress viele Snacks statt regelmässige Essenspausen zu machen, bewegen sich zu wenig und nehmen zu.

Gemeinsam essen hält schlank Unklar. Wer Essen zelebriert und in Gemeinschaft einnimmt, isst tendenziell regelmässiger und langsamer. Dadurch isst man weniger zwischendurch. Zudem hat auch die soziale Kontrolle einen Effekt.

Demgegenüber kann ungesundes Essverhalten in Gemeinschaft das Entstehen von Übergewicht fördern.

Zitrusfrüchte sind Fettkiller Falsch. Als Vitamin-C-Lieferanten sind Zitrusfrüchte zwar gesund, einen wissenschaftlichen Beweis für die Fatburner-Wirkung gibt es aber nicht. Beim Abbau der Fettsäuren spielt Vitamin C indirekt aber eine Rolle.

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Interview

Warum bekommen so viele Menschen in der Schweiz ihr Körpergewicht nicht in den Griff? Und worauf muss man achten, wenn man nachhaltig abnehmen will? Prof. Dr. Dr. Lia Bally, Leiterin Ernährungs­medizin, Metabolismus & Adipositas und Leiterin Forschung in der UDEM, gibt Auskunft und spricht über ihre Motivation als Forscherin.

Interview: Thorsten Kaletsch

«Es braucht eine negative Energiebilanz» Frau Bally, in der Schweiz leiden 42 Früher gehörte das Fasten also zum wird: Es braucht eine negative Energiebilanz. Theoretisch könnte man dies Prozent der Menschen an Überge- Leben. Ist es auch heute sinnvoll? wicht oder Adipositas. Warum be- Verallgemeinern lässt sich das nicht. erreichen, indem man viel Sport macht. kommen wir unser Gewicht nicht in Für jemanden, der an einer Fettleber- Die Praxis zeigt aber, dass es sehr den Griff? erkrankung oder einer Leberzirrhose schwierig ist, nur mit Sport abzunehDas hat sehr viel mit der gesellschaft- leidet, ist Fasten beispielsweise nicht men. Einerseits ist es für stark übergelichen Entwicklung und dem veränder- empfehlenswert. In der Behandlung wichtige Menschen schwierig, lang und ten Lebensstil zu tun: Wir bewegen uns von Übergewicht kann Intervallfasten intensiv Sport zu treiben. Andererseits weniger und essen mehr und häufiger aber durchaus sinnvoll sein. Das klas- überschätzt man den Energieverbrauch als früher. Energiereiche Nahrungs- sische Muster: Man isst um 22 oder beim Sport meistens, hat dadurch noch mittel sind immer und überall verfüg- 22:30 Uhr noch etwas vor dem Fernse- mehr Hunger oder nimmt zuckerhaltibar. Die Zahlen in der Schweiz dürften her und geht danach ins Bett. Im Schlaf ge Getränke zu sich. Körperliche Akübrigens inzwischen höher sein: Die 42 senkt der Körper den Energieumsatz. tivität ist dennoch ein wichtiger Teil Prozent gehen auf eine Umfrage aus Dann stehen wir morgens um 6 Uhr in der gesamten Strategie gegen das auf und essen schon wieder etwas. So Übergewicht. Sie verhindert, dass man dem Jahr 2017 zurück. kommt der Körper nie in den Zustand beim Abnehmen zu viel Muskelmasse der Fettoxidation oder Fettverbren- abbaut, was wiederum den EnergiebeDer US-amerikanische Staatsmann darf reduziert. Eine Faustregel besagt, Benjamin Franklin hat einmal ge- nung und baut kein Fettgewebe ab. dass ein Viertel des Gewichtsverlusts sagt, dass die Menschen seit der Erauf den Muskel­abbau entfällt. findung der Kochkunst doppelt so Also sollte man in besagtem Beispiel auf das Frühstück verzichten. viel essen, wie die Natur verlange.

Das spielt sicher eine Rolle – aber letzt- Genau. Die meisten Menschen haben Wie gehen Sie beim Festlegen einer lich ist alles eine Frage der Energie- über Nacht ein Nüchtern-Intervall von ge­w ichtsreduzierenden Therapie vor? bilanz. Wenn man das Körpergewicht sieben bis zehn Stunden. Eine mög- Als Erstes erheben wir eine Anamnekonstant halten will, darf man nur liche Komponente einer gewichtsre- se. Wir erfassen den Krankheitsverlauf so viel Energie zu sich nehmen, wie duzierenden Ernährungsstrategie ist und erhalten erste Hinweise ursächsive Verlängerung dieses licher Faktoren für das Übergewicht. man auch verbraucht. Und die beste eine sukzes­ Messmethode für die Energiebilanz ist Intervalls – indem man zum Beispiel Mit Laboranalysen werden seltene Urdie Entwicklung des Körpergewichts. morgens nur etwas trinkt und dafür ein sachen für Übergewicht ausgeschlosDass der Körper Fettgewebe bildet, frühes Mittagessen einnimmt. Damit sen – zum Beispiel Hormonstörungen geht auf die Evolution zurück. Wer frü- kann man schon sehr viel herausholen – oder Gendefekte. Bei der Diagnostik ist her einmal ein Tier erlegen konnte, ass aber auch das ist individuell. es wichtig, neben dem Körpergewicht sehr viel auf einmal: Mit dem Energieauch die Körperzusammensetzung, den überschuss wurden im Körper Reser- Was kann man dagegen tun, wenn Energieumsatz, das Aktivitätsniveau ven aufgebaut, weil danach vielleicht man einmal übergewichtig ist? und verschiedene Aspekte des Essvereine lange Zeit mit nur wenig Nahrung Man muss irgendwie in den Modus haltens genau zu analysieren. Wir nenfolgte. Das Fettgewebe ist der Energie- kommen, in dem der Körper mehr nen das Phänotypisierung. Einige Menspeicher.

Energie verbraucht als ihm zugeführt schen verbrauchen genetisch bedingt

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INSEL – Fokus

Prof. Dr. Dr. Lia Bally: «Lebensmittel sollen künftig gesund für den Körper und für den Planeten sein.»

vorgeworfen. Solche Schuldzuweisungen bringen aber nichts – bei uns in der Klinik versuchen wir, die Zusammenhänge zu verstehen und die Patientinnen und Patienten zu unterstützen. Mit neuen medikamentösen Therapien können wir genau diesen Ansatz erfolgreich verfolgen und das Hunger-SättigungsGefühl günstig beeinflussen.

Welche Diäten empfehlen Sie bei Ihren individuellen Strategien zum Abnehmen?

Das ist abhängig von der vorher erwähnten Phänotypisierung. Jede Strategie hat dabei stets eine quantitative und eine qualitative Komponente.

Wenn eine Person sagt, dass sie gern in einem halben Jahr zehn Kilogramm abnehmen möchte, können wir genau berechnen, wie viele Kalorien sie täglich zu sich nehmen sollte, um das Ziel zu erreichen. Wer beim Sport zusätzliche Kalorien verbrennt, kann dem Körper entsprechend mehr Energie zuführen.

Dafür gibt es auch sehr gute digitale Hilfsmittel.

mehr, andere weniger Kalorien. Letztere nennt man Slow Burner. Bei der Analyse des Essverhaltens geht es um folgende Fragen: Wie schnell wird man satt? Dies ist unter anderem abhängig von der Wirkung von Sättigungshormonen. Wie häufig isst die Person? Das ist abhängig von Magenentleerungsge-

«Einige Menschen verbrauchen genetisch bedingt mehr, andere weniger Kalorien.» schwindigkeit und Hungerhormonen.

Der dritte Punkt ist das emotionale Essen, zum Beispiel bei Stress oder Einsamkeit, sowie die Ansprechbarkeit auf Belohnung, also die Suchtkomponente.

Wenn Letzteres wichtige Faktoren sind, kann psychologische Unterstützung helfen, beispielsweise eine sogenannte kognitive Verhaltenstherapie. Anhand der

In Ihrer Forschung setzen Sie sich Phänotypisierung entwickeln wir die stark mit der Digitalisierung ausein­ beste Strategie für die Patientinnen und ander. Was ist da in den nächsten Patienten und kombinieren in einem Jahren zu erwarten?

Programm medikamentöse, ernäh- Wir entwickeln und untersuchen Hilfsrungstechnische, bewegungsorientierte mittel, die bei der Gewichtsregulation unterstützen. Viele dieser neuen Ansätund psychologische Komponenten. ze sind auch bei Folgeerkrankungen wie dem Diabetes hilfreich, indem sie die Viele Menschen machen irgendwelBlutzuckereinstellung vereinfachen. Bei che Diäten, nehmen ab und danach der Erkennung von Nahrungsmitteln schnell wieder zu.

Dieser Jo-Jo-Effekt ist effektiv proble- leistet künstliche Intelligenz bereits matisch. Unser Körper ist biologisch Erstaunliches. Kombiniert mit Tiefendarauf ausgelegt, das verlorene Gewicht sensoren zur Bestimmung der Portiowieder zuzulegen. Er tut dies, indem er nengrösse und einer Nährwertdatenbei Energieüberschuss Fettreserven bil- bank lässt sich so mit einem Foto eines det. Man verliert also beim Abnehmen Tellers ziemlich genau bestimmen, wie zuerst Fett und Muskelmasse, legt aber viele Kalorien, wie viel Eiweiss, wie viel danach vor allem Fettmasse zu, wenn Fett und wie viele Kohlenhydrate man man nicht aktiv trainiert. Für diese un- zu sich nimmt. Also entfällt das mühsaerwünschte Gewichtswiederzunahme me Abwägen der Nahrungsmittel. Auch sind vor allem hormonelle Mechanis- bei der Personalisierung der Ernährung men verantwortlich: Wenn man viel und bei den Adaptionen im Verlauf Gewicht verliert, steigt die Konzentrati- einer Therapie ist die Digitalisierung on der Hungerhormone im Körper, und hilfreich. Daneben beschäftigt uns das man hat das starke Verlangen nach Es- Thema Nachhaltigkeit: Lebensmittel sen. Diesen Mechanismus kannte man sollen künftig nicht nur gesund für den lange nicht – den Patientinnen und Pa- Körper, sondern auch gesund für den tienten wurde oft fehlende Willenskraft Planeten sein.

INSEL – Fokus

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Die 61-jährige Susanne Sester verabreicht sich seit rund einem Jahr täglich eine Spritze, um ihr Übergewicht in den Griff zu bekommen.

In dieser Zeit hat sie von 108 auf 91 Kilogramm abgenommen. Das Medikament sorgt dafür, dass sich ihr Magen langsamer entleert und schneller ein Sättigungsgefühl eintritt.

Text: Peter Bader

Reportage

Mit Medikamenten gegen das Übergewicht Mit leichtem Übergewicht hatte Susanne Sester schon als Jugendliche zu kämpfen. Da sei das aber noch kein wirkliches Problem gewesen, sagt die heute 61-Jährige. Die Beschwerden kamen erst im Lauf der Jahre. «Aufgrund meines Übergewichts hatte ich mit der Zeit beim Gehen Schmerzen in den Knien», erzählt sie. «Und beim bergauf Wandern ging mir schnell einmal die Puste aus.» Auch das Fussgelenk, an dem sie einst einen Bänderriss erlitten hatte, schmerzte angesichts der körperlichen Belastung. Das war umso problematischer, weil die Pflegefachfrau während eines Dienstes bis zu zehn Kilometer zurücklegt. Hinzu kam, dass die Stoffwechselveränderungen während der Menopause die Gewichtsprobleme verschärften. Sie wusste: Irgendetwas musste geschehen. Da kam ein Ratschlag ihres Hausarztes gerade zur rechten Zeit.

Susanne Sester wuchs in der Nähe von Offenburg im deutschen Bundesland Baden-Württemberg auf. Sie liess sich zur Pflegefachfrau ausbilden, lebte und arbeitete später in Karlsruhe. Weil ihre beiden Schwestern schon lange in Basel lebten, suchte sie auch eine Stelle in der Schweiz und fand sie in der Onkologie-Abteilung des Inselspitals. 2007 zog sie nach Bern um. Seit vergangenem Mai arbeitet Susanne Sester nun als Arzt-Assistentin im Berner Reha Zentrum in Heiligenschwendi. Der Job verschärfte in den vergangenen Jahren ihre Gewichtsprobleme. Durch die Schichtdienste habe sie sich oftmals nur unregelmässig und ungesund ernährt, erzählt sie. Zudem habe sie fast täglich enorm zuckerhaltige Energiedrinks zu

sich genommen. Um ihre Gewichtsprobleme in den Griff zu bekommen, probierte sie viele Diäten aus und war Mitglied bei Weight Watchers. Dabei habe sie durchaus Erfolge erzielt und jeweils 10 bis 15 Kilogramm abgenommen. «Aber es war nicht nachhaltig, ich nahm immer wieder zu.»

Ursprünglich ein Diabetes-Medikament Und so war der eingangs erwähnte Hinweis ihres Hausarztes äusserst willkommen: Eine Bekannte von ihm, erzählte er ihr, habe sehr gute Erfahrungen ge-

«Ich bin viel schneller satt und habe auch keine Heisshunger­ attacken mehr wie früher.» macht mit der medikamentösen Behandlung von starkem Übergewicht im Inselspital. Zu diesem Zeitpunkt wog Susanne Sester bei einer Grösse von 1,62 Metern 108 Kilogramm. Das entspricht einem Body-Mass-Index (BMI) von 41 kg/m2. Ab einem BMI von 30 kg/ m2 spricht man von Übergewicht, ab 35 kg/m2 von schwerem Übergewicht oder Adipositas (siehe Tabelle auf Seite 9).

Mit zunehmendem Übergewicht erhöht sich das Risiko für Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus (Typ-2-Diabetes, Zuckerkrankheit), Bluthochdruck oder Arthrose massiv.

INSEL – Fokus

Am Erstgespräch im Adipositaszentrum im Berner Inselspital im Sommer 2022 wurde Sandra Sester umfassend untersucht. Zudem gab es eine Blutentnahme.

Gemeinsam mit ihrer Ärztin entschied sie sich für eine medikamentöse Behandlung ihrer Adipositas. Dafür wird in der Schweiz derzeit am häufigsten das Medikament Saxenda® eingesetzt. Wer an Adipositas leidet, hat unter anderem ein gestörtes Sättigungsgefühl. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Hormon GLP1, das nach Mahlzeiten ausgeschüttet wird und für ein natürliches Sättigungsgefühl sorgt. Der in Saxenda® enthaltene Wirkstoff Liraglutid imitiert diesen Effekt. Er sorgt dafür, dass sich der Magen weniger schnell entleert. Zudem steuert er die Prozesse im Hirn, die für das Sättigungsgefühl verantwortlich sind. Gleichzeitig fördert er die Produktion und Freisetzung von Insulin und reduziert so den Blutzucker. Saxenda® war deshalb schon länger in der Diabetes-Therapie eingesetzt worden. In der Folge zeigten zahlreiche Studien, dass Medikamente mit Liraglutid auch zur Gewichtsreduktion beitragen.

«Essen mit Freunden bleibt möglich» Seit 2016 darf Saxenda® in der Schweiz nun auch bei der Behandlung von Übergewicht verwendet werden. Das Medikament muss einmal täglich subkutan gespritzt werden. Susanne Sester startete mit einer Dosis von 0,6 mg, die anschliessend kontinuierlich bis zur Maximaldosis von 3 mg täglich gesteigert wurde. So wird sichergestellt, dass Patientinnen und Patienten das Medikament gut vertragen und mögliche Nebenwirkungen so gering wie möglich auftreten. Diese verschwinden ohnehin

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Reportage

Das sagt der Experte «Wenn klassische Methoden wie Diäten keinen nachhaltigen Erfolg bringen, sind bei Adipositas eine Behandlung mit Medikamenten und die Evaluation eines operativen Eingriffs angezeigt. Beides sind effektive Methoden, auch wenn es keine Garantien gibt. Patientinnen und Patienten müssen gleichzeitig ihr Ess- und Bewegungsverhalten ändern und dies auch nach dem Absetzen der Medikamente beibehalten.

Adipositas als chronische Erkrankung erfordert eine kontinuierliche Behandlung und Betreuung.»

Prof. Dr. Markus Laimer, Stellvertretender Klinikdirektor und Chefarzt UDEM, Inselspital

Information: www.udem.insel.ch/de

meistens schnell wieder. Zu den häufigsten gehören Übelkeit, Durchfall, Erbrechen oder Verstopfung. Bei Susanne Sester traten keine Nebenwirkungen auf, auch das Spritzen in die Bauchfalte bereitete ihr keine Probleme.

Am Anfang habe sie eigentlich kaum noch Hunger verspürt, erinnert sie sich. Sie habe sich beinahe zwingen müssen, regelmässig zu essen. Heute, nach rund einem Jahr, hat sich ihr Essverhalten eingependelt: «Ich bin viel schneller satt und habe auch keine Heiss­ hungerattacken mehr wie früher.»

Alle sechs Monate hat sie nun einen Kontrolltermin im Inselspital. Begleitend zur Medikamenten-Therapie erhält sie Ernährungsberatung und auf ihren Wunsch psychologische Betreuung. «Das Gespräch mit der Psychologin im Inselspital war sehr aufschlussreich», betont Susanne Sester. «Ich musste mein Essverhalten schildern, im Gegenzug erhielt ich wertvolle Tipps.» So schliesse sie etwa heute das Nachtessen immer sehr bewusst ab und mache etwas anderes, gehe zum Beispiel noch einmal für einen Spaziergang nach draussen.

«Es ist wichtig, dass man das Essen bewusst beendet. So gerät man nicht in Gefahr, immer noch ein bisschen weiter zu naschen», ist Susanne Sester überzeugt. Gleichzeitig hat sie die OVIVA App® installiert, über die sie im Kontakt mit Ernährungsberatungs-Fachpersonen steht. Sie notiert in der App, was sie isst, und erhält dazu Feedback und Tipps für ausgewogene Menüs. Auch wird sie von ihrer Ernährungsberaterin gelobt und motiviert.

«Ich esse heute viel mehr Gemüse, Salate und Früchte als früher», sagt sie. «Trotzdem kann ich ab und zu auch mal ein Essen mit Freunden geniessen. Dieser soziale Aspekt des Essens ist mir sehr wichtig.»

Bedingungen der Krankenkassen Die medikamentöse Behandlung wird von der Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt. Voraussetzung dafür ist, dass der BMI grösser als 35 ist oder grösser als 28, wenn Begleiterkrankungen vorliegen. Das Medikament muss durch einen Facharzt

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INSEL – Fokus

oder eine Fachärztin für Endokrinologie/ Diabetologie verschrieben werden, zudem müssen sich Patientinnen und Patienten bezüglich kalorienärmerer Ernährung und ihres Bewegungsverhaltens beraten lassen.

Und es sind konkrete Ziele vorgeschrieben: Die Kosten für das Medikament werden von der Krankenkasse nur dann weiter getragen,

«Ich schliesse das Nachtessen bewusst ab, um nicht weiter zu naschen.» wenn das Körpergewicht bei einem BMIWert zwischen 28 und 35 nach 4 Monaten Behandlung um mindestens 5 Prozent reduziert werden konnte. Bei einem BMI-Wert über 35 werden 7 Prozent verlangt. In den nachfolgenden sechs Monaten ist dann eine Reduktion um weitere 5 Prozent vom Ausgangsgewicht Voraussetzung. Danach dürfen Patientinnen und Patienten in den halbjährlichen Kontrollen höchstens 2 Prozent mehr auf die Waage bringen.

Susanne Sester hat das geschafft: Sie startete mit 108 Kilogramm, heute wiegt sie noch 91. Ihre Knie bereiten ihr kaum noch Pro­ bleme, das Fussgelenk spürt sie nur noch bei einem Wetterumschwung. Ihr Ziel ist es, das Gewicht zwischen 70 und 75 Kilogramm zu stabilisieren. Die Therapie geht weiter, derzeit aufgrund von Lieferengpässen beim Medikament mit einer reduzierten täglichen Dosis (siehe Seite 19). «Ich werde deshalb im Moment nicht mehr so schnell satt wie mit der vollen Dosierung», sagt Susanne Sester. Saxenda® darf während drei Jahren verabreicht werden, danach wird es schrittweise abgesetzt. Susanne Sester ist zuversichtlich, ihr Gewichtsziel zu erreichen und danach auch zu halten.

Reportage

Susanne Sester bespricht mit Lia Bally, Leiterin Ernährungsmedizin, Metabolismus und Adipositas, ihre Behandlung.

Nachfrage führt zu Lieferengpässen Aktuell sind in der Schweiz die Wirkstoffe Orlistat, Liraglutid und Semaglutid zur Behandlung von Adipositas zugelassen. Orlistat ist in Form des Medikaments Xenical® bereits seit 1998 zulässig, kommt aber heute nur selten zur Anwendung. Es ist in seiner Wirkung sehr beschränkt. Es hemmt die Verdauung von Fetten im Darm, die nicht aufgenommen, sondern über den Stuhl ausgeschieden werden. Bei den GLP1-Analoga, zu denen Lira­ glutid (Saxenda®, siehe Text) und Sema­glutid gehören, konnten in grossen Studien vielversprechende Ergebnisse bei der Gewichts­ reduktion nachgewiesen werden – und dies erst noch mit weniger Nebenwirkungen.

Als Faustregel gilt: Während mit operativen Eingriffen eine durchschnittliche Gewichtsreduktion von rund 25 Prozent erzielt werden kann (siehe Seite 20), sind es mit der medikamentösen Therapie 15 bis 20 Prozent. Neue medikamentöse Ansätze, für die eine Zulas­ sung in Kürze erwartet wird, können sogar zu durchschnittlichen Gewichtsabnahmen von

über 20 Prozent führen. Bei beiden Methoden ist die Streuung allerdings gross.

Der Wirkstoff Semaglutid fördert wie Lira­ glutid in Saxenda® unter anderem die Insulinproduktion und -freisetzung und verzögert die Magenentleerung. Das Medikament Ozempic® enthält Semaglutid. Es ist seit 2020 in der Schweiz zur Behandlung eines Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen, seit 2022 ist es in Form des Medikaments Wegovy® auch in der Adipositastherapie anwendbar.

Im Gegensatz zu Saxenda® muss Wegovy® nur einmal wöchentlich verabreicht werden.

Zudem verspricht es bessere Ergebnisse bei der Gewichtsreduktion. Es ist allerdings derzeit in der Schweiz nicht verfügbar. Genau wie bei den aktuellen Lieferengpässen von Saxenda® zeigt sich hier eine grundsätzliche Problematik dieser Medikamente: Die Nachfrage ist so hoch, dass derzeit nicht genügend Medikamente hergestellt werden können.

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Porträt

Mit einer minimalinvasiven Operation kann Übergewicht um rund 25 Prozent reduziert werden. Eine 31-jährige Patientin erzählt, wie sie lange erfolglos versuchte, ihr Übergewicht in den Griff zu bekommen – und wie ihr schliesslich ein Magen-Bypass-Eingriff half.

Text: Peter Bader

«Ich würde es jederzeit wieder tun»

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Porträt

Am Anfang war ihr Übergewicht kein Problem. Und auch nicht aussergewöhnlich: Auch ihre Eltern und älteren Geschwister brachten zu viele Kilogramm auf die Waage. Während ihrer Ausbildung zur kaufmännischen Angestellten begann sie allerdings zu hadern. Sie unternahm verschiedene Versuche, ihr Gewicht in den Griff zu bekommen, bis ein Eingriff im Berner Inselspital schliesslich die erhoffte Wirkung brachte.

Der berüchtigte Jo-Jo-Effekt Heute ist sie 31 Jahre alt und Mutter zweier kleiner Kinder. Die junge Frau lebt in der Nähe von Bern und möchte anonym bleiben. In der Anfangszeit versuchte sie, ihr Gewicht mit verschiedenen Diäten und Beratungen zu reduzieren. Dabei habe sie durchaus Gewicht verloren, erzählt sie. «Aber ich nahm immer wieder zu, erlebte den berüchtigten Jo-Jo-Effekt.»

Vor rund drei Jahren überwies sie ihr Hausarzt schliesslich an das Universitäre Adipositaszentrum im Inselspital. Da wog sie 105 Kilogramm bei einer Körpergrösse von 1,60 Metern. Das ergibt einen Body-Mass-Index (BMI) von 41 kg/m2 – ab 35 kg/m2 spricht man von schwerem Übergewicht (siehe Tabelle auf Seite 9). Im Inselspital wurde sie von verschiedenen Spezialisten und Spezialistinnen betreut und erhielt schliesslich während einem halben Jahr Saxenda®: Dabei handelt es sich um das in der Schweiz derzeit gebräuchlichste Medikament, um Adipositas zu bekämpfen (siehe Seite 16). Aber auch diese Therapie zeigte nur zwischenzeitlich Wirkung.

Führt eine medikamentöse Behandlung von Adipositas nicht zum Erfolg, ist die nächste Stufe ein operativer Eingriff. Bei dieser Patientin kamen Begleiterkrankungen hinzu, die ebenfalls für eine Operation sprachen: Als sie ihr zweites Kind erwartete, entwickelte sich bei ihr ein temporärer Schwangerschaftsdiabetes.

Hinzu kamen leichter Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte und Anzeichen einer Fettleber.

«Als Mutter von zwei Kindern war dies der entscheidende Punkt, mich für eine bariatrische Operation zu entscheiden», sagt sie.

Weniger aufnehmen, schneller satt Nach Absprache mit dem medizinischen Team entschied sie sich für einen Magenbypass-Eingriff – eine von zwei Methoden, die infrage kommen. Dabei wird der Magen wenige Zentimeter unterhalb des Mageneingangs

abgetrennt. Es verbleibt ein künstlich verkleinerter Restmagen, der «Magenpouch».

Er dient als Bremse für die zugeführte Nahrung. Zudem wird der Dünndarm durchtrennt: Das eine Ende wird an den kleinen Restmagen angeschlossen, das andere so umgeleitet, dass sich Nahrung und Verdauungssäfte erst im mittleren Dünndarm mischen.

So wird nur ein Teil der Nahrungsbestandteile aufgenommen. Zudem werden Patientinnen und Patienten beim Essen schnell satt. Das gilt auch für die andere Methode, den laparo­skopischen Schlauchmagen. Bei diesem Verfahren wird während der Operation der Magen auf seiner gesamten Länge verkleinert und damit auf rund einen Drittel seines ursprünglichen Volumens reduziert.

Beide Eingriffe sind minimalinvasiv und dauern höchstens eineinhalb Stunden. Bei unserer Patientin verlief der Eingriff vor eineinhalb Jahren problemlos: Sie konnte das Inselspital nach zwei Tagen bereits verlassen. Seither hat sich ihr Gewicht zwischen 75 und 80 Kilogramm stabilisiert – sie konnte es also um rund 25 Prozent reduzieren.

Das entspricht dem Durchschnittswert nach ope­rativen Eingriffen, wobei es eine enorme Streuung gibt.

Gegen saures Aufstossen Die Patientin war zudem ihr saures Aufstossen los, das sie vor der Operation beeinträchtigt hatte: Nach einem Magenbypass-Eingriff mischen sich Nahrung und Verdauungssäfte später, sodass sich die Gefahr aufstossender Säure verkleinert. Das war auch einer der Gründe, warum man sich bei ihr für diese Operation entschied. Gleichzeitig können beide Eingriffe auch Nachteile mit sich bringen: So empfinden etwa manche Patientinnen und Patienten nach den Eingriffen einen erhöhten Druck in Magen und Brust nach den Mahlzeiten.

Bei der Ernährungsumstellung half der Patientin die Ernährungsberatung im Inselspital. «Da ich seit der Operation deutlich weniger esse als zuvor, muss ich besonders auf die regelmässige Einnahme von Vitaminen und Mikronährstoffen achten. So kann ich langfristige Probleme verhindern, insbesondere im Hinblick auf die Knochendichte nach der Menopause», betont sie. «Ich würde den Eingriff jederzeit wieder vornehmen lassen, ich habe meine Entscheidung nicht bereut.»

INSEL – Fokus

Das sagt der Experte «Bei massiv übergewichtigen Patientinnen und Patienten mit Zuckererkrankungen sind die operativen Eingriffe jeder konservativen Diabetesbehandlung überlegen. In aktuellen, langfristig angelegten Studien schnitten der Schlauchmagenund der Magenbypass-Eingriff deutlich besser ab als eine kombinierte Behandlung mit antidiabetischer Medikation, Ernährungsberatung und Bewegungstherapie.»

PD Dr. Philipp C. Nett, Leitender Arzt Bariatrische Chirurgie, Adipositaszentrum Bern, Inselspital

Magenbypass

Magen-Pouch Restmagen

Schlauchmagen

entfernter Magenabschnitt reduzierter, schlauchförmiger Magenabschnitt

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Kulturgeschichte

Schlanksein als Gesundheitsideal

Der Barockmaler Peter Paul Rubens begründete den Begriff der beleibten Rubensfiguren.

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INSEL – Fokus

Kulturgeschichte

Schönheitsideale haben sich im Laufe der Zeit und in verschiedenen Kulturen erheblich verändert. Heute sind die Vorstellungen vom idealen Körper diverser. Allerdings war selten eine Gesellschaft so auf den Körper fixiert wie die unsrige. Dabei fördert die Medizin das Ideal des Schlankseins.

Text: Marianne Kaiser

Die Symmetrie der Natur und Gottheiten als Vorbild: In der Antike galt als schön, wer muskulös, kräftig und schlank war – oder androgyn; Homosexualität galt als geduldet und weitgehend toleriert.

der Biomedizin: Das Gleichgewicht von Kalorien-Einnahme und Kalorien-Verbrennung war plötzlich von staatlichem Interesse; und erstmals wurde das Übergewicht auch als gesellschaftliches Gesundheitsrisiko erkannt.

Ganz anders waren da die Ideale des Mittelalters: Nicht der Körper, nur der Geist zählte; das Leben sollte nicht zu wichtig genommen werden, erstrebenswert war das Jenseits, die Nähe zu Gott.

In Anbetracht verbreiteter Mangelernährung bis weit ins 19. Jahrhundert war eine gewisse Leibesfülle nicht unbedingt als gesundheitsschädlich wahrgenommen worden. «Ab den 1930er-Jahren aber gab es immer mehr statistische Daten, die die gesundheitlichen Risiken von Übergewicht und insbesondere Fettleibigkeit nachwiesen», sagt der Experte für Medizingeschichte. «Fettleibigkeit wird seitdem mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ2-Diabetes, Gelenk- und anderen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht.»

In der Renaissance und im Barock wiederum wurde diese Auffassung mit den voluminösen und dreidimensional üppigen Darstellungen geradezu herausfordernd überholt.

Dies widerspiegelte auch die gesellschaftliche Entwicklung – mit dem materiellen Besitz des reichen Bürgertums.

«Die Vorstellungen, wie ein Körper auszusehen hat und dargestellt wird, hat sich in der Geschichte immer wieder verändert», betont Prof. Dr. Hubert Steinke, Direktor des Instituts für Medizingeschichte der Universität Bern. «Sie waren geprägt von regionalen, politischen und kulturellen Ereignissen.» Beispielsweise die idealisierte weibliche Sand­ uhrfigur des 17. Jahrhunderts: Sie wurde in den 1940er-Kriegsjahren von der mütterlichen und fülligen Frau abgelöst, wie auch der schlanke und elegante Dandy der 1920erJahre vom kräftigen, zupackenden Mann der Front.

Das sagt der Experte «Unsere Gesellschaft ist sehr körperfixiert. Hing früher der soziale Status vor allem vom Beruf ab, so spielen heute Körper und Fitness eine wichtige Rolle in der gesellschaftlichen Wahrnehmung einer Person.»

Prof. Dr. Hubert Steinke Direktor Institut für Medizingeschichte, Universität Bern

Divers und individuell «Liebe deinen Körper, akzeptiere ihn, wie er ist!» Das Credo der Bewegung der KörperPositivität passt gut in unsere Zeit, die dem Körper grosse Aufmerksamkeit widmet. Zu grosse, meinen viele. Daher macht jüngst auch das Schlagwort der Körper-Neutralität die Runde: «Nimm deinen Körper nicht so wichtig! Du hast einen Körper, du bist nicht der Körper.»

Die medizinische Beurteilung des Körpergewichts wird heute in einen umfassenderen Kontext gestellt, der psychische Gesundheit, Ernährungsgewohnheiten, körperliche Aktivität und andere Lebensstilfaktoren miteinbezieht. Seitens der Medizin gilt aber ein schlanker Körper trotz tolerierten diversen Lebensformen als gesünder.

Staat und Volksgesundheit Mit der Industrialisierung begann sich der Staat für den gesunden, starken und leistungsfähigen Menschen zu interessieren.

Das ging Hand in Hand mit der Entwicklung

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Gesundes Körpergewicht in der Wissenschaft

Das sagt die Forschung

Bewegung zahlt sich schon bei Kindern aus Körperliche Aktivität hat schon bei Vorschulkindern positive Auswirkungen auf die Gesundheit und die Körperzusammensetzung (Anteil Muskeln, Fett, Knochen und Wasser). Das zeigt die Swiss Preschooler’s Health Study (SPLASHY), die den Effekt des Bewegungsverhaltens auf das Gewicht und weitere Gesundheitsmarker untersucht hat. Demnach haben Kinder, die sich weniger bewegen, einen höheren Fettanteil. Zudem zeigt sich bereits in diesem Alter die Auswirkung von Bewegung und Körperzusammensetzung auf das kardiovaskuläre System: Blutdruck und Herzfrequenz sind tiefer, was auf langfristige positive Auswirkungen von Bewegung hinweist.

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Neue Therapien zur Gewichtsreduktion Neue Medikamente für die Adipositasbehandlung kommen dem durch Operationen erreichten Gewichtsverlust immer näher. Diese Medikamente binden sich an die Rezeptoren bestimmter Peptide (kurze Ketten von Aminosäuren, die viele Funktionen im menschlichen Körper steuern). Die neuen Medikamente wirken unter anderem in der Darm-HirnRegulation des Appetits. Mit Tirzepatid, das vor Kurzem auch in der Schweiz für die Behandlung von Diabetes Typ 2 zugelassen wurde, wurde in Studien ein durchschnittlicher Gewichtsverlust von 15 Prozent nach 18 Monaten erreicht.

Unklar ist jedoch, welche Risiken bei einer lebenslangen Einnahme bestehen und was geschieht, wenn das Medikament abgesetzt wird. Weitere, möglicherweise noch wirksamere Medikamente sind in Entwicklung. In einer kürzlich veröffentlichten Studie betrug der durchschnittliche Gewichtsverlust nach zwei Jahren mit Retatrutid bis zu 24 Prozent.

Die therapeutischen Möglichkeiten bei Adipositas dürften sich in den nächsten Jahren demnach weiter verbessern.

INSEL – Fokus

Erfolgsfaktor Bewegung in der Therapie Neben bariatrischen Operationen und Medikamenten wirken sich auch eine ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität positiv auf das Gewicht aus.

Bewegung allein ist vielleicht in Bezug auf die Gewichtsabnahme nicht so wirkungsvoll wie andere Therapien, aber in Kombination mit diesen zeigen sich viele Vorteile. So führt die Kombination von Bewegung mit einer Diät im Vergleich zu einer Diät allein zu zusätzlichen Stoffwechselvorteilen. Eine Kombination aus Medikamenten und körperlicher Betätigung ist den Medikamenten in Bezug auf die Gewichtsabnahme und weitere Gesundheitsindikatoren überlegen. Bewegung hilft zudem, das Gewicht nach dem Absetzen der Medikamente zu halten. Und auch nach einer Operation zur Gewichtsabnahme wirkt sich körperliche Aktivität positiv auf die Gesundheit aus.

Die WHO rät von Süssstoffen ab Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor Kurzem eine neue Leitlinie veröffentlicht, in der sie von der Verwendung von zuckerfreien Süssstoffen zur Kontrolle des Körpergewichts abrät.

Die Ergebnisse einer systematischen Überprüfung deuten demnach darauf hin, dass die langfristige Einnahme von zuckerfreien Süssstoffen potenziell unerwünschte Auswirkungen haben kann, etwa ein erhöhtes Risiko für Typ2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. «Das Ersetzen von Zucker durch Süssstoffe hilft langfristig nicht bei der Gewichtskontrolle», betont Francesco Branca, WHO-Direktorin für Ernährung und Lebensmittelsicherheit. Die Datenlage aus prospektiven wissenschaftlichen Studien ist jedoch weniger eindeutig.

Trotz der Stellungnahme der WHO wird das Thema in wissenschaftlichen Kreisen weiterhin kontrovers diskutiert.

Gesundes Körpergewicht in der Wissenschaft

Hochverarbeitete Lebensmittel sind ungesund Fertiggerichte, industriell gefertigtes Brot, Süssgetränke, Snacks oder Schoggiriegel: Hoch verarbeitete Lebensmittel, sogenannte UPF (Ultraproceeded Foods), enthalten häufig Zusatzstoffe und sind ungesund, wie diverse Studien zeigen.

Viele dieser Nahrungsmittel können dick machen und das Leben verkürzen.

Sie können Entzündungen fördern, die Zusammensetzung der Darmflora verändern und zu einer Übersäuerung des Stoffwechsels führen. Bereits jedes zweite Produkt aus dem Lebensmittelhandel gilt als hochverarbeitet und ist somit potenziell gesundheitsschädlich.

Das sagt der Experte 4000 oder mehr Schritte pro Tag

Ernährung ist auch für die Umwelt wichtig Der Lebensmittelkonsum wirkt sich nicht nur auf die Gesundheit des Menschen, sondern auch auf die Gesundheit unseres Planeten, also die ökologische Nachhaltigkeit, aus. Mehrere Studien zeigen, dass es gesunde und gleichzeitig nachhaltige Ernährungsempfehlungen braucht, um die Belastung durch ernährungsbedingte nicht übertragbare Krankheiten und gleichzeitig auch die Umweltauswirkungen zu reduzieren (zum Beispiel durch eine Verringerung der Treibhausgasemissionen).

Eine neue im «European Journal of Preventive Cardiology» veröffentlichte Studie zeigt, dass schon das Gehen von rund 4000 Schritten pro Tag das Risiko verringert, an einer Krankheit früher zu sterben. Die Forschenden haben dazu 17 weltweite Studien ausgewertet und konnten so bei über 200 000 Personen untersuchen, wie sich die Anzahl Schritte auf die Gesundheit auswirkt.

Die Erkenntnis: Bereits 3967 Schritte täglich genügen, um uns länger gesund zu halten. Schon mit 2337 Schritten pro Tag reduziert sich das Risiko, an HerzKreislauf-Erkrankungen zu sterben. Eine Obergrenze gibt es übrigens nicht: Selbst bei 20 000 Schritten pro Tag werden die gesundheitlichen Vorteile noch immer grösser.

INSEL – Fokus

«Bei den Medikamenten für die Adipositas-Therapie gab es in den letzten Jahren einen Quantensprung. Das Ausmass des langfristigen Nutzens, zum Beispiel im Hinblick auf die Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse, muss noch nachgewiesen werden. Allerdings haben diese Medikamente die Behandlungslandschaft für Adipositas schon jetzt grundlegend verändert.»

Dr. phil. David Herzig, wissenschaftlicher Mitarbeiter und stv. Leiter Forschung UDEM, Inselspital

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Gesundheit

Wer sich bewegt, lebt länger Bewegungsmangel ist eines der grössten Gesundheitsrisiken.

Warum ist es so ungesund, sich nur wenig zu bewegen – und wie kann man sich zu mehr Bewegung motivieren?

Text: Thorsten Kaletsch

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Bewegung

Vom Bett in die Küche oder an den Frühstückstisch, mit dem Auto ins Büro und dann acht Stunden am Schreibtisch sitzen: Viele Menschen bewegen sich im Alltag zu wenig. Zu Hause machen wir es uns nach dem Abendessen meist vor dem TV-Gerät gemütlich. «Der Alltag vieler Menschen findet im Sitzen statt – Bewegung kommt da oft zu kurz», sagt PD Dr. Martin Verra, Direktor des Instituts für Physiotherapie der Insel Gruppe.

Mangelnde Bewegung sei aber ein grosses Risiko für unsere Gesundheit. Doch wann genau spricht man von Bewegungsmangel? Verra verweist auf die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Demnach besteht dann ein Bewegungsmangel, wenn ihre Bewegungsempfehlungen nicht eingehalten werden.

Für Erwachsene empfiehlt die WHO: • Pro Woche 150 bis 300 Minuten Bewegung mit moderater Intensität (z. B. zügig gehen, tanzen, Velo fahren, Wassergymnastik).

•O der pro Woche 75 bis 150 Minuten intensive körperliche Betätigung (z. B. joggen, schwimmen oder seilspringen).

• Oder eine gleichwertige Kombination aus moderater und intensiver körperlicher Aktivität.

• Dazu an mindestens 2 Tagen pro Woche muskelstärkende Aktivitäten mit mittlerer oder höherer Intensität, die alle wichtigen Muskelgruppen einbeziehen.

Das sagt der Experte «Man muss nicht zwingend ein Leben lang Sport treiben.

Aber wir raten allen Menschen, aktiv zu bleiben und Bewegung in ihren Alltag zu integrieren.»

PD Dr. Martin Verra, Direktor des Instituts für Physiotherapie der Insel Gruppe

Länger leben dank Bewegung «Bewegungsmangel führt zu einer Verkürzung der Lebenszeit», betont Martin Verra. «Je nach Studie beziffert man diese auf rund ein halbes Jahr bei Männern und anderthalb Jahre bei Frauen.»

Jedes Jahr sind rund zwei Prozent der Todesfälle in der Schweiz auf Bewegungsmangel zurückzuführen.

Am Inselspital gibt es von Montag bis Freitag diverse Bewegungs- und Sportangebote, die der Bevölkerung offenstehen: Dazu gehören Pilates, Wassergymnastik, Functional Training und Konditionstraining.

Für Kinder (5 bis 17 Jahre) empfiehlt die WHO: • Täglich mindestens 60 Minuten moderate oder intensive körperlicher Aktivität.

• Dazu an mindestens 3 Tagen pro Woche intensive Bewegung sowie Aktivitäten, welche die Muskeln und Knochen stärken.

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Darum zahlt sich Bewegung aus Bewegung fördert die Gesundheit. Sie stärkt unser Immunsystem und senkt das Risiko für zahlreiche Erkrankungen. Wenn wir uns bewegen, schüttet unser Körper die Glückshormone Dopamin, Serotonin und Endorphin aus.

Dadurch sind wir zufriedener und wacher. Sport macht uns zudem stressresistenter, weil dabei das Stresshormon Cortisol ausgestossen und abgebaut wird. Demgegenüber hat Bewegungsmangel einen negativen Einfluss auf unsere Gesundheit: Die Muskelmasse verringert sich, und das Muskelgewebe wird schwächer. Dadurch kann es zu Haltungsschwächen kommen, weil die nötige Stabilität fehlt. Zudem ist Bewegungsmangel die Hauptursache für Adipositas (Fettleibigkeit), die zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs führen kann (siehe Seite 12). Auch psychische Erkrankungen werden durch mangelnde Aktivität begünstigt, etwa Depressionen, Angststörungen und Demenz. Zu den Folgen gehören aber auch Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Stress.

Information: physio.insel.ch/de/ueber-uns/ institutssekretariat

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Praktische Tipps für den Alltag • Treppen benutzen (statt Lifte oder Rolltreppen) • Kürzere Strecken zu Fuss oder mit dem Velo zurücklegen • Beim Telefonieren aufstehen und herumgehen • Im Büro regelmässig Bewegungspausen einlegen • Ab und zu eine Bus- oder Tramhaltestelle früher aussteigen und den Rest zu Fuss gehen • Zu Fuss statt mit dem Auto oder Velo einkaufen • Beim Arbeiten ab und zu ein Glas Wasser oder einen Kaffee holen • Die Mittagspause für einen Spaziergang nutzen • Zwischendurch im Stehen arbeiten (Stehpult oder höhenverstellbarer Schreibtisch) • Beim Zähneputzen herumgehen oder Kniebeugen machen.

Originelle Tipps* • Meetings im Gehen: Jede Woche mindestens ein Meeting beim Spazieren oder im Stehen abhalten • Flamingo-Stellung: sich so lange wie möglich auf ein Bein stellen und das andere anwinkeln.

Danach wechseln.

• Highspeed-Tanz: Den Discofox-Grundschritt so schnell wie möglich zur passenden Musik (100–140 bpm) anwenden.

• Papierkugel werfen: Papier zu einer Kugel zerknüllen und in den 5 Meter entfernten Papierkorb werfen, bis es klappt.

• Kniebeugenmonat: Jeden Tag eine Kniebeuge mehr – am 1. des Monats eine, am 2. zwei und so weiter. * Diese Tipps stammen aus der Broschüre des Netzwerks Gesundheit und Bewegung Schweiz (hepa.ch). Zu dessen Trägerschaft gehören das Bundesamt für Gesundheit (BAG), die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU), die Gesundheitsförderung Schweiz und das Bundesamt für Sport (BASPO).

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Ernährung

Mit dem Essverhalten können wir unsere Gesundheit aktiv beeinflussen.

Doch nicht jeder Körper braucht genau dasselbe. Deshalb bietet die Insel Gruppe Ernährungsberatungen und -therapien an, die genau auf den Körper und die Lebenssituation abgestimmt sind.

Text: Mia Hofmann

Das Essen beeinflusst unsere Gesundheit «Die Ernährung beeinflusst unseren Stoffwechsel und ist damit für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden zentral», erklärt Mirjam Michel, Abteilungsleiterin Pflege und Beratung an der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin & Metabolismus (UDEM). Es lohnt sich also, im Alltag darauf zu achten, was man isst und trinkt. Doch bei den Tausenden von Büchern, Blogs und Podcasts mit Ernährungstipps den Durchblick zu behalten, ist gar nicht so einfach. Es gibt durchaus Richtwerte, die für die meisten Menschen gelten (siehe Tipps). Doch was für eine Person gesund ist und was nicht, steht immer im Zusammenhang mit der konkreten Situation und der gesundheitlichen Ver-

Ernährungsberatung der Insel Gruppe Die Ernährungsberatung der Insel Gruppe ist im Inselspital und in den Spitälern Riggisberg und Aarberg tätig sowie noch bis Ende Jahr im Spital Tiefenau. Für eine Ernährungsberatung oder -therapie braucht es momentan noch eine Zuweisung eines behandelnden Arztes – bald soll das Angebot auch für Selbstzahlerinnen und Selbstzahler zur Verfügung stehen.

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fassung. «Es gibt unterschiedliche genetische Voraussetzungen, zudem kann die Aufnahmekapazität von Nährstoffen stark variieren», so Michel. «Der Anteil an Fett und Muskeln ist oft ebenso wichtig wie das Gewicht.»

Massgeschneiderte SpezialDiagnostik Gerade weil die Unterschiede zwischen den einzelnen Personen so gross sind, ist laut Michel ein massgeschneiderter, personalisierter Ansatz so wichtig – basierend auf den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Im Unterschied zu herkömmlichen Ernährungsberatungen hat die Insel Gruppe die medizinische Expertise, um verschiedene Arten von Spezial-Diagnostik anzubieten: • Messung der Körperzusammensetzung (Mus­keln, Fett, Wasser, Knochen) mit modernsten Methoden • Präzise Energie-Bilanzierungen mittels Energieumsatzmessungen (indirekte Kalorimetrie) und Aktivitätsanalysen (Activity Tracker) • Laborchemische Stoffwechselanalyse • Qualitative und quantitative Ernährungsanalyse (Food Monitoring) • Bedarfsanalyse von Makro- und Mikronährstoffen

leiterin. So seien immer Ernährungsberater, Ärztinnen, Psychologen und Pflegefachpersonen in einem Team, und ergänzend werde Bewegungstherapie angeboten. Doch nur, wenn bei einem Patienten oder einer Patientin auch die Motivation da sei, könne die Therapie langfristig erfolgreich sein: «Einige wollen Medikamente nehmen, andere nicht. Einige sind offen für eine Formula-Diät mit Mahlzeitenersatzprodukten wie Shakes, andere nicht.

Einige haben Vorerkrankungen, die es zu beachten gilt: Es gibt nicht einfach DIE Therapie.» Es gelte deshalb, auch die persönlichen Vorlieben in die Beratung einzubeziehen.

Teil jeder Behandlung Die Ernährungsberatung der Insel Gruppe richtet sich an Personen mit Mangelernährung, Magen-Darm-Erkrankungen, Nahrungsmittelintoleranzen, Allergien, Nieren- und Stoffwechselerkrankungen.

Ein spezialisiertes Team berät Übergewichtige einzeln oder in Gruppen, Personen mit Diabetes oder mit einer Essstörung. Zudem betont Michel den Wissensaustausch innerhalb der Spitäler: «Die Ernährungs-Fachleute beraten das medizinische Personal aller Abteilungen der Insel Gruppe. Ernährung ist Teil jeder Behandlung – sie hat einen «Entscheidend für uns ist der interdirekten Einfluss auf die Genesung und disziplinäre Ansatz: ErnährungsthePrävention von Krankheiten.» matiken müssen immer ganzheitlich angeschaut werden», so die Abteilungs-

INSEL – Gesundheit

Das sagt die Expertin «Ernährung beeinflusst die Gesundung auch bei Erkrankungen, die nicht direkt mit Ernährungsthematiken in Zusammenhang stehen.»

Mirjam Michel, Abteilungsleiterin Pflege und Beratung UDEM, Inselspital

Tipps für eine gesunde Ernährung 1. Fünf am Tag Ideal sind täglich mindestens drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Früchte. Früchte und Gemüse liefern Nahrungsfasern, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe (z. B. Flavonoide).

2. Vollkornmehl statt Weissmehl Auf Weissmehl weitgehend verzichten: Vollkornprodukte haben eine tiefere Energieverfügbarkeit, liefern Nahrungsfasern und liefern gesunde Nährstoffe (Mineralien und Vitamine). Damit machen sie satt, verursachen weniger Blutzuckerschwankungen und fördern die Darmgesundheit.

3. Das richtige Mass an tierischen Lebensmitteln Milch und Milchprodukte versorgen den Körper mit wertvollem Kalzium und hochwertigem Eiweiss. Fisch als Lieferant von

Eiweiss und lebensnotwendigen Fettsäuren ist ein- bis zweimal wöchentlich empfehlenswert. Ein gesunder Fleischkonsum liegt bei 300 bis 600 Gramm pro Woche, dabei sollten prozessierte Fleischwaren (z. B. Wurst) möglichst eingeschränkt werden. Eier liefern Eiweiss, Fett und wichtige Nährstoffe (zwei bis drei Stück pro Woche gelten als gesund).

4. Ungesättigte Fette vorziehen Ungesättigte Fettsäuren sind vor allem in pflanzlichen Ölen zu finden, zum Beispiel in Oliven- und Rapsöl. Gesättigte Fette aus tierischen Quellen (z. B. in Form von Butter oder Schmalz) sollten im Verhältnis tiefer gewählt werden.

5. Weniger Zucker und Salz Fertigprodukte enthalten viel Zucker und Salz. Selbst kochen ist besser. Zu viel Salz steigert das Risiko für Bluthochdruck und wirkt ungünstig auf Herz-KreislaufErkrankungen. Zucker enthält keinerlei gesunde Inhaltsstoffe und erhöht das Risiko für Übergewicht und Karies.

INSEL – Gesundheit

6. Trinken, trinken, trinken Pro Tag 1–2 Liter trinken, bevorzugt in Form von ungesüssten kalorienarmen Getränken (z. B. Hahnen- oder Mineralwasser oder Früchte- oder Kräutertee).

Zuckerhaltige Getränke wie Limonaden oder Fruchtsaftgetränke sollten bei Menschen mit einem geringeren Energiebedarf möglichst gemieden werden, da dadurch leicht zu viele Kalorien aufgenommen werden.

7. Dünsten und garen statt kochen Bei der Zubereitung von Gemüse gehen Nährstoffe verloren. Dünsten, Dämpfen und Braten sind nährstoffschonender als Kochen. Grundsätzlich gilt: Lieber kurz und heiss garen als lange vor sich hin köcheln lassen.

8. Sich Zeit fürs Essen nehmen Wer langsam isst, wird schneller satt.

Das Sättigungsgefühl stellt sich erst nach etwa 15 bis 20 Minuten ein. Langsames Kauen unterstützt zudem die Verdauung.

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«Mit dem Essverhalten Emotionen regulieren»

Essstörungen

Warum kommt es zu Essstörungen, und wie können Betroffene ihr problematisches Essverhalten ändern? Livia Schmid, Psychotherapeutin in der Tagesklinik der Psychosomatischen Medizin, gibt Antworten.

Interview: Mike Sommer

Hatten Sie schon einmal sen meistens ganz genau, wie eine auseine Essattacke? gewogene Ernährung aussehen würde.

Nein, ich habe auch schon zu viel von Aber sie regulieren mit ihrem Essveretwas gegessen, das ich sehr mag, und halten ihre Emotionen. Auch äussere dann ein Völlegefühl gehabt. Aber das Umstände machen es ihnen schwer: ist nicht, was Patientinnen und Patien- Alles muss heute schnell gehen, auch ten mit einer Essstörung erleben. Sie können nicht mehr bremsen, verlieren die Kontrolle und essen oft noch weiter – trotz der Übelkeit.

Wann spricht man von einer Essstörung?

Es gibt drei Formen: Bei der Anorexie führt ein sehr restriktives Essverhalten zu einer starken Gewichtsabnahme.

Wer von Bulimie betroffen ist, erlebt Essattacken, versucht diese aber zu kompensieren – mit Erbrechen, Abführ­ mitteln, Fasten oder übermässigem Sport. Beim Binge Eating treten Essattacken ohne kompensatorische Massnahmen auf. Aber auch wenn keine dieser klassischen Essstörungen vorliegt, kann eine Behandlung erforderlich sein.

Entscheidend ist, ob jemand wegen seinem Essverhalten gesundheitlich, beruflich oder im Sozialleben leidet.

Sieht man den Betroffenen ihr Leiden an?

Jemand mit Bulimie kann normalgewichtig sein und sein Leiden jahrelang verbergen – auch vor den engsten Angehörigen. Starkes Über- oder Untergewicht ist natürlich sichtbar. Aber der Leidensdruck kann variieren. Manche leiden bereits bei geringsten Problemen mit dem Essen und ihrem Gewicht sehr stark, andere weniger.

Die meisten Übergewichtigen wissen, dass sie anders essen und sich mehr bewegen sollten. Warum tun sie es nicht?

Menschen, die von einer Essstörung oder Übergewicht betroffen sind, wis-

«Alles muss heute schnell gehen, auch das Essen, und wir bewegen uns im Alltag zu wenig.»

das Essen, und wir bewegen uns im Alltag zu wenig. Oft ist es ein Teufelskreis: Man ist übergewichtig und leidet darunter, zieht sich aus Scham zurück und tröstet sich mit Essen.

und sozialen Faktoren, das zu einer Essstörung führt. Die genetische Veranlagung spielt eine gewisse Rolle, mehr aber das vermittelte Körperbildideal.

Statistisch sind Frauen häufiger von Essstörungen betroffen als Männer.

Warum?

Die Statistiken bilden nicht die ganze Realität ab. Frauen mit einem gestörten Verhältnis zu ihrem Körper wollen vor allem abnehmen, was zu einer klassischen Essstörung führen kann. Männer entwickeln eher eine Muskelsucht.

Eine Umfrage der Gesundheitsförderung Schweiz ergab, dass die Hälfte der männlichen Teenager und jungen Erwachsenen unzufrieden mit ihrem Körpergewicht und der Muskelmasse sind. Für einen muskulösen, gestylten Körper betreiben manche extremes Fitness-Training und machen restriktive Diäten. In der Statistik über Essstörungen tauchen sie aber nicht auf.

Welche Rolle spielen die Gesellschaft Wie kann man Essstörungen therapieren? und Bodyshaming?

Betroffene berichten häufig, dass sie Im Zentrum steht die kognitive Verhalschon in der Kindheit wegen ihres Ge- tenstherapie (KVT): Dabei werden das wichts oder ihrer Körperform gemobbt Verhalten, die Gedanken und die Gewurden. Auch im Berufsleben fühlen fühle analysiert. Wie viel und was esse sich viele benachteiligt. Man unter- ich? Dann die Gedanken, die ich damit stellt Übergewichtigen, sie seien un- verbinde, zum Beispiel: Ich darf nichts diszipliniert, faul und wenig belastbar. Süsses essen, sonst werde ich dick. Und Schlanke gelten in unserer Gesellschaft schliesslich die Gefühle wie Stress oder als leistungsfähig und erfolgreich. Vor Angst, die ich mit meinem Essverhalten allem Jugendliche, die dem Idealbild reguliere. Es geht darum, Verhaltensder Werbung nicht entsprechen, leiden muster und ihre Ursachen zu erkennen. stark darunter. Menschen mit einem Das ist die Voraussetzung, um zu lernen, geringen Selbstwertgefühl und einem wie ich mich in bestimmten SituatioHang zu Perfektionismus sind beson- nen anders verhalten kann. Wichtig ist häufig auch eine systemische Therapie. ders anfällig.

Dabei geht es auch um das Umfeld, zum Beispiel um Eltern oder Partner. GeraAber nicht alle entwickeln eine de bei Jugendlichen ist es wichtig, das Essstörung.

Es ist häufig ein komplexes Zusammen- ganze System einzubeziehen, in dem spiel von biologischen, psychologischen sich jemand bewegt.

INSEL – Gesundheit

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Neues Hauptgebäude auf dem Insel-Areal

Neuer Standard der medizinischen Versorgung

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INSEL – Gesundheit

Neues Hauptgebäude auf dem Insel-Areal

Das Anna-Seiler-Haus ist der neue Dreh- und Angelpunkt auf dem Insel-Areal: Das neue Hauptgebäude ist ein wichtiger Knotenpunkt, der den Spitalbetrieb noch besser vernetzt und die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert. Davon profitieren insbesondere auch die Patientinnen und Patienten.

Text: Thorsten Kaletsch

Nach neun Jahren Planungs- und Bauzeit nahmen die Mitarbeitenden der Insel Gruppe Mitte September das neue Anna-Seiler-Haus in Betrieb. Es ist mit einer Höhe von 63,3 Metern ein echter Leuchtturm auf dem Insel-Areal und mit 18 Geschossen sowie 532 Betten das grösste Spitalgebäude der Schweiz mit Minergie-P-Eco-Zertifizierung.

Keine Bauverzögerung und keine Kostenüberschreitung Trotz der Corona-Pandemie während der Bauzeit konnten die geplanten Termine für den Umzug und die Inbetriebnahme eingehalten werden: Seit dem 18. September löst das neue Anna-Seiler-Haus das alte Bettenhochhaus als neues Hauptgebäude ab. Es umfasst sieben Geschosse mit stationären Betten­ abteilungen, vier Geschosse für Ambulatorien und zwei Geschosse für OP- und IMC-Stationen. Ganze 3254 Räume gibt es im Neubau, die über 18 Lifte und vier Rolltreppen zugänglich sind. Die geplanten Kosten von 670 Millionen Franken konnten trotz den sich schnell wandelnden Herausforderungen im Bereich der medizinischen Versorgung eingehalten werden.

Hellere, freundliche Zimmer und Spitzenmedizin Doch was bedeutet die Inbetriebnahme des neuen Gebäudes für die Patientinnen und Patienten? Sie profitieren vom attraktiven und gesundheitsfördernden Umfeld: Die Ein- und Zweibettzimmer sind hell und freundlich gestaltet und bieten einen klimatisierten Komfort, das ganze Haus ist barrierefrei und verspricht eine einfache Orientierung. Zu-

dem gibt es zwei Terrassen und sieben Balkone sowie zwei Restaurants/Cafeterias mit Aussensitzplätzen.

Die Patientinnen und Patienten profitieren aber auch vom neuen Plattformenkonzept, das eine optimale medizinische Versorgung ermöglicht und die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert. Funktional verwandte Bereiche nutzen die Infrastruktur gemeinsam, was die Effizienz fördert. «Dank dem Plattformenkonzept erzielen wir in der Patientenversorgung eine Prozessopti­ mierung ohne Brüche», betont Prof. Dr. Drosos Kotelis, Klinikdirektor und Chefarzt der Universitätsklinik für Gefässchirurgie. «Der verstärkte interdisziplinäre Austausch über Berufs- und Fächergrenzen hinweg macht die Arbeit schöner und hilft unseren Patientinnen und Patienten.» Auch Prof. Dr. Michael Billinger, Chefarzt und ärztlicher Leiter des Medizinbereichs Herz/Gefäss, ist vom neuen Konzept überzeugt: «Der Umzug ins Anna-Seiler-Haus war für die Herz- und Gefässmedizin ein Meilenstein. Die bauliche Infrastruktur, die schweizweit ihresgleichen sucht, hebt die Versorgungsqualität auf ein neues Niveau.»

Zum Beispiel die Intermediate Care (IMC) Im Anna-Seiler-Haus sind Ambulatorien und Bettenabteilungen nicht mehr in Klein- und Kleinstabteilungen übers ganze Haus verteilt, sondern räumlich und betrieblich an einem Ort konzentriert. Ein Beispiel dafür ist die neue Intermediate Care (IMC). In dieser Überwachungsstation für 76 Patientinnen

INSEL – Gesundheit

und Patienten arbeiten die verschiedenen Berufsgruppen und Fachpersonen dank den kürzeren Wegen und den optimierten Prozessen intensiver zusammen. Die Stationsbüros und stationären Bettenabteilungen heissen jetzt «Stützpunkte» und «Flow-Stationen» und sind für die Behandlungsteams neu organisiert. «Vorhandene Ressourcen können so optimal organisiert werden», sagt Stefanie Abgottspon, Stationsleiterin Pflege BHH K-Nord. Gemeinsame Erfahrungen im Rahmen der Patientenversorgung werden so automatisch intensiver geteilt, und Know-how wird weitergegeben.

Attraktive Arbeitsbedingungen Das neue Anna-Seiler-Haus ist ein wichtiges und markantes Puzzleteilchen für eine zukunftsgerichtete, patientenorientierte universitäre Spitzen­ medizin. Es garantiert gleichzeitig, dass das Inselspital als grösster Arbeitgeber im Kanton Bern noch attraktivere Arbeitsbedingungen anbieten kann.

Insgesamt elf Kliniken mit rund 3000 Mitarbeitenden sind an nur drei Tagen, zwischen dem 15. und dem 17. September, ins neue Gebäude umgezogen – eine echte Parforceleistung.

Video zum neuen Anna-Seiler-Haus:

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Aus dem Leben

Von der Hängebrücke zum Aussichtsturm Diese Panorama-Wanderung über dem Thunersee hat es in sich: Ab Sigriswil geht’s in knapp drei Stunden auf die Blueme, danach gemütlich hinunter zum Berner Reha Zentrum in Heiligenschwendi.

Schöne Aussichten!

Text: Mia Hofmann

Porträt

Blick zurück über die 340 Meter lange Panoramabrücke zwischen Sigriswil und Aeschlen.

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Wandertipp

Bildlegenden

Die Welt zu Füssen: Aufstieg Richtung Blueme.

Facts

B

Dauer: 3 Std. Strecke: 7,6 km Auf-/Abstieg: 650 m / 320 m Praktische Infos: 7 Ladesta­ tionen für E-Bikes, diverse Restaurants und Hofläden Markierung: Wanderweg Richtung Blueme, später Heiligenschwendi An-/Abreise: Ab Bern mit dem Zug nach Thun und mit dem Bus Nr. 25 nach «Sigriswil, Dorf».

Rückreise mit dem Bus Nr. 31 ab «Heiligenschwendi, Reha Zentrum».

Praktische Infos:

Blueme

Heiligenschwendi

Schwanden

Margel

Tschingel Panoramabrücke interlaken.ch/erlebnisse/poi/ blueme-turm

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Bus Erlebnisort

INSEL – Aus dem Leben

AA

Sigriswil

Selfiespots gibts zur Genüge: auf der Hängebrücke oder auf dem Aussichtsturm.

Selfie mit See und Niesen gefällig? Das ist auf der Panoramabrücke zwischen Sigriswil und Aeschlen problemlos möglich. Die 340 Meter lange Hängebrücke bietet atemberaubende Ausblicke: zum einen hinunter in die 182 Meter tiefe Gummischlucht, zum anderen auf den Thunersee und die dahinterliegenden Berge des Berner Oberlands mit Eiger, Mönch und Jungfrau. Das Ticket für die Überquerung kauft man direkt beim Brückenpfeiler: Die acht Franken für Erwachsene fliessen in den Unterhalt.

Menschen mit Höhenangst wählen für den Start den alternativen Weg durch die Gummischlucht – mit Blick auf die attraktive Hängebrücke. Ein fulminanter Wanderstart ist also garantiert.

Margel. Von hier aus erreichen wir über den Margelsattel und ein Waldstück auf der «Blueme-Sunnsite» in rund zweieinhalb Stunden die Blueme auf 1380 Metern über Meer. Bereits während des Aufstiegs haben wir immer wieder zurückgeschaut, um die besten Ausblicke nicht zu verpassen. Doch jetzt kommt das nächste Highlight: Der Höhepunkt der Wanderung lässt sich sogar noch toppen. Auf einer kleinen Lichtung steht ein 16 Meter hoher Aussichtsturm mit 360-Grad-Rundblick. Er ragt über die Baumkronen hinaus: Der Blick geht zu den Berner Alpen, aber auch ins Emmental und zum Jura. Durchatmen und einen grossen Schluck aus der Feldflasche nehmen.

Traditionelle Oberländer Die Anreise nach «Sigriswil, Dorf» hat ab Bern 52 Minuten gedauert: zuerst mit dem Zug nach Thun, danach 25 Minuten mit dem Bus am Nordufer des Sees entlang. Bärgbure-Trychler Sigriswil, Musikgesellschaft Merligen, Unihockeyclub Meiersmaad: Ganze 71 Vereine zählt die Gemeinde Sigriswil. Sie umfasst elf Ortschaften mit insgesamt rund 4800 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der tiefste Punkt liegt auf 558 Metern über Meer am Thunerseeufer, der höchste auf 2063 Metern über Meer auf dem Gipfel des Burgfeldstands.

Nach einem kurzen Kaffeehalt im Hotel und Restaurant Bären sind wir am Friedhof und am Sportplatz vorbeispaziert und haben die Panoramabrücke überquert. Nun steigen wir langsam auf, passieren die Dörfer Aeschlen und Tschingel ob Gunten.

Brätle und Weisswein Unter dem Aussichtsturm befinden sich mehrere «Bänkli» sowie gemütliche Feuerstellen. Es gibt genug Platz für Bikerinnen, Familien und Wanderer. Wir freuen uns über das zur Verfügung gestellte Holz, machen ein Feuer und holen schon mal unsere Cervelats aus dem Rucksack. Bis die Glut bereit ist, vertiefen wir uns in Gespräche oder lauschen dem Vogelgezwitscher.

Die Natur zeigt sich jetzt von ihrer besten Seite. Über einen Rücken inmitten saftiger Wiesen erklimmen wir den

Der Abstieg führt erst durch den Wald und über einen kurzen Grat Richtung Heiligenschwendi. Zuletzt folgt ein Stück quer über eine Wiese, bis das Berner Rehazentrum ins Blickfeld kommt.

Es zählt zu den führenden Rehabilitationskliniken der Schweiz. Das angegliederte Restaurant «malZeit» ist jeden Tag bis 20 Uhr geöffnet und bietet auch eine grosse Sonnenterrasse. Der Bus fährt direkt vor dem Haupteingang ab.

Hier lassen wir den Tag bei einem Glas Weisswein und einer Apfelschorle ausklingen.

INSEL – Aus dem Leben

Ankunft beim Berner Reha Zentrum in Heiligenschwendi.

Das sagt der Experte «Wandern ist gesund: Es stärkt das Immunsystem und die Muskeln und reduziert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie weitere chronische Krankheiten. Und es macht gute Laune.»

Prof. Dr. Christoph Stettler, Klinikdirektor und Chefarzt UDEM, Inselspital

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Gesund essen

«Ich liebe fast jedes Gemüse – aber im Herbst ganz besonders Fenchel und Rotkraut», sagt Spitzenköchin Aline Born. Sie hat ein ausgewogenes Herbstmenü für vier Personen zusammengestellt. Dabei verwendet sie wie immer gesunde, regionale und saisonale Produkte.

Text: Thorsten Kaletsch

Aline kocht Wie in der letzten Ausgabe kommt Aline Borns dreigängiges Menü ohne Fleisch aus: «Das ziehen wir jetzt durch», sagt sie mit einem schalkhaften Grinsen. Dabei ist es ihr wichtig, «richtig vegetarisch» zu kochen, also ohne vorgefertigte Fleischersatzprodukte. Als alternative Proteinquelle kommen im Hauptgang wiederum Linsen zum Einsatz: «Die sättigen sehr lange und halten den Blutzuckerspiegel stabil.» Die Spitzenköchin verwendet diesmal sogar zweierlei Linsen – grüne und rote. Dies wegen der Textur, wie sie anmerkt: «Die grünen haben mehr Biss, die roten sind dagegen eher breiig.»

Für den Salat zur Vorspeise kombiniert sie Rotkraut mit Äpfeln und Blattsalat. Das ergibt einen bunten, optisch sehr ansprechenden Rohkost-Gang. «Rotkraut ist sehr vielseitig – man kann es roh, gekocht oder als Ofengemüse zubereiten und so auch die Reste auf vielfältige Weise verwerten.»

Der Hauptgang besteht aus einem Linseneintopf mit Sellerie, Oliven, Pelati (Tomaten) und Feta. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch Fenchel, eines der absoluten Lieblingsgemüse von Aline Born. «Fenchel ist extrem vielseitig und auf jede Zubereitungsart sehr fein – man kann ihn roh essen, kochen, als Püree verwen­ den oder, wie in diesem Rezept, backen. Zudem passt er zu sehr vielen Produkten, wie zum Beispiel zu Tomaten oder Fisch. Und man sollte auch das Fenchelgrün verwenden.»

tät ist eigentlich ein Superfood. Sie ist basisch, praktisch fettfrei und sehr gesund.» Bei ihrem Dessert verzichtet sie auf Zucker und süsst stattdessen mit ein paar Datteln. «Wer es noch süsser mag, kann als Topping zusätzlich etwas Ahornsirup verwenden.»

Das sagt die Expertin «Statt gesättigte Fettsäuren (in Butter, Rahm, Fleisch und Wurstwaren) empfehlen wir, vermehrt ungesättigte Fettsäuren (z. B. in Olivenöl, Rapsöl und Nüssen) aufzunehmen. Ein hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren wirkt unter anderem positiv auf Blutfette, Herz-Kreislaufund Entzündungskrankheiten.

Lebensnotwendig sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren (z. B. in Leinöl, fettreichem Fisch und Rapsöl).

Susan Strahm, Teamleitung Ernährungsberatung UDEM, Inselspital

Marroni verwendet die Berner Spitzenköchin ebenfalls gerne: «Diese feine Herbstspeziali-

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INSEL – Aus dem Leben

Auch diesmal hat sie darauf geachtet, dass die drei Gänge einfach nachzukochen sind. «Die diversen Rückmeldungen von Leuten, die meine Rezepte nachkochen, freuen mich sehr.»

Die Bernerin Aline Born ist gelernte Köchin und diplomierte Hôtelière-Restauratrice HF. Ihr Können verfeinerte sie durch Zusammenarbeit mit Spitzengastronomen wie Andreas Caminada, Yotam Ottolenghi, Tanja Grandits, Urs Messerli und Domingo S. Domingo. Nach Weiterbildungen zur Barista, Käse-Affineuse und Roh-vegan-Spezialistin hat sie das Unternehmen «Nuri» gegründet. Hier stellt sie selbst entwickelte Produkte her, vertreibt Lebensmittel von ausgewählten Lieferanten und bietet Caterings und Koch-Workshops an. Ihre Produkte können über den Nuri-Webshop bestellt werden oder sind am Samstagmorgen auf dem Münstermarkt erhältlich. Aline Born beteiligt sich oft an kulinarischen Pop-ups und ist hin und wieder auch an Märkten ausserhalb von Bern präsent. Für die Produktion ihrer eigenen Produkte mietet sie sich jeweils in der «Flavour Kitchen» im sitem-Insel-Gebäude ein. nurifood.ch

Vorspeise Bunter Herbstsalat mit Rotkabis und Äpfeln Zutaten für 4 Personen 1 Stk. kleiner Rotkabis 1 Stk. Apfel 150 g Blattsalat der Saison, gerüstet und gewaschen 6 EL Olivenöl 4 EL Apfelbalsamico oder weisser Balsamico 1 TL grobkörniger Senf ca. ¼ TL Kräutersalz, etwas Pfeffer

Hauptgang Zweierlei Linsen mit Fenchel, Sellerie, Oliven, Pelati und Feta Zutaten für 4 Personen 1 Stk. Fenchelknolle 1 Stk. kleiner Knollen­ sellerie 4 Stk. Schalotten 1 EL Olivenöl und zusätzlich ein wenig zum Servieren 1–1½ TL Salz Pfeffer

1 Stk. Knoblauchzehe, zerdrückt 1 TL Tomatenpüree 300 g Pelati (Tomaten), gehackt 80 ml Rotwein 60 g Kalamata-Oliven 1 TL Kapern, gehackt 1 Bund Petersilienblätter, grob gehackt

Zubereitung 1. Den Rotkabis waschen, vierteln und mit einem Gemüsehobel 200 g grüne Linsen in feine Scheiben hobeln.

100 g rote Linsen 150 g Feta, grob zerbröselt Den Apfel waschen und ebenfalls hobeln. Beides zusammen in eine Schüssel geben und mischen.

2. Für die Sauce Olivenöl, Balsamico, Senf und Salz in einer Schüssel gut verrühren. Die Hälfte über die Rotkabis- und Apfel-­ Vorbereitung Scheiben geben und vorsichtig unterrühren. Den Salat im Kühl- 1. Den Ofen auf 190 Grad vorheizen. In einer Pfanne Wasser schrank mindestens 1 Stunde marinieren. aufkochen.

Vor dem Anrichten den Salat nochmals gut vermischen.

2. Den Fenchel waschen, das zarte Grün entfernen und bei­ 3. Den Blattsalat mit der restlichen Sauce anmachen und zu- seite­legen. Den Fenchel der Länge nach halbieren, den Strunk sammen mit dem Rotkabis-Apfel-Salat anrichten. Mit Knäcke- herausschneiden. Dann in breite Spalten schneiden. Das Fen­ brot (zum Beispiel von Nuri) servieren. chel­grün grob hacken.

3. Den Sellerie gut waschen, die erdigen Stellen wegschneiden und mit der Schale in 1 cm grosse Würfel schneiden. Tipp: Schale kann problemlos mitgegessen werden.

4. Schalotten schälen und der Länge nach in 8 Stücke schneiden.

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INSEL – Aus dem Leben

Zubereitung 1. Fenchel, Schalotten und Selleriewürfel mit 3 EL Olivenöl, ½ bis 1 TL Salz und reichlich Pfeffer in eine grosse Schüssel geben. Alles gut mischen und auf einem Backblech (mit Backpapier belegt) verteilen. 20 bis 25 Minuten rösten, bis das Gemüse weich und leicht gebräunt ist. Aus dem Ofen nehmen. Einen Teil des Gemüses für die Dekoration beiseitelegen.

2. Währenddessen die grünen Linsen ins kochende Wasser geben. Die roten Linsen nach 13 Minuten beigeben und 10 Minuten weiterkochen, bis sie weich sind. Linsen abgiessen.

3. Knoblauch in einer Pfanne mit 1 EL Olivenöl andünsten, Linsen und Tomatenpüree beigeben und mit dem Rotwein ablöschen. Wein reduzieren lassen und Pelati beigeben. Ca. 15 Minuten kochen lassen, Linsen beigeben und kurz weiterkochen lassen. Petersilie, ca. ¼ Teelöffel Salz, Kapern, Fenchelgrün, Oliven, einen Teil des Gemüses unterheben.

4. In eine grosse Schüssel geben, mit dem restlichen Gemüse und Feta garnieren und warm oder lauwarm servieren.

Dessert Gebratene Birnen mit Marroni-Crème

Gebratene Birnen Zutaten für 4 Personen 2 Stk. Birnen, nicht zu reif 1 EL Kokosöl wenig Thymian optional wenig Ahornsirup

Marroni-Crème Zutaten für 4 Personen 400 g geschälte Marroni, frisch oder tiefgekühlt 3,5 dl Wasser 3–4 Stk. Medjool-Datteln, entsteint ½ Vanillestängel, ausgeschabtes Mark 400 g cremiger Quark aus Rohmilch

Zubereitung 1. Die Birnen waschen und der Länge nach in 6–8 Stücke schneiden. Das Kerngehäuse entfernen.

2. Kokosöl in einer beschichteten Bratpfanne schmelzen lassen und die Birnenschnitze darin auf allen Seiten goldbraun braten.

Am Ende der Garzeit Thymian beigeben. Birnenschnitze herausnehmen und beiseitestellen.

Zubereitung 1. Wasser in einer Pfanne aufkochen. Geschälte Marroni beigeben und kochen, bis sie ganz weich sind. Kochzeiten: tiefgekühlte Marroni 15–20 Minuten / frische Marroni: 40–50 Minuten.

2. Marroni mit dem Kochwasser, den Datteln und dem Vanillemark glatt mixen. Eventuell mit wenig Wasser verdünnen. Die Konsistenz sollte jener von Vermicelles entsprechen.

3. Marronipüree in eine Schüssel geben und mit einer Klarsichtfolie abgedeckt im Kühlschrank abkühlen lassen.

4. Den Quark unterheben und abgedeckt kühl stellen.

Anrichten Marroni-Crème in die Mitte eines Tellers geben und mit den Birnenschnitzen servieren. Wer es gerne süsser mag, verwendet etwas Ahornsirup als Topping.

INSEL – Aus dem Leben

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10 Fragen an ... Christian Stucki

«Ab und zu ein gutes Essen tut der Seele gut» Christian Stucki (38) ist einer der popu­lärsten Schweizer Sportler.

Als Schwinger gewann er alle bedeutenden nationalen Feste.

2019 wurde er in Zug Schwingerkönig und danach als Sportler des Jahres ausgezeichnet.

In seiner Karriere sammelte er insgesamt 134 Kränze, davon 7 eidgenössische. Der gelernte Forstwart bestritt im Juni 2023 in Lyss sein letztes Schwingfest.

Mit anderen Schweizer Sportlern ist er neuerdings Mitbesitzer des Traditionsunternehmens Mineralquellen Adelboden AG. Er ist Vater zweier Söhne (7 und 10) und lebt mit seiner Familie in Lyss.

1. Wann standen Sie zum letzten Mal auf der Waage?

Gestern. Das Resultat war besser als auch schon.

2. Müssen Sie auf Ihr Gewicht achten?

Ich habe schon vor meinem Rücktritt als Schwinger damit begonnen. Ich esse weniger Kohlenhydrate und Milchprodukte, mache immer noch drei- bis viermal pro Woche Fitnesstraining und spiele Badminton. Und Hornussen möchte ich auch wieder.

3. Wie achten Sie sonst auf Ihre Gesundheit?

Ich rauche schon lange nicht mehr und trinke nur zu speziellen Anlässen Alkohol.

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7. Wie entspannen Sie sich?

4. Welche «Sünden» gönnen Sie sich?

Ein, zwei Gläser mehr als früher liegen an einem schönen Abend schon drin. Und ab und zu ein gutes Essen tut der Seele gut.

5. Wann waren Sie das letzte Mal im Spital?

Im August 2022, nach einem Bandscheibenvorfall im Training.

6. Wann haben Sie das letzte Mal geweint?

Bei meinem Abschied vom Schwingsport am Seeländischen Schwingfest. Da hat es mich ziemlich erwischt, ich wusste nicht, dass ich so nah am Wasser gebaut bin.

INSEL – Aus dem Leben

Indem ich zu Hause mit meiner Familie unbeschwert Zeit verbringe. Beim Lesen eines Hefts und TV-Schauen.

Oder beim Fischen auf dem Bielersee.

8. Was würden Sie gerne noch lernen?

Ich würde gerne mein Golf-Handicap verbessern, da bin ich noch Anfänger.

Und ich möchte die Motorbootprüfung machen.

9. Wovon träumen Sie? Von einer Reise nach Kanada.

10. Würden Sie Ihre Organe spenden?

Ich habe schon oft darüber nachgedacht, bin aber noch nicht ganz sicher. Aber eigentlich spricht ja nichts dagegen, oder?

Porträt

Nach drei Jahren Arbeit als diplomierte Pflegefachfrau in der Kinderklinik des Inselspitals startete Marcella Berndt ihre Ausbildung zur Ärztin.

Während des Studiums gründete sie eine Familie. Mit Entschlossenheit und Zuversicht brachte sie alles unter einen Hut und ist heute als Assistenzärztin wieder in der Kinderklinik tätig.

Text: Fabienne Schöpfer

Viel gewagt, noch mehr gewonnen Vor neun Jahren trat Marcella Berndt in ihrem Pflegeberuf in der Neonatologie der Kinderklinik des Inselspitals kürzer, um wieder die Schulbank zu drücken.

Heute ist sie zurück: gleiches Spital, gleiche Abteilung, nun aber als Assistenzärztin auf dem Weg zur Fachärztin Kinder- und Jugendmedizin. «Den Wunsch, Medizin zu studieren und mich auf Pädiatrie zu spezialisieren, hatte ich schon vor der Ausbildung zur Pflegefachfrau. Nach dem Abitur in Deutschland bekam ich aber nicht gleich einen Studienplatz», erzählt sie.

Nach drei Jahren im Pflegeberuf erhielt sie den Studienplatz an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg i. B. Den Schritt ins Studentinnenleben hatte sich Marcella Berndt gut überlegt.

«Mein Beruf gefiel mir sehr gut, und ich war in Bern und im Inselspital glücklich», berichtet sie. Trotzdem liess ihr ursprünglicher Wunsch sie nie ganz los.

«Ich war aber bereits 26 Jahre alt. Mir war klar, dass ich es nur schaffe, wenn ich mich voll auf das Ziel fokussiere und nicht mehr an meinem Entschluss zweifle.»

Diese Entschlossenheit war wichtig, denn das Studium erforderte viel Durch-

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haltewille und Disziplin. «Ich musste lernen, wieder zu lernen. Zuvor war ich im Spitalalltag eingebunden in ein Team, in Prozesse und in definierte Aufgaben.

Nun musste ich mir die Zeit selbst einteilen und mich motivieren, acht Stunden am Tag strukturiert zu lernen», erinnert sich Marcella Berndt.

Zeitmanagement und Gelassenheit Das Wissen und die Erfahrung, die sie als Pflegefachfrau mitbrachte, waren vor allem beim praktischen Teil der Ausbildung von Vorteil. Während der ersten zwei Studienjahre arbeitete sie mit einem Pensum von 30 Prozent weiterhin als Pflegefachfrau in der Insel. Als dann noch während des Studiums die ersten beiden Kinder zur Welt kamen, war das nicht mehr möglich. «Es war schon anspruchsvoll, alles unter einen Hut zu bringen: Ohne die Unterstützung meines Mannes wäre es zeitlich nicht aufgegangen», erzählt sie.

Die Kinder sorgten aber auch für Struktur. «Ich wusste, dass ich während dem Mittagsschlaf maximal zwei Stunden Zeit habe. Da kocht man sich nicht zuerst noch einen Kaffee und schaut ein bisschen aus dem Fenster», ergänzt sie schmunzelnd. So eng getaktet der Alltag

INSEL – Aus dem Leben

mit Familie und Studium auch war: Mit den Kindern stellte sich auch eine neue Gelassenheit ein. Durch sie relativierten sich der Leistungsdruck des Studiums und die Angst vor einem Scheitern.

«Heimkehr» ins Inselspital Seit Januar 2022 ist Marcella Berndt nun als Assistenzärztin zurück in der Kinderklinik. Als eine der wenigen kennt sie sowohl die Seite der Pflege als auch die der Ärzteschaft. Ihr fällt dabei vor allem die gute interprofessionelle Zusammenarbeit auf. Man begegne sich auf Augenhöhe und schätze das fachliche und menschliche Wissen des Gegenübers, sagt sie: «Während meiner praktischen Ausbildung in anderen Kliniken war das oft nicht so. Klar gibt es auch hier Dinge, die man verbessern kann, aber grundsätzlich ist es ein sehr hohes Niveau der Zusammenarbeit.»

Ihr Berufsalltag sieht heute anders aus als vor sechs Jahren. Während sie früher zwei bis drei Kinder intensiv pflegte und begleitete, ist sie heute für alle Kinder der ganzen Station zuständig. Sie beurteilt den Gesundheitszustand der Neugeborenen, stellt Medikationen zusammen und ist zur Stelle, wenn Komplikationen auftreten. Die Verbunden-

heit zu den Kindern und deren Eltern, die Breite des medizinischen Fachgebiets und der vielfältige Berufsalltag sind jedoch geblieben.

Dr. Marcella Berndt, Assistenzärztin und ehemalige Pflegefachfrau, auf der Neonatologie in der Kinderklinik des Inselspitals.

Deshalb ist für sie auch klar: Sowohl Ärztin als auch Pflegefachfrau seien ausgesprochen erfüllende Berufe. «Der Arbeitsalltag ist streng, es kann sehr stressig sein, und es sind oft lange Tage: Aber in der Regel geht man mit einem zufriedenen Gefühl nach Hause. Man bekommt sehr viel Wertschätzung!»

Der Werdegang von Marcella Berndt mag aussergewöhnlich sein. Für sie hat sich aber jeder Schritt gelohnt. «Es motiviert mich, zu spüren, wie persönliche und berufliche Erfahrung immer mehr zusammenfliessen und ein grosses Ganzes ergeben.»

INSEL – Aus dem Leben

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Zitate

Zitate zum Thema Körpergewicht

«Kümmere dich um deinen Körper.

Es ist der einzige Ort, den du zum Leben hast.»

Jim Rohn, US-amerikanischer Unternehmer und Autor (1930–2009)

«Nur wer sich bewegt, steht meist mitten im Leben.»

Martin Gerhard Reisenberg, DiplomBibliothekar und Autor (1949–2023)

«Das Leben besteht in der Bewegung.»

«Es kommt nicht so sehr darauf an, welche Figur man hat, sondern welche Figur man macht.»

Ruth W. Lingenfelser, deutsche Dichterin

«Seit der Erfindung der Kochkunst essen die Menschen doppelt so viel, wie die Natur verlangt.»

Benjamin Franklin, US-amerikanischer Staatsmann und Schriftsteller (1706–1790)

Aristoteles, griechischer Philosoph und Universalgelehrter (384–322 v. Chr.)

«Lasst wohlbeleibte Männer um mich sein.»

William Shakespeare, englischer Dichter und Dramatiker (1564–1616), lässt dies Julius Cäsar im gleichnamigen Theaterstück sagen.

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«Der Weg zur Gesundheit führt durch die Küche, nicht durch die Apotheke.»

Sebastian Kneipp, deutscher Pfarrer und Naturheilkundler (1821–1897)

INSEL – Aus dem Leben

Kolumne

Was ist ein «gesundes Körpergewicht»? Bei diesem schwierigen Thema plädiere ich dafür, auf eine ehrliche Selbsteinschätzung zu vertrauen und ein gutes Körpergefühl über die ästhetischen Ideale der Zeit zu stellen.

Text: Marlen Reusser | Illustration: gavinonline.ch

Ein gutes Körpergefühl Ganz ehrlich: Als ich in der Radsportwelt Fuss fasste, war ich zunächst schockiert.

Unter den Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern scheint es hier sehr viele zu geben, die nach medizinischer Definition klar oder zumindest leicht untergewichtig sind, die aber Tag für Tag Topleistungen abrufen. Dieses Untergewicht hat Schattenseiten. Aber wer hat die aktuell gültigen Definitionen eines gesunden Körpergewichts in die Welt gesetzt? Klar ist, dass ein Indikator wie der Body-Mass-Index (BMI) nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Auch die Körperzusammensetzung – insbesondere der Anteil von Muskelmasse und Fett – kann nicht alle Fragen beantworten. Denn um zu ermitteln, was wirklich gesund ist, braucht es aufwendige Studien, die über viele Jahrzehnte laufen.

Davon gibt es nicht viele. Und weil so viele Faktoren Einfluss haben können, kommen diese Studien oft auch zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen.

Kürzlich wurde beispielsweise eine aufsehenerregende Studie publiziert, gemäss der Menschen mit leichtem Übergewicht länger leben als Menschen mit einem idealen BMI. Vieles ist eine Frage der Korrelation und der Kausalität. So kann zum Beispiel allein die Ethnie einen anderen Ausgang schaffen: Was für Westeuropäerinnen und Westeuropäer als gesund gilt, kann Menschen von den Phi­ lippinen bereits Übergewicht bedeuten.

Dr. med.

Marlen Reusser (32) ist seit 2017 Profi-Radsportlerin. Die Emmentalerin ist Vize-Olympiasiegerin, zweifache Vize-Weltmeisterin und Europameisterin im Zeitfahren und wurde 2020 und 2021 zur Schweizer Radsportlerin des Jahres gewählt.

Empfehlungen zum Thema Podcast zum Körpergewicht Gesundes Körpergewicht im «Treffpunkt» von SRF1.

INSEL – Aus dem Leben

Beim sogenannten Skinny-Fat-Körperbau ist man zwar äusserlich schlank, hat aber im Verhältnis zu viel Fett. Auch das gefährdet die Gesundheit. Menschen, die optisch nicht als schlank wahrgenommen werden, können punkto Körperzusammensetzung deutlich besser dastehen: Denn Speckröllchen kommen am besten zur Geltung, wenn viel Muskelmasse darunter liegt.

Meine persönliche Überzeugung: Jeder Mensch sollte selbst ein Gefühl dafür entwickeln, wann er fit, gesund und ausgewogen ernährt ist und sich wohl fühlt. Dazu müssen wir uns vom ästhetischen Idealbild lösen, das uns Zeitgeist und Werbewelt diktieren. Stattdessen braucht es radikale Ehrlichkeit: Fühle ich mich wohl und gesund? Wenn nicht: Wo drückt der Schuh?

Ich zum Beispiel esse sehr gerne – und ich esse immer nach Gefühl, statt Kalorien zu zählen. Wenn es sein muss, kann ich mich für einen Moment einschränken. Wenn ich das auf lange Frist tue, schlägt es aber auf meine Stimmung und hat weitere negative Einflüsse. Das kennen bestimmt viele Menschen. Für ein gutes Körpergefühl hilft es, auszuprobieren und sich zu bewegen – den Körper zu brauchen. Dabei entwickelt sich auch das Verständnis sich selbst gegenüber.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein unverkrampftes Verhältnis zur Ihrem Körpergewicht und viel Freude an Ihrer Gesundheit!

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Impressum und Vorschau

Vorschau Das nächste Insel Magazin erscheint im Frühling 2024

Diagnose Krebs Eine Krebsdiagnose löst bei vielen Menschen eine Art Schock aus. Denn in der Schweiz ist Krebs die zweithäufigste Todesursache. Doch Krebs ist ein Sammelbegriff für viele verschiedene Krankheiten. Die Behandlungserfolge für viele davon haben sich insgesamt in den letzten Jahren durch neue Diagnoseverfahren, Therapien und Operationstechniken laufend verbessert.

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Impressum Herausgeberin: Insel Gruppe AG, Bern.

Konzept und Kreation: Stämpfli Kommunikation, Bern.

Projektleitung und Koordination: Simon Schmid (Insel Gruppe), Monica Masciadri (Stämpfli Kommunikation), Thorsten Kaletsch (textatelier.ch).

Redaktionsleitung: textatelier.ch, Biel.

Fachliche Beratung: Prof. Dr. Christoph Stettler und Prof. Dr. Dr. Lia Bally.

Redaktion: Marianne Kaiser, Fabienne Schöpfer, Tamara Zehnder (alle Insel Gruppe), Peter Bader, Denise Fricker, Mia Hofmann, Thorsten Kaletsch, Mike Sommer (alle textatelier.ch).

Art Direction: Michael Dürig (Insel Gruppe), Benjamin Scheurer (Stämpfli Kommunikation).

Gestaltung: Marc Marbach (Insel Gruppe), Alexandra Stoll (Stämpfli Kommunikation).

Illustrationen: Alice Kolb, Gavin Patterson.

Fotografie: Janosch Abel, Pascal Triponez (beide Insel Gruppe), Pascal Gugler, Interlaken Tourismus (Christian Meixner), Visana/Simon Opladen (Seite 45), HG Esch, iStock, Stocksy, Shutterstock. Titelbild: Midjourney (Prompt: Benjamin Scheurer) Gesamtherstellung: Stämpfli Kommunikation, Bern.

Auflage: 128 000 Exemplare.

Erscheint zweimal jährlich.

Kontakt: magazin@insel.ch.

Copyright: Insel Gruppe AG.

INSEL – Magazin der Insel Gruppe

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